101: Jede Zeit hat ihre Probleme – Die Ungarische Rinderseuche

16.8.1762. Es wechseln zahlreiche Schreiben zwischen dem Markt Abach , dem Landgericht da hier, der Regierung in Straubing und auch dem „Ehrmäßigsten, Fürsichtigsten , Ehrsamen und Weisen, Churfürstlichen, Geliebten Herrn Maximilian Josef“ betreffs einer schrecklichen Heimsuchung, die den Markt und den Umkreis getroffen hat, nämlich bezüglich einer Viehseuche. Zu diesem Zeitpunkt hatte die bösartige, ansteckende Hornviehseuche bereits ganz Bayern im Griff. Als Grund sah man die all zu große und lange Hitze im verflossenen Sommer an. Es war fast kein Gras auf der Weide. Die Tiere hätten viel Staub, Spinnweben und andere Unreinlichkeiten gefressen, Futter sei ohne Saft und Kraft gewesen. Die kümmerliche Kost habe eine scharfe Säure im Magen und in den Gedärmen erzeugt. Das Vieh habe vor allem nicht mehr genug zu saufen bekommen. Es sei zuerst traurig da gestanden und hätte die Ohren hängen lassen; dann hätte es gar nicht mehr gefressen und wiedergekaut. Aus dem Maul sei große Hitze und unangenehmer Geruch entwichen. Es hätte auch das wenige stinkige Wasser nicht mehr hinunter gebracht. Am Schluss seien Reißen und Schmerzen aufgetreten. Die Viecher hätten mit den Füßen gestampft und gescharrt. Schließlich seien sie vor Mattigkeit hingefallen und krepiert.
Den Ursprung der Seuche vermutete man in Ungarn und sie habe sich bei den Hin- und Wiederzügen der Reichsarmee ausgebreitet, und auch weil sich die Viehhändler das Schlachtvieh aus den großen ungarischen Rinderherden besorgt hätten, hätten dorthin üppige Kontakte bestanden.
Die Regierung reagierte mit einer Instruktion, wie man sich mit dem gesunden, erkrankten und wirklich krepierten Vieh zu verhalten habe. Verstöße dagegen wurden schwer bestraft. Viehmärkte wurden allgemein verboten.
Am 7. Oktober 1762 wurden in Abach noch 68 gesunde Rinder gezählt, aber auch 57 krepierte, 23 geschlagene (notgeschlachtete, A.d.V) und 6 z. Zt. noch kranke. Am 21. Oktober versichert der Cammerer im Auftrag der Gemeindeverwaltung an das hiesige Pfleggericht, dass alle nötigen Vorkehrungen getroffen seien: kranke Tiere seien separiert, dürften nicht mehr geschlachtet und genossen werden. Ställe und Wässer würden gesäubert. Bei Zuwiderhandlungen müssten die Bauern mit empfindlichen Strafen rechnen. Man habe alles Nötige also veranlasst.
Am 29. Oktober signalisierte der Markt Abach an das Pfleggericht etc. Entwarnung:
„ (..)betreff der Viehseuche (..) haben wir berichten wollen, dass, Gott sei höchster Dank gesagt, dem Ansehen (Anschein , A.d.V.) nach, die Viehseuche in hiesigen Markt aufgehört haben müsse, weilen schon viele Stück Vieh anderwärtig hergebracht worden seint, welche bis dato frisch und gesund sich befinden , folgsamb (folglich, A.d.V.) seither keine Curativ- und Präservativmittel zu gebrauchen vonnöten gewesen. Sollte aber, Gott verhüte es, sich wieder eine Veränderung ergeben, wird man nicht ermangeln, Ihrerselben zu überberichten. Bis dahin aber aus Gehorsam empfohlen. (..) Euer Gestreng Gehorsamer Cammerer etc.“ Rindviehseuchen traten auch in der Folgezeit immer wieder auf:
Am 4. Dezember 1817 schrieb das Königlich Bayrische Landgericht in Kelheim im Regenkreise an das Bürgermeisteramt in Abbach:
„Da in Schierling und der sonstigen Gegend eine Seuche unter dem Rindvieh herrschet, so kann zum nächsten Markte, dem 7. d. Mts. zu Abbach vom rechten Donauufer kein Rindvieh zugelassen werden. Das Bürgermeisteramt hat daher durch Aufstellung von Posten der Landwehr jedes Rindvieh von dieser Seite zurückzuweisen.“
Am 1. April 1819 erteilt das Landgericht dem Markt Abbach eine Rüge: „ Da nach vorliegender Anzeige der Magistrat des Marktes Abbach sich unterfangen hat, am 28. März Rindvieh auf dem Markte zuzulassen, da doch wegen der im hiesigen Landgerichts-Bezirk herrschenden Viehseuche aller Verkehr strengstens verboten ist, und dieses Verbot nicht nur am 13. Dez. v. J. im Markte Abbach öffentlich verrufen, sondern auch unterm 13. Jänner l..J. wiederholt wurde, so hat sich der Magistrat binnen 8 Tagen standhaft (ohne Verzug, A.d.V.) zu verantworten, warum dieses oberpolizeiliche Verbot nicht geachtet wurde.“[1]
[1] Archiv 8.2.2.VII.2.

Von |2023-12-02T12:16:52+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

102: Wie man in den 30er Jahren in (Bad) Abbach zur Welt kam – die Hebammen

Zu dieser Arbeit wurde ich durch den Artikel „„Jetzt reicht`s!“ Hebammen gehen auf die Barrikaden“ in der MZ motiviert.[i]
Die Hebammen machten bundesweit auf ihre wirtschaftliche Situation aufmerksam. Sie würden nicht leistungsgerecht entlohnt und von der steigenden Haftpflichtprämie würden sie regelrecht erdrückt. Darum müssten sie als Geburtshelferinnen passen und sich auf die Vorher- und Nachsorge bei Geburten beschränken. Hausgeburten seien auf diese Weise fast ausgeschlossen und man müsse auf Geburtshäuser und Kliniken ausweichen, die die hohen Haftungsrisiken für Entbindungen gerade noch auf sich nehmen könnten.
Auf die wohl älteste „Hausgeburt“ in Ahabah (Abbach) machte mich ein belesener Mitdenker aufmerksam: Bei Manfred Höfers Lebensbeschreibung Kaiser Heinrich II.[ii] habe er – sei es Sage oder Bericht – wie folgt gelesen: „ In der Anlage der herzoglichen Burg Abbach, am großen Donauknie nicht weit von der Stadt Regensburg entfernt, herrschte am 6. Mai im Jahre 973 n. Chr. eine gespannte Stille. Ein Kind sollte geboren werden. Endlich hob sich ein geschabtes Leder beiseite, mit dem die schmalen Fensteröffnungen der Kemenate verhängt waren, und eine Nonne des Stifts Niedermünster zu Regensburg, die schon seit Tagen zu Hilfe bei der Geburt des Kindes in der Burg weilte, präsentierte das soeben geborene und in Tücher gewickelte Kind den wartenden Burgleuten: „Sagt es dem Herrn, ein Knabe ist es!“ Eine Nonne fungierte hier also als Hebamme.
Nun ist auch jeder Gewöhnliche von uns einmal auf die Welt gekommen, und das war bei aller Freude über das neue Leben ein schicksalhafter Akt. Wie es gilt, dass jeder für sich allein stirbt, ist es auch so, dass jede Mutter fast ausschließlich ihr Kind auf diese oder jene Weise für sich allein austragen und gebären muss. Aber wie trostreich und Hoffnung spendend wird sie es empfinden, wenn sie in ihrem Schmerz nicht allein gelassen wird!
Warum muss das so sein, dass wir unter Schmerzen geboren werden? Die Bibel strapaziert für diesen biologischen wie sicher auch spirituellen Vorgang den Spruch Gottes nach dem angeblichen Sündenfall der Stammeltern aller Menschen, Adam und Eva. „ Zum Weibe sprach er: Gar reichlich will ich machen deine Beschwerden und deine Schwangerschaften: Unter Schmerzen sollst du Kinder gebären. Und doch steht dein Begehren nach dem Mann, er aber soll herrschen über dich!“[iii]
So Wort wörtlich wird dieser Ausspruch nicht zu verstehen sein, weil Stellen des Neuen Testaments die Herrschaft des Mannes relativieren und jeder normale Mann weiß, dass sein Begehren mindestens genau so ursächlich für den Liebesakt ist, wie das der Frau. Aber es heißt so, weil die Frau erfahrungsgemäß von Anfang an die Leid Tragende war, und sich dies unausweichlich in das Bewusstsein der Menschen eingeprägt hat. Bei der Geschichte vom Sündenfall handelt es sich um ein Bild und eine Heilsbotschaft, aber sicher um keinen Bericht.
Heute nennt man den Hochzeitstag gerne den „schönsten Tag im Leben“. Man vergisst oft den Ernst, der früher – zu meinen Kinderzeiten noch – den Start in das Eheleben begleitete. Heiraten bedeutete auch die Bereitschaft der Frau zum Martyrium, ja zum frühen Sterben. Unzählige junge Frauen starben im Kindbett, wegen Mangel an Hygiene und adäquater medizinischer Hilfe. Im Konfliktfall rangierte das Leben der Leibesfrucht vor dem Leben der Mutter, und hinterließ sie auch mehrere unversorgte Kinder. So lehrte es die starre Ethik der kath. Kirche.[iv]
Das Neue Testament strahlt in dieser frohen und zugleich tragischen Angelegenheit viel Zuwendung und Verständnis aus, die die spätere christliche Botschaft eher verkürzt hat: Z.B., als die Stunde der Base Elisabeth, der Mutter des Johannes kam, eilte Maria, die Mutter Jesu, gleichsam als Auswarterin[v] zu Hilfe.
„In jenen Tagen“, heißt es, „ machte sich Maria auf und ging eilends in das Gebirge nach einer Stadt in Juda. Sie trat in das Haus des Zacharias und begrüßte Elisabeth. Sobald Elisabeth den Gruß Marias vernahm, frohlockte[vi] das Kind in ihrem Schoß. (…) Maria blieb etwa drei Monate bei ihr. Dann kehrte sie nach Hause zurück.“ [vii] War Maria nur vor und nach der Geburt, oder zur Geburt anwesend? – Jeder mache sich seinen Reim darauf, nachdem nichts Genaues geschrieben steht. Das Wort „eilends“ sagt jedenfalls, dass es wegen der Niederkunft schon pressierte.
Wie lange Mütter der Menschen ihre Kinder buchstäblich allein gebären mussten, oder ab wann ihnen wissende und kundige Frauen oder sogar Männer zur Seite standen, wissen wir nicht. Aber sogar in den Abbacher Archivpapieren aller Epochen spielten Hebammen eine herausragende Rolle. Wie könnte es anders sein, als dass auch hier die Kirche eine beherrschende Rolle spielte? Was erfahren wir dazu aus dem 18. Jahrhundert?
Die Hebammen seien vor Antritt ihres Amtes vom Pfarrer zu examinieren. Ein praktischer Unterricht sei so lange auszudehnen und so oft zu wiederholen, bis alles (Was wohl? A.d.V.) gründlichst erfasst worden ist. Die Unterweisung solle jährlich wiederholt werden. Die Hebammen, oder die sie vertretenden Personen, müssten zur Eidesleistung im Pfarrhof erscheinen.[viii]
Diese Vorschrift lässt schon einmal erkennen, dass es sich bei der Geburtshilfe um eine wichtigste Teilhabe handelt, auf die die betroffenen Frauen, die Hebammen, tüchtig vorbereitet werden mussten.
Wir fragen uns aber zu Recht, was der zuständige zölibatäre Pfarrer von Schwangerschaft und Geburt verstand.. Er war aber nun in jedem, auch in diesem prekären Fall, die das ganze Leben regulierende moralische Autorität des Marktes und konnte sich dem Kirchen amtlichen Regelwerk nicht entziehen.
In der Kirche war noch bis in meine Zeit die alttestamentliche Überzeugung lebendig, dass die Frau etwa vier bis sechs Wochen nach der Entbindung oder Niederkunft einer rituellen Reinigung bedürfe.[ix] Mit der Teilnahme an diesem Akt in der Kirche endete meistens auch die Zuständigkeit der Hebamme.
In späteren Jahren neigte man in der Abkehr von der Praxis des alten Bundes zur reinen Segnungspraxis, bis die sog. „Aussegnung“ fast ganz verschwand.
Natürlich spielte der zunächst private und von der Kirche registrierte Akt einer Geburt zunehmend auch im öffentlichen Leben einer Gemeinde eine wichtige Rolle[x]. Darum finden wir auch in den kommunalen Akten Anordnungen zu den Hebammen:[xi]
1807 schreibt das Königliche bayerische Landgericht Kelheim an den Markt Abbach: „Nachdem die Theresia Friedenbergerin von Abbach von der königlichen Landesdirektion von Baiern als eine gut unterrichtete und tüchtige Hebamme anerkannt und approbiert wurde, so wird nun auch dieselbe als Hebamme für den Markt und Schlossberg Abbach, dann die Au aufgestellt, und die Communität Abbach erhält folgende Auflage:
Jeder Kindbetterin ist es bei schwerster Strafe verboten, von nun an bei ihrer Entbindung eine andere nicht gelernte Hebamme beizuziehen. Man will zwar keine Kindsmutter unmittelbar an die Theresia Friedenbergerin binden, sondern auch gestatten, dass eine andere Hebamme aus einem anderen benachbarten Ort beigezogen wird, doch muss es stets eine gelernte, geprüfte und approbierte Hebamme sein, und der Theresia Friedenbergerin muss dann ungeachtet ihr gebührender Lohn gerade so, als ob sie selbst dabei gewesen wäre, verabreicht werden.
Jede Weibsperson im Markte Abbach, welche sich in Zukunft untersteht, die Stelle einer Hebamme zu vertreten, wird auf das empfindlichste gestraft.
Für jede Geburt muss der Theresia Friedenbergerin 48 Kreuzer bezahlt werden. Nebst dessen hat selbe zu einer ordentlichen Jahresbesoldung von jedem Haus 20 Kreuzer zu beziehen ohne Unterschied des Besitzers, er sei stark oder minder begütert, ledig oder verheiratet. Diese Besoldung hat das Bürgermeisteramt am Schlusse eines jeden Jahres einzusammeln und der Theresia Friedenbergerin zu behändigen. (…) Das Bürgermeisteramt hat diesen Auftrag sämtlichen Bewohnern des Markts Abbach auf eine geeignete und schickliche Art alsbald bekannt zu geben.
1820 wird das Hebammenwesen auf Distriktebene geregelt. Die Theresia Freudenbergerin wird zur „Distrikthebamme“ ernannt:
Das Bürgermeisteramt erhält folgende Anweisungen:
Der Markt Abbach gehört zum Hebammen Distrikt Abbach.
Jede Kindbetterin des Markts Abbach ist schuldig, von nun an die Distrikts Hebamme Theresia Friedenberger von Abbach oder eine andere gelernte und geprüfte Hebamme des hiesigen Landgerichts bei Vermeidung empfindlicher Strafe zu ihrer Entbindung beizuziehen.
Jede Weibsperson, welche sich in Zukunft beiziehen lässt, die Stelle einer Hebamme zu vertreten, wird nachdrücklich bestraft.
Jede Familie hat der Distriks Hebamme Theresia Friedenberger von Abbach ein jährliches Fixgehalt von 7 Kreuzern zu zahlen. Die Gemeinden haben diese am 1. Januar jeden Jahres einzusammeln. Die Verpflichtung gilt vorerst für drei Jahre.
Die taxmäßige Gebühr ist künftig in einer gedruckten Instruktion enthalten, die bei Verweigerung und Eintreibung der Gebühr vorzuweisen ist.
1847 zeigt sich, dass der praktische Dienst einer Hebamme der ständigen Kontrolle der Betroffenen und der Behörde ausgesetzt war. So versteht man die Sorge der Kommune, dass das Alter einer Hebamme Grenzen setzt. Dies verrät folgendes Schreiben des Landgerichts an den Markt Abbach:[xii]
Die Marktsverwaltung Abbach hat mit Schreiben vom 8./9. d .Mts Antrag gestellt, dass bei dem hohen Alter der bisherigen Hebamme Theresia Friedenberger eine andere Hebamme aufgestellt und zu dem Lokalkonkurs[xiii] abgeordnet werden solle und stellt als Hebammen Kandidatinnen zwei Individuen vor, nämlich
1. Theresia Bixl, Maurerstochter und
2. Franziska Lämml, Hutmacherstochter.
Es wird der Gemeinde in der Erledigung der Formalien Eile empfohlen, weil der Termin der Konkurrenzprüfung in München schon sehr nahe stehe, noch nötige Zeugnisse eingereicht werden müssten und auch noch ein Physikalsamts Bericht zur königlichen Regierung erstellt und erstattet werden müsste.
Ende des Jahres 1848 teilte das Landgericht in Kelheim der Gemeinde Abbach mit, dass die approbierte Hebammen Candidatin Franziska Lämml eidlich verpflichtet worden sei, und gegen sie kein Hindernis der Berufsausübung mehr bestehe.[xiv]
Damit in der wichtigen Hebammen Frage alles seine Richtigkeit hätte, wurde Anfangs 1849 der altersschwachen Hebamme Theresia Friedenberger die weitere Ausübung ihres Berufes untersagt:
Dem Martin Bixl in Abbach ist zu eröffnen, dass seiner Schwiegermutter Therese Friedenberger die Hebammenpraxis sowohl in Abbach als auch im ganzen Distrikte aus dem Grunde nicht mehr gestattet werden könne, weil ihre, wie amtlich nachgewiesen ist, durch hohes Alter geschwächten Körperkräfte zu den Verrichtungen einer Hebamme nicht mehr ausreichen.
Nach meiner Kenntnis von Pfarrmatrikeleinträgen kehrte die Hebammenpraxis nach der Ära Franziska Lämml in der folgenden Generation wieder in das Haus Bixl ( jetzt Römerstraße 51) zurück und dauerte bis in die zwanziger Jahre des vorigen Jahrhunderts.
Ab da fungierte über Jahrzehnte Betti Merkl (* 1902, + 1943) als Hebamme in (Bad) Abbach. Aus Gründen der Authentizität berichte ich, wie ich selbst mit ihrer Hilfe im Oktober 1933 in Abbach das Licht der Welt erblickte. Ich kenne das Geschehen zwar nicht aus eigener Erinnerung, aber aus den Berichten meiner Mutter.
Dieser habe ich schon im ersten Augenblick meines Lebens Kummer bereitet. Nachdem ein heute sehr oft angewandter Kaiserschnitt noch seltener vollzogen wurde, kam in meinem Fall eine so genannte Zangengeburt zur Anwendung. Weil es die zuständige Hebamme Betti Merkl für nötig hielt, wurde Dr. Franz Schmitz, praktischer und Badearzt sowie Geburtshelfer beigezogen. Er bediente sich einer Zange, erwischte mich im Mutterschoß an der Oberlippe und zog mich mit seiner Männerkraft an das Licht des irdischen Lebens.
Rein physiologisch muss sich dieser harte Zugriff nicht gut ausgewirkt haben, weil ich für längere Zeit eine geschwollene Oberlippe hatte, sehr zum Leidwesen meiner Mutter. Sie soll sich aber mit dem alten Spruch getröstet haben: „ Hässliche Wiegenkinder – schöne Straßenkinder!“
Sofort nach meinem ersten Aufschrei, bei dem ich die vorhandenen Lebensgeister bestätigte, wusch sich der Doktor im bereitgestellten Spülwandl seine Hände. Auch die notwendig gewesene Geburtszange wurde in der gleichen Schüssel und im gleichen Wasser zur Reinigung beigesetzt. So konnte es leicht passieren, dass man nicht mehr im Trüben fischen wollte, und der voreilige Vater, froh über die vollbrachte Leistung, das Wasser mit der Zange in das auswärtige Klo schüttete. Glücklicherweise gab es damals noch kein Spülklosett, sondern es war noch der Abort üblich, wo das wertvolle Instrument offenbar landete.
So musste der Hausherr, wie man den Vermieter von Hausnummer 111 damals nannte, sofort den Abort räumen, damit der Herr Doktor sein Werkzeug für die nächste schwere Geburt wieder zur Verfügung hatte.
Gleichzeitig schritt Betti Merkl, die Hebamme, zur Tat, und wollte mich selbst einer gründlichen Reinigung unterziehen. Aber wie fiel der Schreck allen Beteiligten in die Glieder, als man feststellte, dass für diesen Fall noch nicht genügend vorgesorgt war. Es stand kein geeignetes Gefäß, kein Badewandl, zur Verfügung.
Mein Vater hatte als Schneider und Musikant, wie das Glück es wollte, viele Bekannte und Freunde. Einer von ihnen war der Kolonialwarenhändler Sepp Paintner im Kochzipfel ( = Kochstraße) . Er führte sicher – wie mein Vater überzeugt war – auch Badewandeln im Sortiment. Diese lagerte er aber nicht im eigentlichen Laden, sondern im Hausfletz an einem Nagel am Treppengeländer aufgehängt . Mein Vater griff kurzentschlossen nach dem blechernen, verzinkten, schwergewichtigen Badegeschirr, vergaß in der Aufregung sogar, den Paintner Sepp von meiner Ankunft und dem getätigten Kauf zu informieren, was dieser auch nach Wochen noch nicht bemerkt hatte.
Zu Hause konnte nun aber jedenfalls meine Reinigung ihren sofortigen Lauf nehmen, was auch nötig war, weil ich noch am selber Tag, nachmittags zwar, getauft werden sollte. So war es damals üblich, weil das neugeborene Kind erst vollständig angekommen war, wenn es auch den Odem des göttlichen Lebens atmete.
Während mich Betti Merkl in das ausgeliehene Wickelkissen richtete, zog mein Vater voller Stolz seinen Gehrock an und setzte seinen Zylinder auf, bevor es zur Marktkirche losging. Über den Namen des Kindes brauchte man nicht lange nachzudenken. Der erste Sohn hieß üblicherweise wie der Vater. So stand fest, dass ich Alfons heißen solle Einen zweiten Namen sollte ich, wie es oftmals geschah, schon auch haben dürfen. Und diesen lieferte ein Blick in den Kalender des laufenden Jahres. Da stand zum 2. August beim gesetzten Namen Alfons, der protestantischen Kalendernutzerschaft entsprechend, auch noch Gustav. Diese Namensverbindung im Kalender sollte nun mein Schicksal werden. Beim Pfarrer wusste das, wie dem Matrikeleintrag zu entnehmen ist, mein Vater noch.[xv]Bei der Anmeldung in der Gemeindekanzlei hatte er meinen zweiten Namen schon vergessen.[xvi] Hatte er etwa vorher schon zu tief in das Glas geschaut?
[i] MZ v. 6.5.2010. Kommentar zum Internationalen Hebammentag.
[ii] Höfer, Manfred. Heinrich II. Das Leben und Wirken eines Kaisers. Bechtle V. Esslingen München.2002, S.17.
[iii] Genesis 3,16.
[iv] Ich erinnere an den Bestseller „Der Kardinal“ des Amerikaners Henry Morton Robinson, 1950.
[v] Auswarten = der werdenden Mutter tägliche und nötige Verrichtungen abnehmen, nach der Entbindung Mutter und Kind umsorgen.
[vi] Frohlocken = die Beine bewegen, ausschlagen.
[vii] Lk 1,39 –56.
[viii] Mandatu generale, 17.4.1777. Notizen Buch der kath. Pfarrei Abbach, Archiv der Pfarrei Abbach, Schrank 1.
[ix] Siehe benedictio mulieris post partum: „Die Aussegnung oder Vorsegnung der Mutter einige Wochen nach der Geburt ihres Kindes soll als „Wiedereinführung in die Kirche“ im Gotteshause stattfinden. Die Aussegnung ist ein kirchliches Ehrenrecht. (…) Deswegen wird sie bei unehelichen Müttern (…) nicht vorgenommen. Sie hat gewiss ihr Vorbild im Gang zum Tempel und dem Reinigungsopfer, die für die alttestamentliche Mutter vorgeschrieben waren.(…)“ (Schöllig, Otto. Die Verwaltung der heiligen Sakramente. Herder Freiburg. 51958, S.44.)
[x] Standesämter ab 1876.
[xi] Vom Königlichen bayerischen Landgericht Kelheim an den Markt Abbach vom 4. August 1807, 31.März 1820,11.Juli 1847, 21. Mai 1848, 18.Dez.1848, 7.Febr. 1849. Archiv 8.2.2. (VI,5).
[xii] Schreiben des Landgerichts Kelheim an den Markt Abbach vom 11. Juli 1847. Archiv s.o.!
[xiii] Konkusprüfung = Erstellen einer Rangordnnug nach Qualifikation.
[xiv] Schreiben des Landgerichts vom 18.12.1848. Archiv ebenda.
[xv] Taufbuch für Bad Abbach Bd. X S. 284 Nr. 54.
[xvi] Standesamtsregister von Abbach 1933 Nr. 54.

Von |2023-12-02T12:13:51+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

103: Geld Angelegenheiten allgemein – besonders aber in (Bad) Abbach

Das Jahr 2010 kam schon mit einem gewaltigen Geburtsfehler auf die Welt, der sich bis zum Sommer böse weiterentwickelte: Eine Finanzkrise ungeahnten Ausmaßes, Welt weit, in Europa, in Deutschland und auch bei uns in Abbach! Der einst so hochgelobte Euro, der angeblich so stabile, der sich früh zum Teuro mauserte, hatte realitätsfremde Väter, die das unsolide Finanzverhalten beitrittswilliger Luftikusse blauäugig übersahen. Jetzt haben wir die Bescherung! Auch wir kleinen Leute büßen für den finanziellen Traumtanz fremder Schurken, Schuldenberge aus einer weltweiten Bankenkrise, insolvente europäische Kumpane! – Wie steht es um unseren Sparstrumpf? lautet die Frage. Hat dem Euro schon die Stunde geschlagen?

In Geldsachen haben die Erfahrungen zurückliegender Zeiten die Menschen in Deutschland sehr sensibel gemacht:

Die Gründung des 1. Deutschen Reiches 1870 hatte eine gesamtdeutsche Finanzreform zur Folge. Der in Bayern bisher übliche Gulden (1 Gulden = 60 Kreuzer) wurde am 1.1.1876 durch die Reichsmark (auch Goldmark) ersetzt. Der Umrechnungskurs lautete 1 Gulden (fl) = 1,71 RM. Am 20. Februar erfolgte in Abbach die Umrechnung der gemeindlichen Gebühren auf die neue Währung.[1] Das gemeinsame Geld hatte in Deutschland eine starke Bindekraft unter den verschiedenen Stämmen.

Welcher Art Geld war bis dorthin im Umlauf und warum machte es die Umrechnung so schwierig?

Im Jahre 1858 wurde anlässlich des Wechsels des Kassiers der Armenkasse ein Kassensturz vorgenommen.[2] In der Geldschachtel befanden sich 99 Gulden 40 Kreuzer 1 Pfennig. Papiergeld gab es nicht. Die Kasse war ohne Verschluss.

Vorhanden waren

2 Kronenthaler a. 2 Gulden 42 Kreuzer = 5 Gulden 24 Kreuzer

1 Konventionsthaler = 2 Gulden 26 Kreuzer

2 Preußenthaler a. 1 Gulden 45 Kreuzer = 3 Gulden 30 Kreuzer

1 2-Gulden Stück = 2 Gulden

16 1-Guldenstücke = 16 Gulden

7 ½ Guldenstücke = 3 Gulden 30 Kreuzer

453 Sechskreuzerstücke = 45 Gulden 18 Kreuzer

49.320 Groschen = 20 Gulden 33 Kreuzer

(1 Kreuzer = 40 Groschen)

X Kreuzer und Pfennige = 1 Gulden 1 Kreuzer 1 Pfennig

Summe = 99 Gulden 40 Kreuzer 1 Pfennig

Die dezimale Umrechnung gab es nicht!

Die Einführung der einheitlichen Reichsmark im gesamten Reichsgebiet bedeutete eine Erleichterung im Geldverkehr. Diese Währung galt bei laufendem Wertverlust bis zur Inflation in den 1920er Jahren.

Auch in der Weimarer Republik galt zunächst die Reichsmark. Sie war ab der Rentenmark (unter Stresemann) eigentlich eine stabile Währung , aber angesichts der immensen Schulden infolge des 1. Weltkrieges litt die Regierung und das ganze Volk unter kolossaler Geldknappheit.

Dies änderte das Regime unter Hitler. Die Währung litt von Anfang an unter einer starken inflationären Tendenz, die sich bis zum Kriegsende exzessiv fortsetzte.

Nach dem 2. Weltkrieg, am 20. 06. 1948 wurde das Geld im Verhältnis 10 : 1 abgewertet. Es wurde die Deutsche Mark eingeführt. Es handelte sich um ein stabiles Geld, das aber in der globalen Weltwirtschaft einer europäischen Einheitswährung , dem Euro, weichen musste, was nicht wenige bedauerten.

Seit 01. Januar 2002 besitzen wir nun den Euro. Die DM wurde zu 0,51129 Euro umgerechnet. Anders herum sind 1 Euro 1,96 DM wert. Die kleinere Scheidemünze heißt Cent. 1 Euro beinhaltet 100 Cent. Numerisch ist also alles geordnet. Der Wert bemisst sich im Verhältnis zum amerikanischen Dollar.

Gegenwärtig ist der Euro nach starkem Kursverlust in Folge gewissenloser Spekulationsgeschäfte globaler „Heuschrecken“ in der Krise. Der Euro ist nur mehr 1,22 Dollar wert, nachdem er vor Monaten die 1,50er Marke erreichte.

Der Wertverlust schürt starke Ängste in der Wirtschaft, in der Politik und beim kleinen Sparer. Wie wird es mit unserem Geld weitergehen? Ist es sicher, oder ist eine Flucht in Sachwerte angezeigt? Die Frage stellt sich natürlich nur für den, der noch Geld hat. Ein Großteil unserer Zeitgenossen in Deutschland lebt von der Hand in den Mund und von Transferleistungen.

Ich zitierte aus der Mittelbayerischen Zeitung :[3] „Immer mehr Privatleute melden Insolvenz an. Die Zahl der Privatinsolvenzen in Bayern ist im ersten Quartal 2010 drastisch gestiegen. Wie das bayerische Landesamt für Statistik mitteilte, stieg die Zahl im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 13,5 Prozent auf 3946 Insolvenzen. Die Schulden lagen je Privatinsolvenz durchschnittlich bei mehr als 112 000 Euro. Mit Abstand die meisten Insolvenzverfahren im privaten Bereich verzeichnete Oberbayern.“

Man muss schon fragen: Lebten diese Leute blind für ihre Situation über ihre Verhältnisse hinaus?

Der früher stets geübte Grundsatz „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ wurde jedoch nicht nur von Privathaushalten mehr und mehr sträflich vernachlässigt, sondern auch von Gemeinschaften, wie Vereinen, Zweckverbänden, Kommunen, ja ganzen Ländern, wie momentan z. B. Griechenland.

Ich möchte nicht behaupten, dass unsere Heimatgemeinde Bad Abbach momentan überschuldet sei. In früheren Zeiten geriet sie einige Male – unverschuldet zwar – in dieses Dilemma. Auch heute verschlingen Investitionen in unverzichtbare Strukturen einer funktionierenden Gemeinde enorme Geldmengen. Aber einen beachtlichen finanziellen Überschuss gab es in der Geschichte von (Bad) Abbach noch nie.

Gehen wir einmal in unserer Betrachtung in der Geschichte ein Stückchen zurück! Beginnen wir in der nach-napoleonischen Zeit, mit dem Jahre 1815. In diesem Jahre schickte die Königlich Baierische Staats Schuldentigungs Spezialkasse München an den Markt Abbach folgendes Erinnerungsschreiben wegen rückständiger Zinszahlungen :[4]

 
Benennung
der Ämter
Kapital
in Gulden
Zins-
verfalls-
zeit
Zins-
fuß
Zins-
betrag
Rück-
ständig-
für das
Jahr
Rück-
stände
Betrag
Ehemaliges
Schulden-
abdingungs-
werk

500

500

21.04.1748

18.08.1721

2 1/2

2 1/2

12 fl 30 x

12 fl 30 x

Pro 1812

1813

25 fl

25 fl

Ehemalige
Landschaftliche
Vorratskasse

100

50

1000

17.10.1796

27.12.1798

30.09.1805

4

4

4

4 fl

2 fl

40 fl

Pro 1813/14

Pro 1813/14

Pro 1813/14

4 fl

2 fl

80 fl

Königliche Staats-
Schulden-Tilgungs-
Spezialkasse
55 01.07.1815 4 2 fl 12 x      
Summe 2205 1815       Pro 1815 138 fl 12 x

 

Diese Schulden wird die Gemeinde Abbach im Verlauf von 100 Jahren wohl getilgt haben. Aber die Entwicklung der Infrastruktur hatte neue Unternehmungen und Kosten zur Folge.
Aus einer Aufstellung der Kosten für das Bezirksamt Kelheim entnehmen wir, dass die Kosten für den Bau der Wasserleitung bis 1932 111. 400
. RM betrugen.[5] Es folgte 1928 der Dammbau . Die Gemeinde musste per Hochwasserkredit anteilig ½ Million RM beitragen. Mit dieser Last kam sie vollends ins Schleudern.
Die finanzielle Abwicklung der Dammbaulasten war im Jahr 1934 immer noch nicht abgeschlossen. Dies zeigt der Beschluss vom Juli 1934, als das Dritte Reich bereits angebrochen war:
„Der Gemeinderat beschließt einstimmig, dass eine Umschuldung der Forderungen aus dem seinerzeit gewährten Hochwasserkredit (..) beim Umschuldungsverband deutscher Gemeinden auf den Marktgemeinderat Bad Abbach abgelehnt wird.“
Vorliegende Zinslisten weisen aus, dass die Gemeinde Abbach bei der Zinszahlung und Tilgung permanent im Rückstand war. Am 31.12.1931 waren seit 1.1.1931 an Zinsen 4.722.67 RM und an Tilgungsraten 5.366,67 RM aufgelaufen, insgesamt also eine Summe von 10.089, 34 RM, was den Bürgermeister zu dem Ansuchen an die Regierung veranlasste, alle Schulden niederzuschlagen, weil man sie wegen der Zahlungsunfähigkeit in Folge der Arbeitslosigkeit sowieso nicht mehr liquidieren könne.[6]
Damit waren die Ausgaben zur Verbesserung der Infrastruktur immer noch nicht abgeschlossen. Abbach brauchte eine Kanalisation. Sie produzierte eine endlose Geschichte, die 1876 mit der Hauptstraße begann, 1899 von der Brauerei Eckmann bis zur Donau über Pfeiffer fortgeführt wurde. Das Problem waren immer nur die Oberflächenwasser. Man musste aber dann auch an die Hausabwässer denken! 1960, 1970 und 1992 ging es mir der Kanalisation weiter. Sie endete mit der allgemeinen Abwasserbeseitigungsanlage mit einer mechanisch- biologischen Kläranlage. Über deren Kosten fehlen mir allerdings die Unterlagen.
Der Schuldenstand am Ende der Periode Will betrug ca. 12.000.000 Euro. Der Schuldenstand im Mai 2010 unter Ludwig Wachs steht bei 13.034.917 Euro, nachdem überraschend die Übernahme der BRK Immobilien zu schultern war.
Jetzt stehen noch einige Großprojekte an, die man nicht aufschieben kann: Dies sind: Die Hochwasserfreilegung, das Regenrückhaltebecken, die Kurparksanierung, der Abriss der unnützen BRK Immobilien, Straßenbau- und Straßenausbesserungsmaßnahmen, eine Stützmauer etc.[7] Wie könnte man sich diesen Aufgaben entziehen?
Wenn wir doch aus Stroh Gold zaubern könnten!
[1] Ratsprotokoll v. 20.02.1876. Archiv 8.6.1.
[2] Lokal-Armen-Pflege Rechnung 1857/58 , Kassensturz Protokoll vom 29 Oktober 1858.
[3] MZ vom 27.05.2010.
[4] Schreiben vom 8. März 1815. Archiv 8.4.1.Fortsetzung (V.3).
[5] Schreiben vom 23.12.1932 . Archiv 7.6.2.
[6] Bay. Staatshauptkasse an die Gemeinde Abbach vom 31.12.1931. Archiv 8.6.1.a.
[7] Auskunft Marktkämmerer Alfred Zeitlhofer Mai 2010.

Von |2023-12-02T11:59:07+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

104: Die hausärztliche Versorgung in (Bad) Abbach – früher und heute

In vielen Gegenden unseres Landes, besonders in entlegenen Regionen mit schlechter Anbindung an die verschiedenartigsten Zentren, wie Märkten, Schulen oder die verschiedenen gewünschten infrastrukturellen Einrichtungen, wächst die Sorge, dass sich keine jungen Ärzte mehr niederlassen. Der Grund für ihr Zögern oder ihre Verweigerung ist nicht immer nur die Sorge um die finanziellen Grundlagen ihrer Praxen oder gar das Bedürfnis des gehobenen persönlichen Gewinns und Einkommens.. An Orten, wo sich ein Arzt niederlässt, muss auch seine Familie leben können und wollen.
(Bad) Abbach hat in diesem Betreffe eine erfreuliche Tradition, und auch gegenwärtig, trotz räumlichen und personellen Wachstums des Ortes seit der Gemeindegebietsreform von 1973, eine ausreichende Versorgung. Aber trotzdem will ich dieses Problem bei der allgemeinen Aktualität im ganzen Land betrachten, und wenn es zu nichts führt, als dass wir für unsere Situation dankbar sind.
Wie sich aber zeigen wird, hat in der Geschichte unseres Ortes das Finanzielle ebenfalls immer eine große Rolle gespielt.
Zunächst aber einige Rückblicke und grundsätzliche Dinge, die interessant sind und die man wissen sollte: Früher waren bei uns die Bader, auch Wundärzte und Zahnärzte tätig. In den alten Abbacher Analen werden sie auch „Chirurgus“ genannt. In einem uralten Ratsprotokoll von Abach[1] wird für Abach Franz Anton Bader genannt. Er hat aus Konkurrenzgründen einen anderen hier ansässigen Bader noch Oberndorf verdrängt. Der Konflikt zwischen ihnen schien sich nicht beruhigen zu können, sondern trieb über lange Zeit die Donau hinauf und hinunter hässliche Blüten.
Der jeweilige Besitzer des Bades von Abbach spielte wegen seines Sozialprestiges (= Geld, Ansehen und Einfluss) immer eine besondere Rolle. Er musste aber zwangsweise auch auf die soziologische Struktur der Bürgerschaft, die nicht durchweg gleich gut bemittelt war, Rücksicht nehmen. Auch unter ihr bestand das Bedürfnis, vom Kuchen, den die Badegäste abließen, ein Stück abzubekommen, wozu der Erstgenannte nicht beitragen wollte.
So verfielen die Leute im Laufe der Zeit auf allerlei hilfreiche Praktiken, gegen die sich der Hauptanbieter mit Berufung auf sein Monopol auf jede mögliche Weise zur Wehr setzte und sogar klagte.
Besonders der Ortsbader hatte den Zorn des angeblich Geschädigten erregt. Er war auf die Idee gekommen, das Angebot „Quellwasser“ mit billigem Donauwasser zu unterlaufen und „anstatt des Wildbades sein mit allerlei schlechten und liederlichen Kräutern (…) angesetztes Donaubad“ anzubieten. [2]
Bader war man nicht so ohne weiteres und weil man eine Marktlücke witterte, sondern aus Berufung und nach obrigkeitlicher Bestellung. Auch für ihn bestand eine strikte Berufsordnung. Sie war in der Verordnung vom 24. Juni 1884 (siehe Ges. u. V.Bl. S. 419 für das Reich und Ministerial Blatt. v. 28.06.1884 in Gesetz .u.Verordnungs Bl. S. 432 für Bayern) geregelt. Dort heißt es, dass die Ausübung der Befugnisse eines Baders durch das Bestehen der Approbationsprüfung bedingt ist, durch den ständigen Wohnsitz in der Gemeinde, in der er den Beruf ausübt, und nach Anzeige bei der Distriktverwaltungsbehörde unter Vorlage des Berechtigungsnachweises. Auch beim Bezirksarzt musste er sich vorstellen.[3]
Ich selbst konnte mir in den 1940er Jahren, mitten im Krieg, noch vom Bader in Teugn einen Zahn ziehen lassen, was dieser immer in seinem Frisierladen nach dem Gottesdienstbesuch in der Kirche von Teugn verrichtete. Es gab in Bad Abbach bis nach dem zweiten Weltkrieg den ortsansässigen Dentisten Barthmann, später den Dentisten Günther und den Zahnarzt Suttner. Aber diese waren auch in der Liquidierungsweise eine Kaste höher als der Bader von Teugn und der „Zahnarzt“ Barthmann, was für einfache Leute schon auch eine Rolle spielte. Viele rissen sich ihre Zähne auch selber, wobei sie sich eigentümlicher Methoden bedienten.
Noch strikter als beim Bader waren seit Bismarck (nach 1870) die Voraussetzungen für die Approbation natürlich für den Landarzt geregelt:
Seit 1875 ist bezüglich der Ärzte alles durch die Reichs-Gewerbeordnung § 29 geregelt. Personen, die sich als Ärzte, Wundärzte, Augenärzte, Geburtshelfer etc. bezeichneten, bedurften eines abgeschlossenen akademischen Studiums, das sie nicht mit dem Doktorat abgeschlossen haben mussten, was auch heute noch gilt. Einen solchen Titel sich unbefugt anzueignen, galt aber früher wie heute als strafbar. Personen, die als Ärzte obiger Art praktizieren wollten, bedurften einer Approbation des königlichen Staatsminsteriums. Wenn sie diese erhalten hatten, waren sie innerhalb des Bundesgebiets in der Wahl des Ortes, an dem sie ihr Gewerbe betreiben wollten, nicht beschränkt.
Die erteilten Approbationen konnten von Verwaltungsbehörden nur zurückgenommen werden, wenn die betreffende Person bezüglich der Voraussetzungen zur Ausübung des Berufes falsche Angaben gemacht hat. (§§ 53f Reichs- Gewerbeordnung)
Ursprünglich blieb die Bezahlung der Ärzte der freien Vereinbarung überlassen. Für Streitfälle gab es eine Zentralbehörde. (§ 80)
Seit 18. Dezember 1875 gibt es die Gebührenordnung für Ärzte, Wundärzte, Geburtshelfer und Zahnärzte (Gesetzes- und Verordnungsblatt Dez. 1875 SS 846ff).
Beim Bezirksamt gab es die Bezirksärzte, welchen die Landärzte untergeordnet waren.[4]
Wegen der Bezahlung gab es vor 1875 zwischen Landarzt und Kommune oft ungute Auseinandersetzungen, die nicht selten in persönlichen Zwistigkeiten endeten.
In einem Schreiben des königlichen Landgerichts Kelheim im Regenkreise an die Communal Administration Abbach lesen wir:
„Gemäß der gnädigsten Entschließung der K. Regierung des Regenkreises Kammer des Inneren vom 25. und 30. Juni v.J. wurde der Entwurf zur Bezahlung der jährlichen Sustentations Beiträge für den Landarzt des Distriktes Abbach genehmigt (Siehe „Distriktkrankenhaus“ am Krankenhausberg!).

104 Die hausärztliche Versorgung in Bad AbbachKrankenhaus Regensburger Strasse

Nach diesem Entwurfe hat der Markt Abbach jährlich 10 Gulden 33 Kreuzer an den Landarzt Geiger , und zwar für das vergangene Jahr 1817 binnen 14 Tagen gegen Quittung aus der Communal-Cassa zu bezahlen. Für die Zukunft kann diese Leistung jedes Mal in ¼ jährigen Raten oder am Schlusse des Kalenderjahres entrichtet werden. Unterschrift Melz.“[5]
Wegen dieser Geldfrage kam es zwischen Markt und Landarzt Geiger bald zum Streit. Die Gemeinde fühlte sich überfordert, weil wegen der Reparatur des Schulhauses (= Rathaus. Heute: Hotel Post), die die Regierung angeordnet hatte und 281 Gulden 3 Kreuzer gekostet hatte, kein Geld da war.
Darauf kam diese Antwort vom Landgericht: „ Persönliche Beleidigungen zwischen dem Bürgermeister und Landarzt Geiger stehen mit den offiziellen Stücken des Magistrats in keiner Beziehung. Denn wenn der Bürgermeister mit dem Landarzt in einer Zechstube zusammen treffen, so sitzen sich beide als Gäste gegenüber , und wer sich von beiden durch den anderen beleidigt glaubt, hat die zivilrechtliche Klage gegen den anderen zu stellen, über die er rechtliche Entscheidung erhalten wird.“
Unabhängig von den Kosten für das Schulhaus sind dem Landarzt die ausstehenden Gelder zu erlegen, was man amtlicherseits genau beobachten werde.[6]
In der Folgezeit belauerte man sich hier zu Orte gegenseitig argwöhnisch, und brachte widrige Vorfälle zur Anzeige. Zwei Personen wurden von einem Hund gebissen, von dem man nicht wusste, ob er tollwütig war oder nicht.
Die Gemeinde benachrichtigte den Landarzt Geiger davon nicht, der von sich aus die Medizinal Polizei des Landgerichts hätte verständigen müssen, sondern begnügte sich mit der Prüfung des Falles durch den örtlichen Schinder.
Das war in den Augen des Landgerichts ein Vergehen der Gemeinde.
Diese aber entschuldigte sich damit, dass der Landarzt Geiger wegen eines persönlichen Besuches in Regensburg nicht erreichbar gewesen sei, was zu einer Verzögerung von 4 Tagen geführt habe.[7]
Der Sustentations Beitrag sei übrigens auch schon längst bezahlt wie auch die Mahngebühr in Höhe von 2 Gulden 55 Kreuzer, was der Landarzt bestätigen müsse. Von den gebissenen Leuten sei nur eine Person aus Abbach gewesen, die andere aus Großberg, was nicht zum Landarzt Distrikt Abbach gehörte. Da sei die Klärung der Angelegenheit nicht so einfach gewesen. Außerdem habe Geiger einmal geäußert: „Ich mache es euch schon noch ärger als diesmal!“ [8]
Auch dieser Streitfall hat die Gemeinde nicht umgebracht und wurde von den Akten verschlungen, bis ich ihn heute wieder auferweckt habe.
Heute muss ein Landarzt seine Qualifikation durch das bestandene Staatsexamen an der Uni nachweisen. Ob er darüber hinaus den Doktortitel erworben hat oder nicht, ist nicht ausschlaggebend. Seine Approbation erteilt das Innenministerium. Als Kassenarzt wird er von den Kassen angestellt. Das Geld bekommt die kassenärztliche Vereinigung ( des Bundes oder der Länder)von den Kassen.. Für uns hat sie ihren Sitz in Straubing. Die Kassenärztliche Vereinigung verteilt das Geld an die Kassenärzte nach einem nicht nachvollziehbaren Schlüssel.
Die betroffenen Gemeinden, die sich um die ausreichende ärztliche Versorgung kümmern, haben nur ein informelles Antrags- oder Vorschlagsrecht und fungieren lediglich als Bittsteller und als solche, die günstige, lockende Voraussetzungen schaffen. Privatärzte können sich niederlassen, wie sie wollen und unterliegen den kassenärztlichen Vereinigungen nicht. Sie müssen aber wie die anderen ihre Approbation besitzen.
[1] Rhats Protokoll deß Churfürstl. Markts Abach 1737 – 1749, 2. Januar 1741, S. 64v und 136v. Archiv 8.5.3.
[2] Gandershofer, G.M. Reprint S. 71.
[3] Wachter, Hans. Hrsg. Stadelmann´s. Handbuch für Landgemeinde-Verwaltungen, etc.Buchner V. Bamberg 1895. S.220.
[4] A.a.O. S.217f.
[5] Schreiben des Landgerichts Kelheim an den Markt Abbach vom 19. Februar 1819. Archiv 8.2.2. Fotos. (VII.8)
[6] Schreiben des Landgerichts Kelheim an den Markt Abbach vom 28. Mai 1819.
[7] Schreiben des Landgerichts vom 22. Mai 1819.
[8] Schreiben des Marktes Bad Abbach an das Landgericht Kelheim vom 19. und 21. März 1819. Archiv ebenda.

Von |2023-12-02T11:40:47+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

105: Vereine im alten Abbach (Stand 1889)

Die Informationsbroschüre des Marktes Bad Abbach des Jahres 2010 enthält SS.20 – 23 den Auszug aus dem gegenwärtigen Vereinsregister. Es handelt sich um eine so stattliche Anzahl von Vereinen und Fördergemeinschaften, dass man sie hier nicht nennen kann. Wer sich im Einzelnen, auch über die Vorstände, kundig machen will, möge zur genannten Broschüre greifen. Sie wurde den Haushaltungen zugestellt und liegt an vielen Orten auf, jedenfalls im Archiv.
Hier und heute geht es um die wenigen Abbacher Vereine, die schon im 19. Jahrhundert bestanden. Die Liste „Übersicht über die im Gemeindebezirke Abbach bestehenden Vereine“ vom 9. Januar 1889 hat der Hauptlehrer und Gemeindeschreiber Ignatz Förstl angelegt. (Siehe die große Ehrenurkunde von 1897 im Treppenbereich des Archivs!). Förstl unterscheidet, ob eine Vereinsatzung bereits vorliegt (Statuten/Satzung liegen bei), oder erst im Entstehen ist ( Statuten/ Satzung liegen an).
1. Liedertafel, Abbach, gegründet 22.Juli 1875, Vereinszweck: Pflege und Ausbildung des mehrstimmigen Männergesangs, gegenwärtiger Vereinsvorsteher Georg Schmid, Kaufmann in Abbach, Statuten liegen an.
2. Schützengesellschaft Abbach, Abbach, gegründet 1837, Vereinszweck: Vereinigung zu gemeinschaftlichen Schießübungen mit Zimmer- und Feuerstutzen, gegenwärtiger Vorsteher Ignatz Förstl, Lehrer, Abbach, als Statut ist anerkannt Bayerische Schützenordnung.
3. Verschönerungsverein Abbach, Abbach, gegründet 1.12.1886, Vereinszweck Verschönerung der Umgebung von Abbach, gegenwärtiger Vorsteher Michael Röhrl, Bürgermeister, Abbach, Satzungen liegen bei.
4. Kriegerbund Abbach, Abbach, gegründet 6. Dezember 1885, Vereinszweck: Geslliges, freundschaftliches Zusammenleben früherer Kampfgenossen, gegenwärtiger Vorsteher Josef Schreiner, Privatier Abbach, Statuten liegen an.
5. Turn Verein, Abbach, gegründet Oktober 1872, Vereinszweck körperliche Ausbildung (bei Abhaltung von Turn- und Leibesübungen, gegenwärtiger Vorsteher Michael Röhrl, Bürgermeister, Abbach, Satzungen liegen an.
6. Kriegerverein Abbach, Abbach, gegründet 14. Juli 1873, Vereinszweck kameradschaftliche Vereinigung , Begehung einer jährlichen kirchlichen Feier und Unterricht von Mitgliedern, gegenwärtiger Vorsteher Schmid Christoph, Webermeister, Abbach, Statuten liegen bei.
7. Kath. Männerverein Harmonie, Abbach, Abbach, gegründet 6. Januar 1886, Vereinszweck: Gesellige Unterhaltung, Förderung friedlichen Zusammenlebens, gegenwärtiger Vorsteher Heinrich Gerl, Ökonom, Gemling, Statuten liegen an.
8. Schützengesellschaft Tell, Abbach, gegründet am 6. Februar 1899, Vereinszweck: Gemeinschaftliches Zimmerstutzenschießen, gegenwärteiger Vorsteher Georg Weigert, Musikmeister, Abbach, Statuten ?-.
9. Bergschützen Gesellschaft Abbach, gegründet 1893, Vereinszweck wie oben, Vorsteher?, Statuten ?.
Für Abbach-Schloßberg, das bis 1892 bestand, wird Fehlanzeige gemeldet.
Der Verschönerungsverein hatte einen Vereinszweck wie heute der Obst- und Gartenbauverein, für den ab 1933 Unterlagen vorliegen.
Die Böllerschützen Vereinigung besteht innerhalb des Schützenvereins seit 1752.

Von |2023-12-02T11:35:13+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

106: (Bad) Abbach im Landkreis Kelheim

Für die Zusammengehörigkeit von Abbach und Kelheim besteht eine lange Tradition:
Ludwig der Kelheimer (Ludwig I.) löste 1224 Abbach mit dem Burgberg und die umliegenden Orte aus den Gebieten der Grundherrschaft Prüfening heraus. Abbach gehörte damit nach Niederbayern mit dem Mittelpunkt Landshut, im Gegensatz zur Oberen Pfalz mit dem Zentrum Regensburg. Damals entstand eine grundlegende Bindung Abbachs an Altbayern. Dies hatte verschiedene Gründe: Das Mautamt in Abbach, das für den Donauhandel zuständig war, die strategisch hervorragende Lage, politische Gründe, wie der Untergang von Grafschaften und der daraus resultierende Wille zur Einigung des Herzogtums der Wittelsbacher. Seitdem gehört Abbach zum festen Bestandteil der Wittelsbachischen Einfllussspäre. Ludwig I. bevorzugte durch die Verlegung des Landgerichtes hierher Abbach sogar vor Kelheim.
1803- 1810, bei der Säkularisation und in der Napoleonischen Zeit, wurde das Landgericht Abbach aufgelöst und nach Kelheim verlegt. Das Landgericht Abbach wurde vom LG Kelheim absorbiert. Daraus entstand eine weitere Bindung. Durch die Eingliederung Abbachs und Kelheims in den Regenkreis in der Nach- Napoleonischen Zeit, bestand vorübergehend eine Einbindung nach Straubing und Regensburg, die aber keinen Bestand hatte. Innerhalb des Landgerichtsbezirks Kelheim entwickelte sich das Bezirksamt Kelheim und später der Kreis Kelheim. Die Zugehörigkeit (Bad) Abbach zu Kelheim, die natürlich gewachsen war, wurde nie hinterfragt.
In der Zeit der Gemeindegebietsreform um 1972 entstanden andere Neigungen, die aus der wirtschaftlichen Entwicklung des Raumes Regensburg resultierten.1971 wurden in Bad Abbach die Bürger befragt, ob sie beim Landkreis Kelheim bleiben , oder nach Regensburg umgegliedert werden wollten. Es wurden starke Bestrebungen nach Regensburg konstatiert. (Siehe MZ 16.08.1971.) Dass dieses Begehren nicht exekutiert wurde, dafür waren starke damalige Kräfte verantwortlich. Der Gemeinderat von Bad Abbach stimmte mit 7:6 Stimmen für den Verbleib im Landkreis Kelheim . Treibende Kraft war Arno Seidl-Schulz, mit ihm andere Freie Wähler, wie Bürgermeister Emil Karl, Otto Windl, Adolf Angrüner, Josef Manglkammer, der der CSU angehörte. Ein Befürworter für den Verbleib war natürlich Landrat Bauer in Kelheim, der zu Innenminister Merk sehr gute Beziehungen hatte.
Der Planentwurf „Vorplanung im ländlichen Nahbereich, Kelheim und Bad Abbach“ der Bayerischen Landessiedlungs GMBH München 1975 geht fest von „Kelheim und Bad Abbach im Landkreis Kelheim im Regierungsbezirk Niederbayern“ aus. Damals spielten notwendige Infrastrukturmaßnahmen aus Anlass des Baues des Rhein-Main-Donau-Kanalls eine Rolle. Es sollte zu keinen „Zerschneidungsschäden“ kommen. Zur „Lage im Raum“ wird bemerkt: “ Verwaltungsräumlich gehören die beiden Nahbereiche Kelheim und Bad Abbach zum Landkreis Kelheim im Regierungsbezirk Niederbayern. Planungsräumlich sind der Nahbereich Kelheim dem Mittelbereich Kelheim und der Nahbereich Bad Abbach dem Mittelbereich Regensburg zugeordnet, die beide in der Region 11 liegen.(…) „
Es wurde also bereits erkannt, dass nach Regensburg starke Neigungen bestanden, aber in der Begründung der Förderprogramme gehörte Bad Abbach immer weiter zum Landkreis Kelheim.
Am Mittwoch 19.Mai 1976, nach Fertigstellung des Entwurfs zur Vorplanung im ländlichen Nahbereich, fand in Bad Abbach um 9.00 Uhr im Gasthaus Zirngibl zur Sache ein Behördentermin statt, bei dem heftig gestritten wurde, sich aber nichts mehr änderte.
Nach meiner Meinung handelte es sich in der ganzen Frage um ein Politikum, wobei in Kelheim (Bauer/CSU) und in Regensburg /Stadt (Schlichtinger/SPD) verschiedene politische Richtungen zu Gange waren. Im ausschlaggebenden Landkreis Regensburg stand zwar der CSU- Mann Deininger als Landrat an der Spitze, aber dieser soll sich gegen die Aufnahme Bad Abbachs in den Landkreis Regensburg gewehrt haben, weil Bad Abbach seinerzeit, wie schon so oft, sehr verschuldet gewesen sein soll.
Landkreis Kelheim
Planungsstand 1975

106 Bad Abbach im Landkreis Kelheim

Von |2023-12-02T11:31:50+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

107: Das „Gaißhaus“ auf dem Schlossberg zu (Bad) Abbach

Die Marktgemeinde erwarb das geräumige Anwesen zu Abbach – Schlossberg , in der Nähe der Burg und der Pfarrkirche, damals Nr. 17 1/3 , das sog. Geishaus, heute im Volksmund „Geisthaus“, um 2520 Reichsmark . Der Name des Hauses gab besonders in unserer Zeit Anlass zu wildesten Spekulationen Dabei ist die Erklärung so einfach :
Im Brandversicherungs – Grundbuch der Landgemeinde Abbach-Schloßberg vom November 1867 ist an dieser Stelle ein Wilhelm Gaiß eingetragen. Sein Besitz ist mit 3200 Gulden veranschlagt und der größte in der Landgemeinde Schlossberg-Abbach (bis 1892 eigene Gemeinde!). Das Anwesen wird beschrieben als Wohnhaus mit Gastlokalitäten und Tanzsaal . Die Brandassecurranzliste der Gemeinde von 1875 weist Gaiß mit 4 Gulden 43 Kreuzern als den Mann mit der höchsten Abgabe aus.
Bei seinem Vorgänger Georg Rauch wird ein Wirtshaus, Saal und Kellergebäude aufgeführt. Schon früher wird in einer Conkurrenzrolle von 1845 im Haus daneben (Nr. 17) eine Wirt- schaft erwähnt. Der Besitzer ist Geyer Ferdinand. Die Umnumerierungen der Häuser in den 1870er Jahren auf der Bergplatte lassen auf rege Besitzerwechsel und eine intensive Umbautätigkeit auf diesem Areal schließen.
Im Gemeindeversammlungsbeschlussbuch von 1889 – 1911, zum Kauf der Gebäulichkeiten durch die Gemeinde, heißt es, es sei ein Haus, „welches sich in gutbaulichem Zustande befindet , viele und schöne Wohnungsräumlichkeiten, Keller und Vorgarten hat und zu Zwecken der Gemeinde vorzüglich geeignet ist.“ Im Distrikt-Umlage-Heberegister von 1897 führt das Haus die Bezeichnung „Villa“.

107 Das Gaisshaus auf dem Schlossberg zu Bad Abbach Bauplan

Nach 1900 wurde oft über die bestmögliche Verwendung nachgedacht. Das Haus sollte zunächst als Dienstwohnung für die Lehrerschaft genützt werden. Aber es kam unter den Lehrern keine Begeisterung auf, nachdem auch die zweite Zweckbestimmung „Sozialwohnung“ immer mehr zum Tragen kam.
Im Herbst 2004 wurde wegen Außenrenovierung der Putz abgeschlagen und es kam ein altes Bruchsteingemäuer an das Tageslicht, das in Teilen auf eine Entstehungszeit anfangs des 19.. Jh. schließen lässt. Möglicherweise sind Steine aus der Burgmauer verbaut worden; denn planlos wurden von Hand behauene Quadersteine in das neue Mauerwerk eingefügt. Um diese Zeit wurde nämlich, wie die Akten ausweisen, die Burgmauer heftig demontiert; namentlich bekannte Abbacher Bürger , darunter der Bierbrauer Josef Sparmann und der Bäcker Alois Preißer (heute Bäckerei Müller) wurden wegen des unerlaubten Steine-Brechens von der Regierung gerügt. Ein weiteres Steine-Brechen wurde unter Strafe gestellt. Die Ringmauer sei bei einer Höhe von 9 Fuß zu erhalten.
Das ebenerdige Gemäuer ist sicher älter. Es bestand ein Haus Nr. 16 ½ neben der Kirche (Nr. 16), das möglicherweise vor 1518 (erster Pfarrhof am jetzigen Platz !) einem kirchlichen Zweck diente.
Das Armenhaus der Gemeinde Abbach – Schlossberg stand, wie manchmal angenommen, zu dieser Zeit und bis 1889 hier sicher nicht, denn die Gemeindearmen wurden, wenn sie nicht im Armenhaus I untergebracht waren, gegen Logierzahlungen in Familien oder in der ehemaligen Gaststätte nebenan untergebracht.
(Nr. 17: ursprünglich: Adolf Marchner, vorher Corona Obermaier, Ludwig König, Jakob Pauly etc, jetzt Ludwig Lederer.) [i]
1924 versicherte die Gemeinde das Gaishaus, als „Armrnhaus II“ bezeichnet, gar zu 5490 RM! (Das Armenhaus I stand ehemals an der Oberndorfer Straße und hatte die Nummer 31. Es wurde durch einen Bombenvolltreffer zerstört.)
Dieser Tage kam mir zum Geishaus eine interessante Notiz des ehemaligen Vorstands des TSV, Josef Manglkammer (ab 1949), in die Hände, die ich unbedingt an dieser Stelle eingefügt wissen will.[ii]
„In einer Privatchronik fand ich folgenden Eintrag: Zwischen der Villa Geiß – ein reicher Industrieller aus Nürnberg, der sich diese Villa als Sommeraufenthalt angelegt hatte, mit prächtigem Blumengarten um 1870 – und dem Friedhof[iii], war anfangs der 70er Jahre – also nach dem Deutsch/Französischen Krieg ein vielbesuchter Turnplatz. Mit den zurückgekehrten Feldzüglern kam auch neues Leben in den Markt. Man gründete einen Turnverein 1872 – also vor 100 Jahren- und stellte hier oben ein großes, starkes Gerüst auf mit Leitern, Kletterstangen und Trapez, stellte Recke, Barren, und Sprunggeräte auf, und nicht nur die Jugend, sondern auch Erwachsene huldigten hier eifrig dem Sport, bis er nach und nach sein Ende nahm [iv]Ich will auch daran erinnern, dass die Schulklassen diesen Platz mit ihren Lehrern lange Zeit benützten.“[v]

Anmerkung von Georg Brunner:
Auf Grund eines Beschlusses des Marktgemeinderates wurde das Anwesen mit Umgriff im Jahre 2020 veräußert. Das „Gaihaus“ wurde abgebrochen und an dieser Stelle ein Mehrfamilinhaus errichtet.

[i] Aus Heimatheft 2005 Nr.30, S. 68, 22.09.1889
[ii] TSV Bad Abbach, Niederschriften 1930 bis 1956, Beilage. Archiv II.18.1.2.a.
[iii] Es muss angemerkt werden, dass der Friedhof damals nur bis zum Missionskreuz reichte. Zwei Erweiterungen folgten erst später!
[iv] Der Friedhof wurde 1881/82 in diesen Platz hinein erweitert, 1885 wurde das Leichenhaus gebaut. Dann war der Sport dort nicht mehr angebracht!
[v] Josef Manglkammer, der Jos. Artikel von 1972. Beilage in „TSV-Niederschriften 1933 bis 1956“ Archiv s.o.!

Von |2023-12-02T11:28:04+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

108: Der TSV Bad Abbach im Würgegriff der NS (1933-1935)

Zu Beginn dieser Arbeit möchte ich die politische Situation 1933 in (Bad) Abbach kurz skizzieren, das Anschließende aber unkommentiert dem Leser überlassen, damit er seine Schlüsse selber zieht.
Ergebnis der Reichstagswahl vom 31. August 1932:
640 Stimmberechtigte in Abbach
135 Kommunisten ( die übrigens 1933 verboten wurden. A.d.V.)
128 Nationalsozialisten
90 Sozialdemokraten
260 Bayerische Volkspartei“ (Diese war damals noch die stärkste Partei. A.d.V.)
Schon am 5. März 1933 fand die nächste Reichstagswahl statt:[i]
806 (!) Wahlberechtigte in Abbach
405 NSDAP
Das war mehr als die Hälfte der Stimmberechtigten. Eine erschreckende Veränderung in kurzer Zeit ! Das bewirkte die Arbeitslosigkeit und die NS Propaganda.
Nach dem Sieg der Nationalsozialisten ging es Schlag auf Schlag!
Am 9. März 1933 konstituierte sich der Reichstag. Das 3. Reich war geboren. Schon am 23. März wurde das Ermächtigungsgesetz beschlossen. Der deutsche Reichstag hat dem Tod der Demokratie zugestimmt.
Am 07.04.1933 folgte das Gleichschaltungsgesetz. Die Eigenständigkeit der Länder und der Kommunen war erledigt.
Am 22. April fanden die Gemeindewahlen nach neuem Modus statt, dem Modus der Partei. Mit Schreiben des Bezirksamts Kelheim vom 10. 04. 1933
an die Gemeinden wurde das Prozedere der Wahl geregelt.[ii]
Die NSDAP erhielt in Abbach 7 Sitze.
Die Bayerische Volkspartei 3 Sitze.
Am 26. April wurden die Bürgermeister gewählt. In Abbach waren beide Kandidaten von der NSDAP.
Gewählt wurde als 1. Bürgermeister der Distrikttierarzt Georg Frank mit 7 Stimmen.
Der bisherige Bürgermeister, Bäckermeister Adam Meindl, wurde mit 3 Stimmen zum 2. Bürgermeister gewählt. Georg Frank blieb Bürgermeister bis zum Kriegsende.
Dem Kassa Tagebuch Abbach 1933 / 34 entnehmen wir die neuen Schwerpunkte der jetzigen Führungsriege:
5.4.1933 40 Stück Fackeln a. 35 Pf. = 14. RM
19.4.: Nähen von 3 Fahnen 4.50 RM
24.4.: Fahnenstangen 9,40 RM
30.4.: eine weitere Hackenkreuzfahne 1 RM
8.5.: 2 Hitlerbilder 14. RM
16.6.: Bild von Hitler und Hindenburg 25.- RM
2.8.: 3 Hitlerbilder a. 7,5o = 22.50
20.8.: Für Ausbildung der Hitlerjugend 12.- RM
28.8.: Rhetorikverlag in Abensberg ( Nazireden !) 7,50 RM[iii]
30.10.: Hitler fährt durch Abbach. Für Dekorationsarbeiten 7.50
In der Folgezeit häuften sich die Ausgaben für Propaganda und die Gliederungen der NSDAP.[iv]
Und nun aus dem Niederschriftenbuch des TSV über die Jahre 1933-1935:[v]
„Niederschrift aufgenommen am 4.9.1933.
Zu Beginn der heutigen Versammlung gedachte der 1. Vorsitzende der Umwälzung und Neugestaltung im Reiche. Er ermahnte die Turner, an dem Aufbau kräftig mitzuwirken. Dies sei ihnen um so leichter möglich, als ja die Turner schon immer im nationalen Sinne gewirkt haben. (…)
Dr. F. Schmitz
Karl Heinrich
Außerordentliche Generalversammlung am 25.9.1933.
Anwesend 30 Mitglieder
Im Sinne der Durchführung des Führergrundsatzes in (.) den dazu erlassenen Bestimmungen war für heute Abend ordnungsgemäß eine außerordentliche G.V. einberufen worden mit dem einzigen Punkt der Tagesordnung:
Gleichschaltung und Wahl des 1. Vorsitzenden.
Nach einleitenden Worten über Zweck & Ziel der Gleichschaltung stellte der 1. Vorsitzende Dr. Schmitz die Vertrauensfrage als 1. Vors.
Unter dem Vorsitz des 2. Vors. wurde daraufhin Dr. Schmitz einstimmig das Vertrauen ausgesprochen – er soll dem Kreisführer als Vereinsführer zur Bestätigung vorgeschlagen werden.
Zur Bestätigung unterzeichnen
Heinrich Zirngibl, 2. Vorsitzender
Karl Heinrich, Schriftwart
Xaver Kötterl, Kassier
Generalversammlung am 27. November 1933.
Anwesend 17 Mitglieder
Es wurde kein Protokoll geführt !
Außerordentliche Generalversammlung am 15. 9. 1934.
Anwesend 17 Mitglieder
Der stellvertretende Vereinsführer Heinrich Zirngibl eröffnete die außerordentliche Generalversammlung und teilte mit, dass der 1. Vereinführer Dr. Schmitz zurückgetreten sei.
Tagesordnung:
Wahl des 1. Vereinsführers, stellvertr. Vereinsführers. , Dietwartes (Kassiers)
Einstimmig wurde gewählt:
1. Vereinsführer: Heinrich Zirngibl
2. Stellvertr. Vereinsführer Martin Aubele
3. Dietwart : Xaver Kötterl
An der außerordentlichen Generalversammlung nahm auch der Vertrauensmann des Kreises Kelheim Albert Alzinger[vi] teil, der in seiner Ansprache auf die Bedeutung des Waldlaufes und an den Tag der Suche nach dem unbekannten Sportmann hinwies.
Außerdem wurde Kötterl Xaver zur Aufstellung einer Fußballmannschaft beauftragt.
Mit einem dreifachen „Sieg Heil“ auf den Führer wurde die außerordentliche Generalversammlung geschlossen.
Heinrich Zirngibl
Generalversammlung am 23.10.1935
Anwesend 27 Mitglieder
Nach der Eröffnungsrede des 1. Vereinsführers Heinrich Zirngibl nahm der Kreisführerr Hamberger , Regensburg zu einer Aufklärungsrede das Wort und sprach über die Richtlinien des deutschen Turnens und Ziel und Zweck desselben im heutigen nationalen Staate.
Hernach nahm er die Verpflichtung der sämtlichen aktiven Turner vor.
Mit einem dreifachen „Sieg Heil“ auf den Führer wurde die Versammlung geschlossen.“
Es fand nur noch am 28.8.1936 eine Generalversammlung statt, bei der die Mitgliedsbeiträge angepasst wurden, aber der Verein meldete sich erst 1946 wieder zu Worte.
[i] Wahlakten 1933. Archiv von Bad Abbach III
[ii] Rundschreiben des Bezirksamts vom 10.4.1933
[iii] Kassentagebücher 1933
[iv] Siehe Kassentagebücher nach 1933 . Archiv von Bad Abbach , Konvolute XXII
[v] TSV Bad Abbach, Niederschriften 1930 – 1956 .SS. 11 – 16. Archiv II.18.1.2.a.
[vi] Kreisleiter der NSDAP bis Kriegsende

Von |2023-12-02T10:49:11+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

109: Wie weiland in Abbach gemessen, gewogen und bezahlt wurde

Schon im ersten Herzogsurbar (1227) finden wir z. B. ein Hohlmaß, das „Mutt“, mit dem die Abgaben von Weizen, Gerste, Haber, Korn etc. in Abbach gemessen wurden. Was das Währungssystem betraf, bestimmte bei uns lange Zeit der Tauschhandel das Geschehen. Es erwies sich aber als bequemer, die Geschäfte, wie schon im Altertum üblich, monetär abzuwickeln. So finden wir z. B. im „Zehent Hausregister“ des Pfarrers Emmeram Hemm 1673 noch die im Folgenden genannten Einheiten von Maß, Metzen und Schaff. Aber bevor er z.B. in Oberndorf die Viktualien in Empfang nahm, bevorzugte er die „Versilberung“, die an Ort und Stelle vom Kirchenpfleger vorgenommen werden musste. Folglich zahlten die Leute dann ihren Zehent in Gulden und Kreuzern. Diese Entwicklung nahm ihren Lauf, und so entstand mit der Zeit folgendes System, wenn es nicht schon vorher üblich war. Es ist darüber hinaus festzustellen, dass sich im 17. Jahrhundert noch ein typisch Abbacherisches Gewohnheitssystem mit dem Münchnerischen vermischte.
Angaben zu Maßen, die in den benutzten Akten laufend vorkommen:
1.) Hohlmaße und Gewichte:
17.Jh.
1 Schaff = 4 Maß; 1 Maß = 7 Metzen; 1 Schaff ist also 28 Metzen. (Münchner Maß)
1 Schaffl = 7 Abbacher Mutt (Abbacher Maß)
1 Mutt ist 7 Abbacher Metzen
1 Schaffel ist 49 Abbacher Metzen.
Der Abbacher Metzen ist kleiner als der Münchner Metzen![i]
18. Jh.
1 Schaffl = 2 ½ Ztr.
1 Pfund = 560 gr.
1 Maß > 1 Liter. = 4 Seidel = 1,4,Liter
1 Seidl = ca. 1/4 Liter[ii]
2, Längenmaße:
1 Zoll = 2-3 cm
1 Fuß = ca.30 cm
1 Elle = ca. 80 cm
1 Rute = ca. 10 – 12 Fuß
3. Währungen

109 Wie weiland in Abbach gemessen gewogen und bezahlt wurde Gulden

1 Pfund/Pfennig = 1 Gulden 8 Kreuzer 4 hl
1 Gulden = 60 Kreuzer
1 Kreuzer = 40 Heller (auch pf)
1876: 1 Gulden = 1,71 RM
Die im Inventarium von 1677 genannten und von der Gemeinde aufgeführten Kontrollgewichte[iii]
19 Pfund Eisengewicht ganz neu: 10-6-2-1 Pfund
1 Stück aus Messing zu 1 Pfund.
1 Loth = 1/32 Pfund = ca. 15 g ( kommt oft in Kammerrechnung 1686 vor)
Die im Inventarium von 1799 genannten und von der Gemeinde aufgeführten Geräte und Kontrollgewichte:[iv]
1 große Waage
2 Brot Waagen
1 Zwei Pfund und 1 1 Pfund Einsatz
19 Pfund Eisengewichte ( in Einzelgewichten!)
203 Pfund in Steingewichten
1 mit Eisen beschlagenes Holzmaß
1 Metzen, ½ Metzen, 1/8 Maß.
1 Abbacher Mutt
1 Metzen = 37 Liter
1 Scheffel
1 Zinnernes Maß Maß
1 Seidl, Kannerl = ¼ Liter
Was die Sachen im Einzelnen kosteten:
1819 schickte das Königliche Rentamt zu Kelheim eine sehr detaillierte Satzliste = verbindliche Preise!) an den Markt Abbach. Sie änderte sich von Monat zu Monat. Nehmen wir den Monat März/ April 1819:
Fleisch Satz
Das Pfund vom besten Ochsenfleisch: 9 X 2 pf
Das Pfund vom geringeren Ochsenfleisch: 9 X –
Das Pfund Kühfleisch: 8 X 2 pf
Das Pfund Kalbfleisch: 7 X –
Das Pfund Schaffleisch: 7 X 2 pf
Das Pfund Schweinefleisch: 18 X 2 pf
Bier Satz
1 Maß Sommerbier beim Bräuer 4 X 2 pf
1 Maß Sommerbier beim Bräuer Wirth: 5 X – pf
Dem Wirt waren geringfügige Schwankungen erlaubt !
Brot Satz
Von Weitzen:
1 Paar Semmeln zu 7 Loth 1 X (Kreuzer)
1 Polleibl oder Koppel zu 11 Loth 1 X
1 derlei zu 22 Lot 2 X
Von Roggen
1 Leibl zu 1 ½ Pfund 3 X 2 pf
„ „ 3 „ 6 X 4 pf
„ „ 6 „ 13 X – pf
„ „ 9 „ 19 X 4 pf
Getreide Satz
1 Schäffel Weizen 2 Gulden (fl)
1 „ Korn 1 fl 30 X
Mehl Satz
Man unterschied natürlich zwischen Weizen- und Roggenmehl, weiter
schönes
1 Metzen 1 fl 56
mittleres
1 fl. 38
Nachmehl:
1 fl –
körnisch
1 fl 16
Backmehl:
54 X 11 pf

[i] Martin Hem, Pfarrer. 1673- 1681. Zehent- Hausregister . Hängekartei aus Pfarrarchiv
[ii] Archiv 9.4.3
[iii] Kammer Rechnung 1677: Inventarium. Archiv 9.4.3.
[iv] Kammer Rechnung 1799. Archiv 9.5.2.b.

Von |2023-12-02T10:42:24+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare

110: Im Land jenseits des Stromes – früher und heute

Es ist den wenigsten Abbachern bekannt, dass vor den Eingemeindungen Poikams und Oberndorfs in den 1970er Jahren Abbachs Westgrenze nicht die Donau bildete, sondern jenseits des Flusses lag. 1886 ließ der spätere erste Bürgermeister der vereinigten Gemeinden Markt Abbach und Abbach – Schlossberg (1892), Michael Röhrl, schon einmal die künftigen Gemeindegrenzen festschreiben.
Für den einschlägigen Bereich jenseits der Donau finden wir im betreffenden Text:
Von der „Blöß“ geht die Grenze
„ in gerader Linie den Abfallgraben entlang dem Wege in das Mühltal zu, um sodann, der Dantschermühle gegenüber, bei Plan 1130 oberhalb der beiden steinernen Löwen, sich mit der Hauptstraße nach Ingolstadt zu vereinigen.
Mit der Hauptstraße dem Markte zugehend überspringt die Grenzlinie am oberen Ende des Felsens, an dem die Monumentstafel angebracht ist, den Donaustrom, und zieht sich hier an der Westgrenze, dem linken Donauufer, talwärts bis zur Mündung des diesseitigen Baches, welcher von Kalkofen aus in die Donau läuft.“[1]
Dem letzten Besitzer des einzigen Abbacher Hauses jenseits der Donau; Josef Liebl, der dort bei seinen Eltern aufwuchs und lebte, bis er dann die Metzgers-Witwe Anna Hof von Abbach heirate, wird seine hiesige Orts-Zugehörigkeit geläufig gewesen sein. Ich kann mich selbst noch daran erinnern, wie die Leute von da drüben oftmals in der Woche mit ihrer Zille über das Wasser kamen, um ihre Besorgungen im Markte zu erledigen Im Sommer bekamen Sie in ihrer verträumten jenseitigen Welt auch oft Besuch von uns diesseitigen Kindern und Jugendlichen, wenn wir den Strom durchschwammen und die Einödbewohner beäugten, was sie gar nicht so gerne hatten. In den 1970er Jahren wurde das Haus mit Scheune dann abgebrochen, nachdem sich Josef Liebl mit seiner Gattin diesseits des Dammes bei der Mündung des Mühlbaches in die „kleine Donau“ ein Haus gebaut hatte.
Ich kann mich auch noch daran erinnern, wie bald nach dem Krieg der ungarndeutsche Ankömmling in Lengfeld, Karl Damian, auf den sandigen Gründen jenseits der Donau, direkt dem Markt gegenüber einen Gartenbetrieb eröffnete. Die Erträge seiner kargen Ernten brachte er mit der Zille über die Donau herüber und bot sie den Abbacher Bürgern zum Kaufe an. Diesen wurde er später ein freundlicher und beliebter Mitbürger, als er sich „Hinter der Vest“ ein Häuschen baute, in dem seine Witwe heute noch lebt (2010).
Einige Hundert Jahre früher war es allen Abbachern noch geläufig, jedenfalls bis 1803, als das Mautamt in Abbach aufgelöst wurde, dass die Ländereien jenseits des Stromes zum hiesigen Ort gehören. Mir begegnete in meiner Arbeit mit den Abbacher Archivalien sehr oft die Bemerkung, dass Materialien und Waren von jenseits der Donau mit Zillen in den Ort geschifft und am diesseitigen Ufer abgeholt werden mussten. Abbach war bekanntlich seit dem Mittelalter ein bekannter Anlege- und Lagerplatz für den Donau Schiffsverkehr. Die Treidelwege, auf denen Pferde die Plätten und Schiffe Donau aufwärts zogen, lagen bei Abbach am jenseitigen Ufer.

110 Ins Land jenseits des Stromesfrüher und heute Foto Treidelpferde

MZ v. 17.07.2010, S. 30.
Es muss noch daran erinnert werden, dass in dieser Zeit die Donau bei Abbach noch nicht wie heute reguliert war, sondern in der Mitte des Stromes Inseln bestanden, was ein Ortsplan von 1759 ausweist. Auf diesem Ortsplan sehen wir auch noch die jenseitigen Schiffsanlegestellen, von denen man zeitweise auch über eine Holzbrücke den Markt erreichte.
Anlandeplatz jenseits der Donau ( gegenüber Einmündung des Mühlbaches) sichtbar.[2]Bei der geraden Linie über die Donau wird es sich um eine Bugfalte handeln. Aber zwischen den beiden künstlichen Kiesbänken wird man die nötige Wassertiefe für Zillen, Plätten etc. bereitgehalten haben, um besser anlanden zu können.

110 Ins Land jenseits des Stromesfrüher und heute Anisicht von Osten Abbach

In einer Geographischen Mautkarte von Abbach von 1764 bestand in Abbach eine Brücke.[3]
Bekanntlich fand im Jahre 1784 das mächtige Hochwasser mit Eisstoß statt, das den Markt stark verwüstete. Bei dieser Gelegenheit könnte die Brücke, wie auch die Marktkirche und viele Bürgerhäuser, eingedrückt worden sein.
In einer Karte von 1808 existiert folglich die Abbacher Brücke nicht mehr. Sie scheint aus Holz bestanden zu haben und war so ein leichtes Spiel der Naturgewalten.[4]
Otto Eichinger , Päd. Hochschule Eichstätt, wird in der oben genannten Zeitschrift zitiert:
„Die älteste Karte (die von 1764, A.d.V.) zeigt Brücken in Donauwörth, Marxheim, Neuburg, Ingolstadt, Vohburg, Kelheim, (Bad) Abbach und Regensburg (.).
Bei der Karte von 1808 fehlen im Vergleich zu den Erstgenannten die Brücken bei Marxheim und (Bad) Abbach.“[5]
Dass in Abbach eine Brücke existierte entnehme ich auch noch einer anderen Quelle:
In Theodor Häußlers Buch „Der Baierwein“[6] finden wir folgende Begebenheit:
„In Bad Abbach war früher eine Zollstation. Der donauabwärts kommende Baierwein war zeitweise zollfrei, aufwärtsgehender Wein war pro Fuder mit 24 Pfennig Zoll belastet.
Im Jahre 1393 wandte der Abbacher Zöllner Seiz Puchberger recht rabiate Methoden an, um zu seiner Mautgebühr zu kommen. Den ganzen Winter über war dieses Jahr die Donau zugefroren, was den Schiffsverkehr unmöglich machte. Bei noch hohem Eisgang kam als erstes Floß Veit Valkensteiner mit seinen Gesellen mit Elsässer Wein die Donau herab. Wegen des Eisganges war es ihnen jedoch unmöglich, an Land zu kommen, was ihnen der Zollaufseher jedoch nicht glauben wollte. Puchberger drohte, fluchte „und schoß endlich eine Büchse auf die Floßleute los“. Da der Eisgang das Steuern des Floßes vereitelte, stieß es schließlich gegen die Brücke, die „darüber in Trümmer ging“. Der wütende Zöllner Puchberger versprach jedoch, das nächstkommende Floß nach Kelheim zurückzuschicken und den Wein zur Abdeckung des Schadens zu beschlagnahmen.“
Die genannte Brücke scheint aus Holz bestanden zu haben, weil sie nicht genügend Standfestigkeit bewies, um dem zwar nicht geringen Druck des Wassers und Eises standzuhalten.
Die Donauinseln bei Abbach 1759[7]Sie liegen auf der Höhe vom heutigen Waldfrieden und von der Tankstelle. Die Häuser links am Rand sind der spätere Kochzipfel.

110 Ins Land jenseits des Stromesfrüher und heute Anisicht von Osten Hoehe Kurpark Abbach

Auch meine Vorfahren, Großvater und Urgroßvater, die aus dem 19. Jahrhundert kamen, konnten sich an eine Brücke in Abbach nicht erinnern. Sie lebten direkt an der Donau und mussten sich ihr Ziegenfutter zeitweise mit der Zille von jenseits des Stromes holen.
Die Zille war im alten Abbach ein sehr gebräuchliches Verkehrsmittel. Es wurde gewerbsmäßig eingesetzt, so durch Albert Zieglmeier, Kies- und Sandlieferant, und Franz Zieglmeier, Fischereibetrieb, noch zu meiner Kinderzeit. Aus den Akten erfuhr ich, dass sie den Donauschiffer Heinrich Weigert beerbt hatten, der für fast alle umliegenden Kreisstraßen den Kies aus der Donau geliefert hatte. Heute erinnert die Bezeichnung „Schopperplatz“, an dem die zahlreichen gelegentlich auch defekten Zillen noch geschoppt wurden, an das häufig gebrauchte Wasserfahrzeug.[8]
Brückenpläne bestanden jedoch in (Bad) Abbach fast zu jeder Zeit, seit ich mich erinnere:
Eine Anbindung des jenseitigen Ufers an die Welt rechts der Donau versprach die Errichtung der Eisenbahnlinie Ingolstadt – Regensburg in den 1870er Jahren. Aber diese Brücke durfte nicht einmal zu Fuß benützt werden. Lediglich der hiesige Doktor Franz Schmitz hatte die Erlaubnis, sie zu benützen, wenn er zu einem Ernstfall in Poikam gerufen wurde. Aber selbst er benützte dann lieber die Fähre, mit der er gebührenfrei befördert werden musste.
Am 29.Nov.1923 hatte das Bezirksamt Kelheim an den Gemeinderat von Poikam den Auftrag erteilt, abzustimmen und den Beschluss vorzulegen, ob die Reichsbahnverwaltung gebeten werde, die Benützung der Eisenbahnbrücke für den Fußgängerverkehr zuzulassen und ob die Gemeinde nötigen Falles die Kosten für die Erbauung eines Fußgängersteges neben der Brücke wenigstens teilweise tragen würde.
Diese beliefen sich auf 6000 RM, wobei 40% auf das Kalk- und Zementwerk Abbach, 40 % auf die Gemeinde Poikam und je 5 % auf die Gemeinden Abbach, Kapfelberg, Lohstadt und Lengfeld entfallen sollten.
Der Steg wurde aber nie gebaut, vermutlich scheiterte er an den Kosten und am mangelnden Interesse der Beteiligten.
Die Brücke wurde zudem im April 1945 in Folge der Kriegswirrnisse zerstört. Nach dem Wiederaufbau entstand nur ein seitlicher Plankenweg auf Gleishöhe, der aber außer von Bahnarbeitern nicht benutzt werden durfte.
Die Anbindung der jenseitigen Welt an das diesseitige Ufer war der Kreisbehörde immer ein Anliegen. Noch am 19.2.1970 legte sie einen Vorentwurf für eine Donaubrücke in Bad Abbach vor, der die Gemarkung Poikam in Höhe der Kiesgruben jenseits der Donau und den Markt Abbach beim Lagerhaus Buffler treffen sollte.
Als Ziel wurde angegeben: „…der Nahverkehr zwischen Bad Abbach und den westlich der Donau gelegenen Gemeinden (solle) erheblich verbessert und erleichtert werden. Auch der Fern- und Durchgangsverkehr würde an Bedeutung gewinnen, da durch dieses Bauvorhaben eine ausgezeichnete Verbindung zu den Nord-Süd und den Ost- West Autobahnen geschaffen würden.“ Aber auch der Plan dieser Trasse fiel buchstäblich ins Wasser, was wegen der folgenden Pläne auch vernünftig war.
Im Februar 1972 legte die Schifffahrts-Direktion Regensburg die Planunterlagen für das Planfeststellungsverfahren für die Staustufe Bad Abbach vor. Im Zuge dieses Planvorhabens sollte die Sehnsucht nach einer Brücke von hüben und drüben der Donau in Erfüllung gehen. Über das Wehr der Stauanlage war eine richtige Brücke und Straße über die Donau eingeplant. 1974 und 1775 wurde der Stichkanal des RMD- Kanals fertiggestellt , im Jahre 1978 die Straße vollendet und eingeweiht. So konnte wahr werden, was am 27.3.1971 im Gemeinderat Poikam ersehnt wurde: Zusammenlegung mit Bad Abbach, aber nur, wenn ein fester Übergang über die Donau, also eine Brücke geschaffen wird.
Die Gemeinde-Verbindung wurde schließlich am 1.1.1972 vollzogen.
1982 wurde die Fußgängerbrücke an der Straße nach Oberndorf fertiggestellt. Am 1. Juli 1983 wurde sie eingeweiht. Anlässlich des 10jährigen Partnerschafts-Jubiläums mit der französischen Stadt Charbonnieres-les Bains am 14. Mai 1988 wurde die Brücke in „Partnerschaftsbrücke Markt Bad Abbach und Charbonnieres“ getauft.
Eine Brücke über den RMD- Kanal stellte eine weitere Verbindung zu den Orten jenseits der Donau her , wenn z.T. auch nur für Fußgänger und Radfahrer.
Ich erinnere mich an eine gut besuchte Sitzung des sog „Runden Tisches“ im Jahre 2007 im Gasthaus zur Post mit der Gegenwart von Hermann Seidl- Schulz, Gemeinderat der Freien Wähler.. Bei sonst durchaus vorhandenem Realitätssinn konnte er sich eine bessere Anbindung der Freizeitinsel an den Innerort durch eine Seilbahn vom Burgberg zur Inselwelt vorstellen. Das wäre ja einmal etwas ganz anderes! Gott erhalte ihm seine Kreativität!
Auf unserem Weg über die Donau müssen wir auch die Geschichte der nahen Donaufähren von Poikam, Oberndorf und Matting im Auge haben:
In Poikam nehmen wir bereits seit dem 13. oder 14. Jahrhundert eine Art Fährbetrieb an, wenn es sich aus technischen Gründen auch noch nicht um eine Wagengier- und Personenfähre[9] mit Hochseilanlage handeln konnte.1832 jedoch wurde dem Fischer Benedikt Probst vom königlichen Landgericht in Kelheim offiziell die Konzession für die Fähranlage erteilt, an die wir Älteren uns noch erinnern können. Auch diese Anlage wird sich im Verlauf von 100 Jahren technisch weiterentwickelt haben Am 16.1.1969 aber wurde sie wegen Fehlens eines Fährmanns stillgelegt.[10]
Über die Fähre in Oberndorf berichtet Fritz Angrüner, ehemals Schulleiter in Oberndorf:
„ Seit eh und je (d .i. zeitlich ungenau! A.d.V.) besteht in Oberndorf ein Fährbetrieb. Er vollzieht sich seit einigen Jahrzehnten auf genossenschaftlicher Grundlage. Von Oberndorf aus führt bekanntlich eine Verbindungsstraße nach Gundelshausen – Lohstadt – Kapfelberg bzw. nach Poikam weiter. Außerdem liegen die ergiebigsten Felder (etwa 150 Tagwerk) der Einheimischen am linken Donauufer. Die Verbindungsstraße führt auch zur nächstgelegenen Bahnstation Gundelshausen.“[11]
Was Fritz Angrüner in den 1950er Jahren noch nicht wusste, schien in den 1960er Jahren schon beschlossene Sache. In einem amtlichen Schreiben von 1966, den Ausbau der Donau zu einer Großschifffahrtsstraße betreffend, können wir lesen: „Außerdem müssen die beiden Fähren Poikam und Oberndorf zu einer Fähre zusammengefasst werden, deren Lage aber noch geklärt werden muß.“[12]
Dem Erläuterungsbericht zu den Plänen für die Staustufe Regensburg am Europakanal Rhein-Main-Donau vom März 1969 liegt ein Übersichtslageplan bei, in dem die WF (Fuhrwerks- und Personenfähre) bei km 2401 (Poikam), km 2397,68 (Oberndorf) und km 2392,99 (Matting) noch existieren.[13]. Von der Oberndorfer Fähre wird gemeldet: „ Die Fähre Oberndorf wird durch den Stau der Stufe Regensburg nicht beeinflusst. Diese Fähre wird vom Bau der Staustufe Poikam berührt.“[14]
Auch im Planfeststellungsbeschluss für die Donaustaustufe Bad Abbach 1975, in dem alle Einwände gegen den Bau der Wasserstraße aus dem Bereich Kelheim bis Regensburg abgehandelt und verbeschieden wurden, sind die drei Fähren noch am Leben.[15]
Die Dringlichkeit des Baues eines Hochwasserdammes in Oberndorf 1977 bis 1980 und die Aussicht auf einen Brückenbau in Poikam hat den Verzicht auf die Fähre in Oberndorf erleichtert. Sie war es dann, die als nächste von den Dreien ihr Leben ließ.
Bleibt uns noch über die Fähre in Matting zu berichten:
In der neuen Chronik von Matting, „Chronik 1100 Jahre Matting“ 2001 heißt es:
„Die schönste und älteste Donaufähre weit und breit, die Mattinger Fähre musste sich nach ca. 150 Jahren den Erfordernissen der Europawasserstraße Donau anpassen. Moderne Gittermasten lösten 1991 die Holzmaste für die Seilanlage ab. Nach den Vorschriften des Wasser und Wirtschaftsamtes Regensburg muss das Seil für die Gierseilfähre acht Meter höher sein als es bisher war, damit die großen Handelsschiffe auch bei höchstem Wasserstand unbehelligt durchfahren können. (…)
Die Mattinger brauchten schon immer eine „Plätten“, eine Zille, ein Floß oder ein anderes „Wasserfahrzeug“, um ihre Felder und Weingärten an der linken Donauseite bestellen zu können.
Aus mündlicher Überlieferung wissen wir, dass auf dem früheren Wöhrd an der linken Donauseite eine Verankerung bestand, an der die „Plätten“ hing und somit von einem Ufer zum anderen pendeln konnte.“[16]
Schon 1854 wurde den Mattingern vom Landgericht Kelheim für die Errichtung eines Spannseiles über die Donau die Genehmigung erteilt. Die Fähre von Matting wird auch das ewige Leben haben, den ihr ist schon im erwähnten Erläuterungsbericht zugebilligt : „ Die Fähre Matting hat neben dem regen landwirtschaftlichen Fahrwerksverkehr auch die Verbindung zur Bahnstation aufrecht zu erhalten. Da im Bereich Matting kein fester Donauübergang zu erwarten ist, wird die Fährstelle nicht entfallen können. Diese Anlage ist anzupassen, da durch den Stau der RNW um rd. 85 cm und der MW um rd. 60 cm angehoben werden.“[17]
Über Zukünftige Wege über den Donaustrom können wie Heutigen zu Bad Abbach nur träumen und spekulieren. Bad Abbach wünschte sich sicher eine zentrumsnahe Brücke zur Freizeitinsel. Aber ob wir uns eine solche einmal leisten können?
[1] Schriftsatz der Bürgermeisterei Abbach. Beschreibung der Grenzen der zu einer Bürgermeisterei vereinigten Gemeinden Abbach und Abbach-Schloßberg. 8.7.1886. Archiv XIX.14.3.2, Baulinienplanung.
[2] Ortsplan von Abbach 1759. Archiv XVIII.22.2.
[3] Lotter, Tobias Konrad: Geographische Mauth-Charte von Bayern 1764. In.: Das Jura Haus , Nr.12 2006/2007, S.71.Archiv II.18.2.3.a.
[4] Die bayerische Monarchie: Aus D.F.Sotzmanns neue Charte von Deutschland, Nürnberg 1808. In. A.a.O. Archiv s.o.!.
[5] Das Jura Haus, S. 52. Archiv s.o.!.
[6] Häußler, Theodor. Der Baierwein. Buch & Kunstverlag Oberpfalz., S. 86. ISBN 3-924350-97-3.Archiv: Hängekarte „Markt Abbach“ , Oberndorf. Arbeitsraum.
[7] Ortsplan von Abbach 1759. Archiv s.o.!
[8] Schoppen = ausflicken (meist mit Moos), ausbessern.
[9]„ „Gieren“ nennt man das durch das Anströmen bewirkte Quertreiben eines quer zur Stromrichtung gestellten Wasserfahrzeuges.“ (aus Mattinger heimatbuch S. 149)
[10] Wer sich für die Fähre in Poikam eingehender informieren will, lese meinen Aufsatz hier im Lesebuch Nr.29: „Poikam- die verträumte Braut von jenseits der Donau“.
[11] Angüner , Fritz. Oberndorfer Chronik in einzelnen Bildern und Geschichten, II. Teil. Hektogramm 1957. 2003 von Karl Rauschendorfer dem Archiv gewidmet. Archiv Schriftenstand.
[12] Auszug aus dem Erläuterungsbericht zur Donaukanalisierung Kelheim- Vilshofen.. 16.9.1966. S.2.
[13] Erläuterungsbericht zum Planfeststellungsverfahren, Staustufe Regensburg, Übersichtslageplan, März 1969. Archiv VIII.20.3.3.a.
[14] Erläuterungsbericht S.16. Archiv a.a.O.
[15] Feststellungsbeschluß für die Donaustaustufe Bad Abbach vom 18. März 1975. Übersichtsplan. Archiv a.a.O.
[16] Chronik 1100 Jahre Matting. Matting 2001. S. 148.
[17] Erläuterungsbericht 1969 S. 16. Archiv a.a.O.

Von |2023-12-02T10:30:29+01:002. Dezember 2023|Lesebuch|0 Kommentare
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