111: Gemeindliche Ämter in der bäuerlichen Struktur Abbachs – Hirten, Flurwächter, Nachtwächter, Gemeindediener etc. (19. Jahrh.)

In den verflossenen 200 Jahren hat sich in Deutschland, Bayern und (Bad) Abbach ein unglaublicher Strukturwandel vollzogen: Der industrielle Wachstumsprozess bewirkte den Übergang von der Agrar- zur Industrie- und weiter zur Dienstleistungsgesellschaft. Die freigesetzten Arbeitskräfte mussten im sekundären, oder gar tertiären Sektor eingesetzt werden.
Viele gemeindliche Dienst-Ämter, wie Nachtwächter, Flurwächter, Laternenanzünder, Ratsdiener, Totengräber, Leichenfrau, Fleischbeschauer, haben sich durch moderne private oder öffentliche Dienstleistungen und Medien erübrigt. Dem Wortsinn entsprechend gibt es z.B. den Hirten (im Dialekt „Hirt“) vielleicht noch im Allgäu und in der Schweiz, besonders aber in Ländern mit retardierter Zivilisation. Bei uns in Abbach erschien die Position des Gemeindehirten 1922 schon nicht mehr in der Ämterliste.[1]Früher gab es fast keine ländliche Gemeinde ohne die allerwichtigsten Positionen des Groß- und Kleinhirten.
Mit „Hirte“ und „Oberhirte“ verbinden wir heute in der katholischen Tradition andere Assoziationen. Wir begeben uns gedanklich sofort auf kirchliches Terrain, besonders in der katholischen Kirche. Das diesbezügliche Hirtenamt wird lehramtlich nach wie vor so begründet: „Der entferntere Grund dieses Bildes (vom Hirten/Oberhirten, A.d.V.) liegt in der Ähnlichkeit zwischen dem Volke und einer Herde: Beide brauchen ein höheres Wesen, das a.) sie vereinigt, b.) sie zusammenhält, c.) ihre Bedürfnisse im Allgemeinen und im Besonderen kennt, ihnen abhelfen will und kann (…)“[2]
Da heute (2010) besonders im letzten Punkt eine vielfach festgestellte Unfähigkeit von Amtsinhabern, die neben ihrer allgemein dahinschwinden Amtsautorität auch persönliche Autorität vermissen lassen, auffällt, erkennen wir es nicht mehr unangefochten an, dass ausnahmslos alle institutionell erhobenen Personen, wie seit Jahrhunderten üblich, das biblische Gleichnis vom „guten Hirten“ auf sich anwenden. (Kirchenkrise 2010!)
Andererseits forderte Jesus den Apostel Pertus aber auf, die Schafe und Lämmer zu weiden. Wenn aber die hierarchisch erwählten Hirten belämmert sind? Außerdem, warum werden im Bibeltext nur die Schafe und Lämmer als Weideobjekte aufgeführt ?, fragen wir heute. Warum so esoterisch? Warum nicht auch die Ochsen, Kühe, Schweine etc.? Gilt das Bild von den Hirten und Oberhirten nur für den damaligen Sitz im Leben (rituelle Reinheit!), und hat es dem entsprechend mit unserem modernen und aufgeklärten Leben (2010)von vorne herein gar nichts zu tun gehabt?

Kehren wir nun aber wieder zum Ausgangspunkt unserer Überlegungen zurück:
Unter „Hirte“, im Dialekt „Hirt“ verstand man in unserer Region den von der Dorf- oder Marktgemeinschaft bestellten Hüter, der als Großhirt das Großvieh ( Rinder, Pferde, Schweine) und als Kleinhirt das Kleinvieh ( Schafe, Ziegen, Gänse) auf die Gemeindeweide führte und dort bewachte.
Im Mittelalter( bis ins 17. Jahrhundert) galten diese Menschen als ehrlos und konnten sich erst im 17. und 18. Jahrhundert durch Zusammenschlüsse und Vereinigungen zu Hirtenzünften, also genossenschaftlich, zur vollen gesellschaftlichen Anerkennung durchringen. Es wurden Hirtenfeste, Schäfermärkte etc. veranstaltet, wo man sich traf und sich besprach.[3]Es entstand sogar eine gewisse Hirtenromantik im 18. und 19. Jahrhundert.

112 Hirtenromantik

Hirtenromantik
Gemälde von Sophie Anderson, 1881 [4]
Die bestellten Gemeindehirten wohnten in gemeindlichen Hirthäusern, die sich meistens am Rande des Ortes befanden, es waren ärmliche Häuser mit einem kleinen Vorgärtlein und die wegen ihres schlechten baulichen Zustandes auf fast jeder Jahresrechnung als Gegenstand von Reparaturen erschienen. Im alten Abbach war das Hirtenhaus in der später „Kochzipfel“ genannten Lage, weil sie sich nahe an der Kuhweide und –tränke am Mühlbach in Richtung Weichs befand.
In einem Register der Gemeindewirtschafts-Güter des 18.Jh. fand ich:
„Das Hirthaus liegt fast am Ende des Marktes , (.) hat 2 kleine Stuben und 2 Kammern, in welchen die 2 Hirten wohnen, ist ganz baufällig und deswegen ästimiert auf 100 Gulden. Die Länge ist 58 Werkschuh und die Breite 36 Werkschuh.“
Heute befindet sich dort ein später aufgeführtes, in unserer Zeit restauriertes Wohnhaus und Arzthaus ( heute Kochstraße 29, Dr. Mathis, vorher Bichlmeier Babette; früher Nr.95 Gemeinde Hirthaus, gleich neben dem Alten Schulhäusel und gegenüber einem Gemeindebrunnen zwischen heute Lindner/Geigl und Fischer).
Aus den Archivakten [5]entnehme ich einen Vorgang des Jahres 1817, es handelt sich um einen Widerspruch des Gütlers Johann Kirchberger und des Krämers Johann Zirngibl, die einem Kleinhirtbewerber Josef Holzer, gewesenen Kleinhirt in Sigenau sein zurückgelassenes Holz nicht nach Abbach umziehen wollten. Für diese Entfernung seien Pferdegespanne nötig, mit Ochsen sei der Weg nicht zu bewältigen. Außerdem brauche man keinen Kleinhirten, sondern einen Feldhüter, wenn er dies werden wolle, solle man ihn nehmen. Solche brauche man sogar zwei, weil die Leute ihre Pferde und Ochsen das ganze Jahr hindurch, außer in der Winterszeit, den Feldinhabern zum Schaden und zum Ärger des Kleinhirten die Weiden abhüten ließen. Dieses widrige Verhalten wolle man dem k. Landgericht untertänigst unterbreiten.
Im Jahre 1827 wurde tatsächlich ein neuer Kleinhirt eingestellt. Im betreffenden Text erfahren wir die Bedingungen für die Übernahme in gemeindliche Dienste:[6]
„Josef Gerzl von Gaggenbach, königliches Landgericht Burglengenfeld, bisher in Arbeit in der Gemeinde Poigen/ Neudorf, Einöde Nusshof, erscheint heute mit der Bitte, ihn als Kleinhirt aufnehmen zu wollen. Da er sich durch ein Zeugnis des königlichen Landgerichts Regenstauf vom 22. November 1826 über sein Betragen und Heimatrecht ausgewiesen, so hat man beschlossen, denselben als Hirt anzunehmen.
Bedingungen
Von denjenigen, welche Kleinvieh austreiben, erhält er das bisher übliche Mäßl Korn, und nachmalen 2 Pfennig.
Eben so hat selber statt den bisherigen Jahresfrüchten von denjenigen, welche Vieh austreiben, jährlich 6 Kreuzer, welche er zu Ostern und Kirchweih selbst einzubringen hat, zu erhalten.
Von dem Großhirten empfängt er jährlich 1 Schäffel Korn unentgeltlich.
Dagegen wird ihm aufgetragen, fleißig und treu zu hüten, keinen Schaden in den Feldern zu veranlassen, und mit dem Großhirten die Nachtwache abwechselnd zu besorgen, wofür er jährlich 15 Gulden erhält.
Des Schreibens unkundig unterzeichnet Josef Gerzl.
Hiermit wurde beschlossen und unterschrieben. Verwaltung der Gemeinde Abbach. Zirngibl, Vorstand.“
Im Jahre 1869, mit dem Amtsantritt des Pfarrers Franz Xaver Steinhauser, zeichnete sich in Abbach eine neue Entwicklung in der Großtierhaltung ab. Nicht mit einem Schlag, aber sukzessive, dürften die Abbacher Bauern dem Beispiel des Pfarrers gefolgt sein.
Das Notizen Buch der katholischen Pfarrei Abbach berichtet:[7]
Unter dem Pfarrer Josef Schlemmer war im Herbst 1805 der volle Getreidestadel und die Kuhstallung abgebrannt. Die ganzen landwirtschaftlichen Gebäulichkeiten waren durch das Feuer verwüstet worden.
Nun machte sich sein Nachfolger Pfarrer Bartholomäus Holzinger daran, vom Landrichterhaus am Schlossberg aus den Pfarrhof zu restaurieren: Es wurde wieder ein Kuhstall gebaut, 1834 leitete der Pfarrer das Wasser aus dem Brunnen in den Stall. 1836 wurde dieser völlig neu gepflastert. In die Wand des Kuhstalles ließ Holzinger mit Genehmigung des Nachbarn Koch ein kleines Fenster einhauen, da er in diesem Jahr das erste Mal die Stallfütterung einführte.
Schon 1832 hatte er in den Kuhstall zwei gemauerte „Börn“ einbringen lassen, da sich bei seinem Pfarrantritte nicht einmal ein einziger hölzerner dort befunden hatte.
1833 wurden unter ihm Schweineställe gebaut . Vor ihm gab es solche überhaupt nicht.
Nachdem in diesem Jahre die Wasserleitung beim Kollerbräu verlegt werden musste, nahm er die Gelegenheit wahr, und ließ den Lugerbach an den Wurzgarten verlegen, und das Wasser von dort konnte für die Stallungen genutzt werden.
Nun kam 1869 Pfarrer Franz Xaver Steinhauser. Er sorgte wieder mit Hilfe des Nachbarn Koch für eine gute Belüftung des Kuhstalles. In diesem Jahre ließ er zum ersten Male das gesamte Hornvieh nicht mehr austreiben, sondern führte ausschließlich die Stallfütterung ein. Fenster zur Belüftung und die Wasserzufuhr aus dem Graben waren noch nicht rechtlich abgesichert, aber auf Widerruf gestattet.
Dies alles führte beispielhaft zu einer Entwicklung in Abbach, die das Hüterwesen mit der Zeit überflüssig machte.
Beschäftigen wir uns sodann mit dem Amt des Gemeinde- und Polizeidieners. Am 12. Februar 1890 wurde Franz Held dieses Amt ein weiteres Mal übertragen. Seine Amtspflichten stünden im Bezirksamtlichen Auftrag vom 31. Januar des laufenden Jahres Nr. 6 S. 30, steht zu lesen.. Die Gemeinde Abbach fügte jedoch, wohl aus gegebenem Anlass verschärfend hinzu: „ Saumsal und Pflichtvernachlässigung, insbesonders gegenüber Bettlern und Landstreichern könnte zur Dienstentlassung Anlass geben (..)“.[8] Genau jener Franz Held war es früher schon einmal, der sich wegen seiner schlechten Bezahlung als Gemeinde- und Polizeidiener um einen zweiten Posten innerhalb der Gemeinde beworben hatte, nämlich um den des Nachtwächters. Hierbei widerfuhr ihm aber vom Bezirksamt Kelheim eine Abfuhr: [9] „ Auf die Anzeige vom 20. l. M., dass als zweiter Nachtwächter für alle Tage der Gemeindediener Franz Held aufgestellt worden sei, wird erwidert, dass diese Aufstellung beanstandet werden muss. Der Gemeindediener kann nicht zugleich Nachtwächter sein, da er sonst nicht im Stande ist, zumal bei Tage, seinen Pflichten als Gemeindediener nachzukommen. Die Marktverwaltung wird daher beauftragt sofort statt des Gemeindedieners einen anderen geeigneten Mann als zweiten Nachtwächter aufzustellen und über den Vollzug binnen 48 Stunden zu berichten (…):“
Der letzte Gemeinde- und Polizeidiener Abbachs war Georg Multerer. Nach dem Krieg hatte das Amt zwar noch der spätere Bürgermeister Emil Karl inne, aber wegen einer Kriegsverletzung war dieser in der Beweglichkeit eingeschränkt, so dass das Amt nur mehr formal weiterbestand.[10]
So befinden wir uns schon bei dem Posten des Nachtwächters. Nach Kammerrechnungen früherer Jahre gab es schon immer, und auch noch 1888 derer zwei in Abbach. Ihre Situation erhellt ein Brief dieses Jahres, die Aufbesserung ihres Lohnes betreffend:
„Die unterfertigten Nachtwächter stellen an die verehrliche, löbliche Verwaltung des Markts Abbach die unterthänigst ergebenste Bitte um Aufbesserung ihres bisherigen Gehalts.
Es wird gewiss kein unbilliges Verlangen sein, wenn, um nur einigermaßen eine annähernde Parallele zu ziehen, zwischen dem Gehalte des Beleuchtungsdieners, und dem der Nachtwächter nachgedacht wird. Während der erstere pro Monat 15 Mark bezieht, haben die beiden letzteren pro Quartal nur 21,42 Mark, also ein Aversum von 85 M. für das ganze Jahr. Ganz abgesehen von allen Witterungsverhältnissen, die das ganze Jahr hindurch obwalten, während ersterer ein solches von 90 Mark für nur 4 Monate bezieht (sage 4 Monate, denn 2 Monate macht ja der Mond die Beleuchtung!). So wird es gewiss nicht ungerecht und übertrieben sein, wenn die beiden Nachtwächter, die von den rohen Nachtschwärmern Hohn und Spott, ja sogar Drohungen der schmählichsten Art hinnehmen müssen, wenn sie solche zur Ruhe und Ordnung mahnen, sich ein Gehalt von 30 Mark pro Quartal vom 1. Januar 1889 ab sich erbitten, sodass das jährliche Einkommen statt 85 M sich auf 120 M. zu stehen käme. Und man möchte auch das in Erinnerung ziehen, dass schon vor 50 Jahren auch 50 Gulden = 85 M. bezahlt wurden, und die Zeitverhältnisse jetzt ganz anders sind wie ehedem, wo Kleidung und Schuhe um die Hälfte billiger beschafft werden konnten als jetzt und doch besser waren, und seither auch die anderen Gemeindebesoldeten um mehr als das Doppelte verbessert wurden, und der Nachtwächter, dem der ganze Ort anvertraut ist, und der sich einer schweren Verantwortung aussetzt, wenn er seiner Pflicht nicht gewissenhaft nachkommt, nicht.
Es geben sich also die Unterfertigten der sicheren Hoffnung hin, dass diese gewiss nicht ungerechte Bitte von dem löblichen Gemeindekollegium des Marktes Abbach genehmigt werden wird.
Hochachtungsvollst zeichnen die beiden Nachtwächter Anton Weigert und Josef Rieger.“[11]
Rieger war im Winter 1886 verpflichtet worden. An Stelle von Anton Weigert kam 1894 Leonhard Stark. Sie verdienten um 1890 116 M.
Im „Verzeichnis der Inhaber eines gemeindlichen Amtes in Abbach“[12] ist als letzter Nachtwächter Sebastian Obermeier, Gütler, eingetragen. Er hatte sein Amt 1918 angetreten. Wie lange er es nach 1922 noch inne hatte, ist mir unbekannt.
Von 1910 bis 1923 war Sebastian Koller gemeindlicher Totengräber, 1923 löste ihn Martin Harfold ab. Als Totenfrau ist die Witwe Walburga Seidl eingetragen. Ihr folgte die Ehefrau Harfolds, auch als Leicheneinsagerin.[13] Sie hatte die Aufgabe, den oder die Tote so in den Sarg zu richten, dass man ihn oder sie vor dem Begräbnis noch anschauen konnte. Er war also human in den Sarg zu richten. Für die Fabrikation von Holzsärgen hatte der Schreiner Anton Koch zu dieser Zeit das Monopol. Eine Leichenverbrennung und Urnenbestattung gab es noch nicht. Diese waren sogar kirchlich geächtet. Wenn jemand in (Bad) Abbach oder in den umliegenden Orten gestorben war, war die erste Anlaufadresse die Harfoldin. Sie ging, oder lief ( wenigstens auswärts) von Haus zu Haus und sagte die „Leich“ ein. Die „Einsag“ beinhaltete Name, Todeszeit und Tag, Termin des Begräbnisses und das kurze Gebet „O Herr, gib ihr (ihm) die ewige Ruhe etc.“ Die Totenfrau wurde für diese Mühe mit Geld oder Naturalien (meist Eiern) entlohnt.
Manche Gemeindebürger in Abbach dieser Zeit hatten im Nebenberuf mehrere gemeindliche Ämter inne: Ich nehme als Beispiel meinen Großvater Karl Kraus. Er war Schneidermeister, Musiker und Gastwirt im Dirigl-, später Schreiner-Sommerkeller (jetzt evangelische Kirche!) . Bei der Gemeinde war er Beleuchtungsdiener. Er musste bevor das elektrische Licht nach Abbach kam am Abend die Petroleumlaternen anzünden und sie am Morgen löschen. Dafür verdiente er 1900 im Jahr 90 M. Der Dienst war aber nur an 6 Monaten zu leisten, hauptsächlich im Winter. Außerdem war er zu dieser Zeit auch Fleischbeschauer, wofür er 120 M bezog. [14] Auf diesem Posten lösten ihn 1919 der Distrikttierarzt (und spätere Bürgermeister) Georg Frank und dessen Ersatzmann Josef Lindner ab.[15]Zudem war Großvater Hochwassermelder. Wenn in Weltenburg das Eis ging, erhielt die Abbacher Gemeinde Bescheid. Von hier aus mussten die umliegenden Gemeinden an der Donau gewarnt werden. Es gab noch kein Telefon und deshalb musste die Botschaft von einer Person überbracht werden.
Mein Großvater war für Poikam eingeteilt, also nach Süd/Westen. Er lief bis zur Fähre und teilte die Gefahr dem Fährmann mit. Auf dem Kirchturm war die rote Hochwasserfahne zu hissen.
Heute, in der Zeit der digitalen Wirklichkeit kann man sich die alten Dienste nicht mehr vorstellen. Darum hielt ich es für angebracht, die Erinnerung an sie zu erneuern.
[1] Verzeichnis der Inhaber eines gemeindlichen Amtes in Abbach für 1922. Archiv II.18.1.1.a.
[2] Wetzer und Welte`s Kirchenlexikon, Bd. 6, Herder Freiburg im Breisgau, 1889, Sp. 37.
[3] Vgl. Der Große Herder. Bd. 5. Herder, Freiburg i. Br., 1933, Sp.1659.
[4] Aus Kirche IN 7/2010, S.36
[5] Widerspruch. Schreiben an das Landgericht Kelheim- Abschrift. Archiv 8.1.1 (IV:8)
[6] Übernahme Vertrag für einen Kleinhirten 1827. Archiv a.a.O.
[7] Notizen Buch der Kath. Pfarrei, Abschnitt Steinhauser . Pfarrarchiv Schrank 1).
[8] Protokoll eines Dienstvertrags als Gemeinde- und Polizeidiener. 12.2.1890. Archiv II.18.1.1.a.
[9] Schreiben vom 23. Juni 1886. Archiv A,a,O.
[10] Verzeichnis der Inhaber eines gemeindlichen Amtes 1933 –
[11] Bittgesuch vom 27.11.1888 an den Markt Abbach. Archiv A.a.O..
[12] Verzeichnis 1922, letzte Seite. Archiv A.a.O.
[13] a.a.O.
[14] Liste s.o.!
[15] Liste a.a.O.

Von |2023-12-01T18:17:32+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

112: Frauenbrünnl

112 Frauenbruennl Foto Kirche

Frauenbrünnl war in letzter Zeit vielfach Gegenstand von Medienberichten.[1]
Schon in den 1920er Jahren schwärmte der Apotheker und Vorstand des Historischen Vereins Abbach, Maximilian Hengge, in seinem „Führer durch Abbach und Umgebung“[2]von der Schönheit der Lage und Umgebung Frauenbrünnls:
„Die Einsiedelei (…) wird vielfach von den Sommergästen besucht. Gehört doch der Weg zum „Marienbrünnl“ oder zum „Frauenbrünnl“, das am Saume eines herrlichen Tannenwaldes liegt, im Spätnachmittag bei Sonnenuntergang zu einem der schönsten der Umgebung Abbachs. (…) Von der Klause aus führt ein Weg zum Gschwendhof und nach Teugn (…).“
Die zitierten „Sommergäste“ sind es nur mehr selten, die nach dem Erliegen des Kurbetriebes in Abbach in den Jahren nach 2000 Frauenbrünnl ansteuern. Aber die bodenständige Bevölkerung der Umgebung hat das Kleinod nach wie vor in das Herz geschlossen. Seit 2.11.2005 gibt es sogar einen „Förderverein Frauenbrünnl e.V“, dessen Vorstand[3] und Mitglieder das Kirchlein, die Klause und das Ambiente mit viel Mühe und Opferbereitschaft einem Zustand zuführten, den man nicht genug bewundern kann. Frauenbrünnl lädt auch heute noch die Bevölkerung der Umgebung, oft beladen mit Kummer und Sorgen, zur Andacht, Gebet und beschaulicher Ruhe ein. So wolle es auch bleiben, wünschen sich Besucher und Pilger., und möge diese Stätte nahe unserem Herzen nicht durch blinde Interventionen gefährdet sein!
Auch die Klausner selbst fühlten sich in dieser Gegend verwurzelt, sie haben nie vergessen, dass sie aus diesem Boden und von den Menschen auf ihm leben.

112 Frauenbruennl Foto Kreuz

Besonders ihnen galt ihr Beten und Arbeiten zu allen Zeiten, was obiges Denkmal zum Ausdruck bringt: „Den gefallenen Helden der Umgebung in Dankbarkeit gewidmet von der Eremiten Verbrüderung.“ Dieses Denkmal ist ein Zeichen tiefgreifender Verwurzelung der Eremiten im Abbacher Land.
Kommen wir zuerst zur Anfangs-Geschichte der Gnadenstätte und der Eremiten in Frauenbrünnl:
Niemand könnte sie authentischer berichten als die Zeitzeugen der Entstehung, die Pfarrer von Abbach, Wolfgang Kreitel ( 1724-1752) und Johann Neuhörl(1752-1769). Im Notizen-Buch der katholischen Pfarrei Abbach[4], im Traktat über die Sepultur Peising lesen wir:
„(…) zur Sepulur Peising gehört das Eremitorium zum H. Fraun Prünl. Der erste Eremit war dahin gekommen sub initium huius Saeculi, das ist bald nach 1700. Jahr.
Die Capell alda, über welche nunmehro das Churfürstliche Vogt und Castengericht Chelhaimb die Rechnung cumulative pflegt, und welche der verehrten Schmerzhaften Mutter Gottes gewidmet ist, ist erbaut worden 1726. Dann vorhin war selbe Capelln nur mit Riegl worden zusam gemacht.
Die Brun – Stuben von dem Prünl ist direkte zwei Schritt von der Kirchen-thür neben dem Antritt in die Clausen.
Weilen ihr Rinn-Sall, so vorhin durch die Capell, und sogar unter dem Chor-Altar gingen, nit leicht zu hilfen war, so wurde selbe 1763 bei erheischender Notwendigkeit außer die Capell, das ist neben dieser und den Weg, wo man in die Capell geht, geleitet.
Im Jahr 1738 hat die Clausner Confraternität alda ihr Capitelhaus errichtet, und hat nun H. Vorfahr Wolfgang Kreitel mit gnädigster Bewilligung des Hochwürdigsten Consistoriums jenen pfarrlichen Grundt, so viel nämlich mit der Mauer eingeschlossen, um 300 Gulden verkauft. Alle zweites Jahr halten sie ihr Capitel., bei welchem auch der Pfarrer, weilen er mit seinem Coopertore den Jahrtag mit Requiem und Lobamt, gegen Bezahlung von 3 Gulden, ihnen haltet, den Beysitz hat.“
Der lateinische Beisatz besagt:
Ein Recht über den Eremiten hat der Pfarrer allerdings nicht , weil er auch die Last seines Lebensunterhaltes nicht trägt, aber er darf die Stipendien von den Messen einnehmen , die in der Kapelle gelesen werden. Wenn ein neuer Eremit aufgenommen wurde, ist immer eine pflichtgemäße ernsthafte Aussprache mit dem Pfarrer erfolgt.
Im aufgeführten Text ist bereits ausgedrückt, dass die Kapelle in Frauenbrünnl der „Schmerzhaftem Mutter Gottes“ gewidmet ist. Ihr Fest begeht man am 15. September jeden Jahres, und deshalb wird auch das Brünnlfest immer am dritten Sonntag im September gefeiert.
Das „Fest der sieben Schmerzen Mariens“ und die Werke der bildenden Kunst, bei denen das Herz der Gottesmutter mit sieben Schwertern durchbohrt wird, reichen bis in das Mittelalter zurück. Die „sieben Schmerzen“ Mariens sind dem frommen Volk nicht gar so geläufig, weil sie nicht immer einheitlich definiert sind.. In einem alten theologischen Lexikon[5] fand ich einen doppelten Katalog der Leidensstationen der Gottesmutter:
Die erste (1.). beginnt bei der Weissagung des Simeon, es folgt 2. die Flucht nach Ägypten, 3. die dreitägige Suche nach dem zwölfjährigen Knaben , 4. der Anblick des kreuztragenden Heilandes, 5. seine Kreuzigung, 6. die Abnahme vom Kreuz, 7. das Begräbnis.
Der zweite Katalog lautet so: 1. Jesus nimmt Abschied von seiner Mutter, 2. er wird mit der Dornenkrone vorgestellt, 3. er wird an das Kreuz geschlagen, 4. er wird mit Essig getränkt, 5. er ruft aus : Mein Gott, warum hast du mich verlassen, 6. Er starb, 7. der Leichnam ruhte im Schoße seiner Mutter.

112 Frauenbruennl Foto Altar

Der Gnadenaltar heute

Zu Maria, der Schmerzhaften Mutter von Frauenbrünnl pilgerten über die Jahrhunderte ganze Pilgerströme: Es gibt heute noch die historische Wallfahrt von St. Wolfgang in Regensburg , der Pfarreien Hohengebraching und Lengfeld/Teugn. Einmal im Jahr findet eine Sternwallfahrt der Gemeinden Poikam, Oberndorf; Peising und Bad Abbach nach Frauenbrünnl statt. Fast zu jeder Zeit kann man im Kirchlein Beter finden, die der Himmelmutter ihre Sorgen vortragen.
Seit 40 Jahren ist, wie die MZ berichtete, das Kirchlein durch Weihbischof Flügel „geweiht“ (benediziert oder konsekriert?).[6] Dies bedeutete für manche eine Intensivierung seiner Gnadenkraft.
Der historische Rückblick aus der Feder der frühen Abbacher Pfarrer Kreitel und Neuhörl legen es nahe, dass wir uns auch den Eremiten zuwenden:. In der Diözesanmatrikel der Diözese Regensburg von 1916 lesen wir:
„Nach dem Vorbilde der 1686 gegründeten Freisinger Kongregation der Klausner wurde 1730/32 auch im Bistum Regensburg eine solche gegründet. Die Klausner erhielten 1766 das privilegium fori et canonis (= weltliches u. kirchliches Recht. A.d.V.) als Mitglieder des 3. Ordens, die nicht in der Welt leben. Das Noviziat war nicht an eine bestimmte Klause gebunden, das jährliche Kapitel wurde seit 1738 bei Abbach gehalten. Das Bischöfliche Ordinariat drang ( besonders durch Erlasse von 1768) auch darauf, dass Eremiten auf dem Lande Schule hielten, wie das im Freisinger Bistum vielfach geschah. Allein da keine Anleitung zum Schulehalten gegeben wurde, da auch die Einkommensverhältnisse vielfach sehr ärmlich waren, konnten sich die Eremitenschulen nicht so gut wie in Freising entwickeln. 1769 zählte man bei 70 Klausen nur 17 Schulen. Immerhin galten die Klausnerlehrer als verdienstvolle Schulmänner. Trotz der Aufhebung der Eremitenverbrüderung (1802 waren 30 Klausner in der Diözese, 151 in Bayern) durch die Regierung (am )12. 5.1804, erhielten sich einzelne Klausner , welche 1843 als Tertiarier des hl. Franziskus wieder zu einer Kongregation vereinigt wurden. Ihr sog. Kapitelhaus ist zu Frauenbrünnl bei Abbach. Ihr Titularfest feiern sie am Fest der Enthauptung des hl. Johannes. Sie wählen sich auf 3 Jahre einen Altvater , 2 Assistenten und 1 Sekretär – Wiederwahl möglich. Der Bischof bestätigt die Wahlen und bestellt einen Geistlichen als Präses. (…)“[7]
Über die altehrwürdige „Eremitenverbrüderung“, die sich irgendwann einmal in „Eremitenberufsverein“ umbenannt hat, konnte man seit Jahresbeginn (2010) keine guten Botschaften vernehmen. Im Dezember 2009 wurde der Verein aus Anlass einer persönlichen Kontroverse mit dem Bischof von Regensburg in „Klausner Verein“ umgetauft. Der Vorsitzende sei Pater Lothar Streitenberger (+ August 2010) in Gangkofen und habe inklusive Ludwig Matzeder, dem früherem Kuraten von Frauenbrünnl, dem vom Bistum die Ablegung der ewigen Gelübde verweigert wurde, vier Mitglieder.
Der Verein habe bestimmt, dass dessen Vermögen (d.h. die Eremitage, A.d.V.) im Falle der Auflösung eremitischem Leben dienen müsse. Dies sehe man am besten bei den Schönstatt – Patres verwirklicht. [8]
Am Portiunkulafestag, dem 2. August 2010 meldete die MZ, dass nach den Querelen um den früheren Einsiedler Kurat Ludwig Matzeder nun Bruder Emanuel, Kandidat zum Eremitendasein, also noch kein Mann mit dem kanonischen Status eines Eremiten, hier Wohnung genommen (habe) Ob auf Dauer, werde sich erst zeigen, wie er selber sagte.[9] Es müsse ja, wie es übrigens immer Brauch war, der Verein seiner Eignung zustimmen.
Ob sich der Gott-selige Bischof Georg Michael Wittmann, der sich 30 Jahre lang bei jährlichen Exerzitien in der Einsiedelei Frauenbrünnl auf die Begegnung mit Gott in der Stunde des Todes vorbereitet hat,[10] über dieses eitle Spiel um die Zukunft von Frauenbrünnl, das da abgelaufen ist, freuen könnte, sei dahingestellt.
Die tiefe Sorge um die kindliche und tiefverwurzelte Zusammengehörigkeit des Gnadenortes Frauenbrünnl mit den hiesigen, bodenständigen Menschen, besonders auch denen des Fördervereins, wird die Spannung zwischen intensiver geordneter Mitarbeit und ungewissen religiösen Tendenzen und erbrechtlichen Bestrebungen eine Weile noch aufrecht erhalten.
Man muss sich fragen „Quo vadis, Frauenbrünnl. Wo führt dein Weg hin, Frauenbrünnl?“
Momentan ist der Pfarrer von Bad Abbach, Franz Schmidbauer, wenigstens zum „Rektor ecclesiae“ bestimmt, d.h. dass er über die Kirche und den Kult das Sagen hat. So sind wir wenigstens in diesem Punkt konform mit der Ausgangssituation.

 112 Frauenbruennl Foto Kirche historisch

112 Frauenbruennl Foto Pferdesegnung

Seit Sommer 2012 ist Pfarrer Johannes Schuster in Frauenbrünnl tätig. Er ist nun erster Vorsitzender des Klausnervereins.
(Bild MZ)
[1] Zuletzt: MZ v. 2.8.2010:“ „Wie ein Familientreffen“ und „Ich wollte mehr Stille“ (lhl):
[2] Hengge, Maximilian. Führer durch Abbach und Umgebung, Josef Kösel und Friedrich Pustet K.-G., Regensburg, o. J. S.27.
[3] Z.Zt. der Gutsbesitzer Hubert Kraml, jun. aus dem benachbarten Eiglstetten.
[4] Notizen-Buch der katholischen Pfarrei Abbach, Pfarrarchiv Schrank 1; Kopie Archiv von Bad Abbach, Hängekartei/Pfarrei.
[5] Wetzer und Welte´s Kirchenlexikon, Bd. 8, Herder, Freiburg im Breisgau, 1893, Sp. 819f.
[6] MZ v. 2. August 2010, S. 47.
[7] Diözesanmatrikel Regensburg 1916, S. 626.
[8] Vgl. MZ v. 28. Mai 2010, S. 36.
[9] MZ v. 2.8.2010, S. 47.
[10] Gedenkschrift zur Gedenkfeier am 8. März 2008, anlässlich des 175 Todestages von Bischof Georg Michael Wittmann in Regensburg,S.3.

Von |2023-12-01T18:06:05+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

113: Bade- und Kurort am Donauknie – ist (Bad) Ab(b)achs uralte Tradition am Wanken?

Das überaus bekannte lateinische Standardlexikon des 18. Jahrhunderts des Adam Friedrich Kirschius, das 1774 in Leipzig erschien, und sich Altphilologen, Professoren der Geographie, Geschichte, Theologie, Juristerei und Medizin als Hilfsquelle anbot, nannte „Abach[1], ein(en) Marktflecken in Bayern“ unter ca. 100 Nennungen des Buchstabens A neben Weltstädten, Strömen und Ländern Europas.[2]

Diese Notierung erfolgte gewiss nicht wegen der zahlenmäßigen Bedeutung des damals nur 90 Haushalte zählenden Marktfleckens, sondern wegen seiner Geschichte, die wohl Aventin vorher wegen seiner Freundschaft mit dem Badbesitzer Dr. Georg Hobsinger und wegen der vermutlichen Geburt Kaiser Heinrich II. hier zu Ort groß herausgestellt hatte.[3] Der hauptsächlichste Grund war sicher die Bedeutung Abachs als Kur- und Badeort seit dem Mittelalter.

113 Bade und Kurort am Donauknie ist Bad Abbachs uralte Tradition am Wanken

1262
wird das Bad erstmals urkundlich erwähnt.
1335
findet das „Wildtpad Abbach“ in „Freiheitslibell“ unter dem Artikel „Tottvell halb“ Erwähnung.
1465
Albrecht IV. erteilt dem Wundarzt Meister Jörg aus Regensburg die offizielle Erlaubnis zur Errichtung eines „Wildpades“ zu Abbach. Im gleichen Jahr wird ein aufgerichtetes „Bad-Würthaus“ erwähnt (Lehner).
1528
Eigentümer des Bades sind Berthold Hofstetter, dann Dr. Georg Hobsinger, der spätere Leibarzt von Kaiser Karl V. und Freund des Chronisten Georg Thurmayr, genannt Aventin
1532
weilt Kaiser Karl V., der sich am Reichstag in Regensburg beteiligte, zur Kur in Abbach. Die Wirkung des Bades ist nur kurzfristig, weil er den Fleisch Verzehr nicht einschränkt.
1533
Hobsinger verkauft das Bad an Georg Glier, Probst-Richter zu Sandsbach (Dietrichs)
1548
Der Kelheimer Arzt Dr. Hans Lienhart Kastner erwirbt das Bad. Er erweiterte das Widbad erheblich.
1565
wird das Abbacher Bad in dem in Venedig gedruckten Buch „Institutionum Medicinae“ des Tübinger Professors Leonhard Fuchs erwähnt. Die Stelle lobt die vielfache medizinische Wirkung und Heilkraft des Schwefelwassers.
1566
Philipp Apian kennzeichnet in den „Baierischen Landtafeln“ Abbach als Badeort durch eine Markierung mit einem Badebottich
1578
Dr. Martin Ruland erwähnt Abbach in seinem in Basel erschienenen Buch „Balneario restauratio“. Er spricht von warmen Thermalwässern, die es hier gäbe. In einer Druckschrift des Andreas Ruland sind die Bestandteile des Abbacher Wassers genannt und die Heilwirkung bei einer Vielzahl von Leiden aufgezählt.
1602
nach dem Tod Kastners heiratet seine Witwe Anna den Badnachfolger Zeller. Es werden außer der Behausung Höfe, Ställe, ein Brauhaus und zwei Gärtchen genannt ( Stänglmayr).
1630
Dr. Andreas Ruland Stadt-Physikus von Regensburg schrieb „ein kleines Traktätlein in Oktav“ (Johannes Lehner) „vom Wild Badt in Abbach“
1633
Infolge des 30 jährigen Krieges kommen die Besitzer Hans Hierlmayr, Bürger und Gastgeber zu Abbach, Besitzer des Widbads und der Braustätte samt Behausung und Keller gegenüber und Adam Amon, Weichsnerischer Richter zu Falkenfels ums Leben. (Gandershofer). Diesem tragischen Ereignis folgte ein vorübergehender Zerfall und Abschwung des Wildbads.
1644
M. Zeller schreibt in dem von Matthaeus Merian herausgegebenen topographischen Werk über Europa, in „Topographia Bavariae“, dass Abbach ein gesund Bad hat, so man aber wärmen muss, das nach gesottenen Eiern riecht, aber gegen Melancholie, Herzschlag und Herzpochen, Ohnmacht und Nierenleiden und noch vieles Anderes hilft.
erschien die erste größere Darstellung des Abbacher Bades durch Dr. phil et med. Johann Lehner. „ Balnei Abacensis in Bavaria inferiore nova descriptio, Das ist: kurze Beschreibung des Wildbads zu Abach in nieder Bayern, was dessen Mineralischer Halt, Natur und Eigenschafft, Krafft und Wirkung sey, in welchen Krankheiten, und auf was Weiß solches soll genutzt und gebraucht werden.“
Aus seinem Büchlein zitierte ich ein sicher heute noch gültiges Gedicht, das wir auf S. 66 finden:
„Viel Bad, Wein, Lieb verdirbt den Leib,
Wer dies zu viel und heftig treibt:
Dargegen Venus, Bad und Wein,
Erhalten die Gesundheit fein.
Wers recht und mäßig brauchen kann
der bleibt gar lang ein gesunder Mann.
Willt du vor Krankheit sicher seyn,
so merk vor andern diß Latein.“
1686
wird Hans Adam Wimmer als Besitzer des Widbades genannt.
1700
Es folgt als Besitzer Johann Konrad Ammertsmann aus Kelheim . Er besteht auf einem Badmonopol und beklagt sich wegen des Überhandnehmens von Privatquartieren und Quellmissbrauch. Er war ein heftiger Zeitgenosse, der mit dem Markt oft kontrovers lag.
1724
war Johann Paul Putz der Herr im Badanwesen. Unter ihm wiederholen sich die Klagen gegen Privatanbieter. Es ist bereits von einem Röhrensystem die Rede, durch das das kalte Quellwasser in den Bad Kessel geführt werde.
1725
erscheint die„Beschreibung des Churfürsten- und Herzogtums Ober- und Niederbayern“ mit zahlreichen Kupferstichen von Michael Wenning (Historico – Topographica Descriptio), auch Abachs.
1737
Ludwig Michael Dietrichs, Regensburg, bringt seine Monographie „Historisch-Physikalische Abhandlung von dem berühmten Wild-Bade zu Abach in Nieder-Bayern“ heraus. Sie enthält im 2. Teil einen Bericht des Aufenthalts der Landesmutter Maria Anna, der Gemahlin Max III. Josef, Kurfürst in Bayern
1761
Nach finanzieller Notlage und Rückgang der Attraktivität des Widbades fällt dieses an Franz Xaver Hilz aus Landshut.
1764
passieret Kaiser Franz I., der Gemahl der Maria Theresia mit den Söhnen Josef und Leopold Abbach – einmal auf der Straße, einmal mit 30 Schiffen – auf der Donau.
1776
Hilz verkauft das Bad an den Marktkammerer und Bierbrauer von Abbach, Mathias Karl.
1800
etc. Die Napoleonischen Kriege setzen dem Badbetrieb massiv zu, und er kommt beinahe zum Erliegen.
1805
Erscheint trotzdem die Monographie Dr. Johann Baptist Grafs „Versuch einer pragmatischen Geschichte der baierischen und oberpfälzischen Mineralwässer“. Er beschäftigt sich intensiv mit der chemischen Zusammensetzung des hiesigen Mineralwassers.
1816
Geht das gesamte Badanwesen von Franz Xaver Karl um 16 100 Gulden auf den Bräuersohn Georg Koller über. Sein Vater Franz Xaver Koller, sen. war eine Generation vorher auf der Brauerei ( heute Zirngibl) sesshaft geworden. Unter ihm wird das Bad wesentlich vergrößert, und die Gebäude diesseits und jenseits der Straße durch die überdachte „Seufzerbrücke“ verbunden.
1861
übernimmt der Sohn Georg Kollers, Johann Koller, das Bad. Es entsteht ein Badhaus mit 17 Badekabinen und mehr als 40 Zimmern.
1862
erscheinen „Die historisch-chronologischen Notizen über die Schwefelquelle Abbach nebst Winken aus der Erfahrung (.)“ über die Bäder und Anwendungen Trinken des Wassers von dem Abbacher Arzt Dr. Stänglmayr.
1872
Lässt Johann Koller den Kurpark anlegen und erweitern.
1884
übernimmt Josef Platiel das Badanwesen. Er baut es auf 54 Zimmer in den Häusern diesseits und jenseits der Straße aus. Es entstehen unter ihm auch Freizeitangebote in einem Pavillon für Kegeln, Piano und Billard. Auch ein belletristisches Angebot wird geschaffen und viele Tageszeitungen werden den Gästen zur Verfügung gestellt.
1902
wechselt der Besitz zu Franz Xaver Krammel. Sein Vater war Josef Krammel, Sohn des Michl Kraml aus Eiglstetten, der seine Brauerei und Gaststätte bei der Marktkirche (später Kötterl) hatte. Die Ehe Franz Xaver Krammels und seiner Gattin Maria war mit 4 Kindern gesegnet. Diese konnten das Bad nicht übernehmen, weil der Vater zu früh starb. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse im Land waren unglücklich. Der Sohn Friedrich übernahm Teile der Landwirtschaft und blieb der Nachwelt als „Badkrammel“ bekannt.Zwei der übrigen Kinder hießen Dr.Max Krammel und Franziska.
1924
Johann Lixsen und Viktor Höign konnten in der Folgezeit das gesamte Anwesen erwerben.
1934
am 07.03. erhielt der gesamte Ort Abbach den Beinamen „Bad“ und nennt sich ab jetzt „Bad Abbach“. Unter Linxen und Höign entwickelt sich das Bad bis zum Ausbruch des 2. Weltkrieges sprunghaft. Während des Krieges unterlag es den bekannten und kriegsüblichen Restriktionen und Pressionen, wodurch es sehr herabgewirtschaftet wurde.
1949
übernahm das Bayerische Rote Kreuz pachtweise den Kurbetrieb.
1956
entsteht das Rheumakrankenhaus I mit über 200 Betten.
1960
wird das Rheumakrankenhaus II mit 260 Betten errichtet, die spätere II.orthopädische Klinik.
1962
Inbetriebnahme des Rheumakrankenhaus III, früher Allgemeines Rheuma-Krankenhaus, ab 1973 die II. Medizinische Klinik.
1974
Errichtung der I. Orthopädischen Klinik.
1976
Fertigstellung des Funktionstraktes, Hallenbades, Röntgen-Institutes und der Operativen Abteilung.
1982
Neubau der Physikalischen Therapie der I. Medizinischen Klinik
1988
Sanierung der II. Orthopädischen Klinik
1993
Neubau Physikalische Therapie der Orthopädischen Kliniken.
1997
Die Orthopädische Klinik wird Orthopädische Universitätsklinik. Beginn des Neubaues einer Rehabilitationsklinik mit zentralen Ver- und Entsorgungseinrichtungen.[i]
2004
Das BRK zieht sich aus dem Krankenhaus-Betrieb und Kurbetrieb in Bad Abbach zurück. Die private Klinik Kette „Asklepios“ mit Sitz in Königstein-Falkenstein kauft das Bayerische Rheuma- und Orthopädie-Zentrum (Uni-
Klinik) in Bad Abbach.
2009
Die Marktgemeinde Bad Abbach kann eine Reihe von ungenützten, vergammelnden Liegenschaften dem BRK abkaufen. Ein Kurbetrieb im Wortsinn existiert momentan nicht mehr. Für die BRK Immobilien musste die Marktgemeinde 689 000 € bezahlen. Es flossen Zuschüsse in Höhe von 280 000 €.
2010
Die Sanierung des Kurparks ist momentan im Gange. Sie kostet rund 1,4 Millionen €. Hierzu fließt ein Zuschuss in Höhe von 940 000 €.
Wie man sich überzeugen kann, entstehen prächtige Anlagen. Bei Asklepios existieren momentan eine Rheumatologische Klinik, eine Orthopädische Klinik und eine Rehabilitationsklinik. Die Patienten sind fast aus-
schließlich an die Häuser gebunden und die einheimische Bevölkerung und Geschäftswelt nimmt nur mehr minimalen Anteil am Gewinn.
Der landschaftliche Reiz und große Anstrengungen städtebaulicher und Freizeit-dienlicher Art müssen den Ort fremdenverkehrsmäßig lebendig erhalten.
Diesem Ziel dient nun auch der unmittelbar bevorstehende Abriss der meisten BRK-Immonbilien, der finanziell gefördert wird.

PS. Beachte auch den Aufsatz von Dr. Alfons Kraus :“ Das Ortsbild von (Bad) Abbach – bis das Rote Kreuz kam“ im „online- Lesebuch“ Nr. 75 ( Bad Abbach home – Kultur – Archiv – Lesebuch, linke Seitenleiste!)

 [i] Ab 1949 aus Akten des BRK, soweit sie im Archiv gelagert sind.
Der landschaftliche Reiz und große Anstrengungen städtebaulicher und Freizeit-dienlicher Art müssen den Ort fremdenverkehrsmäßig lebendig erhalten.
Diesem Ziel dient nun auch der unmittelbar bevorstehend Abriss der meisten BRK-Immonbilien, der finanziell gefördert wird.
PS. Beachte auch den Aufsatz von Dr. Alfons Kraus :“ Das Ortsbild von (Bad) Abbach – bis das Rote Kreuz kam“ im „online- Lesebuch“ Nr. 75 ( Bad Abbach home – Kultur – Archiv – Lesebuch, linke Seitenleiste!)
[1] Abach, Schreibweise in der Kurfürstenzeit.
[2] Kirschii, Adami, Friderici. Abundantissimum cornu copiae linquae Latinae et Germanicae selctum etc.. Lipsiae 1774, Appendix. Latino-Germanici regionum, urbium, montium et fluviorum.
[3] Dies vermute ich, weil bald nach Abach auch die Nennung von Abensberg folgte.
[4] Wessinghage, Dieter und Zacher, Josef. In: Colloquia rheumatologica 37. Verlag Dr. E. Banaschewski, München-Gräfelfing, 1986, S.11 – 57.

Von |2023-12-01T17:58:48+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

114: Hochstetten – Ein Leben zwischen verschiedenen Welten

Es geht um eine Chronik, die in der (Bad) Abbacher Geschichtsschreibung bisher keine Berücksichtigung fand. Sie muss aber wegen der Eingemeindung von Hochstetten zu Bad Abbach im Jahre 1978 heute endlich angefertigt werden.

Zu meiner Bubenzeit markierte ein ca. zwei Meter hoher, weiß gekalkter, schwarz beschrifteter, gewaltiger Grenz- und Meilenstein an der Straße nach Regensburg, nicht ganz auf der Graßlfinger Höhe, die Linie, die die Oberpfalz von Niederbayern trennt. Dieses „Denkmal“ sprang jedem Wanderer, später wahrscheinlich auch Autofahrer, ins Auge. Es war, wenn man es genauer betrachtet, nicht nur eine topographische, sondern – früher und zu meiner Kinder Zeit auf jeden Fall noch – eine ideologische und anthropologisch bedeutsame Kerbe, die Welten trennte.

Die Einwohner von Hochstetten waren, mit modernem Slogan gesprochen, damals schon „Kosmopoliten“, weil sie herüber und hinüber dachten und empfanden. Ihre Bedürfnisse befriedigten sie „global“, wie man heute sagt, und dies alles trotz hüben und drüben gültiger Barrieren.

114 Hochstetten Ein Leben zwischen verschiedenen Welten Foto

Wenn z.B. im 17. und 18. Jahrhundert vom hiesigen Landgericht ein verurteilter Übeltäter aus dem Land verwiesen, also in das Ausland verdammt wurde, brauchte er nur diese Grenze zu überschreiten und konnte dann drüben, auf der anderen, der ahnungslosen Seite, z. B. in Graßlfing oder Großberg, seine Zelte aufschlagen, wenn man ihn dort nur akzeptierte. Im widrigen Fall musste er sich nach Unbekannt verziehen.
Nun aber wieder ein Blick auf die jüngeren Realitäten. In den Nord-Regionen Abbachs existierten bis in die 1980er Jahre zunächst der Ortsteil Kalkofen, der 1964 zu Bad Abbach kam. Vorher gehörte er zu Oberndorf. Dann gab es da noch, wie oben erwähnt, etwas nördlicher gelegen, die Einöde Hochstetten. Sie gehörte zur Gemeinde Graßlfing, nie zu Oberndorf-Kalkofen und nie zu Abbach-Kalkofen. Nach der Gemeinde-Gebietsreform von 1973 wurde Hochstetten sogar der entfernteren Gemeinde Großberg zugeschlagen.
Bad Abbach mit Kalkofen waren Teil des Regierungsbezirks Niederbayern, Hochstetten aber ein Teil der Oberpfalz. So war es seit Menschengedenken, bis gewiss nicht der liebe Gott zuschlug.
Noch am 26. Januar 1976 erklärte der Gemeinderat von Großberg mit 10 zu 0 Stimmen, dass er die Einöde Hochstetten des gerade obwaltenden Besitzers Xaver Ranftl nicht an Bad Abbach abgeben wolle, es sei denn, man bekäme die ganze Gemeinde Oberndorf als Ausgleich herein, was natürlich aussichtslos war.
Auch Xaver Ranftl von Hochstetten selbst wollte nicht zu Bad Abbach geschlagen und der Oberpfalz, vornehmlich dem nahen Regensburg, entfremdet werden.[1] Aber was zählten hier schon Traditionen und Gefühle?
Mit etwas Zeitverzögerung wurde den Beteiligten des Umgliederungsverfahrens am 6. August 1979 mitgeteilt, dass die Einöde Hochstetten der Gemeinde Großberg im Landkreis Regensburg am 1.5.1978 nach Bad Abbach im Landkreis Kelheim ausgeliefert worden sei. Schlüsselzuweisungen in Höhe von ca. 700 000 DM für den Rest des Jahres 1979 kämen für Großberg nicht mehr zur Auszahlung, weil es der Umgliederung Hochstettens nicht zugestimmt hatte.[2]
War nun das, was wir als Gewaltakt empfinden, wirklich so dramatisch, ja sogar ungerecht? Werfen wir zur Beantwortung dieser Frage einen Blick in die Geschichte:
Der Abbacher Pfarrer Emeram Hem schreibt um 1680 in seinem Sal-Büchl[3], dass Hofstetten[4] ein Urbarshof Ihrer Churfürstlichen Majestät Casten zu Abbach sei, der nicht den Benediktinern in Prüfening, sondern den Augustinern in Regensburg Zehent pflichtig sei.
Diese Zuschreibung drückt eindeutig die Zugehörigkeit der Einöde Hochstetten zum Wittelsbachischen Einflussbereich im Gegensatz zum Kloster Prüfeninger Einflusbereich über Matting, Oberndorf mit dem Weiler Kalkhofen und Grasslfing aus Matting, Grasslfing und Oberndorf mit dem Weiler Kalkofen gehörten somit bis 1803, dem Zeitpunkt der Säkularisation, zum Einflussbereich des Klosters Prüfening. Abbach mit Weichs, Hochstetten, Au etc. aber standen spätestens seit dem Vertrag Ludwig des Kelheimers mit den Mönchen von Prüfening 1224 und der Erledigung einiger Grafschaften kurz vorher unter der Kuratel der Wittelbacher, die mit Otto v. Wittelbach seit 1180 das Land Bayern regierten.
Doch irgendwann dazwischen – bei der Neuordnung der bayerischen Gemeinden 1818 vielleicht – muss es passiert sein, dass Hochstetten politisch wieder Graßlfing zugeschlagen wurde.[5] Hierbei waren die archetypischen Bestrebungen, die eher nach Regensburg als nach Kelheim tendierten, voll wirksam.
In dem Buch „Der Landkreis Kelheim“(11981) finden wir jedoch zu Recht die Feststellung: „Hofstetten + (abgegangen, bei Bad Abbach) 12. Jahrhundert“.[6] Diese Notiz bestätigt den Tod Hofstettens Kloster Prüfeninger Provenienz.
Eine vorausgehende Notiz auf der gleichen Seite bekräftigt aber ebenso die Auferstehung Hochstettens Wittelsbachischer Provenienz ungefähr zum gleichen Zeitpunkt: In diesem Fall lesen wir: „Hochstetten (bei Graßlfing/Bad Abbach) 1147 (Kopie des 15. Jh.) „Stetten“ (Traditionen Wessobrunn Nr.36) – bedeutet „Hochgelegene(Siedlungs-) Stätte“.[7]
In kirchlichen Matrikelbüchern und Akten bestehen die Urheber beharrlich auf der klösterlich Prüfeninger Variante, so wie sie vermutlich der Stifter des Bistums Bamberg, König Heinrich II. von seinen Vätern, den bayerischen Herzögen, übernommen und 1007 an die Benediktiner in Bamberg übergeben hatte. In dieser Weise fand sie dann auch ihren Weg zwischen 1119 und 1224 nach Prüfening.[8] Stellen mit der Schreibweise Hof(f)stetten gibt es außer in dem oben genannten Sal-Büchl von Hem anderswo, z.B. in Pfarr-Matrikeln, haufenweise.[9]
Die Schulgeschichte (Bad) Abbachs, ein verworrenes Abbild der bisher eruierten politischen Fakten, folgt nicht unbedingt der politischen Geschichte. Wir benützen zur Verdeutlichung hierzu einmal die Akten kurz vor und nach 1900:
Ich schicke voraus, dass es noch um 1900 zwischen der Einöde Hochstetten und dem Weiler Oberndorf-Kalkofen die Einöde Schleifmühle am Schwarzgraben[10] gab. Sie lag auf dem uns noch bekannten Areal Merkl/ Niklas. Dann folgte auf der gleichen Seite des Schwarzgrabens der gemeindeeigene Ziegelstadel. Bald nach 1900 mag die Mühle von ihrem letzten Besitzer Hugo Brunner aufgegeben worden sein.
So heißt es z.B. in einem Akt der Schule Abbach des Jahres 1875, in dem es um die Finanzierung des Schulholzes ging: „Jährliche Beiträge der Gemeinde Schlossberg, der Einöden Eiermühl, Schleifmühl und Hochstetten zur Schulheizung 9 Gulden, 46 Kreuzer, 2 Pfennige lt. Grundrechnung Abbach S. 7 Titl 7.“[11]
Bezogen auf Hochstetten heißt das, dass die Einöde zwar zur politischen Gemeinde Graßlfing, Schulsprengel Matting, gehörte, aber zum Schulverband Abbach. Die Hochstettener Kinder mussten also nach Abbach zur Schule gehen, obwohl frühere Einödbesitzer ständig ihre Kinder nach Graßlfing schicken wollten. Nebenbei sei berichtet, dass die Verhältnisse bei der Schleifmühle noch verworrener waren.
Der dortige letzte Müller Hugo Brunner bewies, dass er und seine Vorfahren als Müller seit Menschengedenken ihren Schulbeitrag nach Abbach entrichteten, aber ihre Kinder nach Oberndorf in die Schule geben müssten. Er forderte folgerichtig in mehreren Schreiben den Schulbesuch seiner Kinder in Abbach.[12]
Nachdem der damalige Bürgermeister Röhrl die Angaben Brunners, die Finanzen betreffend, bestätigte, durften dessen Kinder nach altem Recht nach Abbach in die Schule gehen, obwohl sie im neuen Haus zum Weiler Kalkofen gehörten, dessen Kinder 1900 noch in Oberndorf die Schule besuchen mussten.[13]
Diese Ungleichbehandlung des Oberndorfer Weilers Kalkofen mit damals sechs Häusern veranlasste die dortigen Eltern zur Forderung an das Bezirksamt nach Gleichstellung. Dieses Begehren wurde aber mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung[14] verworfen. Die Kinder mussten weiterhin, wenigstens vorerst, den weiten, engen und wegen der Felsen gefährlichen Weg die Donau entlang auf sich nehmen.[15]
Ein weiterer Einschnitt in die Schullandschaft Abbachs bedeutete der Schulhausbau 1891 in Abbach. Es wurde der Ökonomietrakt des ehemaligen Landrichterhauses, später Meierisches Hofgut genannt, aufgestockt, damit gleichzeitig vier Klassen Platz finden konnten. Die finanzielle Lage der Gemeinde war wie immer kritisch, und wie sich 1905 herausstellte, betrug die Summe für den laufenden Schulbedarf zusätzlich jährlich 900 Mark.
Da wollten alle Geldquellen ausgeschöpft sein, auch wenn es nur tröpfelte. Der zuständige Schulausschuss mit 12 Vertretern aus Abbach und 2 Vertretern aus Graßlfing beschloss, den Bedarf von 900 M nach Prozenten des Steuersolls auf die Gemeinden Abbach und Graßlfing aufzuteilen.[16]Dies veranlasste die Marktgemeinde zu einem folgenden Kurzschluss. Es erging Schreiben an das Königl. Rentamt in Regensburg:
„Die Einöde „Hochstetten“ gehört zum Schulsprengel Abbach. Besitzer von Hs.Nr. 1 ist der Ökonom Jos. Ranftl von dort. Behufs Festsetzung des Betrages, welchen die Gemeinde Graßlfing an hiesige Schulkasse zu zahlen hat, ist die Steuersumme des Ranftl notwendig und wird daher gebeten, diese gnädigst anher mitteilen zu wollen.“
Das gnädigst ermittelte Resultat lautete: Ranftl zahlt 1905 eine Grundsteuer von 44 M 44 Pf, eine Haussteuer von 3 M 27 Pf. Also zusammen 47,71 M.[17]
Der Schulausschuss von Abbach erkannte als folgerichtig, dass der Nutznießer allein Ranftl sei, und er daher auch allein den Anteil Graßlfings zu stemmen hätte. So wurde es auch beschlossen und vollzogen. Dieser Handhabe hatte jedoch das Bezirksamt in Kelheim in weiser Voraussicht vorgebeugt: „Es ist ungesetzlich“, schrieb es, „wenn von Ranftl alleine der auf die Gemeinde Graßlfing entfallende Betrag verlangt wird.“[18]
Die „weisen“ Herren des Schulausschusses aus der Gemeinde Graßlfing waren Nikolaus Zirngibl und Alois Rieger.[19] Im Folgejahr boykotierten die Herren aus Graßlfing die Ausschusssitzung, aber den Umlagebetrag von 11,88 M zahlte in der Folgezeit die ganze Gemeinde Graßlfing.[20]
Die offizielle Schulstellenbeschreibung der Schule von Abbach in der Bezirksschulinspektion Kelheim II pro 1906 hatte inzwischen festgeschrieben:
„Schulsprengel: Abbach Markt-, Abbach-Schloßberg 0,5 km, Au, Weiler 1 km, Hochstetten, Einöde 1-2 km, Weichs, Einöde 1,5 km , Kalkofen, Weiler, 1 km.
Das frühere Begehren Kalkofens, die Schule in Abbach besuchen zu dürfen, war also erfolgreich. Die Einöde Schleifmühle gab es nicht mehr.[21]
Kommen wir zu den kirchlichen und gesellschaftlichen Bezügen der Hochstettener Bauern: In langwährender Matrikelarbeit am Diözesanarchiv in Rregensburg und anderer Quellenforschung ermittelte ich hierfür die Familien, besser Sippen, die die Einöde Hochstetten seit dem 30-jährigen Krieg (1618-48) bevölkerten und bewirtschafteten [22].
Dabei fand ich heraus, dass es bis zum Ende des 30-jährigen Krieges dort eine Sippe Khürchmair gab. Sie mögen an dieser schutzlosen Stelle zu Hochstetten bei den Schwedenstürmen um 1632 ums Leben gekommen oder geflüchtet sein, z. B. nach Sinzing. Von dort tauchten nämlich 1822 plötzlich die Kirchmeiers auf dem Mönchhof in Poikam auf.
Um 1640 bis ca. 1710 gab es auf Hochstetten die Periode Thrikhgelt/ Thrinkhpfennig/ Dringels, bis um 1723 die Sippe der Mader aus Sinzing einheiratete. Elias Mader heiratete die Erbtochter Catharina (+ 1656). Die Zeit der Mader ging 1831 mit dem Verkauf und Wegzug nach Teugn/Thronhofen zu Ende (Jetzt Blüml). Sie mögen durch die aufblühenden Braun-Kohle-Bergwerke[23] (Zeche Elisabeth und Lena), die sich um den Hof schlangen, vertrieben worden sein.
Um 1831/32 fasste die Familie Ranftl aus der Hausener Gegend auf Hochstetten Fuß und lebt und rackert dort in der sechsten. Generation bis heute. Politisch gehörte die Einöde einmal nach Abbach, dann wieder einmal nach Graßlfing. Kirchlich war man immer nach Abbach orientiert. Nur ganz früh, in der kurzen Kloster Prüfeninger Zeit gab es Beziehungen zur Kirche in Matting, was die Taufmatrikel von Matting ausweist.
Im Gotteshaus St. Nikola heiratete man, wie die Heiratsmatrikeln Abbachs bezeugen. Josef der dritte Ranftl führte seine Braut Dorothea Schwaiger aus Alkofen in Frauenbrünnl zum Traualtar. Nach 1876, als die Standesämter eingeführt wurden, besiegelten sie ihre Ehe auch vor dem hiesigen Standesbeamten. Ihre Kinder ließen sie hier taufen und registrieren. In Abbach besuchten sie auch den Gottesdienst. Nach dem Tod fanden sie auf dem Bergfriedhof, bis der neue Friedhof an der Römerstraße errichtet war, ihre letzte Ruhe.
Die Hofkapelle, die wegen eines Umbaus an Stall und Wohngebäude in die Flur nahe am Wohnhaus weichen musste, und der Bildstock „Unserer Lieben Frau von Hochstetten“, wurden um 1780 geschaffen. Abbacher Wallfahrer pilgern alljährlich im Mai zur dortigen Himmelmutter. Dies ist ein Ausdruck des frommen Sinns der Besitzer von Hochstetten und der nahen Umgebung.

114 Hochstetten Ein Leben zwischen verschiedenen Welten Kapelle

In Schule und Kirche von (Bad) Abbach befand sich also das geistige und religiöse Fundament der Bewohner der Einöde seit grauer Vorzeit.

114 Hochstetten Ein Leben zwischen verschiedenen Welten Maria

Das Kind im Arm der Mutter Gottes ist ein Umziehkindl, das seine Kleider nach der liturgischen Zeit wechselt. Hier ist es eben gerade einmal in Windeln.

Unzweifelhaft empfand man sich als Glied der Pfarrei St. Nikolaus, aber auch als Bürger von Abbach und Teil dieser Gesellschaft. Schon für die Thrinkhgelts fand ich 1672 einen Eintrag in den Kammer- Rechnungen von Abbach, dass der Hochzeitstanz und – Schmaus des Georgius Thrinkgelt jun. von Hofstetten mit der Maria Poschenrieder auf dem „Plan“ zu Abbach stattfand, und das Vergnügen 8 Pfund/Pfennige 4 Kreuzer kostete. Das war damals nicht knauserig.[24]

Wie die damaligen Hochstettener Bauern lebten und wohnten will ich an dieser Stelle im Lesebuch nicht wiederholen. Es wird ähnlich zugegangen sein, wie das Leben zu Weichs bei Abbach verlief, weil die Grundherren bis zur Säkularisation ebenfalls die bayerischen Herzöge und Kurfürsten waren .[25] Auch Streitigkeiten mit den Abbachern wurden[26] ausgetragen, wie ein Aktenkonvolut im Abbacher Archiv ausweist.

1788 fand ein Ortstermin statt, zu dem der Kurfürstliche Pflegskommissar Karl Ferdinand Edler von Menz persönlich und als Aktuarius der Gerichtschreiber Michael Lämml anwesend waren. Weiter sah man da den Klosterrichter von Prüfening, den Regierungsadvokat Billich, die drei Besitzerbrüder am Kalkofen und einige Unterthanen von Oberndorf. Von Seiten des Markts Abbach waren die beiden Kammerer Balthasar Koch, Schreiner und Bartholomä Jungmann, Seilermeister, weiter der Marktschreiber Quirin Nikendey dabei , außerdem die zwei Gemeinderedner Michael Riederer, bürgerlicher Weißböck und Mathias Reihtmair, bürgerlicher Schuhmacher , ebenso sechs minderjährige Bürgerssöhne. Außerdem war Jakob Mader anwesend, „mit seinen Gründen anstoßend, hiergerichtlicher und kastenamtlicher Bauer zu Hochstetten“.

Man berief sich wieder auf den im Jahre 1759 ratifizierten geometrischen Grundriss des Burgfriedens von Abbach und die Setzung von Marksteinen mit Eigentümerzeichen des Marktes Abbach, des Kurfürstlichen Landgerichts und der Grundherrschaft von Prüfening.[27]

 114 Hochstetten Ein Leben zwischen verschiedenen Welten Ortsplan

Eigentlich hätte es keine Grenzstreitigkeiten mehr geben dürfen, man habe sich ja schon einmal mit dem Klosterrichter verglichen, dass am Schwarzgraben vom Hopfengarten des Bierbräuers Michael Adam anfangend bis zum zweiten Markstein am Ende dieses Grabens die Weidenschaft des Hofstettener Bauern für je und alle Zeit zu respektieren sei. Jenseits des Schwärzgrabens (vom Markt und Kalkofen aus gesehen, A.d.V.) – und das sei zweifelsfrei – seien sämtliche Gründe kastenamtisch, auch der Schwarzgraben gehöre zur Hälfte dazu. Dies alles gehöre folglich zum Urbarshof Hochstetten. Auf der anderen Seite gäbe es nur drei Anlieger, den Josef Schleinkofer, den Mathias Karl, beide Bierbräuer, und den Georg Lämml, Fischer.[28]
In einem früheren Landgerichtsschreiben an den Churfürstlichen Markt Abbach war schon früher dargetan worden, warum Georgs Vater Erasmus Mader auf Respektierung seines Rechts am Grenzscheidungsgraben bedacht sei, da die Weidenschaft nämlich „ für sein selbstig zur Ökonomie unumgänglich benöthigtes Vieh sehr kümmerlich, erkleckend, unhinreichend sei.[29]
Er, Mader, hätte schon einmal gegen Anna Maria Schmidbäuerin und ihren Mann Simon, bürgerliche Metzgersleute, geklagt, weil sie mit drei Stückl Rindvieh in den Schwarzgraben gehütet hätten. Diese aber hätten erwidert, dass den Graben die Bürgerschaft schon immer ausgehütet hätte, und sie, obige zwei, keinen Schaden angerichtet hätten.[30], was aber nicht verhindert hätte, dass diese ordentlich abgepfändet worden seien.[31]
Der Rentkommissar hatte immer wieder Streitigkeiten zu schlichten, die auf diese Grenzziehung in der Kloster Prüfeninger Zeit zurückgingen. Grenzsteine, die das Kloster setzen ließ, wurden auf ihre Richtigkeit hinterfragt, weil sie zu nahe an das kleine Plätzchen neben dem Gartenzaun und der Grabensäumung am Kalkofener Bach gesetzt schienen und die Weidenschaft der Einödbauern, damals des Jakob Mader, beeinträchtigten[32].
Über diese peinlichen Streitereien hinweg wende ich mich noch einmal einer weiter- reichenden geschichtlichen Würdigung der Hofstelle von Hofstetten/ Hochstetten zu, um die Chronik dieses Ortes abzurunden:
Die erste urkundliche Erwähnung „Houesteten“ im 12. Jahrhundert (Tr. Prüfening Nr.3/18)[33] gibt uns keinen festen Zeitpunkt der Entstehung der Hofstelle bekannt.. Der Name sagt uns aber, dass sie viel früher begonnen hat, bald nach der bayerischen Landnahme im 6. und 7. Jahrhundert, und dass der Ort in der Nachbarschaft der Residenzstadt der Agilolfinger-Herzöge zum „Hof“, also zur Pfalz als Lieferant der lebensnotwendigen Viktualien gehörte. Es war ein 1/1 Hof, also ein ganzer Hof[34] mächtigen Ausmaßes, dessen „Besitzer“ jedoch Grundholden waren und einen Status besaßen , der sich bis in das beginnende 19. Jahrhundert in ähnlicher Form halten konnte.
Der Platz zu Hofstetten bot sich jedenfalls als Stelle „lauteren Wassers“ an. (Siehe „Lauterbrunnen“ bei Weichs!) Vom Kühberg kommend sprudeln viele unterirdische Bäche auf einer wasserführenden Lehmschicht in die Hofstettener Senke, wo sie als Quellen ans Tageslicht treten. Heute speisen sie noch den Schwarzgraben und den Hausbrunnen von Hochstetten und andere fliesende Wässerchen in der Flur.
In einem Papier des früheren Bürgermeisters von Abbach, Michael Röhrl, in dem die Grenzen des Marktes nach 1892 beschrieben werden, sind die „Pflegerbreiten, wo die Kohlenbergwerke sich befinden“, die „Bründlbreiten“ in der Nähe, aber jenseits der Straße nach Regensburg zu und das „Bründl“ selbst am Kühberg zwischen der Abbacher und Graßlfinger Flur genannt. Das Lebenselexier Wasser gab es selbst auf Bergeshöhe rund um Hofstetten in Hülle und Fülle.
In der frühesten Bergwerkgeschichte ( bald nach 1800) berichtet Christian Ziegler in seinem Tagebuch, dass in provisorischen Stollen plötzlich Wasser einbrach und wegen des unerwarteten Einsturzes der Löcher für die Arbeiter Lebensgefahr bestand. Der ehemalige Bauer Franz Aumeier, früher noch in Hochstetten wohnhaft, konnte noch ein Lied davon singen, welche unterirdischen Wassermassen in der Tiefe vom Kühberg her dem Donautal zudrückten. Im Jahre 1007 wurde Hofsteten, zwar im Abbacher Land, aber nicht namentlich aufgeführt, von König, später Kaiser, Heinrich II. an das neu entstandene Bistum Bamberg geschenkt. In der (gefälschten) Urkunde von 1138 [35] wurde „Grasoluunge“ (lese u = v!) von Bischof Otto von Bamberg dem Kloster Prüfening als Morgengabe übereignet.
Es folgten 1224 die Tauschgeschäfte Ludwig des Kelheimers mit den Mönchen von Prüfening um den Burgberg und Fluren um Abbach. Wenn nicht bei diesem Akt, dann entwand der Herzog den Mönchen zu Prüfening Hofstetten usurpatorisch, wie vieles rund herum um Abbach, und die kurze Prüfeninger Hörigkeit Hochsttens hatte ein Ende. Es war jetzt nicht mehr der Krummstab, der die Einöde regierte, sondern der herzogliche Hof mit dem Kasten zu Abbach.
Nicht viel später, im Jahre 1335, bestätigte Kaiser Ludwig der Bayer im Freiheitslibell den Abbachern ihre hergebrachten Rechte. In dieser Urkunde[36]wird Hofstetten an zwei Stellen namentlich genannt. Unter „Ehafft Recht halb“ werden die Mitglieder der Schranne aufgeführt:
„(..)der Richter, zwen geschworn Procuratores und Gerichtschreiber, mehr des Markht Abach die Sechs des raths, die zwen Gemain redner, darzu mueß Pfleger oder Richter aus dem gericht verschaffen wie von Alter herkumen zu Salhaup zwen fuerer, zu weyhenlow zwen fuerer, zu Poigen zwen fuerer, die zwen Amman von Weyx, Paur von Hofsteten, Pauer von Schwenth, damit ist die schrann nach altem gebrauch zu Ehaft (….)“
Die zweite Stelle steht unter „Rayswagen halb“. Es heißt: „Item, es mueßen auch die von Abach den Rayswagen teuglich verfertgt und guet, ohn allen mangl grüst, so in unser gnädigster fürst und herr erfordert, auf den Platz stellen, dabei mueß der Pfarrer von Abach stellen und halten die hindern zway Pferdt wolgerüst, mit samt ainem teuglichen Fuerknecht. Mer muessen die Aman pait (beide) zu weix ain forderst wolgerist teugliches Pferdt haben. Mer der Paur von Hofstetten und der von schwendt muessen das 4 Pferdt mit samt ainem wagnknecht schicken und halten, an den kein mangl sein soll.“[37]
Die Geschichte des Urbarshofes Hochstetten könnte nun in prägnanter Weise mit dem Sal-Büchl des Emeram Hem um 1680 , das oben schon erwähnt wurde, fortgeführt werden. Ich verweise nur mehr auf die geometrische Plankarte von 1759, die oben abgebildet wurde. Auf ihr sind unter E die Häuser „ am Kalkofen genannt“ und unter F „der Hochstettener Hof“ außerhalb des Burgfriedens eingetragen.
[1] Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats Großberg vom 22.01.1976 in Großberg. Kopie Archiv Bad Abbach II.18.2.1
[2] Schreiben der Regierung von Niederbayern vom 6.8.1979 an den Markt Bad Abbach. Kopie s.o.!
[3] Pfarrer Emeram Hem. Saal-Büchl, S.7, (1673 – 1681), Kopie Archiv s.o.!
[4] (man beachte die kirchliche Schreibweise „Hof(f)stetten“ im Gegensatz zur politisch/gerichtlichen Schreibweise „Hochstetten“!)
[5] Siehe Heiratsurkunde Josef Ranftl/Regina Angerer. Standesamt Abbach °° 22.11.1886, Nr. 8. Archiv Bad Abbach, Standesamtakten und oben zitierte Schreiben der Gemeinde Großberg und der Regierung von Niederbayern.
[6] Landratsamt Kelheim. Der Landkreis Kelheim, S. 224. Zitat weiter: „ „Houesteten“ (Traditionen Prüfening Nr.3/18)“ (Man beachte, dass u = v, also Hofstetten).
[7] Landratsamt Kelheim. Der Landkreis Kelheim, S. 224.
[8] Nach gefälschter Urkunde im Jahre 1138. Fundationsurkunde für das Kloster Prüfening. Kopie Archiv Bad Abbach s.o.!
[9] Matr.Kelheim°° Bd.9 F 243, 1748/ Matr. Matting * 1637 – 1644
/ Matr. Abbach* Bd.1 F 8, S. 160, 1685/ Matr. Abbach °°Bd.1 F 9 S.182, 1685/ Matr. Abbach °° Bd. 15, 1666 und + Bd.15, 1659 – 1667
/ Matr. Abbach°° 1, S.182, 1672. usw.
[10] Heute Kalkofener Bach genannt. Die Schleifmühle lag auf Plannummer 1330 1/3.
[11] Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für die Schulkassa Abbach pro 1875. Archiv XIV.13.2.2.a.
[12] Schreiben des Königlichen Bezirksamt Kelheim v. 14.04.1900 und 14.07.1900. Archiv a.a.O.. Beweisschreiben des Hugo Brunner, o.D. Archiv a.a.O.
[13] Schreiben des Marktes Abbach an das Bezirksamt Kelheim v. 20.07.1900. Archiv a.a.O.
[14] der Antrag sei nicht förmlich gestellt worden; es könnte später ein förmlicher Antrag gestellt werden.
[15] Schreiben des königlichen Bezirksamts v. 24.07.1903. Archiv a.a.O.
[16] Protokoll vom 28. Mai 1905. Archiv XIV.2.2.a.
[17] Schreiben an das Rentamt vom 4. Nov. 1905. Archiv a.a.O.
[18] Schreiben des Bezirksamts Kelheim vom 31 August 1905. Archiv a.a.O.
[19] Protokoll vom 3.9.1904. Archiv a.a.O.
[20] Auf Abbach trafen 888,57 M. Protokollabschrift vom 29.11.1908. Archiv a.a.O.
[21] Auszug aus der Schulstellenbeschreibung 1906, Kopie. Archiv a.a.O.
[22] Matrikeln aller Art von Abbach, Matting, Sinzing. Weiter: Pölsterl, Günther. Kommission für Bayerische Landesgeschichte. Mallersdorf. Das Landgericht Kirchberg, die Pflegegerichte Eggmühl und Abbach. München 1979, S. 293.
[23] Genaue genealogische Aufzeichnungen wurden von mir im Diözesanarchiv aus verschiedenen Pfarrmatrikeln für die Familie Josef Ranftl angefertigt.
[24] Kammer Rechnung Abbach 1672. . Archiv 9.4.2.a.
[25] Man lese im Lesebuch Nr. 48, 8. Unter dem Krummstab (Bamberg / Prüfening 1007 – 1224) – Zeitgenössisches bäuerliches Leben.
[26] Grundstückstreitigkeiten (Nutzungsrechte, Weiderechte) , Archiv 8.4.3.a. (II.4.).
[27] Protokoll eines Ortstermins vom 18.April 1788. Archiv a.a.O.
[28] Schreiben des Landgerichts an den Markt Abbach vom 27.6.1783. Archiv a.a.O.
[29] Landgerichtsschreiben an den Churfürstlichen markt Abbach vom 24.7.1783. Archiv a.a.O.
[30] Der Markt an das löbliche Pfleggericht. Schreiben vom 13.?.1783. Archiv a.a.O.
[31] Landgerichtschreiben an den Markt Abbach vom 11.6.1783. Archiv a.a.O.
[32] Schreiben des Rentkommissars an den Markt Abbach v. 18.6.1789. Archiv a.a.O.
[33] In: Der Landkreis Kelheim s.o.!
[34] Archiv 8.4.3.a. (II.4), Protokoll eines Ortstermins.
[35] Die erwähnte Urkunde entstand vermutlich erst um 1224, wurde aber als Fundationsurkunde auf 1138 zurückdatiert.
[36] Im Archiv (Safe) von Abbach in Abschrift mehrfach vorhanden!.
[37] Transskripion nach Gandershofer in Chronik des Marktes und Badeortes Abach (…) Regensburg 1832. Reprint H.u.KV. S. 103 und 105.

Von |2023-12-01T17:13:48+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

115: SA marschiert – Die politische Lage in Abbach um 1933

Zu diesem Aufsatz motivierte mich die Angst, dass sich auf dem gegenwärtigen sozialen Hintergrund auf leisen Sohlen etwas etabliert, was zum Erschrecken einiger im vergangenen Jahrhundert schon einmal eintrat: Der Rutsch nach rechts.
Ein Leitartikel in der MZ bestätigt die Gefahr von Innen, wenn sie titelt: „Ob in Österreich, Italien oder jetzt in Schweden: Rechte Rattenfänger sind in Europa auf dem Vormarsch.“[1]
Damals schlief das Gewissen, als die Heilsbringer tönten:
„Die Fahne hoch! Die Reihen fest geschlossen! SA marschiert mit ruhig festem Schritt (…)“ Den Imperativ aus dem Horst-Wessel-Lied „Die Fahne hoch“ sangen übermütige Zecher um 1950, als der Spuk vorbei war, höchstens noch im Vollrausch. Zu ihrer Kinder- und Jugendzeit gehörte dieser Marsch-Gesang zur musikalischen Standard-Ausrüstung aller Schulkinder.[2] Man verstand das Lied leider als Aufbruchsignal in eine neue, heile Zeit.
Damals, als es entstand, in der Weimarer Republik, herrschten in unserem Abbach wie in ganz Deutschland äußerst verworrene Zustände. Ein Geschichtsbuch für das 7. und 8. Schuljahr der Volksschule beschreibt die damalige Lage so[3]:
„Leider fanden die demokratischen Parteien trotz der Bedrohung der Republik von links und von rechts nicht zusammen. Sie bekämpften sich bis zum bitteren Ende, statt gemeinsam und entschlossen gegen Hitler und seine bewaffneten Banden der SA und SS ( „Sturmabteilung“ und „Schutzstaffel“) sowie gegen die Kampftrupps der Kommunisten vorzugehen.“
Kooperator German Vollath [4] verdeutlicht Abbacher Verhältnisse mit prägnanten Sätzen: „Eine schwere Zeit in Abbach! Wirtschaftliche Not. Ca. 100 Arbeitslose, die von der Gemeinde unterhalten werden müssen. Allgemeiner Wirtschaftsniedergang. Die große Zementfabrik in Alkofen wurde stillgelegt. Ergebnis der Reichstagswahl vom 31. August 1932: 640 Stimmberechtigte in Abbach, davon 135 Kommunisten, 128 Nationalsozialisten , 90 Sozialdemokraten, 260 Bayerische Volkspartei…)“
Am 5. März 1933 fand die nächste Reichstagswahl statt. Jetzt gab es schon 405 Nationalsozialisten. Das waren mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten. Die giftige Saat im Reich und vor Ort war aufgegangen. Am 9. März konstituierte sich der Reichstag, am 23. März wurde das Ermächtigungsgesetz beschlossen. Das war das Ende der Demokratie. Am 7. April kam im Reichstag das Gleichschaltungsgesetz durch. Die Eigenständigkeit der Länder und Kommunen war erledigt.
Vor diesem Hintergrund wurden am 22. April 1933 wie überall, so auch in Abbach, die Gemeinderäte gewählt.
7 Sitze erhielt die NSDAP, 3 Sitze die Bayerische Volkspartei.
Die 7 Mandatsträger der Nationalsozialisten sind geschlossen am 1.4.1933 der NSDAP beigetreten. Fast alle waren schon vorher Mitglieder der SA oder Mitglied einer ihrer Gliederungen. ( N.S.V./ N.S. Bauernschaft/ D.A.F./ N.S.B./ S.A.R. II/ D.A.V./M.S.A)
Die politische und wertemäßige Ausrichtung der betreffenden Personen waren den Abbachern wegen ihrer Lauthalsigkeit und Umtriebigkeit wohl bekannt. Sie gehörten auch zur maßbestimmenden Haute Volee Abbachs. Trotzdem wurden sie als örtliche Heilsbringer von den schlichten und ahnungslosen Abbachern gewählt! Hatte es sich bei ihnen noch nicht herumgesprochen, dass am 27. März 1933, noch vor Ablauf der Wahlperiode und unmittelbar vor der neuen Gemeindewahl am 24. April, folgende Personen aus dem Gremium, Gemeinderat genannt, eliminiert worden waren?
Holzapfel Josef, Arbeiter, Weiß Ludwig, Arbeiter, Beer Dominikus, Maurer, Solleder Josef, Arbeiter, Kammermeier Johann, Arbeiter, Robold Xaver, Arbeiter, Schuhmann Benno, Arbeiter.
Einige von ihnen sollen der kommunistischen Partei, oder einer anderen Partei, die die Ziele der vorigen unterstützt, angehört haben.[5] Der Führer hatte doch jüngst befohlen, dass „den Mitgliedern, die einer kommunistischen Partei (…), der sozialistischen Arbeiterpartei oder einer Organisation angehören, welche die Ziele der genannten Parteien unterstützt (…) mit sofortiger Wirksamkeit die Ausübung ihrer Ehrenämter untersagt“ ist.[6] Es galt für sie: „Führer befiehl, wir folgen dir!“
Die verbliebenen Ehren- und Herrenmenschen in Abbach waren:
Georg Frank, Distrikttierarzt, Ortsgruppenleiter,
Johann Seidl, Gutsbesitzer, Bezirksbauernführer,
Heinrich Zirngibl, Brauereibesitzer, Ortsgruppenkassenwart,
Adam Meindl, Bäckermeister , früherer Bürgermeister,
Bernhard Feldmeier, Bäckermeister,
Xaver Hermann, Bäckermeister,
Xaver Kötterl, sen. Maschinenhändler,
Johann Karl, Kaufmann.[7]

115 SA marschiert politische Lage Abbach um 1933

Die Herren trugen ihr Parteiabzeichen stolz am Revers zur Schau! (Photo Archiv)
Waren da nicht noch die Vertreter der „Bayerischen Volkspartei“? Was hatten die nach dem Gleichschaltungsgesetz noch für eine Existenzberechtigung? Es dauerte nicht lange, bis diesen Männern etwas schwante.
Schon am 27. Juni 1933 schickte der Badbesitzer und Gemeinderat Viktor Höign, ein einflussreicher Mann in dem kleinen Abbach, an den Herrn Bürgermeister Frank folgendes Schreiben:
„Aus den Vorkommnissen der letzten Tage ist zu schließen, dass der Begriff der verfassungsmäßig garantierten persönlichen Freiheit aufgehört hat zu bestehen, wie jede freie Meinungsäußerung und Kritik nicht mehr erlaubt sind. Damit entfallen die Grundlagen, die für die Ausübung eines öffentlichen Ehrenamtes, wie das eines Gemeinderates unbedingte Voraussetzungen bilden! Unter diesen Verhältnissen kann ich es mit meinem Gewissen nicht länger vereinbaren, ein Amt zu bekleiden, dessen weitere Ausübung mich dauernd in Gewissenskonflikte bringen muss. Ich ziehe daher die Konsequenzen und lege hiermit mein Amt als Gemeinderat nieder. Mit vorzüglicher Hochachtung Höign.“[8]
Seinem Beispiel folgten am 19. Juli 1933 die weiteren Gemeinderäte der „Bayerischen Volkspartei“ Josef Schuderer und Josef Aumeier, beide Landwirte und die Ersatzleute Johann Adlhoch, Kaufmann und Hans Seidl, Malermeister. Ehre ihrem Andenken!
Waren alle anderen Abbacher dümmer als die Letztgenannten?
Nun merkten die im Gemeinderat verbliebenen Nazis endlich, dass sie nur mehr sieben sind. Sie richteten daher an den Kreisleiter in Kelheim die Bitte, wenigstens auf neun aufstocken zu dürfen. Dem Gesuch wurde am 15.10. 1934 entsprochen. Es durften Johann Huber, Zimmermann, Betriebszellenobmann, und Heinrich Waldrab, Hilfskassier, Ortstruppenführer, nachrücken. Letzterer war seit 1.11.1931 bereits aktiver SA-Mann.[9]

115 SA marschiert politische Lage Abbach um 1933 NSDAP Schreiben

Am 16. Oktober 1935 sollte klar werden, wer letztlich das Sagen in Abbach hat. Neben dem Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Georg Frank wurde Johann Seidl in Weichs zum 1 Beigeordneten und Heinrich Zirngibl von Abbach zum 2. Beigeordneten bestimmt.
Diese drei bestimmten, wohl gemerkt unter dem Einfluss einiger, auch weiblicher, Flüsterer aus der NSDAP, über Wohl und Wehe der (Bad) Abbacher von 1933 bis 1945.
Auch die Herren Donderer, Beauftragter der N.S.D.A.P, Kreisleiter Albert Alzinger und sein Stellvertreter Schmidt ließen sich in Bad Abbach immer wieder einflussreich vernehmen.
Als 1945 das „1000 jährige Reich“ vorbei war, rückten nach kurzem gesellschaftlichen Abtauchen die meisten von ihnen, soweit sie noch nicht gestorben waren, mit Duldung des „schlichten Volkes“ wieder zu ehrenhaften Positionen auf.
Nur Johann Seidl aus Weichs musste im Internierungslager in Moosburg büßen, weil ihm Bürgermeister Frank in weiser Voraussicht 1942 noch das Amt des Ortsgruppenleiters aufgedrückt hatte. .[10] Diese Buße hätte ihm bald das Leben gekostet.
Wenn es der Ehrenrettung der „schlichten Abbacher“ dient, sei noch darauf verwiesen, dass die Menschen in den Orten rund um Abbach in dieser Zeit ebenso von den neuen Herren eine soziale Wende erhofften und sich täuschen ließen.
Bei der Reichstagswahl am 05.03.1933 haben in Poikam der Liste „Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (Hitlerbewegung) mit den Kandidaten Adolf Hitler, Rudolf Heß, Franz Selte, Wilhelm Frick, Ernst Röhm, Franz von Papen, Hermann Göring, Walter Darre, Alfred Hugenberg, 106 von 111 Wahlberechtigten zugestimmt. Die fünf fehlenden Stimmzettel waren nicht mehr aufzufinden.[11]
Am 14.10.1933 waren die Deutschen zu einer weiteren Volksabstimmung aufgerufen. Ein im vorausgehenden Reichstag am 30.11.1929 gescheiterter Gesetzentwurf „gegen die Versklavung des deutschen Volkes“ wurde als Volksentscheid wieder vorgelegt. Die bisher schon erfolgten und bekannten Einschnitte in die Freiheit des Einzelnen und der Gemeinschaften wurden im Beitext zum Stimmzettel u.a. aufgeführt. Dieser endete mit dem Passus:
„Billigst Du, deutscher Mann, und Du, deutsche Frau, diese Politik Deiner Reichsregierung, und bist Du bereit, sie als den Ausdruck Deiner eigenen Auffassung und Deines eigenen Willens zu erklären und Dich feierlich zu ihr zu bekennen?
Es antworteten in Poikam wieder von 111 Stimmberechtigten 108 mit „Ja“ und nur 3 mit „Nein“![12]
Die übrigen nach 1973 nach Bad Abbach eingemeindeten Orte haben ähnliches Material vor dem Anrücken der Amerikanischen Besatzungsmacht oder sonst irgendwann vor der Abgabe ihrer Archivmaterialien an den Markt Bad Abbach vernichtet.
In den beiden Orten Bad Abbach und Poikam war dies wegen der Aktenwirrnis und Unordnung nicht möglich! (Zustand vor dem Jahr 2000 bekannt!).
[1] MZ v. 22.09.2010 S. 4.
[2] Fachgruppe Musik in der Fachschaft II des NSLB München I. Unser Lied, Liederbuch für höhere Schulen. Verlag Anton Böhm & Sohn, Augsburg und Wien. Horst Wessel, Berliner Sturmführer, starb am 25. Feb. 30 . Obiges Liederbuch S. 3. Im Besitz des Verfassers.
[3] Hampel Dr., Johannes, Seilnacht, Franz. Wir erleben Geschichte. Ein Arbeitsbuch für den Geschichtsunterricht, II. Bd. 7.u.8. Schuljahr, Bayerischer Schulbuchverlag, München 41970, S.186.
[4] Vollath, German. Aufzeichnungen. Geheimes Papier, das bei der Renovierung der Marktkirche unter der Emporenbrüstung gefunden wurde. Notizen- Buch der kath. Pfarrei, Beilage. Pfarrarchiv Schrank 1.
[5] Schreiben des Bezirksamts Kelheim an den Markt Abbach vom 27.3.1933. Archiv III.18.4.2.a.
[6] Rundbrief 373 des Bezirksamts Kelheim an die Stadt- und Gemeindebehörden vom 22. März 1933. Archiv II.18. 1.1.a.
[7] Gemeindewahl April 1933. Wahlmappen. Beilagen. Archiv III.18.4.2.a
[8] Schreiben Höigns an den Bürgermeister von Abbach Frank vom 27.06.1933. Archiv II.18.4.2.a.
[9] Schreiben der Kreisleitung an den Ortsgruppenleiter Bürgermeister Frank v. 15.10.1933. Archiv a.a.O.
[10] Alle Angaben aus Archiv III. 18.4.2.a, II. 18.1.1.a., 7.2.1.a.
[11] Vorhandene Stimmzettel aus Poikam in Konvolut Poikam II.6.11.2.b.
[12] Archiv a.a.O. / Kopien: Archiv Abbach III.4.2.a.

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116: Schönheitsoperationen (Bad) Abbach um 1900 – 1950 – 2010

Es sei vorausgeschickt, dass im Bade- und Kurort Abbach nachweislich schon im 19. Jahrhundert von der Gemeindeverwaltung großer Wert auf öffentliche Reinlichkeit und Gesundheit gelegt wurde. Offensichtlich bestanden im ganzen bayerischen Land in dieser Hinsicht noch keine paradiesischen Zustände, weil es sonst der Ministerial Entschließung vom 15. Juni 1875, veröffentlicht im Min. A. Bl. S. 299, nicht bedurft hätte.
Nachdem auch das Bezirksamt, etwas verzögert zwar, am 16. Mai 1876 den Vollzug obiger Entschlüsse verlangte, machte man sich in Abbach schon am 4. Juni daran, eine Gesundheits- und Reinlichkeits-Kommission einzurichten.
Zu ihr wurden der prakt. Arzt Dr. Faltermaier, der Apotheker Otto Knitel, der Badbesitzer Johann Koller und Bürgermeister Zöller berufen. Ihr Zweck sei, wie es heißt, „ihre Thätigkeit im Bezuge auf öffentliche Reinlichkeit und Gesundheit zu entfalten.“[1]
Dass die Sauberkeit und Schönheit des Ortes und der Umgebung den Verantwortlichen wirklich ein Anliegen war, beweist die Initiative von Bürgermeister Michael Röhrl 1886, also 10 Jahre später, einen Verschönerungsverein zu gründen, der sich „die Verschönerung der Umgebung von Abbach“ zum Ziele setzte.[2] Der Verein gab beachtliche Anstöße, wie man in Ratsprotokollen nachlesen kann.
Der schreckliche Brand in Abbach am 30. Mai 1892, dem von unten bis oben der ganze Markt zum Opfer fiel, mag die Nachhaltigkeit der obigen Intentionen in Frage gestellt haben. Ab da galt es, den Schutt aufzuräumen und die Lebensgrundlagen neu zu organisieren.
Dabei hätte sich bei aller Depression die Möglichkeit eröffnet, dem Markt ein freundlicheres und herzeigbareres Gesicht zu verleihen. Es bestanden nämlich – Kur- und Badeort hin oder her – wüste Zustände.
Der Bezirk und der Markt beschlossen zwar am 26. Juni 1892 einen „Plan zur Festsetzung neuer und Abänderung bestehender Baulinien im Markte Abbach, königlichen Bezirksamtes Kelheim“[3], festzulegen.
Die betroffenen Anlieger scheinen aber nicht vor Begeisterung in die Hand gespuckt zu haben, als es um ihre Besitzstände ging. Die Eigentümer der abgebrannten Häuser verhielten sich offenbar zu lethargisch, ja widerspenstisch, was folgender Passus in einem Bezirksamtschreiben beweist:[4]
„(..) Dagegen ist der Hinweis auf § 73 der Bauordnung nicht veranlasst, nachdem nach neuerlichem Berichte des Amtsschreibers die Abgebrannten in Abbach sich anscheinend um die baupolizeilichen Bestimmungen nicht zu kümmern scheinen. Es muss dieses Verhalten derselben um so mehr auffallen, als ja von den Abgebrannten die öffentliche Hilfe in Anspruch genommen und gerne in ausreichendem Maßstabe gewährt wurde, weshalb hier wiederum die Beachtung der öffentlichen Gesetzesvorschriften wohl am Platze wäre.“
Bei Allen hinterließ dieser Vorwurf offenbar keine positive Resonanz, was der Streit der Marktverwaltung mit dem Brauereibesitzer Ludwig Wahl (vorher Gerbel, von Eckmann/Zirngibl absorbiert!) beweist. Wahl hätte eine unschöne Einfahrtsrampe auf Gemeindegrund am Marktplatz zurücksetzen müssen, was ihn wutentbrannt schreiben ließ:
„Nachdem ich dem Auftrage des hochlöblichen Gemeindekollegiums nachkomme, bzw. nachgekommen bin, so möchte ich auch mir gestatten, meine Anträge zu stellen:
1. muss von sämtlichen Bewohnern, welche so sehr auf Einhaltung der Baulinie gedrungen haben, letztere vor allen Dingen selbst eingehalten und streng beobachtet werden und nicht durch Misthaufen, für die sich der größte der größten Bauern nicht zu schämen bräuchte, oder durch (.) „Brennholz etc.“ die Baulinie, respektive der öffentliche Weg bereits gesperrt werden.
2. muss ich bei der kgl. Regierung um eine alsbaldige Revision des Gemeindeplans gehorsamst bitten, ob die Gemeindeplätze, das sind die Gemeinde-Eigentümer alle, gegen Erlös gepachtet, bzw. gemietet, zu beliebigem Gebrauche (Mistplätze etc.) überlassen sind.
Mit vorzüglicher Hochachtung Ludwig Wahl, Brauereibesitzer.“[5]
Die Gemeinde prozessierte gegen Wahl auf privatrechtlichem Wege durch zwei Instanzen. Wahls Tod im Jahre 1902 bereitete dem Blocken aber ein rechtzeitiges Ende.

116 schoenheitsreparaturen Bad Abbach um 1900 1950 2010

Obige Baulinien setzte die Gemeinde 1892 und in den Folgejahren konsequent durch.[6] Damit begannen auch die Aufräumarbeiten gegen alles, was die gute Stube des Marktes verunstaltete.
Dies war nicht das letzte Mal, dass die Gemeinde gegen Defizite im Ortsbild vorgehen musste.
Der 2. Weltkrieg war zu Ende und das sog. Wirtschaftswunder begann zu sprießen. War die Marktgemeinde Bad Abbach durch die bisherigen Bad-Herren Linxen und Höign bereits so tief in Gestaltungslethargie versenkt, dass sie in Erwartung eines Motorwechsels die nötige Sorgfaltspflicht für einen Kur- und Badeort verschlief? Am Horizont schickte ja schon die BRK-Sonne ihre ersten Strahlen! Dabei kamen die Schwachstellen am Ortsbild deutlich sichtbar an das Tageslicht! Ein Brief der Schwefelbadbesitzer Johannes Linxen und Viktor Höign an den Herrn Bürgermeister von Bad Abbach, bringt den damaligen Anblick unseres Ortes zum Ausdruck. Bürgermeister war Karl Heinrich:
„Ein Teil der Bewohner der Häuser an der Augsburgerstraße (…) gießen die gesamten Abwässer, ihren Hausmüll, die Kohlenasche usw. die ihren Häusern gegenüber liegenden Straßenböschungen hinab. Da an dieser Straßenseite kein durchgeführtes Grabensystem vorhanden ist, welches das Wasser ab- bzw. weiterleiten könnte, fließen die Abwässer in die dort liegenden Parkanlagen, Gärten und Felder und verunreinigen diese mehr oder minder stark, zerstören das Wachstum, während der Müll, die Gemüse- und Kartoffelabfälle sowie die Asche an den Zäunen liegen bleiben und dort in Verwesung übergehen und besonders in den Sommermonaten eine Brutstätte alles möglichen Ungeziefers und gefährlicher Bakterien bilden. Der Gestank, der durch diese Ablagerungen entsteht, bildet die Gratiszugabe. Es haben sich mittlerweile Zustände herausgebildet, herbeigeführt durch die Nachlässigkeit der Hausbesitzer und die Bequemlichkeit der Mieter, die jeder Ordnung und jeder Hygiene Hohn sprechen und die besonders in einem Badeort auf keinen Fall geduldet werden können.
Jeder Hausbesitzer ist gesetzlich verpflichtet, auf seinem Anwesen Einrichtungen zu schaffen zur ordnungsgemäßen Ableitung der Abwässer und Beseitigung des anfallenden Mülls, eventuell durch Anlage einer Versitzgrube bzw. durch Aufstellen von Mülltonnen, die von Zeit zu Zeit entleert werden müssen.
Wir bitten Sie daher als Leiter der Ortspolizei, zu deren Aufgabenbereich ja wohl die Überwachung der Durchführung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen gehören dürfte, dafür Sorge tragen zu wollen, dass dieser unglaubliche Zustand schnellstens beseitigt wird. Die Hausbesitzer dürften zu verpflichten sein, den vor den Zäunen liegenden Müll auf ihre Kosten sofort entfernen zu lassen.
Schwefelbad Linxen und Höign.“[7]
Es stank aber nicht nur in der Augsburgerstraße, sondern an allen Ecken und Enden des Ortes: Im Mai des gleichen Jahres schreibt der Bürgermeister Karl Heinrich an das Landratsamt Kelheim:
„In der Kochstraße in Bad Abbach (Landstraße II. Ordnung) ist bei dem Hause Nr. 7 Geigl Matthias – die Straße bei jedem stärkeren Regenwetter in 3 mtr. Breite und ca. 15 mtr. Länge überschwemmt. (…)“
Die Straßengrabenstelle bei Geigl hing mit dem Wasserabfallgraben Mühlbach (leider zum Müllbach degeneriert), zusammen, den das Wasser-Wirtschaftsamt in Regensburg ewig nicht in Ordnung brachte.[8]
Nach Karl Heinrich wurde Otto Windl 1952 Bürgermeister in Bad Abbach. Noch 1953 musste er an einen Anlieger der Kochstraße, der aber in Kelheim wohnte (Name im Schreiben genannt, Anmerkung des Verfassers) dieses Schreiben schicken:
„Betreff: Abdeckung der Mistgrube vor Ihrem Anwesen in Bad Abbach: Der Marktgemeinderat Bad Abbach hat in der Sitzung vom 11.5.1953 einstimmig beschlossen, dass Ihnen die Auflage zu machen ist, die Mistgrube vor Ihrem Anwesen in Bad Abbach Kochstraße 6 ½ abzudecken. Sie werden daher ersucht, die Abdeckung alsbald vorzunehmen.“[9]
Kommen wir an ein anderes Ende des Marktes! Wie die Kochstraße war auch die Straubingerstraße, Saugasse genannt, noch eine Schotterstraße. Aber es zeichnete sich eine Lösung ab:
Der Bürgermeister schrieb an das Landratsamt: „Für die Genehmigung und Ausführung der Arbeiten zur Aufschotterung und Teerung der Kreisstraße (Ortsdurchfahrt Straubingerstraße in Bad Abbach) sprechen wir Herrn Landrat sowie dem Kreistag den herzlichen Dank im Namen der Marktgemeinde Bad Abbach aus. Gleichzeitig erlauben wir uns eine Übersicht über den von der Gemeinde geleisteten Beitrag beizulegen.“[10]
Aber war da nicht am Ende der Straße in luftiger Anhöhe ein ärgerlicher „Stinkelbrunnen“ aktiv, der jetzt nicht mehr an die geteerte Straße passte?
So schrieb man: „Betreff: Miststätte in ihrem Anwesen. Der Marktgemeinderat Bad Abbach hat in der Sitzung vom 20.9.1954 beschlossen, dass Sie aufzufordern sind, den Zustand der Miststätte in Ihrem Anwesen abzuändern. Nach Ansicht des Marktgemeinderates sollen Sie entlang der Straße eine kleine Mauer aufführen und ungefähr in der Mitte der Miststätte eine kleine Grube ausheben, dass die Jauche dort zusammenläuft und nicht auf die Straße abgeleitet wird. Sie werden ersucht, die entsprechenden Anordnungen noch vor Einbruch des Winters zu treffen:“[11]

116 schoenheitsreparaturen Bad Abbach um 1900 1950 2010 Foto

Bad Abbach 1944 vom Hungerturm aus gesehen, 1950 noch unverändert![12]
Dies waren Schnappschüsse aus der Zeit um 1900 und 1950. Und wie ging es weiter? Es wurde in der folgenden wirtschaftlichen Blütezeit viel gewerkelt und geschafft. Aber die Verantwortlichen im Markt traten offensichtlich ihren Esprit an das Rote Kreuz ab – in der Hoffnung: „Die werden es schon richten!“ Viele Einheimische profitierten lange Zeit vom prosperierenden Kur- und Badegeschäft und übersahen, wie sich anderwärts die Orte in Eigeninitiative mauserten und herausputzten. Als aber der Kurbetrieb wegen der Gesundheitsreform zum Erliegen kam, verließen die protegierenden Herren das Schiff und hinterließen ratlose Waisen.
Jetzt, im Jahre 2010, wird wieder in die Hände gespuckt. Die Abrissbirne soll es nun richten. Was soll aus den kranken BRK Hinterlassenschaften werden, wenn geschätzte 1,3 Millionen € dem Luftmachen gewidmet worden sind?
Hoffentlich wird dann, ja möglichst bald, Bad Abbach schöner und angemessener, „weil wir uns das wert sind!“[13]
[1] Protokoll Buch über die Verhandlungen des Ausschusses bei der Marktgemeinde Abbach vom 4. Juni 1876. Archiv 8.6.2.a.
[2] Marktverwaltung Abbach. Liste des gegenwärtigen Vereinswesens, 10. Januar 1889. Archiv Hängekartei, Markt., Arbeitsraum.
[3] Baulinienplan vom 26. Juni 1892. Archiv 14.3.2.a.
[4] Bezirksamtschreiben vom 26. Juli 1892. Archiv a.a.O.
[5] Brief Ludwig Wahls an den Marktrat von Abbach v. 1.7.1901. Archiv II.18.1.3.a.
[6] Baulinienplan 1892. Archiv 14.3.2.a.
[7] Brief der Badbesitzer Linxen und Höign an den Bürgermeister von Bad Abbach vom 12.1.1949. Archiv 14.3.2.a.
[8] Brief des Bürgermeisters Heinrich an das Landratsamt Kelheim vom 14.5.1949. Archiv a.a.O.
[9] Brief des Marktgemeinderates Bad Abbach an Herrn Alois H. vom 19.5.1953. Archiv a.a.O.
[10] Brief an das Landratsamt vom 20. August 1954. Archiv a.a.O.
[11] Brief an Herrn M.M. vom 1.10.1954. Archiv a.a.O.
[12] Archivbild von der Stadt Abensberg zur Verfügung gestellt. Online-Ordner Bad Abbach „Eigene Bilder“.
[13] Beachte MZ vom 30.09.2010, S. 48 !

 

Von |2023-12-01T16:57:19+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

117: Auf welchen Wegen man früher Oberndorf erreichte (bis 1928)

Bekanntlich wurden im Jahre 1793 für die fast unpassierbare Straße Regensburg/ Augsburg die überhängenden Felsen am Ortsausgang, wo heute die Löwen stehen, gesprengt. Dies war eine Maßnahme, die für die Verbindung von Regensburg nach Augsburg und darüber hinaus große Bedeutung hatte.

Für die Verbindung von Abbach nach Oberndorf bestand für die betroffenen Einwohner der Donau – Diesseitigen ein Hindernis der gleichen Art, wenn es auch keine landesweite Bedeutung hatte:

Noch 1928 klagt der damalige Bürgermeister von Oberndorf, Christian Berghammer, über die Engstelle am „Stumpfstein“, auch „Stubenstein“ genannt, die den „Weg“ nach Oberndorf zu einer Mausefalle machte.

Schwärmte man in der guten alten Zeit von einer Traumreise nach Neapel mit den Slogan „Napoli vista e mori!“ (Neapel sehen und sterben!), hätte man vermutlich vor einem Abstecher nach Oberndorf einen Albtraum haben müssen mit dem Inhalt: „ Bevor du Oberndorf siehst, stirbst du vielleicht!“

„Der „Stumpfstein“ ist (.) ständig ein sehr arges Verkehrshindernis“, schreibt Bürgermeister Berghammer, „da sein Fels ganz nahe an das Flussbett der Donau tritt, und den Ortsverbindungsweg zu einer scharfen, ganz und gar unübersichtlichen Kurve zwingt. Der Weg hat im Scheitelpunkt dieser Kurve nur eine Breite von 2,80 m. Seinen Rand bildet auf der einen Seite der steile Fels, auf der anderen das Steilufer der Donau. Nur durch die Besonnenheit eines Kraftwagenführers und eines Fuhrwerklenkers konnten an dieser Kurve in letzter Zeit größere Unglücksfälle verhindert werden. Wir wollen heute als Gewährsmann einstweilen nur Herrn Dr. Schmitz, prakt. Arzt in Abbach , nennen, der nur mit Aufbietung aller Nervenkraft dem drohenden Verderben entging.“[i]

Der Gemeinderat von Oberndorf verlangte 1928 erst die Sprengung des Felsens am Stumpfstein für den Ausbau der Verbindungsstraße zwischen Oberndorf und Abbach. Wie mochte es noch viel früher dort ausgesehen haben?

Man bedenke, welchen Gefahren man die Kinder von Kalkofen und der Schleifmühle aussetzte, als man sie täglich bis zum Jahr 1906 auf den Schulweg nach Oberndorf zwang! Gewiss, sie konnten im Sommer notfalls auch den Weg ober den Felsen wählen, aber der dürfte nicht weniger gefährlich gewesen sein.

Es ist erstaunlich, wie wenig den heutigen Oberndorfern die damalige Situation am Stubenstein gegenwärtig ist. An die Felsensprengung von 1928 kann sich keiner meiner noch lebenden Bekannten mehr erinnern. Nicht einmal der Name „Stumpfstein“, oder „Stubenstein“, an der Steilkurve, die heute keine Steilkurve mehr ist, ist im Gedächtnis der Abbacher und Oberndorfer präsent[ii], obwohl eine Heimatkunde Landkarte von 1870, die an unseren Schulen Verwendung fand, diese Stelle dickgedruckt ausweist.[iii]

Diese Tatsache finde ich um so erstaunlicher, als der „Stubenstein“ für eine Menge Geschichts-bewußter Oberndorfer (z.B. „Pfalzgraf Otto Freunde“) auch noch eine andere wichtige Rolle spielen müsste:

In einem Dokument „Der Markt Abbach und dessen Umgebung 1827“[iv] können wir lesen:

„ An dem Wege herauf gegen den Markt Abbach, vermuthlich an dem sogenannten Stumpfstein (alte Urkunden nennen ihn Stubenstein) ist Otto von Wittelsbach von Heinrich Palatin dem Pappenheimer ermordet, der Kopf abgeschlagen und in die Doanau geworfen worden (…).“

Der Fertiger eines alten Holzschnitts (abgebildet in der Leipziger Illustrierten von.1870) erinnerte sich einer Burgruine mit Zinnen und Turm neben einem anderen Gebäude, die an dieser Stelle gestanden sei, bei der es sich um die geheimnisumwitterte Burg „Oberstrang“ (wenn es sie in Wirklichkeit je gab) handeln könnte.

117 wege nach oberndorf

Ausschnitt eines Holzschnittes von vor 1870, mehrmals vergrößert.

Es dürfte nicht uninteressant sein, auf welchem Weg man sonst noch aus der Welt ringsum zur Vorzeit Oberndorf auch noch erreichen konnte.
Sicher gab es eine Verbindung vom Mutterdorf Matting nach Oberndorf. Welcher Art der Weg oder Pfad war, fand ich leider nirgendwo beschrieben. Aber den Weg über das Wasser vom jenseitigen Ufer aus konnte ich aus dem Dokument „Vorschriften über die Benutzung der Donau-Überfahrtsanstalt zu Oberndorf“ nachvollziehen.[v]
Dieses Dokument möchte ich an dieser Stelle abdrucken, weil es Merkenswertes beinhaltet:[vi]
§ 1
Die Fähre hat das ganze Jahr hindurch mit Ausnahme der durch Hochwasser, Sturmwind und Eisgang herbeigeführten Unterbrechungen dem Publikum zur Verfügung zu stehen.
§ 2
Die Überfahrtszeit wird festgesetzt in den Monaten März bis incl. September von Morgens 4 Uhr bis Abends 10 Uhr, in den Monaten Oktober bis incl. Februar von Morgens 5 Uhr bis Abends 9 Uhr.
§ 3
In dringenden Fällen wie bei Feuer- und Wassergefahr ist die Überfuhr auch zur Nacht zu bewerkstelligen.
§ 4
Bei Verhinderung des aufgestellten Überführers ist die Leitung der Fähre zweien kräftigen geschäftskundigen Männern zu übertragen.
§ 5
In die Fähre dürfen nicht mehr als 20 Personen aufgenommen werden; Betrunkene können, wenn andere Personen die Fähre benützen und durch sie Störung und Bedrohung zu besorgen ist, zurückgewiesen werden.
§ 6
Die mit der Überfuhr betrauten Personen müssen den ganzen Tag über gegenwärtig und zur Vermittlung des Verkehrs bereit sein. Das Publikum ist rasch zu bedienen und es ist unzulässig, die überfahrenden Personen warten zu lassen, bis sich eine größere Anzahl versammelt hat.
§ 7
Die zu entrichtenden Gebühren werden festgesetzt wie folgt:
1. ein Stück Rindvieh oder Pferd, gleichviel ob einzeln oder mit mehreren übergefahren 10 Pf.
2. Schweine, Schafe, Kälber, Fohlen, wenn ein oder zwei Stück übergefahren10 Pf.
3. wenn mehrere übergefahren für je 3 Stück 10 Pf.
4. für einen ein- oder zweispännigen Ökonomiewagen, beladen oder nicht 20 Pf.
ein drei oder vierspänniger Ökonomiewagen 40 Pf.
ein leichtes ein- oder zweispänniges Wägelchen ( Chaise) 20 Pf.
für einen ein- oder zweispännigen Karren 6 Pf.
für Personen, welche zur Aufsicht des Vieh, Leitung der Wägen, zum Transporte der Karren benötigt sind, dann für Handgepäcke, Körbe etc. ist eine besondere Gebühr nicht zu entrichten. Außerdem beträgt die Gebühr für eine Person ob einzeln oder in einer Anzahl pro Kopf 5 Pf.
§ 8
Bei Benützung der Seilfähre bei Dunkelheit sind vorstehende Gebühren im doppelten Betrage zu entrichten.
§ 9
Die im vorstehenden § 7 bezeichneten Gebühren sind für die jeweilige Überfahrt, sohin für Hin- und Rückfahrt doppelt zu entrichten.
§ 10
Übertretungen dieser Fahrordnung unterliegen gemäß art.100 des Gesetzes von 1852 über Benutzung des Wassers betr. einer Geldstrafe bis zu 18 Mark.
§ 11
Der Überfahrtstarif vom 29. März 1871 wird hiermit aufgehoben.
Genehmigt mit hoher Regierungsentschließung vom 8. August 1876 Nr. 13.689 Kgl. Bezirksamt Kelheim, Anne´Assessor, Stellvertreter.
Die Übereinstimmung vorstehender Abschrift mit dem Original bestätigt am 29. August 1876 die Gemeindeverwaltung Oberndorf, der Bürgermeister Fröhlich (Siegel).“

[i] Abschrift von der Niederschrift über die Beschlüsse des Gemeinderates von Oberndorf . Bitte um Gewährung eines Zuschusses zur Felssprengung. 23.06.1928. Archiv 14.3.2.a.
[ii] Erst jetzt (10/2010)erfuhr ich von Xaver Ranftl, Hochstetten (88), dass er in der Schule in Abbach die Bezeichnung „Stumpfstein“ kennen gelernt habe.
[iii] Ein Exemplar ist im Eingangsbereich des Archivs in Bad Abbach aufgehängt.
[iv] Aufzeichnungen vom 15.2.1827. Archiv 8.3.1.
[v] Vorschriften über die Benutzung der Donau-Überfahrtsanstalt zu Oberndorf“ nachvollziehen. Archiv Bad Abbach 14.3.2.a.
[vi] Vorschriften über die Benutzung der Donau-Überfahrtsanstalt zu Oberndorf, 1876. Archiv Bad Abbach 14.3.2.a.

Von |2023-12-01T16:39:34+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

118: Gewerbe in Abbach 16. bis 19. Jahrhundert

Wenn man heute über die in Bad Abbach existierenden Betriebe im Einzelhandel, Handwerk, der Gastronomie, der Freiberufler und Gewerbetreibenden informiert werden will, sucht man im Internet auf der Homepage von Bad Abbach die Seiten der WIG ( = Werbe- und Interessengemeinschaft) auf.

Leider ist man dann aber nicht umfassend informiert, weil Nichtmitglieder der Vereinigung ausgelassen sind. Vielleicht wäre aber gerade aus dieser Reihe ein Partner interessant!

In diesem Falle richte man dann sein Ohr auf die Flüsterpropaganda, denn manchmal hat der Nachbar oder Freund so ganz nebenbei einen heißen Tipp aus der eigenen Erfahrung oder dem Bekanntenkreis.

Wegen des raschen Wandels der Einwohnerschaft und deren Bedürfnisse im Zeitenlauf sind die Angebote oft sehr wandelbar und kurzfristig in Zahl und Art. Und so war es in der Geschichte von Abbach eigentlich schon immer, wenn man zurückblickt.

Die Quelle in dieser Hinsicht sind die Lehenbücher zum Schloss Abbach, die von den Gerichtsschreibern der verschiedenen Pfleger geführt wurden. Es handelt sich um die Betriebe, die sog Grundzinsen zu zahlen hatten.

So führt der Gerichtsschreiber Georg Hueber z. B. für die Zeit des Pflegers Hans Lorenz von Trautzkirchen

1554 folgende Betriebe in Abbach auf :

1 Müller

1 Metzger

1 Fischer

5 Bäcker (Piechel, Prunner, Kärgl, Schmid, Roth)

2 Weber

1 Schneider (Hofmeister)

1 Kuffner( Hans Gryn)

1 Wildbader (Hans Lienhart Castner)[1]

Es wird kein gewerblicher Bierbräuer genannt. In dieser Zeit wurde in Abbach außer Wasser und Hausbier (Zeugl[2])vorwiegend Wein getrunken! Die Bevölkerung bewegte sich um die 500 Personen, das Gesinde auf der Burg eingeschlossen.

Das bayerische Reinheitsgebot wurde 1516 erlassen.

Es folgten in der Pflegschaft Bernhard und Siegmund Stingelheim in der Zeit von 1557 bis 1616. Der Ort, dessen Einwohnerschaft und die Bedürfnisse haben sich fort entwickelt.

Als Gewerbetreibende sind aufgezeichnet:

3 Müller ( Georg Aubmaier, Hintermüller, Hans Sittenpeck, Vordermüler, Wolf Weber, Schleifmühle)

1 Hafner (Martin Mair)

5 Bäcker ( Georg Prunner, Leonhard Kärgl, Hans Puechel, Lienhart Roth, Leonhard Schmid, der Hofbäcker)

2 Wagner (darunter Obermeier, Lienhard Scheidl)

1 Kuffner (Hans Grim)

3 Metzger (darunter Leonhard Hofmeister, Leonhard Eckl)

1 Uhrmacher

2 Zimmermeister (darunter Hans Lehner)

1 Steinmetz ( Leonhard Schärtl)

3 Weinzierl ( Leonhard Schueller , Georg Pannzer gegen Hochstetten zu, Punzzerl)

4 Schneider (Stephan, hernach Thomas Hofmeister, Leonhard Inkofer, Egid Lämbl, Georg Gerdl)

1 Schreiner ( Christop Pleninger)

1 Kastler

4 Bierbräuer ( Georg und Hans Beham, Leonhard Lang, Georg Neumayr, Sebastian Rauch)

1 Wirth

1 Wildbader

1 Schulmeister

1 Bader

1 Pfeifer

1 Mauth Gegenschreiber

3 Fischer (Familien Listl und Gruber, Leonhard Brobst auf der Au, später Leonhard Dollinger)

2 Weber (Georg Altenburger, Georg Föll)

1 Nadler

3 Schuhmacher ( Ulrich Lämbl, Christoph Ammann, Thomas Mändl)

1 Maurer (Erhard Knittl)[3]

 

Die nächste Periode, über die ich berichte, umfasst die Jahre 1723 – 1737
, als Franz Karl Ignaz Freiherr von Heydon in Abbach Pfleger war…

In seinem Saalbuch werden genannt:

2 Zimmermeister ( Jakob Teithmayr und Adam Apfl)

6 Metzger ( Urban Reithmayr, Bernhard Littich, Georg Amann, Hans Valter, Thomas Bauer, Balthasar Valter)

3 Bierbräuer ( Stephan Fränkl, Johann Wallner, Simon Siebenbürger)

1 Gastgeber und Wirt ( Andreas Valter)

2 Kuffner (Georg Pauer, Witwe Walburga Strauch)

3 Wagner ( Johann Schelch, Mathias Weixlgartener, Georg Schelch)

2 Bäcker ( Andreas Vorster, Jakob Risinger (?))

1 Fischer ( Johann Aumayr)

2 Schuhmacher ( Simon Rippl, Georg Miller)

1 Hafner ( Georg Thalhammer)

2 Maurer ( Gregor Stähl, Andreas Schelch)

1 Schneider ( Nikolaus Pauer)

1 Bader und Wundarzt ( Franz Anton Bader)

1 Sattler (Georg Schäfknecht)[4]

 

Ab da verlassen uns die Aufzeichnungen in Saalbüchern und es bietet sich das Vormerkungsbuch von 1801 an.[5]

Unter der Rubrik Tanz- Kosten werden 12 Gulden aufgeführt, die 6 Bräuer und 2 Gastwirte aufbringen.

Als Bräuer werden genannt:

Egidius Bindl

Xaver Karl (Bad)

Leonhard Fischer

Michael Krammel (neben Marktkirche, Kötterl)

Michael Mayer (später Gerbel, dann zu Eckmann einverleibt)

Franz Xaver Koller (Eckmann/ Zirngibl)

 

Die Wirte heißen:

Georg Praller (jetzt Richter, vorher Eisvogel/Rothdauscher)

Heinrich Littig (Später Franz Xaver Kraus, Peter Prandl, Königsdorfer, Hagl)

 

Im gleichen Buch ist auch der Kunstmaler Albert Stall ( Stahl) verzeichnet, der für die 1852 eingeweihte neugotische Pfarrkirche die Altarblätter (St. Nikolaus am Haupt- und Maria und Kaiser Heinrich an den Seitenaltären) gemalt hat. Er stammte aus Sallern, Landgericht Stadtamhof und erhielt am 13. März 1784 in Abbach das Bürgerrecht.

Als nächste Quelle führe ich die zeitnahen „ Statistischen Aufschlüsse über das Herzogtum Baiern aus ächten Quellen geschöpft“ von 1807 an.[6]

Es gab in Abbach damals 101 Häuser , in Abbach-Schloßberg 15.

Vom Gewerbe lautet es allgemein:

„Man verkauft einiges Getreid und Vieh. Abbach ist ein kleiner Flecken, den die durchführende Hauptstraße nach Regensburg, so wie die Donau etwas lebhaft macht. Doch findet man darin keinen Wohlstand. Alles lebt nur von einem Tag auf den anderen und verdient sich mit der Profession kaum mehr. Von den sechs Bräuern stehen nur zwei gut; die anderen Professionisten erübrigen noch weniger. Die Fischer treiben auf der Donau einigen Holzhandel.“ (S.127)

In Abbach-Schloßberg lebten damals 1 Schuster, 1 Maurer, 1 Zimmermann.

In Markt Abbach mit dem Ortsteil Au

1 Abdecker (Schinder)

3 Müller (Donaumühle, Hintere und Vordere Mühle)

1 Ziegelei (Ziegelstadel)

6 Brauhäuser (s.o.!)

2 Wirte

2 Schmide

2 Bader

2 Schreiner

3 Küfner

3 Schneider

4 Schuster

7 Zimmerleute

5 Maurer

4 Maler

2 Wagner

2 Sattler

2 Strumpfwirker

2 Drechsler

4 Bäcker

4 Gürtler

4 Weber

3 Fischer

3 Zillenschopper

3 Schlosser

5 Metzger

5 Seiler

3 Krämer

3 Rotgerber

3 Weißgerber

3 Färber

3 Baumwollhändler

3 Glaser, 3 Melber

2 Hafner.

Von den Bauern heißt es, dass ihr Viehstand unbedeutend ist. Ein ganzer Bauer halte gewöhnlich 6 Kühe, 4 Pferde, 2 Ochsen und etwas Schweine und Schafe.

Dann wende ich mich an das Visitationsbuch[7] und die Visitationsanzeigen. Wir befinden uns im 19. Jahrhundert.

An dieser Stelle berichte ich aus der Visitationsanzeige des Jahres

1823 / 24:[8]

Es werden folgende Betriebe genannt:

5 Bierbrauereien:

Georg Koller ( beim Bad)

Franz Koller ( später Eckmann/ Zirngibl)

Michl Meier ( später Dirigl, Schreiner, Gasthof zur Post)

Michl Kräml (später Josef Krämmel, Kötterl)

Xaver Schellerer in der Kochgasse (später Pöschl, heute Reinhard Listl, auch Besitzer der ehemaligen Metzgerei Fischer, schräg gegenüber. )

1 Gastgeber und Wirt (Praller,)

3 Bäcker

Georg Preißer ( jetzt Müller)

Josef Schwarz ( jetzt Hermann/Jost)

Benedikt Fristenauer ( später Lang, jetzt Reinigung)

2 Melber/ Müller

Georg Dinauer (Vordermüller, heute Fischer Maria)

Michl Scherer(Hintermüller?)

3 Krämer

Johann Zirngibl ( Apothekergassl)

Bartholomäus Meier Witwe ( im damaligen Rathaus, jetzt Gasthaus zur Post)

Ludwig Mohr ( Stift (?))

4 Metzger

Heinrich Littig ( auch Wirt)

Georg Bauer, senior (Meier Metzger, Römerstraße, aufgelöst)

Georg Bauer, junior (?)

Benedikt Zirngibl (?)

 

Der Braunkohlenbergbau in Abbach dauerte exakt vom Sommer 1844 [9]bis zum Herbst 1892[10]

In dieser Zeit verdienten dort viele Abbacher ihr Brot für die Familien als lohnabhängige Arbeiter.

Um und nach 1900 bis in meine Kinderzeit in den 1940er Jahren hat sich bei den Traditionsbetrieben nicht viel geändert. Wegen des Schwefelbades herrschte hier eine ausgesprochene Monostruktur, was sich später bitter rächen sollte. Mir ist nur eine weitere Metzgerei Hof in der Hauptstraße und eine Bäckerei Feldmeier in der Kochstraße in Erinnerung. Es kamen auch ein paar neue Gaststätten und zwei KfZ Betriebe, die sich auch auf die Fortentwicklung der Elektrizität einließen, so wie eine Gärtnerei dazu. Die Mühlen auf Gemeindegebiet waren vollends verschwunden. Die noch vorhandene Landwirtschaft begünstigte die Viehhändler und Handelsgeschäfte. Weil immer gestorben wurde, ging es auch dem Steinmetz Held gut. Der Rest der Bevölkerung waren in der Mehrzahl Arbeiter in Kelheim und Regensburg.118 gewerbe in bad abbach

[11]

Die Zementfabrik in Alkofen beschäftigte von 1870 bis 1930 aus dem Umland, darunter auch aus Abbach , Männer und Frauen bei verschiedenen Arbeitsabläufen, z.B. auch in der betrieblichen Gastronomie und Energieentwicklung, aber auch in den Kalksteinbrüchen bei Kapfelberg.

1946, nach dem Kriege, auch noch nach der Währungsreform von 1948, veränderte sich die Situation nur schleppend.

Heute, im Jahre 2010 hat sich die soziologische Situation grundlegend geändert. Es sind sechs früher selbständige Orte nach der Gemeindegebietsreform von 1973 nach Bad Abbach eingegliedert worden. Die Personenzahl hat sich auf 12 500 erhöht und die Bedürfnisse in der sog. modernen industriellen und automatisierten, auch globalen und virtuellen Welt sind explodiert. Für den Bereich Bad Abbach sollte die WIG detaillierte Auskunft geben können. Aber sie belangt – wie schon erwähnt – nur die Mitglieder der Interessengemeinschaft. Das Telefonbuch wäre eine weitere Informationsquelle. Gewerbesteuerlisten unterliegen dem Datenschutz.

 [1] Regestenliste S. 11. Archiv 8.3.1 (XI.1)
[2] „Zeugl“. Wenn in einem Bauernhaus reifes Bier vorhanden war, wurde dies durch einen Zeiger zur Straße hin angebracht angezeigt.
[3] a.a.O. S. 7-15. Archiv a.a.O.
[4] a.a.O. S. 15. Archiv a.a.O.
[5] Vormerkungs Buch der Churfürstlichen Marktskammer zu Abbach, 1801, S.117. Übersicht der Marktsbürgerschaft und ihrer Zahlung. Archiv 9.3.2.
[6] Hazzi, Josef. Statistische Aufschlüsse über das Herzogtum Baiern aus ächten Quellen geschöpft“ – ein allgemeiner Beitrag zur Länder und Menschenkunde. Bd.4, zweite Abtheilung. Nürnberg 1807, S.118ff.
[7] Archiv 7.3.1.a.
[8] Visitationsanzeige 1823/24, Archiv 8.2.2. VII.6.
[9] Tagebuchaufzeichnungen von Christian Ziegler.
[10] Brief des Bezirksbergamts Bayreuth an den Magistrat von Abbach vom 25. September 1893. Abschrift eines Schreibens an Herrn David Funk, Kaufmann in Regensburg, den Besitzer der Zeche Lena, über den Zustand der Absperrungen. Archiv 18.2.2.a.
[11] Photo Archiv. XVII.4. 1. Ordner.

Von |2023-12-01T16:28:05+01:001. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

119: Wege und Gassen in Abbach (1823 bis heute)

Vor der Festlegung der neuen Bauleitlinie nach dem großen Brand von 1892 gab es in Abbach keine Innerortsverbindung, die man im heutigen Wortgebrauch als Straße bezeichnen würde.

Sogar die Verbindungsstraße von Regensburg nach Augsburg schlängelte sich innerhalb des Marktes Abbach durch die „Marktgasse“. Zu den Orten Saalhaupt und Peising gelangte man über den „Weichser Weg“, nach Seedorf und Poign über den „Gemlinger Weg“. Die Straßen dorthin wurden erst 1875 bis 1898/99 als Schotterstraßen ausgebaut.[1]Nach Oberndorf und Kalkofen existierte ebenfalls nur ein gefährlicher Trampelweg zwischen den Felsen und der unregulierten Donau.

Über „sämtliche Marktgassen“ in Abbach des Jahres 1823 liegt mir eine Arbeit von Wolfgang Forster, geboren am 27. Oktober 1868 vor, der seine Arbeit am 23.6.1955, als er als Oberlehrer i.R. noch in Ergolding bei Landshut lebte, der Gemeinde Bad Abbach widmete. Er bezeichnete sich selbst 1955 als „den ältesten geborenen Abbacher“. Er war im gleichen Jahr also 87 Jahre alt, was damals schon als ein hohes Alter bezeichnet werden konnte.

Leider hat sich seine Arbeit nur in Privatbesitz der Familie Hans Arnold(+) erhalten. Erst 1997 fiel sie mir dann mit Zusätzen versehen auch bei der Neuordnung des Pfarrarchivs auf.
Wolfgang Forster benützte für seine Arbeit den Grundakt der königlichen Steuerkataster-Kommission des Jahres 1823. Er gab zur leichteren Findung auch die damaligen Hausnummern an, zwischen denen die Gassen verliefen, was natürlich heute, nach mehrmaligen Änderungen, weiterer Zusätze bedarf. Dies sind Forsters Ergebnisse + meine Zusätze:

Weißgerbergasse:
zum ehemaligen Bergwerk, zwischen Hs. Nr.47 und 48, Besitzer Roßberger, heute Römerstraße auswärts, Besitzer Zahnweh Martin zum Lugerbach.

Pfarrergasse:
Saugasse, Straubingerstraße. Heute Römerstraße.

Jungferngassl:
dunkel, abgelegen, zwischen Hr. Nr. 51 und 52, Besitzer Karl Xaver, Bräuknecht und Kiendl Paul, Taglöhner (genannt Höcker). Heute ausgebauter Stufenweg, der von der Römerstraße parallel zur Schulbruck zu den Pfarrkirchenstufen führt.

Kirchengasse:
ehemalige Metzgerei Meier, über die Bruck, eine Fahrgasse. Diese Gasse trennte im Oberlauf bis 1892 die selbstständigen Gemeinden Bad Abbach und Schlossberg-Abbach. Heute führt die Straße zum oberen Friedhof.

Schlossergasse:
Apothekergassl, bei Hs.Nr. 74 Besitzer Geigl Mathias SChlosser; 75 nebenan Kolb, Taglöhner; Seidl Andreas Taglöhner, Wachs, Taglöhner. Diese Häuser (hinter Windl) gehörten vor 1803 zum Fridlberg. Heute sind sie abgerissen und machten Neubauten Platz.

Haselbrunnergassl:
zwischen Hs. Nr. 97 und 98. Besitzer 97 Fürthaler Georg,Taglöhner, Nachfolger Reith (?): 98 Böhm Martin, Häusler, Kaindl, Tochter Spitzer Regina, Näherin. Heute Schnadergasse.

Kirchenweg:
(Haselmühle) Fortsetzung des Haselbrunnweges gegen den Friedhof.. Heute bei Spanner zum flacheren Friedhofweg.

Kochgasse:
(im Koch), Koch- oder Bauernfeindgassl zwischen Schuderer Marquard, Taglöhner, Nachfolger Koch Johann, Schreinerei, Ritter Peter, kaufmann und Ertl Andreas, Zimmermann. Nf.. Bauernfeind, Schuhmacher, Koller. Dieses Gassl wurde nach der Verlegung des Haslbrunnens auch Röhrlbrunngassl genannt (nach dem damaligen Bürgermeister Röhrl)

Hafnergassl:
Hafner Hirschmann, dann Seifert. Später aufgelassen und Feldweg. Heute Bestatungsinstitut.

Marktgasse:
Durch sie schlängelte sich die Landstraße von Regensburg nach Augsburg.

Adamgassl/Krammelgassl:
Bei Michl/Josef Krammel, Brauerei. Heute Kötterl zur Schulbruck (aufgelassen).

Meier- oder Gerbelgassl:
Bei Brauerei Gerbl. Später von Eckmann/Zirngibl absorbiert. Heute Häuserlücke von Am Markt zur Schulbruck.

Prallergasse:
Nach Praller Georg, Wirt. Nachf. Schmid, Kaufmann, Weigert Georg, Rothdauscher, Eisvogel. Heute Richter. Gässchen zum Mühlbachweg.

Aumer-, Hiendlmayr-Postgassl:
Heute Platz, auf dem das Heinrich-Denkmal steht. Früher war die Post anliegend. Heute Gasthof zur Post.

Badergassl:
Bei Aumer Mathias, Fischer. Nf. Hiendlmayr, Goldschmied, Postexpeditor. Nf. Kuferschmied. Heute namenloses Gassl. Fortsetzung von Gerblgassl Richtung Donaudamm, Parkplatz.

Koller- oder Eckmann-Gassl:
Bei Fuchs Wolfgang, Maurermeister. Nachfolger Faistenauer, Maurermeister. Dann Eckmann. Georg Frank. Heute zwischen Gaststätte Zirngibl und Waschsalon.

Böhmgassl:
Damals zum alten Schulhaus. Heute Treppe von der Schulbruck zum Jungferngassl. Das Schulhaus war auch ehemaliges Rathaus.

Schopperplatz:
Heute zwischen altem Rathaus und Cafe-Rathaus. Durchgang B16/Donaudamm.

Schmied-Plo:
Schmiedplatz. Heute Marktplatz bei der Marktkirche. Zur Nazizeit Ritter von Epp Platz. Jetzt am Marktbrunnen.

Aumergasse:
Zwischen Aumeier Alois, Fischer und Preisser Georg Bäcker. Nachf. Schlauderer Franz X., Bäcker, Nößner Lambert, Bäcker, Müller, Bäckerei.

Stinklbrunngassl:
Schwefelquellweg

Nach dem Brand von 1892, nach der bekannten Festlegung einer Baulinie, wurde für den Ausbau einiger Durchgangsstraßen Platz frei. Diese Straßen sind mindestens bis nach dem Krieg nicht umbenannt worden. Ich entnehme sie den Volkszählungs Listen des Jahres 1938.
In Bad Abbach lebten inklusive Schlossberg, Au und Weichs 677 männliche und 772 weibliche Personen , zusammen also 1449.
Sie waren Anlieger an der
Hauptstraße
Regensburger Straße
Augsburger Straße
Straubinger Straße
Kochstraße.
Es gab etwa 120 durchgehende Hausausnummern und zusätzliche Unternummern (1/2, ¼, 1/8 etc.)
Die Gassennamen gerieten weitgehend in Vergessenheit bis auf das Aporthekergassl, das Aumeiergassl (= Mühlbachweg) und die Schulbruck.
Erst unter Bürgermeister Emil Karl erlebten sie eine Renaissance.
Über die neuesten Straßenverhältnisse informieren die von der Gemeindeverwaltung immer wieder erneuerten Informationsbroschüren wie die von 2009 Zahlen/ Daten/ Fakten Markt Bad Abbach (Übersichtskarte)

[1] Archiv XIX.14.3.2.a.

Von |2022-02-28T14:19:09+01:0028. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

120: Kalk- und Ziegelbrennereien in (Bad) Abbach

Schon im Altertum, man weiß nicht genau seit wann, gebrauchten die Menschen zur Errichtung ihrer Unterkünfte und sonstigen Bauten außer Holz Steine und Mörtel. Die nötigen Steine, die in der Gegend oberflächlich herumlagen, sammelte man zusammen oder gewann sie aus Steinbrüchen der jeweiligen Gegend.
Der Mörtel war bei uns bald eine Mixtur aus Sand und Lösch-Kalk.(Siehe Reste der Ringmauer auf dem Burgberg!) Letzteren gewann man z. B. aus den Kalksteinbrüchen des Jura durch starkes Erhitzen der Brocken, Brennen wie man es nannte, wodurch Stückkalk entstand. Durch Zusetzen von Wasser konnte man ihn in Sammelgruben hineinlöschen, wo ein weißer Brei von minderer oder dichterer Konsistenz entstand, jenes Bindemittel eben, das zur Herstellung von geschmeidigem Mörtel nützlich ist.
Auch die Ziegel – Herstellung hat überall in der kulturellen Welt eine lange Tradition. Sie entwickelte sich vorwiegend dort, wo der Grundstoff Lehm reichlich vorkam. In unserer Gegend wurde sein massives Vorkommen wegen der unterirdischen Wasserströme aus den Anhöhen der Juraausläufer in die Donauebene begünstigt.
Lehm ist nämlich ein aus der chemischen und physikalischen Gesteinsverwitterung hervorgegangenes Sediment[1], das durch Brauneisenerz gelb bis bräunlich gefärbt ist. In feuchtem Zustand ist er Wasser undurchlässig. Lößlehm ist Löß, dem der Kalk entzogen wurde; Geschiebelehm ist glazialen Ursprungs.[2] Er ist vielseitig als Grundstoff verwendbar: In der Ziegelei, beim Ofenbau, beim ländlichen Lehmbau, beim Lehmestrich in Tennen, etc.

Wie an vielen Orten in der Nähe, z.B. in Kapfelberg (siehe „Ziegelstadelberg“! In Georg Rieger. Geschichte der Stadt Kelheim, S.216!), bei Gronsdorf nahe Kelheim ( siehe Rieger a.a.O. S. 122!), Teugn ( siehe Kalkkäufe in den Cammer Rechnungen von Abbach!), Dünzling (siehe „Ziegelgasse!), Irading (heute Walba) (siehe Cammer Rechnung Abbach 1758) und Oberndorf (siehe Ortsteil Kalkofen, heute zu Bad Abbach gehörig und Archiv 8.4.3.a. (II.4.) über die drei Besitzerbrüder der Kalkbrebnnerei!)[3] wurden in frühen Zeiten auch in Abbach für vielfachen Gebrauch Kalk und Ziegel gebrannt.
Älteste Zeugnisse der Ziegeltradition Abbachs sind Ziegelbruchstücke, Ziegelplatten mit Legionsstempel der Legio Tertia Italica z.B. im Städtischen Museum in Regensburg, im Heimatmuseum in Kelheim, im Städtischen Museum in Landshut, sogar im Stadtmuseum in Ingolstadt. Ich erinnere auch an die Fundstücke von Dr. Friedolin Reinhart hier am Orte.
Diese weitverbreiteten Zeugnisse aus der Römertradition Abbachs wurden auf dem später so genannten Ziegelfeld zwischen der heutigen Gerhard- Hauptmann- Straße und der Regensburger Straße geborgen. Auch die Straßenbezeichnung „Ziegelfeldstraße“ mag diese historische Epoche Abbachs lebendig erhalten. Wer hierzu weitere einschlägige Hinweise sucht, lese im „Abbacher Heimatbuch“ von Fritz Angrüner[4], oder in der „Geschichte der Stadt Kelheim“ des früheren Kelheimer Stadtchronisten Georg Rieger.[5]
Gewiss benötigte man auch in der Romanik und Gotik in Abbach für Bauten jedweder Art neben dem originären Baustoff Bruchstein auch Ziegel. Wegen des aufwändigen Verfahrens der Herstellung fanden sie bei uns nur rare Verwendung.
Erst 1791 wurde in Abbach in einer Antwort der Rent Deputation in Straubing auf eine Markt-Petition vom 2.April 1790 an die Regierung um die Erlaubnis zur Errichtung eines Kalk- und Ziegelofens nachweislich registriert, dass es schon lange vorher in Peisenhofen eine Ziegelei gab, die „seit anno 1739 öd liegend verblieben“ ist.[6]
Über dortige Lehmlagerstätten und Verfahrensweisen der Herstellung ist in dem Papier nichts vermerkt, auch nicht über die Abnehmer und Verwendung der dortigen Produkte. Hierfür besteht also eine weitere interessante Aufgabe für den Archivar und eventuell die örtlichen Hobbyhistoriker
Wir erfahren aber aus der genannten Urkunde, dass dem Markt Abbach um die Gebühr von 8 Gulden 39 Kreuzer die Peisenhofener Kalk- und Ziegelbrennerei-Gerechtigkeit übertragen wurde, die sie hernach dann an andere Bewerber weiterverpachtete. Die Gemeinde hatte zusätzlich an die Churfürstliche Hofkammer jährlich eine Gebühr von 1 Gulden 0 Kreuzer 4 Heller zu zahlen, wie aus einem weiteren Schreiben des Churfürstlichen Rentamts in Straubing zu entnehmen ist.[7]
Wie aus späteren Verstiftungsverträgen zu sehen ist, befand sich die nun im Gemeindebesitz befindliche Ziegelei am Fuße des sog. Ättenbergs, des später Mühlberg genannten Hügelmassivs, am „Hochacker mit Kuhtränkkasten, Plannummer 585 ½ mit einer Größe von 43 Dezimalen“.[8]
Aus dem späteren Verlauf der Verhandlungen mit Pacht Interessenten können wir schließen, dass es sich um den Platz nord-westlich der heutigen Kaisertherme handelt, der uns noch aus der Zeit der Existenz der Ziegelei Schwögler in Erinnerung ist.
Eine Beschreibung der Liegenschaften der Marktkammer zu Abbach aus dem Jahre 1808 verrät uns, dass der Ort auch über einen Ziegel- und Kalkofen verfügte, wobei der Pachtzins für das laufende Jahr auf 15 Gulden reduziert werden musste und für das Jahr 1809 nur mit 6 Gulden gerechnet werden könne. Man habe die Ziegelei auch nur für ein Jahr verstiften können[9], während sonst neun Jahre üblich waren. Man muss dabei bedenken, dass es sich ganz allgemein um eine unruhige Zeit handelte, in der baulich höchstens Reparaturen, aber keine Neubauten anstanden, um die Zeit der Napoleonischen Kriegswirren.
Ein Renditeverzeichnis des Jahres 1811 beginnt mit dem Jahr 1802 mit einem Erlös von 24 Gulden, 1803 wurde auf 20 Gulden reduziert, 1804 bis 1808 stieg der Gewinn sogar auf 44 Gulden. 1809 bis 1811 wurde nichts mehr erlöst. Als Erklärung ist beigefügt: „Seit 1809 bis heuer ist der Ziegelofen ganz eingefallen, sodass der Verkaufswert nur mehr 10 Gulden ist. [10]“
An anderer Stelle aus dem gleichen Jahr 1811 lautet der Befund noch pessimistischer: „Der Ziegelstadel ist eingefallen, also im Verkaufswert nur 10 Gulden, welcher jährlich noch minderer werden kann.“[11]
Urkumde von 1791 über den Erwerb der Peisenhofener Ziegel- und Kalkofengerechtigkeit durch den Markt Abbach. Die Ziegelei und Kalkbrennerei in Peisenhofen lag seit 1739 „öd“da.

In den Cammer Rechnungen über 50 Jahre nach 1740, bis zur Errichtung einer eigenen Ziegelei, finden wir zahlreiche Einträge, die belegen, dass man den Bedarf an Kalk und Ziegelsteinen aus Brennereien auswärts deckte. Wie ich oben darlegte, existierten in der Nähe mehrere Produktionsstätten. Ein solcher Eintrag lautet z.B.
1758 „Peter Prädl Ziegl und Kalchmeistern zu Irting wurde vor 4 Schäffl Kalch jedes zu 52 Kreuzer zusammen also bezahlt Scheins zugegen 3 Gulden 28 Kreuzer“.[12]
Dem sehr wirtschaftlich ausgerichteten Kommunaladministrator Georg Mayr schien es aber rentierlicher, die benötigten einschlägigen Materialien in eigener Regie herzustellen. Dies geht aus einem Antwortschreiben des Königlich Bayerischen Landgerichts vom 19.Dezember 1810 hervor:[13] „Dem Bürgermeister Georg Mayr in Abbach wird auf die unterm 15. dieses Monats gestellte Anfrage hiermit mitbedeutet , dass die Verstiftung des Ziegelofens im Markte Abbach von dem Bürgermeisteramt salva tamen ratificatione des königlichen Generalkommissariats des Regenkreises vorgenommen und das über die Verstiftungshandlung forma legali gebildete Protokoll dahin einbefördert werden solle.“
Die gute Absicht und die behördliche Genehmigung allein bewirkte, wie oben aufgeführt, zwar nichts, aber es kann in der Folgezeit immerhin der ungebrochene Wille Mayrs erkannt werden, den Zustand zu ändern:
Am 2. Januar 1811 fand die erste Sitzung der Markt-Kammer wegen der Verstiftung statt. Das Ergebnis lautete: „ Ein Stifter hat sich nicht gemeldet“.
Schon am 18. Februar trat man wieder in der gleichen Absicht zusammen. Das Resultat war aber das gleiche.[14]
Beim Zustand des Ziegelstadels und bei den vorhandenen Gerätschaften wie der dürftigen Ausstattung brauchte man sich nicht zu wundern. Ein beiliegender Zettel verrät:
„Zum Ziegelofen gehöriges Inventar:
Schlagwerkzeug,
Kalchmaß,
Steinschlögl
1 Schaufel
1 Radltruhen.
Alle diese Dinge sind in Händen des Maurermeisters Chuts(?).“[15]
Erhellte sich 1812 plötzlich der Himmel über den Abbacher Lehmgruben?
Wie ein Vertragsprotokoll ausweist, meldete sich der Zieglermeister Georg Lang von Schönhofen als Anwärter auf den Posten des Kalk- und Ziegelbrenners.
Er könne jederzeit aufziehen, verlange aber einen Pachtvertrag auf 12 Jahre unentgeltlich. Er wolle dafür den Ziegelofen unentgeltlich in brauchbaren Zustand versetzen. Man müsse ihm aber rings um den Ziegelofen einen Teil Grund abtreten, den man von der Kuhtrift entbehren könne. Dort wolle er sich einen Garten einzäunen.
Dafür überlasse er der Bürgerschaft das Schaff Kalk zu 1 Gulden 24 Kreuzer, den Auswärtigen zu 1 Gulden 40 Kreuzer, weiter den Einheimischen das Tausend ganzer Ziegelsteine für 16 Gulden 40 Kreuzer, welches den Auswärtigen zu 18 Gulden gegeben werde. Das Tausend halber Ziegelsteine überlasse er den Einheimischen zu 15 Gulden, den Auswärtigen jedoch zu 17 Gulden. Das Tausend Dachtaschen liefere er den Einheimischen zu 18 Gulden, den Auswärtigen zu 20 Gulden.
Der Gemeinderat beschloss, die Erklärungen des Zieglermeisters der Bürgerschaft vorzulegen, und deren Beschluss dem Zieglermeister in spe so bald als möglich mitzuteilen.[16]
Es scheint nicht zum Abschluss gekommen zu sein, denn im Mai 1812 meldete sich schon der ¼- Bauernsohn Ignaz Moser aus Eschlbach, Königlichen Landgerichts Mallersdorf, als Pächteranwärter auf den Ziegelofen.
Er verlangte aber auch einen 10-jährigen Pachtvertrag, für diese Zeit Abgabenfreiheit, freien Zugriff auf die Lehmgruben, und er müsse sich dort ein Haus bauen dürfen.
Dafür versprach er auf eigene Lasten zu bauen und die jährlichen Ausgaben zu tragen. Den Einheimischen wolle er Kalk und Ziegelsteine zum halben Preis abgeben, den er von den Auswärtigen verlange.
Den 10-jährigen Pachtvertrag begründete er mit den 250 Gulden, den ein Hausbau kosten könnte.
Die Gemeinde hatte aber Bedenken gegen die Annahme Mosers als Ziegler. 10 Jahre Zinsfreiheit sei unmöglich; als Lediger könne er dem Stift nicht vorstehen. Man könne ihm nicht 10 Jahre lang ein Haus, das sein Eigentum ist, steuerfrei zubilligen. Der Markt könne ihm auch die Erlaubnis zur Verehelichung nicht garantieren.[17] Auch könne ein Haus nicht auf den Grund des Ziegelofens gebaut werden. Selbstverständlich könne man keine Garantie leisten, dass immer genügend Lehm vorhanden ist.[18]
Wie der Antrag des Marktes an das Landgericht in Kelheim um Annahme Mosers ausweist, hat man seinem Antrag doch zugestimmt. Er verfüge über 200 Gulden bares Geld und man müsse bei den gemachten Forderungen den Verfall der ganzen Anlage berücksichtigen.
Da kam aber noch der bürgerliche Ziegler Ignaz Reisinger aus Siegenburg als Bewerber dazu. Im Januar 1813 legte er sein Angebot auf den Tisch des Marktadministrators Mayr.
Er sei im Stande, den verfallenen Brennofen und den Ziegelstadel in brauchbaren Zustand zu versetzen, und dies auf eigene Kosten. Er sei auch mit einer 9-jährigen zinsfreien Pacht einverstanden. Für den am Ättenberg abgebauten Lehm werde den bürgerlichen Holzbesitzern jährlich 5 Gulden Entschädigung bezahlt. (Der Ättenberg war offenbar noch bewaldet).
Wenn jedoch durch Kriegsereignisse die Benützung des Ziegelstadels unterbrochen werden sollte, oder sonst wie nicht statthaben könne, so sei die verhinderte Pachtzeit dem Pächter zu Gute zu stellen.[19]
Ob die gemeindliche Ziegelei daraufhin dem Ignaz Reisinger übertragen wurde, und wenn ja, wie er wirtschaftete. ob rentierlich oder nicht, kann erst aus den vorliegenden Akten des Jahres 1836 nachvollzogen werden.
Im Mai 1824 brachte sich zwischendurch das Königliche Rentamt in Kelheim mit einem Schuldzettel an die Marktgemeinde Abbach in Erinnerung , man sei mit den Abgaben auf steuerbare Besitzungen im Rückstand, dies vom Rathaus angefangen , über das Hirthaus bis zum Schulhaus. Auch der Rückstand auf den Ziegelstadel betrage stolze 55 Gulden.[20]
Da erwachte der Abbacher Magistrat und begann mit der ortsüblichen Lamentation, indem er den Marktschreiber einen Brief an das Königlich Bayerische Landgericht in Kelheim auftrug.
Darin heißt es: „Die hiesige Marktsgemeinde besaß vor Jahren einen Kalkofen und Zieglstadel, welcher aber schon seit 1813 teils durch Baufälligkeit, teils durch gänzliche Ruinierung der Kaminstrugen nicht mehr benützt werden konnte.; so wie sich seither niemand mehr um solchen meldete, und die Kommune selbst bekannten Geldmangels halber denselben nicht in brauchbaren Stand herstellen konnte.“
Nun aber habe sich wieder ein Interessent gemeldet, Es sei Johann Pfaffelhuber, Ziegler in Affeking Er wolle den Ziegelofen nach den hierin aufgeführten Plänen bauen und pachtweise übernehmen. Dafür erbitte man die hohe Kuratel Genehmigung des Landgerichts. Als gründlichen Beweis des ehemaligen Besitztums von Ziegelstadel und Kalkofen erlaube man sich, die zuletzt sich ergebenen Akten beizufügen.[21]
Das Landgericht verhielt sich dieses Mal nach den zahlreichen negativen Erfahrungen mit dem Markt Abbach und den Bewerbern jedoch zurückhaltend, weil im gegenwärtigen Fall der Pachtvertrag auf Lebensdauer abgeschlossen werden solle.
Es müsse zuerst einmal der Zustand des Kalkofens konstatiert werden. Dafür werde der bürgerliche Maurermeister Dobmaier aus Kelheim beauftragt. Der solle sich nach Abbach begeben und den dortigen Maurermeister Fuchs mitnehmen. Die sollen die ganzen Realitäten begutachten und den allenfallsigen Ertrag schätzen. Darüber sollen sie ein Protokoll anfertigen . Dann soll noch der Pächter den Nachweis seiner Zahlungsfähigkeit vorlegen. Die könne er durch gerichtliche Zeugnisse oder eine Bürgschaft bewerkstelligen.[22]
Es zeigte sich Anfangs des darauf folgenden Jahres, dass die Skepsis des Landgerichts durchaus berechtigt war. Der Marktgemeinde wurde ein Protokoll, das am 28. April 1837 beim Landgericht aufgenommen wurde, zugestellt:
„Auf Vorladen erschienen Johann Pfaffelhuber, Ziegler in Affeking, und dessen Eheweib Theresia Von dem Anbringen der Marktgemeinde Abbach in Kenntnis gesetzt geben sie an, dass sie durchaus nicht mehr gesonnen seien, den Kalk- und Ziegelofen zu bauen und als Pächter aufzutreten, indem sie zu einem solchen Unternehmen kein Geld hätten und die Gemeindeverwaltung durch ein solches Pachtverhältnis offenbar in Schaden geriete. Gez. Johann Pfaffelhuber , +++ Theres Pfaffelhuber.“
Der Wille der Gemeinde, eine eigene Ziegelei zu besitzen, war jedoch auch nach Rückschlägen nicht gebrochen. Jetzt meldete sich Johann Held aus Weichs, K. Landgericht Regenstauf, er wolle den Kalkofen und Ziegelstadel in Abbach bauen. Er legte – was ein Fortschritt war – auch gleich Pläne für sein Vorhaben vor. Das Landgericht fragte natürlich [23] gleich wieder, wo das Geld herkommen solle. Wenn ein gewisser Johann Held den Bau ausführen wolle, solle er bei Gericht ein Gesuch und einen Kostenvoranschlag einbringen und außerdem mitteilen, ob er sich in Abbach ansässig machen wolle.
Nachdem, wie es schien, alle Voraussetzungen erfüllt waren, vor allem dass die Mittel stimmten, und eine Heiratsurkunde des Landgerichts Regenstauf sowie des Pfarrers von Weichs vorlag, dazu die eigene Versicherung, dass er als Ziegler gute Fähigkeiten und Geschicklichkeit , einen guten Ruf und die Kraft besitze, seine Familie zu ernähren, wenn der Lehm nicht ausgeht[24], schloss die Gemeinde mit Held kurz danach einen 11-Punkte Verstiftungsvertrag.:
Held werde ein Platz zum Bau eines Kalkofens und Ziegelstadels zugewiesen. Er habe mit dem Bau unverzüglich auf eigene Kosten zu beginnen. Die Erlaubnis zur Ansässigmachung stelle man in Aussicht, wenn er sich ein Haus gebaut habe. Etc. [25]
Es dauerte bis zum Herbst 1845, bis das Ehepaar Margarete und Johann Held aus Weichs vor dem Landgericht Kelheim in Gegenwart des Ortsvorstands Benedikt Zirngibl von Abbach einen „Pacht- Kontrakt ad 340 Gulden nach 15- jährigem Aufschlage“ schließen konnte. Am 3. Jenner 1845 war den Bewerbern bereits die Übersiedlung nach Abbach bewilligt worden. Sie mussten die ersten fünf Jahre jährlich eine Pacht von 20, in den folgenden Jahren von 24 Gulden pünktlich zahlen. Für den Ziegelboden war eine jährliche Rekognition von 1 Gulden 8 Kreuzern 4 Hellern ausgemacht. Den nötigen Lehm zur Ziegelbrennerei durften die Pächter auf dem Attenberg unbeschadet der angrenzenden Grundstücke und Wege so lange unentgeltlich entnehmen, als einer vorkommt. Wenn er aber ausgeht, müssen sie diesen auf eigene Kosten von anderwärts besorgen. Bei allenfallsiger Veränderung behielt sich die Marktgemeinde das Einstandsrecht sowie alle übrigen Rechte vor.[26]
Zunächst lebte man allseits von der guten Hoffnung, dass schon alles gut gehen wird, was sich aber als trügerisch erweisen sollte. Dem Archiv liegt nämlich ein Akt „Ausstände des Johann Held, Zieglers von Abbach 1846 bis 1847“ vor. Er enthält eine Klage an das Landgericht in Kelheim vom 21 Dezember 1846 und 13. April 1847[27], was schon am 1.Juni für Held bittere Folgen hatte. Das Schreiben weist aus, dass Held mit 35 Gulden 48 ½ Heller im Rückstand sei und der Gerichtsdiener heute den Auftrag erhalten habe, Helds Mobilien zu pfänden.[28]
Dabei blieb es aber nicht, sondern das Verhängnis Helds nahm ungebremst seinen Verlauf bis zur bitteren Neige.. Dies beweist die im Akt anliegende Bekanntmachung:
„ Auf creditorisches Ansuchen wird das Anwesen des Johann Held, Zieglers von Abbach, wie es bei der ersten Ausschreibung vom 28. August 1847 näher beschrieben ist, zum zweiten Mal der öffentlichen Versteigerung unterstellt., hierzu Tagsfahrt auf Samstag den 11. Dezember h. Jahres, vormittags 10 Uhr in loco Abbach beim oberen Koller festgesetzt und werden hierzu Kaufsliebhaber, von welchen sich Gerichtsbekannte über Vermögen und Leumund durch legale Zeugnisse auszuweisen haben, mit dem Bemerken geladen, dass der Hinschlag ohne Rücksicht auf den Schätzungswert erfolge. Kelheim, den 10. Nov. 1847. Königl. Landgericht Kelheim.“[29]
Den Zuschlag erhielt der Schmied Sebastian Steindl von Peising. Mit ihm hatte die Marktgemeinde aber auch kein Glück! Er geriet wie Held mit den Zahlungen in Verzug und das Landgericht fackelte nicht lange. Es schrieb Steindl am 11. Januar 1850, wenn er die schuldigen 20 Gulden 34 ½ Kreuzer binnen 8 Tagen nicht bezahle, werde die ihm gepfändete Kuh ohne weiteres verkauft, was am 22. Januar 1850 geschah.[30]
Anfangs 1851 erreichte die Zahlungs-Unfähigkeit Steindls bedrohliche Ausmaße. Wegen eines Rückstands von 81 Gulden 8 ½ Kreuzern drohte das Landgericht die Exekution über den Besitz an, wenn er nicht binnen 14 Tagen bezahle. Der Gemeindeschreiber notierte allerdings unter dieser Aufforderung am 10. Januar, dass Steindel bezahlt und somit das Aus abgewendet habe.[31]
Die Jahresrechnungen der Marktgemeinde Abbach weisen bis zum Abschluss 1859/ 60 Sebastian Steindl als Besitzer des Ziegelstadels aus. Er zahlte nach den anfänglichen Schwierigkeiten 10 Jahre lang treu und redlich 20 Gulden Ziegelstadelsteuer und 34 Kreuzer 2 Heller Bodenzins auf das Anwesen Abbach Nr.104.
Ab 1860 wird Kaspar Schaider, von Beruf eigentlich Zimmermann, erstmals als Pflichtiger der Gewerbesteuer genannt. Sein Vater war der Zimmermann Michael Schaider, sen, Zimmermann von Abbach-Schlossberg, geb. am 13. Dezember 1822. Die Mutter war Theres Schaider, geb. Roithmeier aus Buch, Bez. A. Kelheim. Sie hatten am 5. Mai 1830 geheiratet.[32]
Sohn Kaspar Schaider, der erste Ziegler in der Familie, starb am 24. Oktober 1872.[33] In den Jahren 1868 bis 1870 hatte auch er finanzielle Engpässe zu bewältigen, so dass er an die Zahlungen für die Gemeinde (20 fl Pacht) mehrmals erinnert werden musste.[34] Die Ziegelei wird 1860/70 noch als gemeindeeigenes Gewerbe bezeichnet, das aber verpachtet ist.. Die Abgaben waren wie bei Steindl unverändert 20 Gulden Gewerbesteuer und 34 Kreuzer 2 Heller Bodenzins.
Nach Kaspar Schaider ging die gemeindliche Ziegelei mit Sohn Andreas Schaider in die nächste Generation. Unter seiner Egide ereigneten sich beachtliche bauliche Veränderungen. Mit seiner Frau Maria, mit der er im Verlauf der Ehe acht Kinder hatte, baute er ab dem Jahre 1888 die Ziegelei zu einer Ringofenziegelei um. In seiner Ungeduld begann er mit den Baumaßnahmen ohne genehmigten Plan, was den Einspruch der Grundnachbarn, der Bierbrauer Schottmayer, Eckmann und des Badbesitzers Platiel zur Folge hatte.
Mehrere Schreiben belegen die vorläufige Einstellung des Baues. Es sei der anliegende Weg nicht berücksichtigt worden und Schaider müsse zuerst einen neuen, gut befahrbaren Weg von 48 Metern Länge in angemessenem Abstand vom neuen Kalkofen errichten. Dann könne weiter verhandelt werden.[35]
Im Jahre 1895 war erstmals eine Rollbahn in Betrieb, für die eigens 12 M Pacht an die Gemeinde zu leisten waren. Die Ziegelstadelpacht wurde in RM auf 25, 71 M festegesetzt, 1898 gar 37. M 71 Pf.[36]
Die nächste Rüge des Bezirksamts folgte im Juli 1899. Die Fabriken- und Gewerbeinspektion hatte die sanitären Anlagen beanstandet. Es schrieb: „Es ergeht Auftrag, dem A, Schaider, Ringofen-Ziegelei in Abbach, zu eröffnen, dass er unnachsichtliche Strafeinschreitung zu gewärtigen hat, wenn er nicht längstens binnen 14 Tagen am Schlagplatze einen entsprechenden Abort mit dichter Verschallung, Dach, Thüre, Sitzbrett, Podium herstellt und in seiner Ziegelei nicht die Liste nach Bekanntmachung für Ziegeleien vom 18.10.1878, ferner Auszug II für Arbeiterinnen und Auszug III für Jugendliche im Aushange führt.
Über den Vollzug ist nach Ablauf der Frist Kontrolle zu bethätigen und über das Ergebnis zu berichten.“[37]
Nach einem Kataster über Fabriken und Gewerbe handelte es sich bei des Andreas Schaider Betrieb um einen Kleinbetrieb. In der Zeit nach 1901 wird er als Handbetrieb bezeichnet, mit 1 Arbeiter über 16 Jahre, 1 Arbeiterin über 16 [38]. Andreas Schaider verstarb am 24. Dezember 1911[39], dann führte zunächst Sohn Albert (* 1885) den Betrieb weiter. Nach dessen Tod heiratete Bruder Rupert Schaider (* 1890) am 10. Juni 1919 die Witwe seines + Bruders Albert, Amalie, geb. Kaufmann (* 1888 in Teugn)[40]
1923 leitete eine Regina Schaider vorübergehend den Betrieb (verwandtschafliche Beziehung unbekannt). Nach dem oben erwähnten Kataster waren 2 männliche Arbeiter und 1 bis 2 weibliche Personen in dieser Zeit tätig, darunter Sohn und Tochter. Es handelte sich also um einen Familienbetrieb.
Nach „Verzeichnis der Handwerkskammer Umlagen von 1929 verfügte man über 1 Benzinmotor ( 20 PS) und 1 Ziegelpresse. 19 33 war weder ein Gehilfe da noch ein Lehrling. Für 1934 wird weiter gemeldet, dass Schaider Rupert, in Bad Abbach 5 1/2 , nebenbei 10 Tagwerk Grund bewirtschaftete, und in der Ziegelei 3 Arbeiter beschäftigt sind. Rupert Schaider starb 1934. Seine Frau Amalie überlebte auch ihren zweiten Mann und führte die Ziegelei, aber nur noch zwei Jahre (1935-36)[41] In der Periode Schaider muss die Privatisierung der gemeindlichen Ziegelei vor sich gegangen sein, denn die Familie hat sie ordnungsgemäß als Eigentum verkauft.
Am 12.4.1937 stieg Mathias Monassi in das Ziegeleigeschäft ein. [42] Es handelte sich um einen Familienbetrieb, der auch in Frontenhausen eine Ziegelei hatte. Lange dauerte deren hiesige Tätigkeit nicht, denn schon 1939 verkaufte Monassi an Jakob Kinader, Ziegler aus Mittelstetten, Landkreis Fürstenfeldbruck. Dieser brauchte sich um einen Nachfolger nicht lange umzuschauen, denn seine Tochter Walburga heiratete am 11.11.1940 den am 11.3.1920 in Puch, Landkreis Fürstenfeldbruck, geborenen Josef Schwögler[43] Dieser musste wegen Einberufung zum Militär- und Kriegsdienst am 13.1.1942 seinen Betrieb vorübergehend einstellen[44], aus dem Krieg zurückgekehrt meldete er ihn 1946 wieder an[45] und leitete ihn bis 1965.[46] Die Brüder Helmut und Josef Schwögler übernahmen die Ziegelei gemeinsam; den Lehm transportierten sie noch bis 1967 mit Rollwägen bis vom Karlhof am Fuße des Mühlbergs zur Ziegelei herunter.. Das Lehmvorkommen war nicht ergiebig, weswegen sie kapitulierten.
Josef führt seit 1964 das Tanzcafe, Helmut seit 1968 die Kegelbahn.
Auf diese Weise fand die Ziegelei, die in Abbach eine lange Tradition hatte, ein Ende.
Die Ziegelei am Fuße des Mühlberges bei den Schwefelquellen im Südwesten von Bad Abbach ist den älteren Abbachern noch in lebendiger Erinnerung. Auch meine Familie bezog für den Bau des Einfamilienhauses „Hinter der Vest“ 1960 die Ziegel von Josef Schwögler. Gefälliger Weise übernahm er auch den Abtransport des Kelleraushubs um den Ausnahmspreis von 50 DM. In dieser Zeit des Wirtschaftsbooms waren Ziegel ein Mangelprodukt. Wir hatten mit Schwögler Glück bei der Lieferung und in der Qualität.
Wovon die gegenwärtigen Abbacher kaum noch eine Erinnerung haben, ist die Geschichte, dass es vor Beginn des 20. Jahrhunderts auch im Norden des Ortes eine Ziegelei gab. Es handelte sich um den Ziegel- und Kalkofen des Eduard Meier. Es muss eigens angemerkt werden, dass es sich nicht etwa um einen Betrieb in Kalkofen, links des Schwärzgabens (Später Kalkofener Bach), bis 1964 zur Gemeinde Oberndorf gehörig, handelt. Die Ziegelei und der dazugehörige Ziegelstadel erstreckten sich rechts des Schwärzgrabens von jetzt etwa Praxis Begemann bis zum Ende des Anwesens Josef Merkl (später Niklas).
Von der Existenz dieses Betriebes erzählte mir Xaver Ranftl Ausnahmsbauer von Hochstetten. Er habe die Berichte seiner Mutter Theres in guter Erinnerung , der wiederum Ludwig Kraus, Braumeister und Verwalter der Badbrauerei und des dortigen Gaststättenbetriebs unter den Besitzern Fromm (1901), Onkel der den Älteren von uns noch erinnerlichen Irma Kraus, die das schöne Haus an der Kurve Richtung Oberndorf an Donau, am Stubenstein, besaß, Folgendes berichtete:
Nach der Auflösung der Schleifmühle habe er auf diesem Platz ein Haus bauen können. Südlich von ihm habe Eduard Meier die Ziegelei besessen (dort wo sich später die Anwesen Bauernfeind und Franz Aumeier befanden). Anschließend nach Süden habe sich der (ebenfalls gemeindliche) Ziegelstadel befunden.
Die Mutter Xaver Ranftls habe auch noch gewusst, dass die Witwe des Ludwig Kraus ihren Besitz an Josef Merkl, Friseur, auf Rentenbasis auf Lebenszeit überlassen habe. ( Josef Merkl eröffnete seinen Betrieb an dieser Stelle 1922[47] ) Den Lehm für die Ziegelei habe Meier gleich oberhalb ihres Hofes in Richtung Grasslfing abgebaut.
Xaver Ranftl fuhr dann fort, dass man die ehemaligen Lehmgruben heute noch erkennen könne und dass er aus der Erbengemeinschaft der ehemaligen Ziegeleibesitzer in zähen Verhandlungen sogar zu seinem Hof später noch Gründe dazukaufen konnte. Die ehemalige Ziegelei habe natürlich die jetzige B 16-Umgehung, die es damals noch nicht gab, nicht durchtrennt. Zum sichtbaren und anfassbaren Beweis habe er sogar einen Ziegelstein mit den Namensinitialen des Eduard Meier aufgehoben.[48]
Ich konnte diese Erinnerungen glücklicherweise aus meinen Akten verifizieren. In der Rechnung der Marktgemeinde Abbach für 1873[49] steht geschrieben, dass auf dem überackerten Pachtgrundstück an der unteren Donau, das vorher Bauernfeind innehatte, erstmals für dieses Jahr Eduard Meier 1 Gulden 33 Kreuzer 2 Heller Gemeindegrundpacht beim Ziegelstadel bezahlen musste.

Aus der Ziegelei Eduard Meier im Norden des Marktes (bei Kalkofen) nach 1870.

Ziegel-Größe 13 cm x 6 cm x 27,5 cm
Ziegel-Größe 13 cm x 6 cm x 27,5 cm
Ziegel-Größe 13 cm x 6 cm x 27,5 cm
Ziegel-Größe 13 cm x 6 cm x 27,5 cm

Eduard Meier war ein Handelsmann, geboren zu Abbach und besaß hier seit 1869 das Bürgerrecht[50] Im Einzeichnungsbogen von 1892 kann man feststellen, dass er mit seiner ersten Frau Regina fünf Kinder hatte, die ebenfalls alle in Abbach geboren wurden.[51]
Dann verliebte er sich jedoch in Barbara Gerbel, Tochter des Bräuers Gerbel von Abbach, zog mit dieser nach München und hatte mit ihr nach 1886 noch drei Kinder. Frau Regina war jedoch noch nicht gestorben, weil sie bis zum Jahr 1889 die Ziegelstadelpacht an die Gemeinde bezahlte, bis der Pachtvertrag, der auf 10 Jahre terminiert war, abgelaufen war.[52]In Wirklichkeit war die Ehe rechtskräftig geschieden.[53]
Eduard Meier kehrte aber am 28.12.1888 von München nach Poikam zurück und besaß in Bahnhof-Abbach einen Steinbruch- und Ziegeleibetrieb.[54]Die Ehefrau Babette (Barbara) kehrte mit nach Poikam zurück. 1895 wurde Ehemann Eduard jedoch im Heberegister nicht mehr geführt, sondern Barbara.[55]Barbara heiratete im Juli 1895 den Simon Kronthaler, Ziegeleibesitzer. Er kam aus Hörgertshausen und war in Doidorf geboren. Eduard war am am 9. September 1893 gestorben. Er war erst 50 Jahre alt. Simon Kronthaler starb am 16.März 1901; er wurde nur 40 Jahre alt. Barbara hatte mit ihren Ehemännern kein lange währendes Glück! (Aus Sterbematr. Lengfeld Nr.9/1893 u.Nr.5/1901)
Die familiären Umstände waren vermutlich der Grund für die kurze Lebensdauer der Ziegelei Eduard Meier im Norden von Abbach. Etwa zur gleichen Zeit um 1900 war auch Schluss mit der Brauerei Gerbel neben Eckmann/Zirngibl., aus der Barbara Meier/Kronthaler stammte. Auch die Gerbel-Nachfolger verschlug es nach München, wie sogar Kinder aus der ersten Ehe des Eduard Meier mit Regina[56].
Eine kurze Episode zur Ziegelherstellung sei noch hinzugefügt:
Nach der Währungsreform 1948 lebte und wirkte in Bad Abbach der Gendarm Georg Huber..
Er beschloss, sich ein eigenes Haus in Kalkofen, am Fuße des „Bucherberges“, damals noch Gemeinde Oberndorf, zu bauen. (Heute Kalkofenring, Markt Bad Abbach) Als er daran ging, die Fundamente und den Keller auszuschachten, stieß er auf einen mächtigen Lehmstock. Er zögerte nicht lange, zimmerte Modeln für den Lehmguss, baute einen provisorischen Brennrost und stellte die Ziegel für den weiteren Hausbau selbst her. Die notwendige Hitze für den Brand nach dem Trocknen der rohen Ziegel erreichte er mit Stockholz aus den Wäldern um Gemling.[57]
[1] Großes Lexikon in Wort und Bild, Bd.7, S.3112, Wissen V. Hersching, 1979.
[2] Der Große Herder. Bd. 7 , Sp. 811.
[3] Protokoll eines Ortstermins vom 18.April 1788. Archiv 8.4.3.a. (II.4.)
[4] Angrüner, Fritz. Abbacher Heimatbuch. Bad Abbach 1973., SS. 37 – 40 .
[5] Rieger, Georg Geschichte der Stadt Kelheim . 1. Buch. Kelheim 1929, s. 217.
[6] Urkunde aus der Zeit Carl Theodors vom 2. Dezember 1791 für den Markt Abbach. Erlaubnis zur Errichtung einer Kalk- und Ziegelbrennerei mit der Resolution die fällige Taxe betreffend. Archiv 7.3.1.a Fortsetzung.
Protokolle.
[7] Schreiben des Churfürstlichen Rentamts Straubing an den Markt Abbach vom 4.Oktober 1794. Archiv 7.3.1.a , Protokolle .
[8] Pacht Kontrakt vom 8. November 1845 zwischen der Marktsgemeinde und dem Ehepaar Held. Archiv a.a.O.
[9] Beschreibung der bei der Marktskammer Abbach vorhandenen Rechte und Gewerke etc., Oktober 1808 Archiv 8.4.1.V3.
[10] Verzeichnis über die bei der Marktskammer zu Abbach von dem Ziegelofen alle Jahr anfallenden Pachtgebühren. Oktober 1811. Archiv s.o.!
[11] Beschreibung über die bei der Marktskammer befindlichen Gebäde und zwar entberhrlich und unentberhrliche. 31.dezember 1811. Archiv a.a.O.
[12] Cammer Rechnung Abbach 1758, S. 32/32v, Archiv 9.6.2.
[13] Archiv 8.4.1.V3.
[14] Aktennotiz o. Datum des Jahres 1811. Archiv a.a.O.
[15] a.a.O.
[16] Erklärung, abgegeben am 29. januar 1812. Archiv a.a.O.
[17] bekanntlich setzte die Gemeinde für diese Erlaubnis den sicheren Ernährungsstand der zukünftigen Familie voraus, damit diese nicht der Armenkasse zur Last fällt.
[18] Verhandlungsprotokoll vom 30.Mai 1812. Archiv a.a.O.
[19] Erklärung vom 14. Januar 1814. Archiv a.a.O.
[20] Schreiben des Königlichen Rentamts Kelheim an den Markt Abbach vom 12. Mai 1824. Archiv 8.4.1 Forts.2.V.5.
[21] Schreiben des Marktes Abbach an das Königliche Landgericht in Kelheim vom 8. November 1836. Archiv 7.3.1.a. Forts. Protokolle.
[22] Antwortschreiben des Landgerichts vom 30. November 1836. Archiv a.a.O.
[23] Schreiben des Landgerichts an den Markt Abbach vom 15. März 1842. Archiv a.a.O.
[24] Versicherung vom 11. Nov. 1844. Archiv a.a.O.
[25] Protokoll vom 29.März 1842. Archiv a.a.O.
[26] Kaufvertrag vor dem Landgericht Kelheim vom 8. November 1845. Archiv a.a.O.
[27] Klageschreiben an das Landgericht genannter Daten. Archiv a.a.O.
[28] Beschluss des Landgerichts vom 1. Juni 1847. Archiv a.a.O.
[29] Bekanntmachung vom 10.11.1847. Archiv a.a.O.
[30] Entscheid des Landgerichts vom 11. Januar 1850. Archiv a.a.O.
[31] Verfügung des Landgerichts vom 3.1.1851. Archiv a.a.O.
[32] Einzeichnungsbogen/ Familienstandsbögen 1892-1912. Archiv IV.19.3.1.a.
[33] Friedhofsordnung . Archiv VII,20.2.1.a.
[34] Rechnung der Marktsgemeinde Abbach pro 1871. Archiv 7.2.1.b.
[35] Briefwechsel des Bezirksamts Kelheim mit dem Markt Abbach von Oktober 1888 bis Januar 1889. Archiv 7.3.1.a Forts..
[36] Rechnung des Marktes Abbach 1895 ff. Archiv 7.3.1.a.Forts.
[37] Schreiben des K. Bezirksamts an die Marktverwaltung vom 8. Juli 1899. Archiv XI.21.2.2.a.Kopie 7.3.1.a.
[38] Evidenthaltung des Katasters der Fabriken und Gewerbe-Inspektoren 1901-1925. Archiv XI.21.2.2.a.
[39] Familienstandsbogen von 1910. Archiv IV.19.3.1.a.
[40] Standesamt Bad Abbach 1919, Nr.12. Archiv Standesamtakten °°.
[41] Verzeichnis der Handwerkskammer-Umlagen 1935/36. Archiv XI.21.1.1.a.
[42] Gewerbe-Anmelde-Register Bad Abbach, 1937.7. Archiv XI.21.2.2.a.
[43] Auskunft Standesamt Bad Abbach vom 26.1.2011.
[44] Gewerbe Abmeldeliste 1942. Archiv XI.21.2.2.a.
[45] a.a.O.
[46] Auskunft von Helmut Schwögler, vom 8.12.2010, 12 Uhr.
[47] Fragebogen für die Handwerkskammer 1922. Archiv XI.21.2.2.a.
[48] Interview mit Xaver Ranftl am 8.12.2010 mit Dr. Alfons Kraus.
[49] Rechnung 1873. Archiv 7.2.1.b.
[50] Verzeichnis derjenigen Gemeindeangehgörigen, welche in der Gemeine Abbach das Bürgerrecht besitzen , 1875. Kopie. Archiv 7.3.1.a.
[51] Einzeichnungsbogen . Archiv IV.19.3.1.a.
[52] Rechnungen bis 1889. Archiv 7.3.1.b.
[53]Aus Anfrage Dietmar Weigert, Kürn vom 30.12.2010. Archiv Schriftverkehr.
[54] Verifikationen Poikam. Archiv Bad Abbach/ Poikam XXII.6.4.2.a., Anfrage Dietmar Weigert, Kürn, vom 30.12.2010. Betreff Eduard Meier, Verifikationen Poikam. Archiv Bad Abbach/ Poikam XXII.6.4.2.a.
[55] A.a,O.
[56] Mitteilung des Magistrats der Haupt- und Residenzstadt München an das Standesamt in Abbach vom 6. Mai 1913 über die Erteilung des Heimatrechts an Meiers Tochter Laura. Beilage zum Einzeichnungsbogen 1892. Archiv IV.19.3.1.a.
[57] Übereinstimmende Berichte von Xaver Ranftl, Hochstetten und Helmut Schwögler, sen, Bad Abbach, Kegelbahn.

Von |2022-02-28T14:06:49+01:0028. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare
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