Es geht um eine Chronik, die in der (Bad) Abbacher Geschichtsschreibung bisher keine Berücksichtigung fand. Sie muss aber wegen der Eingemeindung von Hochstetten zu Bad Abbach im Jahre 1978 heute endlich angefertigt werden.
Zu meiner Bubenzeit markierte ein ca. zwei Meter hoher, weiß gekalkter, schwarz beschrifteter, gewaltiger Grenz- und Meilenstein an der Straße nach Regensburg, nicht ganz auf der Graßlfinger Höhe, die Linie, die die Oberpfalz von Niederbayern trennt. Dieses „Denkmal“ sprang jedem Wanderer, später wahrscheinlich auch Autofahrer, ins Auge. Es war, wenn man es genauer betrachtet, nicht nur eine topographische, sondern – früher und zu meiner Kinder Zeit auf jeden Fall noch – eine ideologische und anthropologisch bedeutsame Kerbe, die Welten trennte.
Die Einwohner von Hochstetten waren, mit modernem Slogan gesprochen, damals schon „Kosmopoliten“, weil sie herüber und hinüber dachten und empfanden. Ihre Bedürfnisse befriedigten sie „global“, wie man heute sagt, und dies alles trotz hüben und drüben gültiger Barrieren.
Wenn z.B. im 17. und 18. Jahrhundert vom hiesigen Landgericht ein verurteilter Übeltäter aus dem Land verwiesen, also in das Ausland verdammt wurde, brauchte er nur diese Grenze zu überschreiten und konnte dann drüben, auf der anderen, der ahnungslosen Seite, z. B. in Graßlfing oder Großberg, seine Zelte aufschlagen, wenn man ihn dort nur akzeptierte. Im widrigen Fall musste er sich nach Unbekannt verziehen.
Nun aber wieder ein Blick auf die jüngeren Realitäten. In den Nord-Regionen Abbachs existierten bis in die 1980er Jahre zunächst der Ortsteil Kalkofen, der 1964 zu Bad Abbach kam. Vorher gehörte er zu Oberndorf. Dann gab es da noch, wie oben erwähnt, etwas nördlicher gelegen, die Einöde Hochstetten. Sie gehörte zur Gemeinde Graßlfing, nie zu Oberndorf-Kalkofen und nie zu Abbach-Kalkofen. Nach der Gemeinde-Gebietsreform von 1973 wurde Hochstetten sogar der entfernteren Gemeinde Großberg zugeschlagen.
Bad Abbach mit Kalkofen waren Teil des Regierungsbezirks Niederbayern, Hochstetten aber ein Teil der Oberpfalz. So war es seit Menschengedenken, bis gewiss nicht der liebe Gott zuschlug.
Noch am 26. Januar 1976 erklärte der Gemeinderat von Großberg mit 10 zu 0 Stimmen, dass er die Einöde Hochstetten des gerade obwaltenden Besitzers Xaver Ranftl nicht an Bad Abbach abgeben wolle, es sei denn, man bekäme die ganze Gemeinde Oberndorf als Ausgleich herein, was natürlich aussichtslos war.
Auch Xaver Ranftl von Hochstetten selbst wollte nicht zu Bad Abbach geschlagen und der Oberpfalz, vornehmlich dem nahen Regensburg, entfremdet werden.[1] Aber was zählten hier schon Traditionen und Gefühle?
Mit etwas Zeitverzögerung wurde den Beteiligten des Umgliederungsverfahrens am 6. August 1979 mitgeteilt, dass die Einöde Hochstetten der Gemeinde Großberg im Landkreis Regensburg am 1.5.1978 nach Bad Abbach im Landkreis Kelheim ausgeliefert worden sei. Schlüsselzuweisungen in Höhe von ca. 700 000 DM für den Rest des Jahres 1979 kämen für Großberg nicht mehr zur Auszahlung, weil es der Umgliederung Hochstettens nicht zugestimmt hatte.[2]
War nun das, was wir als Gewaltakt empfinden, wirklich so dramatisch, ja sogar ungerecht? Werfen wir zur Beantwortung dieser Frage einen Blick in die Geschichte:
Der Abbacher Pfarrer Emeram Hem schreibt um 1680 in seinem Sal-Büchl[3], dass Hofstetten[4] ein Urbarshof Ihrer Churfürstlichen Majestät Casten zu Abbach sei, der nicht den Benediktinern in Prüfening, sondern den Augustinern in Regensburg Zehent pflichtig sei.
Diese Zuschreibung drückt eindeutig die Zugehörigkeit der Einöde Hochstetten zum Wittelsbachischen Einflussbereich im Gegensatz zum Kloster Prüfeninger Einflusbereich über Matting, Oberndorf mit dem Weiler Kalkhofen und Grasslfing aus Matting, Grasslfing und Oberndorf mit dem Weiler Kalkofen gehörten somit bis 1803, dem Zeitpunkt der Säkularisation, zum Einflussbereich des Klosters Prüfening. Abbach mit Weichs, Hochstetten, Au etc. aber standen spätestens seit dem Vertrag Ludwig des Kelheimers mit den Mönchen von Prüfening 1224 und der Erledigung einiger Grafschaften kurz vorher unter der Kuratel der Wittelbacher, die mit Otto v. Wittelbach seit 1180 das Land Bayern regierten.
Doch irgendwann dazwischen – bei der Neuordnung der bayerischen Gemeinden 1818 vielleicht – muss es passiert sein, dass Hochstetten politisch wieder Graßlfing zugeschlagen wurde.[5] Hierbei waren die archetypischen Bestrebungen, die eher nach Regensburg als nach Kelheim tendierten, voll wirksam.
In dem Buch „Der Landkreis Kelheim“(11981) finden wir jedoch zu Recht die Feststellung: „Hofstetten + (abgegangen, bei Bad Abbach) 12. Jahrhundert“.[6] Diese Notiz bestätigt den Tod Hofstettens Kloster Prüfeninger Provenienz.
Eine vorausgehende Notiz auf der gleichen Seite bekräftigt aber ebenso die Auferstehung Hochstettens Wittelsbachischer Provenienz ungefähr zum gleichen Zeitpunkt: In diesem Fall lesen wir: „Hochstetten (bei Graßlfing/Bad Abbach) 1147 (Kopie des 15. Jh.) „Stetten“ (Traditionen Wessobrunn Nr.36) – bedeutet „Hochgelegene(Siedlungs-) Stätte“.[7]
In kirchlichen Matrikelbüchern und Akten bestehen die Urheber beharrlich auf der klösterlich Prüfeninger Variante, so wie sie vermutlich der Stifter des Bistums Bamberg, König Heinrich II. von seinen Vätern, den bayerischen Herzögen, übernommen und 1007 an die Benediktiner in Bamberg übergeben hatte. In dieser Weise fand sie dann auch ihren Weg zwischen 1119 und 1224 nach Prüfening.[8] Stellen mit der Schreibweise Hof(f)stetten gibt es außer in dem oben genannten Sal-Büchl von Hem anderswo, z.B. in Pfarr-Matrikeln, haufenweise.[9]
Die Schulgeschichte (Bad) Abbachs, ein verworrenes Abbild der bisher eruierten politischen Fakten, folgt nicht unbedingt der politischen Geschichte. Wir benützen zur Verdeutlichung hierzu einmal die Akten kurz vor und nach 1900:
Ich schicke voraus, dass es noch um 1900 zwischen der Einöde Hochstetten und dem Weiler Oberndorf-Kalkofen die Einöde Schleifmühle am Schwarzgraben[10] gab. Sie lag auf dem uns noch bekannten Areal Merkl/ Niklas. Dann folgte auf der gleichen Seite des Schwarzgrabens der gemeindeeigene Ziegelstadel. Bald nach 1900 mag die Mühle von ihrem letzten Besitzer Hugo Brunner aufgegeben worden sein.
So heißt es z.B. in einem Akt der Schule Abbach des Jahres 1875, in dem es um die Finanzierung des Schulholzes ging: „Jährliche Beiträge der Gemeinde Schlossberg, der Einöden Eiermühl, Schleifmühl und Hochstetten zur Schulheizung 9 Gulden, 46 Kreuzer, 2 Pfennige lt. Grundrechnung Abbach S. 7 Titl 7.“[11]
Bezogen auf Hochstetten heißt das, dass die Einöde zwar zur politischen Gemeinde Graßlfing, Schulsprengel Matting, gehörte, aber zum Schulverband Abbach. Die Hochstettener Kinder mussten also nach Abbach zur Schule gehen, obwohl frühere Einödbesitzer ständig ihre Kinder nach Graßlfing schicken wollten. Nebenbei sei berichtet, dass die Verhältnisse bei der Schleifmühle noch verworrener waren.
Der dortige letzte Müller Hugo Brunner bewies, dass er und seine Vorfahren als Müller seit Menschengedenken ihren Schulbeitrag nach Abbach entrichteten, aber ihre Kinder nach Oberndorf in die Schule geben müssten. Er forderte folgerichtig in mehreren Schreiben den Schulbesuch seiner Kinder in Abbach.[12]
Nachdem der damalige Bürgermeister Röhrl die Angaben Brunners, die Finanzen betreffend, bestätigte, durften dessen Kinder nach altem Recht nach Abbach in die Schule gehen, obwohl sie im neuen Haus zum Weiler Kalkofen gehörten, dessen Kinder 1900 noch in Oberndorf die Schule besuchen mussten.[13]
Diese Ungleichbehandlung des Oberndorfer Weilers Kalkofen mit damals sechs Häusern veranlasste die dortigen Eltern zur Forderung an das Bezirksamt nach Gleichstellung. Dieses Begehren wurde aber mit einer nicht nachvollziehbaren Begründung[14] verworfen. Die Kinder mussten weiterhin, wenigstens vorerst, den weiten, engen und wegen der Felsen gefährlichen Weg die Donau entlang auf sich nehmen.[15]
Ein weiterer Einschnitt in die Schullandschaft Abbachs bedeutete der Schulhausbau 1891 in Abbach. Es wurde der Ökonomietrakt des ehemaligen Landrichterhauses, später Meierisches Hofgut genannt, aufgestockt, damit gleichzeitig vier Klassen Platz finden konnten. Die finanzielle Lage der Gemeinde war wie immer kritisch, und wie sich 1905 herausstellte, betrug die Summe für den laufenden Schulbedarf zusätzlich jährlich 900 Mark.
Da wollten alle Geldquellen ausgeschöpft sein, auch wenn es nur tröpfelte. Der zuständige Schulausschuss mit 12 Vertretern aus Abbach und 2 Vertretern aus Graßlfing beschloss, den Bedarf von 900 M nach Prozenten des Steuersolls auf die Gemeinden Abbach und Graßlfing aufzuteilen.[16]Dies veranlasste die Marktgemeinde zu einem folgenden Kurzschluss. Es erging Schreiben an das Königl. Rentamt in Regensburg:
„Die Einöde „Hochstetten“ gehört zum Schulsprengel Abbach. Besitzer von Hs.Nr. 1 ist der Ökonom Jos. Ranftl von dort. Behufs Festsetzung des Betrages, welchen die Gemeinde Graßlfing an hiesige Schulkasse zu zahlen hat, ist die Steuersumme des Ranftl notwendig und wird daher gebeten, diese gnädigst anher mitteilen zu wollen.“
Das gnädigst ermittelte Resultat lautete: Ranftl zahlt 1905 eine Grundsteuer von 44 M 44 Pf, eine Haussteuer von 3 M 27 Pf. Also zusammen 47,71 M.[17]
Der Schulausschuss von Abbach erkannte als folgerichtig, dass der Nutznießer allein Ranftl sei, und er daher auch allein den Anteil Graßlfings zu stemmen hätte. So wurde es auch beschlossen und vollzogen. Dieser Handhabe hatte jedoch das Bezirksamt in Kelheim in weiser Voraussicht vorgebeugt: „Es ist ungesetzlich“, schrieb es, „wenn von Ranftl alleine der auf die Gemeinde Graßlfing entfallende Betrag verlangt wird.“[18]
Die „weisen“ Herren des Schulausschusses aus der Gemeinde Graßlfing waren Nikolaus Zirngibl und Alois Rieger.[19] Im Folgejahr boykotierten die Herren aus Graßlfing die Ausschusssitzung, aber den Umlagebetrag von 11,88 M zahlte in der Folgezeit die ganze Gemeinde Graßlfing.[20]
Die offizielle Schulstellenbeschreibung der Schule von Abbach in der Bezirksschulinspektion Kelheim II pro 1906 hatte inzwischen festgeschrieben:
„Schulsprengel: Abbach Markt-, Abbach-Schloßberg 0,5 km, Au, Weiler 1 km, Hochstetten, Einöde 1-2 km, Weichs, Einöde 1,5 km , Kalkofen, Weiler, 1 km.
Das frühere Begehren Kalkofens, die Schule in Abbach besuchen zu dürfen, war also erfolgreich. Die Einöde Schleifmühle gab es nicht mehr.[21]
Kommen wir zu den kirchlichen und gesellschaftlichen Bezügen der Hochstettener Bauern: In langwährender Matrikelarbeit am Diözesanarchiv in Rregensburg und anderer Quellenforschung ermittelte ich hierfür die Familien, besser Sippen, die die Einöde Hochstetten seit dem 30-jährigen Krieg (1618-48) bevölkerten und bewirtschafteten [22].
Dabei fand ich heraus, dass es bis zum Ende des 30-jährigen Krieges dort eine Sippe Khürchmair gab. Sie mögen an dieser schutzlosen Stelle zu Hochstetten bei den Schwedenstürmen um 1632 ums Leben gekommen oder geflüchtet sein, z. B. nach Sinzing. Von dort tauchten nämlich 1822 plötzlich die Kirchmeiers auf dem Mönchhof in Poikam auf.
Um 1640 bis ca. 1710 gab es auf Hochstetten die Periode Thrikhgelt/ Thrinkhpfennig/ Dringels, bis um 1723 die Sippe der Mader aus Sinzing einheiratete. Elias Mader heiratete die Erbtochter Catharina (+ 1656). Die Zeit der Mader ging 1831 mit dem Verkauf und Wegzug nach Teugn/Thronhofen zu Ende (Jetzt Blüml). Sie mögen durch die aufblühenden Braun-Kohle-Bergwerke[23] (Zeche Elisabeth und Lena), die sich um den Hof schlangen, vertrieben worden sein.
Um 1831/32 fasste die Familie Ranftl aus der Hausener Gegend auf Hochstetten Fuß und lebt und rackert dort in der sechsten. Generation bis heute. Politisch gehörte die Einöde einmal nach Abbach, dann wieder einmal nach Graßlfing. Kirchlich war man immer nach Abbach orientiert. Nur ganz früh, in der kurzen Kloster Prüfeninger Zeit gab es Beziehungen zur Kirche in Matting, was die Taufmatrikel von Matting ausweist.
Im Gotteshaus St. Nikola heiratete man, wie die Heiratsmatrikeln Abbachs bezeugen. Josef der dritte Ranftl führte seine Braut Dorothea Schwaiger aus Alkofen in Frauenbrünnl zum Traualtar. Nach 1876, als die Standesämter eingeführt wurden, besiegelten sie ihre Ehe auch vor dem hiesigen Standesbeamten. Ihre Kinder ließen sie hier taufen und registrieren. In Abbach besuchten sie auch den Gottesdienst. Nach dem Tod fanden sie auf dem Bergfriedhof, bis der neue Friedhof an der Römerstraße errichtet war, ihre letzte Ruhe.
Die Hofkapelle, die wegen eines Umbaus an Stall und Wohngebäude in die Flur nahe am Wohnhaus weichen musste, und der Bildstock „Unserer Lieben Frau von Hochstetten“, wurden um 1780 geschaffen. Abbacher Wallfahrer pilgern alljährlich im Mai zur dortigen Himmelmutter. Dies ist ein Ausdruck des frommen Sinns der Besitzer von Hochstetten und der nahen Umgebung.
In Schule und Kirche von (Bad) Abbach befand sich also das geistige und religiöse Fundament der Bewohner der Einöde seit grauer Vorzeit.
Das Kind im Arm der Mutter Gottes ist ein Umziehkindl, das seine Kleider nach der liturgischen Zeit wechselt. Hier ist es eben gerade einmal in Windeln.
Unzweifelhaft empfand man sich als Glied der Pfarrei St. Nikolaus, aber auch als Bürger von Abbach und Teil dieser Gesellschaft. Schon für die Thrinkhgelts fand ich 1672 einen Eintrag in den Kammer- Rechnungen von Abbach, dass der Hochzeitstanz und – Schmaus des Georgius Thrinkgelt jun. von Hofstetten mit der Maria Poschenrieder auf dem „Plan“ zu Abbach stattfand, und das Vergnügen 8 Pfund/Pfennige 4 Kreuzer kostete. Das war damals nicht knauserig.[24]
Wie die damaligen Hochstettener Bauern lebten und wohnten will ich an dieser Stelle im Lesebuch nicht wiederholen. Es wird ähnlich zugegangen sein, wie das Leben zu Weichs bei Abbach verlief, weil die Grundherren bis zur Säkularisation ebenfalls die bayerischen Herzöge und Kurfürsten waren .[25] Auch Streitigkeiten mit den Abbachern wurden[26] ausgetragen, wie ein Aktenkonvolut im Abbacher Archiv ausweist.
1788 fand ein Ortstermin statt, zu dem der Kurfürstliche Pflegskommissar Karl Ferdinand Edler von Menz persönlich und als Aktuarius der Gerichtschreiber Michael Lämml anwesend waren. Weiter sah man da den Klosterrichter von Prüfening, den Regierungsadvokat Billich, die drei Besitzerbrüder am Kalkofen und einige Unterthanen von Oberndorf. Von Seiten des Markts Abbach waren die beiden Kammerer Balthasar Koch, Schreiner und Bartholomä Jungmann, Seilermeister, weiter der Marktschreiber Quirin Nikendey dabei , außerdem die zwei Gemeinderedner Michael Riederer, bürgerlicher Weißböck und Mathias Reihtmair, bürgerlicher Schuhmacher , ebenso sechs minderjährige Bürgerssöhne. Außerdem war Jakob Mader anwesend, „mit seinen Gründen anstoßend, hiergerichtlicher und kastenamtlicher Bauer zu Hochstetten“.
Man berief sich wieder auf den im Jahre 1759 ratifizierten geometrischen Grundriss des Burgfriedens von Abbach und die Setzung von Marksteinen mit Eigentümerzeichen des Marktes Abbach, des Kurfürstlichen Landgerichts und der Grundherrschaft von Prüfening.[27]
Eigentlich hätte es keine Grenzstreitigkeiten mehr geben dürfen, man habe sich ja schon einmal mit dem Klosterrichter verglichen, dass am Schwarzgraben vom Hopfengarten des Bierbräuers Michael Adam anfangend bis zum zweiten Markstein am Ende dieses Grabens die Weidenschaft des Hofstettener Bauern für je und alle Zeit zu respektieren sei. Jenseits des Schwärzgrabens (vom Markt und Kalkofen aus gesehen, A.d.V.) – und das sei zweifelsfrei – seien sämtliche Gründe kastenamtisch, auch der Schwarzgraben gehöre zur Hälfte dazu. Dies alles gehöre folglich zum Urbarshof Hochstetten. Auf der anderen Seite gäbe es nur drei Anlieger, den Josef Schleinkofer, den Mathias Karl, beide Bierbräuer, und den Georg Lämml, Fischer.[28]
In einem früheren Landgerichtsschreiben an den Churfürstlichen Markt Abbach war schon früher dargetan worden, warum Georgs Vater Erasmus Mader auf Respektierung seines Rechts am Grenzscheidungsgraben bedacht sei, da die Weidenschaft nämlich „ für sein selbstig zur Ökonomie unumgänglich benöthigtes Vieh sehr kümmerlich, erkleckend, unhinreichend sei.[29]
Er, Mader, hätte schon einmal gegen Anna Maria Schmidbäuerin und ihren Mann Simon, bürgerliche Metzgersleute, geklagt, weil sie mit drei Stückl Rindvieh in den Schwarzgraben gehütet hätten. Diese aber hätten erwidert, dass den Graben die Bürgerschaft schon immer ausgehütet hätte, und sie, obige zwei, keinen Schaden angerichtet hätten.[30], was aber nicht verhindert hätte, dass diese ordentlich abgepfändet worden seien.[31]
Der Rentkommissar hatte immer wieder Streitigkeiten zu schlichten, die auf diese Grenzziehung in der Kloster Prüfeninger Zeit zurückgingen. Grenzsteine, die das Kloster setzen ließ, wurden auf ihre Richtigkeit hinterfragt, weil sie zu nahe an das kleine Plätzchen neben dem Gartenzaun und der Grabensäumung am Kalkofener Bach gesetzt schienen und die Weidenschaft der Einödbauern, damals des Jakob Mader, beeinträchtigten[32].
Über diese peinlichen Streitereien hinweg wende ich mich noch einmal einer weiter- reichenden geschichtlichen Würdigung der Hofstelle von Hofstetten/ Hochstetten zu, um die Chronik dieses Ortes abzurunden:
Die erste urkundliche Erwähnung „Houesteten“ im 12. Jahrhundert (Tr. Prüfening Nr.3/18)[33] gibt uns keinen festen Zeitpunkt der Entstehung der Hofstelle bekannt.. Der Name sagt uns aber, dass sie viel früher begonnen hat, bald nach der bayerischen Landnahme im 6. und 7. Jahrhundert, und dass der Ort in der Nachbarschaft der Residenzstadt der Agilolfinger-Herzöge zum „Hof“, also zur Pfalz als Lieferant der lebensnotwendigen Viktualien gehörte. Es war ein 1/1 Hof, also ein ganzer Hof[34] mächtigen Ausmaßes, dessen „Besitzer“ jedoch Grundholden waren und einen Status besaßen , der sich bis in das beginnende 19. Jahrhundert in ähnlicher Form halten konnte.
Der Platz zu Hofstetten bot sich jedenfalls als Stelle „lauteren Wassers“ an. (Siehe „Lauterbrunnen“ bei Weichs!) Vom Kühberg kommend sprudeln viele unterirdische Bäche auf einer wasserführenden Lehmschicht in die Hofstettener Senke, wo sie als Quellen ans Tageslicht treten. Heute speisen sie noch den Schwarzgraben und den Hausbrunnen von Hochstetten und andere fliesende Wässerchen in der Flur.
In einem Papier des früheren Bürgermeisters von Abbach, Michael Röhrl, in dem die Grenzen des Marktes nach 1892 beschrieben werden, sind die „Pflegerbreiten, wo die Kohlenbergwerke sich befinden“, die „Bründlbreiten“ in der Nähe, aber jenseits der Straße nach Regensburg zu und das „Bründl“ selbst am Kühberg zwischen der Abbacher und Graßlfinger Flur genannt. Das Lebenselexier Wasser gab es selbst auf Bergeshöhe rund um Hofstetten in Hülle und Fülle.
In der frühesten Bergwerkgeschichte ( bald nach 1800) berichtet Christian Ziegler in seinem Tagebuch, dass in provisorischen Stollen plötzlich Wasser einbrach und wegen des unerwarteten Einsturzes der Löcher für die Arbeiter Lebensgefahr bestand. Der ehemalige Bauer Franz Aumeier, früher noch in Hochstetten wohnhaft, konnte noch ein Lied davon singen, welche unterirdischen Wassermassen in der Tiefe vom Kühberg her dem Donautal zudrückten. Im Jahre 1007 wurde Hofsteten, zwar im Abbacher Land, aber nicht namentlich aufgeführt, von König, später Kaiser, Heinrich II. an das neu entstandene Bistum Bamberg geschenkt. In der (gefälschten) Urkunde von 1138 [35] wurde „Grasoluunge“ (lese u = v!) von Bischof Otto von Bamberg dem Kloster Prüfening als Morgengabe übereignet.
Es folgten 1224 die Tauschgeschäfte Ludwig des Kelheimers mit den Mönchen von Prüfening um den Burgberg und Fluren um Abbach. Wenn nicht bei diesem Akt, dann entwand der Herzog den Mönchen zu Prüfening Hofstetten usurpatorisch, wie vieles rund herum um Abbach, und die kurze Prüfeninger Hörigkeit Hochsttens hatte ein Ende. Es war jetzt nicht mehr der Krummstab, der die Einöde regierte, sondern der herzogliche Hof mit dem Kasten zu Abbach.
Nicht viel später, im Jahre 1335, bestätigte Kaiser Ludwig der Bayer im Freiheitslibell den Abbachern ihre hergebrachten Rechte. In dieser Urkunde[36]wird Hofstetten an zwei Stellen namentlich genannt. Unter „Ehafft Recht halb“ werden die Mitglieder der Schranne aufgeführt:
„(..)der Richter, zwen geschworn Procuratores und Gerichtschreiber, mehr des Markht Abach die Sechs des raths, die zwen Gemain redner, darzu mueß Pfleger oder Richter aus dem gericht verschaffen wie von Alter herkumen zu Salhaup zwen fuerer, zu weyhenlow zwen fuerer, zu Poigen zwen fuerer, die zwen Amman von Weyx, Paur von Hofsteten, Pauer von Schwenth, damit ist die schrann nach altem gebrauch zu Ehaft (….)“
Die zweite Stelle steht unter „Rayswagen halb“. Es heißt: „Item, es mueßen auch die von Abach den Rayswagen teuglich verfertgt und guet, ohn allen mangl grüst, so in unser gnädigster fürst und herr erfordert, auf den Platz stellen, dabei mueß der Pfarrer von Abach stellen und halten die hindern zway Pferdt wolgerüst, mit samt ainem teuglichen Fuerknecht. Mer muessen die Aman pait (beide) zu weix ain forderst wolgerist teugliches Pferdt haben. Mer der Paur von Hofstetten und der von schwendt muessen das 4 Pferdt mit samt ainem wagnknecht schicken und halten, an den kein mangl sein soll.“[37]
Die Geschichte des Urbarshofes Hochstetten könnte nun in prägnanter Weise mit dem Sal-Büchl des Emeram Hem um 1680 , das oben schon erwähnt wurde, fortgeführt werden. Ich verweise nur mehr auf die geometrische Plankarte von 1759, die oben abgebildet wurde. Auf ihr sind unter E die Häuser „ am Kalkofen genannt“ und unter F „der Hochstettener Hof“ außerhalb des Burgfriedens eingetragen.
[1] Auszug aus der Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats Großberg vom 22.01.1976 in Großberg. Kopie Archiv Bad Abbach II.18.2.1
[2] Schreiben der Regierung von Niederbayern vom 6.8.1979 an den Markt Bad Abbach. Kopie s.o.!
[3] Pfarrer Emeram Hem. Saal-Büchl, S.7, (1673 – 1681), Kopie Archiv s.o.!
[4] (man beachte die kirchliche Schreibweise „Hof(f)stetten“ im Gegensatz zur politisch/gerichtlichen Schreibweise „Hochstetten“!)
[5] Siehe Heiratsurkunde Josef Ranftl/Regina Angerer. Standesamt Abbach °° 22.11.1886, Nr. 8. Archiv Bad Abbach, Standesamtakten und oben zitierte Schreiben der Gemeinde Großberg und der Regierung von Niederbayern.
[6] Landratsamt Kelheim. Der Landkreis Kelheim, S. 224. Zitat weiter: „ „Houesteten“ (Traditionen Prüfening Nr.3/18)“ (Man beachte, dass u = v, also Hofstetten).
[7] Landratsamt Kelheim. Der Landkreis Kelheim, S. 224.
[8] Nach gefälschter Urkunde im Jahre 1138. Fundationsurkunde für das Kloster Prüfening. Kopie Archiv Bad Abbach s.o.!
[9] Matr.Kelheim°° Bd.9 F 243, 1748/ Matr. Matting * 1637 – 1644
/ Matr. Abbach* Bd.1 F 8, S. 160, 1685/ Matr. Abbach °°Bd.1 F 9 S.182, 1685/ Matr. Abbach °° Bd. 15, 1666 und + Bd.15, 1659 – 1667
/ Matr. Abbach°° 1, S.182, 1672. usw.
[10] Heute Kalkofener Bach genannt. Die Schleifmühle lag auf Plannummer 1330 1/3.
[11] Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben für die Schulkassa Abbach pro 1875. Archiv XIV.13.2.2.a.
[12] Schreiben des Königlichen Bezirksamt Kelheim v. 14.04.1900 und 14.07.1900. Archiv a.a.O.. Beweisschreiben des Hugo Brunner, o.D. Archiv a.a.O.
[13] Schreiben des Marktes Abbach an das Bezirksamt Kelheim v. 20.07.1900. Archiv a.a.O.
[14] der Antrag sei nicht förmlich gestellt worden; es könnte später ein förmlicher Antrag gestellt werden.
[15] Schreiben des königlichen Bezirksamts v. 24.07.1903. Archiv a.a.O.
[16] Protokoll vom 28. Mai 1905. Archiv XIV.2.2.a.
[17] Schreiben an das Rentamt vom 4. Nov. 1905. Archiv a.a.O.
[18] Schreiben des Bezirksamts Kelheim vom 31 August 1905. Archiv a.a.O.
[19] Protokoll vom 3.9.1904. Archiv a.a.O.
[20] Auf Abbach trafen 888,57 M. Protokollabschrift vom 29.11.1908. Archiv a.a.O.
[21] Auszug aus der Schulstellenbeschreibung 1906, Kopie. Archiv a.a.O.
[22] Matrikeln aller Art von Abbach, Matting, Sinzing. Weiter: Pölsterl, Günther. Kommission für Bayerische Landesgeschichte. Mallersdorf. Das Landgericht Kirchberg, die Pflegegerichte Eggmühl und Abbach. München 1979, S. 293.
[23] Genaue genealogische Aufzeichnungen wurden von mir im Diözesanarchiv aus verschiedenen Pfarrmatrikeln für die Familie Josef Ranftl angefertigt.
[24] Kammer Rechnung Abbach 1672. . Archiv 9.4.2.a.
[25] Man lese im Lesebuch Nr. 48, 8. Unter dem Krummstab (Bamberg / Prüfening 1007 – 1224) – Zeitgenössisches bäuerliches Leben.
[26] Grundstückstreitigkeiten (Nutzungsrechte, Weiderechte) , Archiv 8.4.3.a. (II.4.).
[27] Protokoll eines Ortstermins vom 18.April 1788. Archiv a.a.O.
[28] Schreiben des Landgerichts an den Markt Abbach vom 27.6.1783. Archiv a.a.O.
[29] Landgerichtsschreiben an den Churfürstlichen markt Abbach vom 24.7.1783. Archiv a.a.O.
[30] Der Markt an das löbliche Pfleggericht. Schreiben vom 13.?.1783. Archiv a.a.O.
[31] Landgerichtschreiben an den Markt Abbach vom 11.6.1783. Archiv a.a.O.
[32] Schreiben des Rentkommissars an den Markt Abbach v. 18.6.1789. Archiv a.a.O.
[33] In: Der Landkreis Kelheim s.o.!
[34] Archiv 8.4.3.a. (II.4), Protokoll eines Ortstermins.
[35] Die erwähnte Urkunde entstand vermutlich erst um 1224, wurde aber als Fundationsurkunde auf 1138 zurückdatiert.
[36] Im Archiv (Safe) von Abbach in Abschrift mehrfach vorhanden!.
[37] Transskripion nach Gandershofer in Chronik des Marktes und Badeortes Abach (…) Regensburg 1832. Reprint H.u.KV. S. 103 und 105.