Man schrieb das Jahr 1715. Bürger und Magistrat von Abach machten sich nach 14 Jahren Krieg zögerlich daran, am Heimatort Kriegswunden an Leib und Seele zu heilen und dem Gemeinwesen wieder Leben einzuhauchen.
Am wieder errichteten Rathaus im Markt (jetzt Gasthaus zur Post), wozu man sogar 40 Gulden von der Ehrwürdigen St. Christophorus- Stiftung zu leihen nehmen musste, wurde der letzte Schliff vollbracht. Mit dem Wiederaufbau, der letztendlich 236 Gulden verschlang, war auch erstmals von der Erlaubnis zum Steine brechen (vermutlich auf der Burg) die Rede. Bei der Brandschatzung am 20. September 1704 war sogar das Kreuz in der Ratsstuben verbrannt. Der Künstler in Kapfelberg war deswegen beauftragt worden, einen neuen Herrgott, drei Werkschuh lang, zu schnitzen, was 2 Gulden 15 Kreuzer kostete. Jetzt besaß man endlich auch wieder neue Haupt- und Nebenschlüssel und war somit Herr im eigenen Hause.. Letztendlich wurden noch die Fensterläden zur Hauptstraße blau gestrichen und mit dem Marktwappen geziert, die selben zur Donau hin wurden mit blau-weißen, „zwerch“ gesetzten Rauten versehen, denn die kaiserlich-habsburgische Prüfungszeit war Gott Lob zu Ende und die churfürstlich-bayerische Herrschaft zeigte wieder aufkeimendes Leben.
Jetzt musste man auch die Tore mit den Zugbrücken betretbar aufrichten, die Löcher auf den schmutzigen Schotterstraßen zufüllen und das Pflaster wenigstens vor den Toren ausbessern. Das waren ein paar Maßnahmen gegen die äußerlichen Spuren der vorausgegangen Verwüstung durch das österreichische Militär –
Aber wie stand es nach innen?
Es wurden 8 „Almosen Pixen“ neu angeschafft, 6 für die bürgerlichen Brauhäuser und 2 für die „Weiße Bier Wirtschaften“, zu den Stammtischen von Georg Luegmair, Johann Boehm, Johann Graff, Andreas Valter, Thomas Roithmayer, Conrad Ammertsmann, Simon Siebenbürger und Franz Rummelsberger. Jede Pixen bekam wieder ein Schildchen mit der Aufschrift „Für unsere Armen“.
Sogar an diese Behältnisse hatten sich die Besatzer oder Räuber aus Österreich und den assoziierten Nordländern gemacht und den Ärmsten der Armen die kargen Hungergroschen geraubt. Selbst vor der verschließbaren, kräftigen Armen-Pixen in der St. Christophorus Marktskapelle hatte das Gesindel keinen Respekt. Darum musste man auch diese neu beschaffen und diebstahlsicher anschrauben.1
Was war in der Zeit zuvor geschehen?
Mit dem Jahre 1701war für Abach wie für ganz Bayern das traurigste Kapitel seit dem 30jährigen Krieg angebrochen. Dieser lag erst ca.50 Jahre zurück, und schon sprachen wieder die Waffen.
Was hatte ein Mensch in Abach mit der Erbfolge in Spanien zu tun?, fragt man sich. Väter und Mütter wollten nicht schon wieder Krieg. Sie wollten mit ihren Kindern in Ruhe und Sicherheit leben.
Nun war mit dem Jahre 1714 der Schwindel endlich vorbei! 1705 war unser Heimatort zwar kampflos an die aufmarschierenden Österreicher und deren Verbündete übergeben worden, aber schon vorher und in der Folgezeit wurde er trotzdem öftere Male gebrandschatzt.
Für wen und warum? -.
Dem eitlen und ehrgeizigen Landesfürst Max Emmanuel, der sich 1683 bei der Belagerung Wiens durch die Türken wegen seiner angeblichen Tapferkeit mit Ruhm geschmückt und wegen seiner auffallenden blauen Kriegstracht der „Blaue Churfürst“ genannt wurde, stand der Sinn nach höheren Weihen.
Churfürst zu sein, genügte ihm nicht, er wäre gerne König oder Ähnliches gewesen. Er hatte 1685 zielgerichtet schon einmal die nicht gerade attraktive Kaisertochter aus Wien, Maria Antonia, geheiratet und hätte jetzt gerne Erbansprüche auf den Spanischen Thron gestellt. König Karl II. von Spanien hatte nämlich am 1. November 1700 das Zeitliche gesegnet.
Aber kam jetzt der Wittelsbacher Max Emmanuel wirklich zum Zuge? Leider nein, sondern der französische Erbe Philipp nahm das Land in Besitz. Das war für Kaiser Leopold der casus belli (Anlass für einen Krieg).
Dieser hatte einst Max Emmanuel wegen seiner früheren Loyalität zum Statthalter der Spanischen Niederlande ernannt. Als jedoch der Franzose Ludwig XIV., um die französische Position in Spanien zu festigen, auch die Spanischen Niederlande besetzte, schlug sich Max Emmanuel, um seinen Titel zu retten, 1701 auf die Seite Frankreichs. So wurde auch Bayern in den Krieg gegen Österreich und seine Verbündeten hineingezogen.
Ab dem Frühjahr 1703 bewegte sich die Habsburgische Kriegswalze über Bayern hinweg Richtung Frankreich. Unser Heimatort lag auf dem Weg. Unweigerlich galt – gewollt oder ungewollt – Österreich und seine Verbündeten, Preußen, England und Dänemark auf der einen, Frankreich mit Bayern auf der anderen Seite. Max Emmanuel jedoch hatte seine Landsleute verlassen, sich aus dem Staub gemacht und vergnügte sich in den Niederlanden. (Vgl. Hubensteiner, S. 190!)
Im Jahre 1703 hatten sich die Österreicher in Kelheim fest etabliert, die Orte im Umkreis mussten bluten und kuschen. Davon einige ausgewählte Begebenheiten:
Das Magazin in Statt am Hof sollte Proviant nach Burglengenfeld liefern. Auf Abach, das damals zum Regenkreis gehörte, trafen dieses Mal drei Fuhren Viktualien. Unter den hiesigen Einwohnern brodelte es! Der Magistrat und das Landgericht hätten ihnen dieses Jahr schon alles genommen, heißt es, und „wenn sie die Hand wieder und wieder umdrehten“, wäre nichts mehr vorhanden.2
Die durchmarschierenden Soldaten requirierten Unmengen von Brot und Bier. So kam es für die eingesessenen Bewohner zu Engpässen und Wucherpreisen. Statt des fülligeren Abacher Köpfls wurde die kleinere Mass zu 10 Kreuzern eingeführt. Der Eimer braunes Bier kostete jetzt 2 Gulden statt bisher 1 Gulden 30 Kreuzer. Die Teuerung betraf die einheimische Bevölkerung hart und nicht mehr umkehrbar, zumal die Bräuer dies förderten, weil es unter ihnen zu Preisabsprachen kam. Der Magistrat schritt zwar mit Strafen ein, was nur dazu führte, dass der übliche Zeiger auf der Gasse, der das Vorhandensein von Bier signalisierte, nicht mehr gesetzt, die Setzer(= Koster und Prüfer) übergangen und das begehrte Nass und Nahrungsmittel gleich in das Soldatenlager nach Kelheim verschoben wurde.3
Die durchmarschierende Soldadeska benahm sich undiszipliniert und schlug z.B. dem Großhirt zur Nacht die Fenster ein,4der Pfarrer Blasius Weidner wurde angetrieben, an Stelle der leeren Gemeindescheuern einen Schober Stroh nach Dietfurt zu liefern.5
In alle Himmelsrichtungen sandte die Gemeinde Kundschafter zu Pferde aus, um herauszubringen, wie sich „der Durchmarsch der Völker“ gestaltete und was für die Nacht wieder an Quartierlasten zu befürchten war.6Auch vom Militär wurden berittene Leute zu endlosen Kurierdiensten gezwungen, was sich bei Botenlöhnen und Zehrgeldern zu Lasten der Gemeinde niederschlug.7
Auch wurden Bürgersöhne wider Willen zum Militär rekrutiert, was dazu führte, dass man die eigenen Söhne versteckte und einen Abhängigen als Ersatz anbot.8 Wurde ein Geflüchteter hernach von herumstreifenden Soldaten aufgegriffen, wurde er exekutiert oder gelegentlich gegen ein hohes Lösegeld wieder freigelassen. Die Beträge waren sehr hoch, z.B. im Falle Sebastian Poschenrieders aus Alling 200 Gulden. Diese hohe Summe musste sogar beim Kloster Kartaus Prüll aufgenommen und mit Raten zu 20 Gulden zurückbezahlt werden (Lydia Heinl. Regensburg, Brief vom 25.10.2008)
Sehr viele Abbacher Bürger hätten sukzessive nach Ingolstadt zu fünfwöchiger Fortifikationsarbeit einrücken müssen. Die Gemeinde hat sich in diesem Jahr aber mit Geld von dieser Verpflichtung losgekauft.
Nach Straubing mussten wiederholt Fouragegelder für Offiziere, Mannschaften und Pferde entrichtet werden, wobei der Ort ohnehin den ganzen Krieg hindurch zur Fastenzeit und an Pfingsten je 154 Gulden 39 Kreuzer 6 Heller als außerordentliche Kriegssteuer aufbringen musste.9 Die üblichen Steuern für die Bauern wurden mehr als um 200% erhöht.
Im Jahre 1704 wurde der Druck noch stärker. Fremde Truppen drängten aus allen Richtungen heran. Um die Gefahren rechtzeitig zu erkennen, schickte man Kuriere nach Languaid, Rohr, Dünzling, Schierling Neustadt und Biburg aus. Überall traf man herumstreunende Husaren an.10
Das kaiserliche Oberkommissariat in Regensburg forderte wieder und wieder eine Kontribution.11 Verlief die Forderung ergebnislos, folgte die Brandschatzung. Haufenweise waren zu den Kaiserlichen in Kelheim Ochsen und andere Rinder abzuliefern12, nur die abgezogene Haut wurde den Bauern jeweils wieder zurückgegeben. Frauen wurden nach Kelheim gekarrt, um auf Kosten der Gemeinde Hosen und Uniformen zu schneidern, rotwollene Strümpfe zu stricken, Schuhe zu fertigen, Hüte und Halstücher zu erstellen, Monturröcke zu nähen. Das Tuch hierfür war von der Gemeinde zu beschaffen. Auch Degen mussten bereitgestellt werden.
In diesem Jahr marschierte unter anderen das Schellenbergische Regiment mit 140 Mann durch Abbach nach Kelheim. Es war jeweils Brot und Bier zu reichen.
Straßen, Tore und Brücken setzten teils die Feinde, teils die einheimische Bevölkerung in unbrauchbaren Zustand, man richtete zusätzliche Schrankbäume und Spanische Reiter auf, wobei man 20 Tage verbrachte.13
Zunächst berichtete ich über Ereignisse in Abach bis zum 13.August 1704, bis zur Niederlage bei Blindheim, nahe Höchstädt. Für die Bayern und die Franzosen war die Schlacht verloren, die ganze bayerische Heimat musste sich Kaiser Leopold, ab 5. Mai 1705 seinem Nachfolger Josef I., beugen.
1705
Was in diesem Jahr unter der Ägide Josef I. folgte, bedeutete Untergang wie bei einem Tsunami: Krankeit, Hunger und massenhafter Tod unter der Zivilbevölkerung, Zwangsrekrutierungen für das kaiserliche Heer, das demnächst gegen Italien in den Krieg ziehen wollte. Die wehrfähigen jungen Männer verbargen sich in den Wäldern und allen möglichen Verstecken. Um über den Winter für Habsburg-Österreich Kriegskosten zu sparen, wurden seine Truppen nach Bayern geworfen, wo sie sich durchfressen sollten.
In vielen Teilen Bayerns erhob sich das verzweifelte Volk. Willfährige Beamte wurden vertrieben oder massakriert. In der Cammerrechnung dieses Jahres wird uns S.28 ein solcher Fall berichtet:
„Der verwittibten Jägerin von Gebelkofen Catharina Wibmerin, dessen Ehewirt, so dann in den vorbeigegangenen Kriegsläuften durch die churbayerische Soldadeska erschossen worden ist, hat derselben auf gnädiges Anbefehlen einer Kaiserlich hochlöblichen Hofkammer in München an statt dessen sonst zu beziehen gehabten Quartiers ein Beitrag zu monatlich 15 Kreuzer verreicht werden müssen, welche sie dann auch 6 Monate, nämlich Juli bis Dezember laut Schein 21 empfangen hat. 1 Gulden 30 Kreuzer“14
Ebenfalls hier am Ort registrieren wir Weigerung und Aufbegehren gegen die Unterdrücker und deren Unterstützer auf vielfältigste Weise:
Der Bäcker Thomas Dollinger weigerte sich, dem über Nacht verbliebenen königlich- preußischen Regimentsstab des „General-Feldmarschall Graf Kaunitischen Regiments zu Fuß“ bei seinem Abzug einen Vorspannwagen zu überlassen, sondern versteckte diesen im Stroh. Der Amtskammerer Melchior Vorster warf ihm vor, ihn in Gefahr gebracht zu haben.15
Der Bierbräu Franz Rummelsberger attackiert den Amtskammerer wegen der Einquartierung des Herrn Wachtmeisters des „Oberländischen Bartlischen Curassier Regiments“. Aus Zorn nimmt er den Hut nicht ab, wozu er aber gezwungen wird.16
Der Bürger und Metzger Urban Roithmayer weigerte sich, 140 Mann böhmische Landrekruten des „General-Feldmarschall Graf Pagnischen Regiments zu Fuß“ unter dem Kommando eines Herrn Hauptmann zu je 20 Mann auf die Wirte aufzuteilen. Er beschimpfte Kammerer und Rat und drohte, ihnen den Befehlszettel auf den Buckel zu werfen und in Zukunft einen solchen gleich zu zerreissen.17
Wieder der Bäcker Thomas Dollinger weigert sich, drei Mann des löblichen „Fürstlichen Hohenzollerischen Curassier Regiments“ unter dem Kommando eines Herrn Wachtmeisters aufzunehmen. Die übrige Mannschaft sollte wieder auf die Wirtshäuser aufgeteilt werden.18
Der Einquartierungen überdrüssig begab sich eine Abordnung aus Amtskammerer Melchior Vorster, Gemeinderedner Andreas Valter und dem kaiserlichen Herrn Gerichtsschreiber nach Donaustauf zu den dort anwesenden Deputierten der Kaiserlichen Begleitkommission der böhmischen Landrekruten des „Graf Hermbsteinischen Regiments zu Fuß“, um wegen Armut zu verhindern , dass diese in Abach Quartier nähmen. Es handelte sich um 630 Mann.
Gegen Ende des Jahres 1705 finden wir in der Cammerrechnung19 den Eintrag: „Der Metzger Mathias Kraus hat am vergangenen 12. Dezember mit den Parteiungen, die er bei sich führte und kommandierte, die Stadt Kelheim ohne Widerstand übernommen. Nun verlangte er vom hiesigen kaiserlichen Pfleggericht und dem Markt, dass unverzüglich alle wehrhaften Männer von Abbach nach Kelheim abgeschickt würden. Man hat dem aber nicht entsprochen, weil angedroht wurde, dass man den Markt niederbrennen werde.
Da schickte man den Gerichtschreiber und den Inneren Rat und Bräuer Simon Siebenbürger nach Neustadt, wo sich der Pfleger selbst aufhielt. Die Emissäre kamen mit ihrem Wagen in Saal an und merkten, dass Gefahr in Verzug lag und dass man sich der Post bedienen musste, was natürlich Kosten verursachte (3 Gulden 37 Kreuzer).
Thomas Dollinger, Äußerer Rat, Thomas Dissinger und Andreas Valter, beide Gemeinderedner und Bürger von hier, fuhren dann aber zu Krauß nach Kelheim. Sie sagten Kraus, dass die Bürger, die aufgefordert worden waren, nicht kommen könnten, weil ihnen angedroht worden wäre, dass man dann den Markt abbrennen würde, was er ja selbst auch nicht wolle ( 1 Gulden 15 Kreuzer für Verpflegung).“
Wie bekannt ist, wurde Kelheim von den Österreichern wieder zurückerobert, und Mathias Kraus 3 Tage später, am 24.Dezember, trotz des Versprechens des freien Abzugs gefangen auf einem Schinderkarren zur Aburteilung nach Ingolstadt gebracht, wo er, am 20.Dezember in München bereits vorverurteilt, das Todesurteil erhielt.
1706
Mathias Krauß wurde am Mittwoch, 17. März, Vormittag 9 Uhr durch das Schwert hingerichtet, gevierteilt und die Teile an Ketten angehängt in vier Stadtteilen auf Pfähle gesteckt und so belassen.20
In einem späteren Aufsatz will ich Mathias Krauß, den ich zu meiner Familie im 18. Jh. zählen darf, ein würdiges Denkmal setzen.
Bei den Kämpfen um die Rückeroberung Kelheims mussten offenbar viele Patrioten aus der Umgebung Abbachs das Leben lassen . Aus zwei Einträgen vom 18. Dezember 1705 in der Sterbematrikel von Poikam lesen wir:
„Dionysius Mayr, Bauer, bei der Besatzung Kelheims flüchtig, wurde außerhalb der Stadt von einem Kaiserlichen Soldaten aufgegriffen und elend zugerichtet. Er ruhe in Frieden.“ Oder: „Johannes Prewitzer, Kelheimer Bürger, in den Fluten der Altmühl treibend, wurde schließlich hier am Donauufer angeschwemmt, geborgen und begraben.“21
Im Jahre 1706, mitten im Bayerischen Aufstand, können wir das exzessive Verhalten der ungezügelten Besatzer durch sehr dichte Aufzeichnungen in der Kammerrechnung nachempfinden:
Der Gerichtsbote Georg Bauer wird mit einem Schreiben an den „ Herrn Kaiserlichen General Feld Kriegkommissar von Bitterkraut“ nach Mainburg geschickt, um von den Exzessen einiger Dragoner zu berichten.22
Nur zur Verköstigung der laufend ankommenden Besatzer fielen erhebliche Lasten für die Einwohner und Zahlungen durch die Gemeindekasse an:
Andre Schels und Hans Aumer müssen wegen Ankunft der Königlich Preußischen Truppen in Sinzing, Lohstatt, Kapfelberg, Winzer und Saal Fourage holen, weil der Ort nichts mehr hergab (S.20, 20v).
Es mussten Winter Portionsgelder bezahlt werden . An die Kaiserliche Regierung in Straubing musste jeweils Vollzugsbericht erfolgen. (S.21)
Das Starnbergische Regiment zu Fuß erhielt 800 Gulden Portionsgelder. Das Geld war zur Regierung in Straubing zu bringen.(S. 21 v)
Das kaiserliche Administrations Amt in München forderte im Mai 480 Gulden 10 Kreuzer Winterportionsgeld; das Kriegskommissariat in Straubing erhöhte aber auf 520 Gulden 40 Kreuzer (S.22v).Die Gemeinde konnte diese Summe nicht gleich zahlen, weswegen immer wieder eine Abordnung beim Landsteueramt in Straubing erscheinen musste. Es fielen immer Reit- und Zehrgelder an (S: 29 v). Aber man brachte es schließlich so weit, dass man 176 Gulden 36 Kreuzer 3 ½ Heller in Ansatz bringen konnte, die für Verpflegungsgelder bereits ausgegeben worden waren. Man bat alle Bürger schließlich noch einmal zur Kasse und bis Ende Juli war man dann mit der Bezahlung fertig.(S.31 v, 32)
Am 26.März ist der Herr Hauptmann des löblichen Vaubonischen Dragoner Regiments über Nacht angekommen. Er hatte 7 Bedienstete und 6 Pferde bei sich. Die waren beim Stiftsbräu Hans Roythmeier unterzubringen. Dann war auch für einen kurpfälzischen Leutnant und einen Korporal mit 10 Mann Begleitung von ihm für Übernachtung und Zehrung zu sorgen.(S.24v)
Der Bierbräu Johann Conrad Ammertsmann hatte über Nacht einen Herrn Leutnant und Regimentquartiermeister von dem Crausfeldschen Kürassier Regiment unterzubringen und zu verköstigen (S.25)
Obiger musste zur Mittagszeit einen Leutnant mit zwei Reitern von dem Obrist Birthlschen Kürassier Regiment mit zwei beladenen Wägen voller Gewehren verpflegen (S.25)
Dann mussten an die gnädigste Herrschaft in Affecking Portionsgelder gebracht werden.(S.25)
Andreas Valter , Bürger und Gastgeber musste einen Leutnant des Obrist Bärtlschen Kürassier Regiments mit einem Korporal und 10 Kriegern samt 2 Knechten , die Munition in Regensburg abholen mussten, einquartieren und verpflegen. (S.25 v)
Der genannte Johann Conrad Ammertsmann musste auch über Nacht einen Leutnant und Korporal mit 10 Kürassier Reitern und zwei Knechten unterbringen, die mit zwei beladenen Munitonswägen dastanden.(S.25 v)
Beim oftmals genannten Andre Valter war über die Nacht vom Bartlischen Kürassier Regiment ein Trompeter mit 4 Pferden einlogiert (S.26)
Schließlich schickte man Balthasar Fuchs und den Gemeinderedner Andre Valter nach Donaustauf, denn es hätten 106 Remonda Pferde des Herrn Hauptmann Freiherrn von Wagsick des Kaiserlichen Vaubonischen Dragoner Regiments untergebracht werden sollen, wobei aber für diese in Abach überhaupt keine Fourage mehr vorhanden war. – Das Ergebnis war, dass „nur“ 40 Pferde untergebracht werden mussten. (S.26 v)
Am 10.Mai mussten wieder Melchior Vorster mit dem Cammerer und Marktschreiber bei dem hochlöblichen Kaiserlichen Commissariats Amt in Straubing wegen der Abrechnung der Winter Portionsgelder erscheinen. Für 5 Tage ausgelegte Zehrung mussten 14 Gulden 40 Kreuzer, zuzüglich für Futter und Stallmiete 4 Gulden 50 Kreuzer, zusammen 19 Gulden 30 Kreuzer berappt werden (S.26 v, 27)
Mit dieser Zahlung kam man wegen der Pfingstferien in Verzug, darum mussten die bürgerlichen Obrigkeiten und kaiserlichen Beamten von hier nach Pfatter zur Vernehmung. (S.27 v)
Wegen der Abrechnung der Portionsgelder musste der Marktschreiber am 28. Juli noch einmal nach Straubing zum Kaiserlichen Commissariats Amt. Da wurde er 3 Tage festgehalten (S.27 v, 28)
Am 26. August hätte ein Churmärisches Dragoner Regiment hier kampieren sollen. Man hat es aber auf dem Wasser weitergeführt. Darum musste sich der Cammerer Gregor Auer mit dem Marktschreiber und Gemeinderedner Thomas Dissinger Nachts zum Pfleg- und Kastengericht Kelheim aufmachen und die glatte und raue Fourage bezahlen, insbesondere Fleisch und Brot. (S.28)
Andre Valther, Bürger und Gastgeber, musste einen reformierten Herrn Leutnant von einem Königlich Dänischen Regiment zu Fuß einquartieren und verpflegen. (S.28 , 28 v)
Der Gastgeber Thomas Roithmayer musste einen Churpfälzischen Leutnant mit 12 Soldaten, unter denen sich 6 Restanten befanden, einquartieren und verköstigen (S.28 v)
Der selbe Andre Valther musste sich zu Herrn Rittmeister Ecinahsi nach Friesheim aufmachen, wo 117 Rekruten des löblichen Preynerischen Kürassier Regiments ankamen, damit nicht die ganze Mannschaft über Nacht einquartiert werden musste (S.28 v, 29)
Einem Herrn Hauptmann des löblichen Kaiserlichen General Vaubonischen Dragoner Regiments, Herrn von Walspeck der am 26 März mit etlichen Offizieren und Berittener Mannschaft, 61 Männer und 19 Pferde, hier war, hat man auch beim Abmarsch Portionsgelder zahlen müssen,
30 Gulden 3 Kreuzer 3 ½ Heller. (S.32)
Dann war wieder ein Herr Leutnant von 1. Mai bis Ende Juli da, für den nur für die Pferde 7 Gulden 30 Kreuzer Portionsgelder zu zahlen waren (S.32)
Dann mussten für einen Herrn Hauptmann, der am 27. Mai mit 40 Remonda Pferden und 30 Mann da war, Portionsgelder bezahlt werden (S: 32 v)
Am 3. Oktober hat ein Herr Hauptmann des löblichen Baron de Arnantischen Regiments zu Fuß über Nacht einquartiert werden müssen; er hatte 3 Pferde, einen Schreiber und zwei Fouriere dabei. Die kosteten wieder 4 Gulden. (S.33)
Einer der Fouriere, ein Herr Fähnrich, hatte zwei Knechte dabei und drei Pferde. Sie bekamen auch 2 Gulden (S.33 v)
Am 16.Oktober war ein Herr Hauptmann, Herr von Erldeck etc. des löblichen General Feldwachtmeisters des Graf Königbruckischen Regiments zu Fuß mit 166 Mann und 5 Pferden hier. Die Portionsgelder betrugen 27 Gulden (S.33)
An dieser Stelle wurden die Portionsgelder des vergangenen Jahres zusammengezählt, wobei die Summe von 397 Gulden 53 Kreuzer 3 ½ Heller herauskam (S. 33 v)
Und so ging es weiter:
Der Herr Hauptmann de Baßerelle aus dem Graf Guido Starnbergischen Regiment zu Fuß bekam 3 Gulden 13 Kreuzer Portionsgelder (S.35)
Herr Johann Antonj, Küffner, Bürger und Zuckerbäcker aus Regensburg , schickte eine Rechnung für Gewürze und anderes, das am 12. März von zwei Leuten des Königlich Preußischen General- und Regimentsstabes abgeholt worden war,8 Gulden 9 Kreuzer (S: 35)
Dann wurde auch der Frau Maria Katharina Fiedler wegen Lieferung von 49 ½ Köpfel Nekarwein, jedes zu 22 Kreuzer, 18 Gulden 9 Kreuzer bezahlt (S.35 v)
Der Herr Amtskammerer Georg Auer musste aus Regensburg um 11 Gulden 12 Kreuzer besondere Viktualien herbeischaffen. Frau Margarethe Ybl musste man eigens dafür in die Stadt schicken, wofür sie 15 Kreuzer bekam (S.35 v)
Dem Bauer Georg Völkl aus Poign musste man bei Ankunft der Königlich Preußischen Truppen 14 Mäzen Haber abkaufen, weil nichts mehr da war, 3 Gulden 30 Kreuzer. Dem Herrn Begleitungskommissar der Königlich Preußischen Truppen , Herrn Franz Regner , mussten obendrein 11 Gulden herausgerückt werden. ( S.36)
Den Metzgern Benedikt Littich und Urban Roithmeier musste für Kalbleisch, Rindfleisch und Schweinefleisch 3 Gulden 34 Kreuzer und 6 Gulden 13 Kreuzer bezahlt werden. (S.36, 36 v)
Dem Fischer Georg Aumer mussten für abgegebenen Fisch 3 Gulden 38 Kreuzer 3 ½ Heller bezahlt werden ( S.36 v)
Dann mussten dem Metzger Urban Roitheier wegen täglicher Abgabe von 6 Pfund Rind- und Bratenfleisch für vier erkrankte Soldaten des löblichen Baron de Arnantischen Regiments zu Fuß, die auf Befehl des Kaiserlichen General Feld Kriegskommissars zu Straubing, Herrn von Bitterkraut, hier im Wildbad weilten und vom 12. September 33 Tage lang hier blieben, 13 Gulden 12 Kreuzer (S.36 v, 37) erstattet werden.
Der Bürger und Bäcker Thomas Dollinger musste für die 4 erkrankten Soldaten das Semmelbrot liefern. Das machte 3 Gulden 18 Kreuzer (S.37)
Der Bierbräu Johann Conrad Ammertsmann musste für geliefertes Bier für diese kranken Soldaten 6 Gulden 32 Kreuzer erhalten (37, 37 v)
Am 16. August war für das fürstlich Hohenzollerische Kürassierregiment, das man hier nicht kampieren ließ, auf dem Wasser das Abbacher Kontingent von 6 Gulden 20 Kreuzer nach Ungarn zu zahlen (S.37 v)
Vom Hochfreiherrlichen Pfleger von hier musste bei der Ankunft der Remonda Pferde des löblichen Vaubonischen Dragoner Regiments ein alhiesig katsenmäßiges Schaff Haber gekauft werden. Die mussten an die immer wieder ankommenden Offiziere herausgegeben werden. Das machte 10 Gulden.(S.38)
Am 27.August sollte das Churmährische Graf Schönbornische Dragoner Regiment hier eintreffen und kampieren. Darum hat man von dem Bäcker Thomas Dollinger und dem Metzger Isak Bauer aus der Stadt Regensburg um 24 Gulden weißes und schwarzes Brot herausbringen lassen. Dann kam aber das Regiment nicht, und wegen der Hitze verschimmelte das Brot. Man hat das schwarze Brot dann hier verkauft, aber man hatte doch einen Schaden von 3 Gulden 50 Kreuzer, (S.38, 38 v).
Wegen des obigen Nachtquartiers hatte sich der Hochfreiherrliche Herr Pfleger von Abach und Neustadt auf der Straße von Neustadt nach Vohburg begeben zu dem dort anwesenden Herrn Obristen. Da musste der Markt für Reitgeld 2 Gulden bezahlen. (S: 38 v, 39)
Der verwitweten Jägerin Katharina Wibmerin musste man schließlich für das ganze Jahr Mietbeitrag zahlen. Das machte 3 Gulden. (S.39)
Für im Armenhaus untergebrachte kranke Soldaten musste der Hafner und Bürger Caspar Thalhammer Hafengeschirr liefern. Das machte 20 Kreuzer. (S.40)
1707 und Folgejahre
Nach dem obigen Muster und nach dem Motto „einem Nackten in die Tasche greifen wollen“, wurde in den kommenden Jahren weiterverfahren.
Allein für das Jahr 1708 waren von der Gemeinde an Portionsgelder für die Besatzungstruppen 927 Gulden 25 Kreuzer aufzubringen. Dabei ist noch unberücksichtigt, was aus den einzelnen Haushaltungen herausgepresst wurde. Zum Vergleich sei hinzugefügt, dass man das ganze Jahr für Bauunterhaltskosten nur 7 Gulden 21 Kreuzer ausgeben konnte. Im Jahre 1709 waren es dann immerhin schon 23 Gulden 39 Kreuzer 3 ½ Heller.
Es waren permanent Boten zum Kaiserlichen Oberfeld-Kriegskommissasr, Herrn von Bitterfeld, nach Straubing, wegen der Abgabenpflicht für die königlich dänischen Truppen unterwegs, weil immer Zahlungs- Rückstände und Ausstände bestanden. Sie fanden aber keine Gnade oder Nachsicht.
1710
In diesem Jahr melden die 8 Bräuer und Weißbier Wirtschaften sogar den Biernotstand an.(S.7 v)
Die Bäcker Melchior Vorster, Thomas Dollinger, Jakob Reißinger und Martin Hillermaier können nicht mehr ausreichend Brot liefern.
Die allgemeinen Kriegskosten bleiben erhalten ( nach Straubing waren in drei Zahlungsterminen je 270 Gulden abzuliefern), die speziellen Einquartierungskosten gehen zurück. Für die Erhaltung der gemeindlichen Bauten können in diesem Jahr wieder nur 16 Gulden 13 Kreuzer 3 ½ Heller ausgegeben werden.
1711
Nach gemeldeter Weise waren dreimal im Jahr Servicegelder in Höhe von 270 Gulden in Straubing abzuliefern. Die speziellen Quartierkosten steigen wieder.
Am 25.1 und am 15.2. sind an den General Stabs Quartiermeister Wilhelm Räbel 36 Gulden 47 Kreuzer 5 ¼ Heller und 16 Gulden 42 Kreuzer ¾ Heller abzuführen.
Auch für den Stab seiner Hochfürstlichen Durchlaucht Prinz de Eugenio (Prinz Eugen) musste Thomas Dissinger , Bürger und Schneider, Quartiergelder zum Landrichter von Abbach z.Zt. in Neustadt bringen.
Franziskus Nahguardi, Rittmeister des löblichen Graf Esterhasi`schen Kürassier Regiments musste man zwei Nächte lang Quartier gewähren. Das Geld dafür musste der Bote Georg Bauer, Bürger und Kaufmann, nach Straubing bringen.
Quartierkosten für das löbliche Kaiserliche Legottische Husarenregiment musste man nach Neustadt abliefern.
Der Bürger und Böck Johann Dollinger erfuhr, dass sein Pferd in Tirol erschossen worden ist und verlangt von der Regierung in Straubing 45 Gulden Schadenersatz. (Siehe auch 1712 S.30 v!) Einem anderen wurde der Hund erschossen.
Am 4. Februar musste der Gastgeber Andreas Valther 6 Soldaten des löblichen Graf Kuttensteinerischen Regiments zu Fuß Quartier geben und der Bräu Balthasar Fischer einem Leutnant des Graf Legottischen Husaren Regiments.
Ein anderes Mal Johann Graf dem Obristen Lindtl mit den bei sich gehabten Fourieren und zwei Gemeinen.
Der Administrations Kanzlei in München war von einer geschuldeten Steuer in Höhe von 266 Gulden ein Teil in Höhe von 20 Gulden zu bringen. Man hatte wegen eines Großschadens, der durch den Eisstoß entstand, ein Einsehen.
Wege und Brücken waren völlig ruiniert, die Schlünde beim Armenhaus (= Einfluss des Gemlinger Baches in die Donau) und an der Straße nach Saalhaupt (Einfluss des Mühlbaches) waren verstopft. In einer Bürgeraktion wurde der Schaden behoben. In diesem Jahr wurden an Baukosten 7 Gulden 47 Kreuzer 3 ½ Heller ausgegeben.
Trotz der großen Not in diesen Zeiten fand die jährlich Fronleichnamsprozession statt. 1713 begleiteten den Zug Geiger aus Regensburg. Die Markttore verlangten den Einsatz der Schmiede, weil man den Pflasterzoll wieder einheben wollte. Die Pflasterzollzeichen wurden jetzt nicht mehr aus Blech, sonder aus Blei gefertigt.
Mit dem Frieden von Rastatt 1714 einigten sich die Verursacher des Krieges. Der Franzose Philipp blieb König in Spanien. Max Emmanuel kehrte 1715 aus den Niederlanden nach Bayern zurück. Er war um nichts gescheiter geworden, nur begehrte er jetzt die Königskrone nicht mehr für sich, sondern für seinen Sohn. Allein die französischen Komödianten kosteten unter ihm jährlich 20 000 Gulden, für zwei Festopern gab er ungefähr 200 000 Gulden aus. Aufs Bauen in München verschwendete der Kurfürst in zehn Jahren fast 8 Millionen Gulden.23
Es grenzt an ein Wunder, wie aus der Asche von Abbach wieder ein funktionierendes Gemeinwesen erstehen konnte!
Quelle
Cammer Rechnungen des Kaiserlichen Marktes Abach 1703 – 1716
Literatur
Schmid, Peter. „Lieber bayerisch sterben, als in des Kaisers Unfug verderben!“ 1705 – Bayern im Aufruhr. Kelly – Druck Abensberg, Abensberg 2005
Hubensteiner, Benno. Bayerische Geschichte. München 1980
Ettelt, Rudibert. Geschichte der Stadt Kelheim, Kelheim 1983
1 Cammerrechung. 1710, S. 7 v, 1713, S.24 und 27 v, 1714, S. 21 ½, 30 v, 1715, S. 27-28. Archiv 9.5.1
3 A.a.O. S. 8-9
2 Cammerrechnung 1703. S. 7 v. Archiv 9.5.1
3 A.a.O. S. 8-9
4 A.a.O. S. 22
5 A.a.O. S. 24 v
6 A.a.O.
7 A.a.O .S. 18 –21 v
8 A.a.O.S. 8
9 A.a.O. S. 10 und 13
10 Cammerechnung 1704 S. 27
11 A.a.O. S.31
12 A.a.O. S.36
13 A.a.O. S. 33,39
14 Cammerrechnung 1705, S. 28 Archiv 9.5.1
15 a.a.O. S. 8 v
16 a.a.O. S. 10 v
17 a.a.O .S. 10v,11
18 a.a.O. S. 12
19 a.a.O. S. 23v – 24 v. Archiv 9.5.1
20 Vgl. Rieger, Georg. Geschichte der Stadt Kelheim, Kelheim 1926, S.79-82
21 Matr. Poikam Bd.1 F 7 S.4, Seitenvermerk „Belagerung Kelheims“
22 Cammerrechnung 1706, S. 20. Archiv 9.5.1
23 Vgl. Hubensteiner S. 192 f