131: Die Streicherhöhe

Luftbild Streicherhöhe
Luftbild Streicherhöhe

Was ist es bloß, was mich reizt, beim Anblick dieser Idylle etwas abseits der Distriktstraße über Weichs, Frauenbrünnl und Peisenhofen nach Saalhaupt an himmlische oder infernalische Sphären zu denken? Ist es zum Ersten der Liebreiz der Lage am Waldesrand und der einladende Ausblick in das malerische Umland bis zum Hungerturm in Bad Abbach und zur Pfarrkirche, nach Peising und weiter bis zu den Oberndorfer Bergen? Oder sind es vielleicht die attraktiven weiblichen Sprösslinge, die sich von Anfang an, aber besonders seit ein paar Generationen, den Verehrern präsentierten?
Es hat sich auf der Streicherhöhe tüchtig ge- Resi-t, von Resi (= Therese) Streicher, über Therese Köglmeier, Therese Gießhammer bis Therese Bergler. Auch Trägerinnen anderer Vornamen hätten sich, wie ich mich erinnere, in Casting-Shows, wenn es sie schon gegeben hätte, um das Schönheitkrönlein anstellen können.
Die Umschwärmte, die Streicherhöhe, von der die Rede ist, ist noch jung und rührig. Sie feiert unter den geschichtsträchtigen Nachbarn Peising, Peisenhofen und Eiglstetten 2014 erst den 150ten Geburtstag.

Der Vater war Kaspar Streicher, Assessor in Regensburg. Die Mutter sei, entgegen der üblichen Gepflogenheiten, nicht die Ehefrau Streichers gewesen, sondern, wie überliefert wird, seine Tochter „Resi“ . Für sie sei ein Platz gesucht worden, wo sie ihrer Berufung als Köhlerin und Bäuerin habe folgen können. Dafür sei die Streicherhöhe, ein Platz inmitten von Wald und Busch, prädestiniert gewesen.
Resi habe die Einöde im Lauf ihres Lebens lieb gewonnen, heißt es, und in hohem Alter sei sie aus Nürnberg, ihrem Ruheort, immer wieder zu Katharina Kindl, zu einer ihrer Nachfolgerinnen, zu Besuch zurückgekommen.
Flurkarte und die Streicherhöhe im originalen Zustand, Lage inmitten von Waldungen[2]

Streicherhöhe Foto und Lageplan
Streicherhöhe Foto und Lageplan

Die Geburtshelfer waren Alois Dantscher, ehemals Wirt in Peising, der aber schon mit beiden Füßen in der Brauerei in Teugn steckte. Der Schmuser hieß Benedikt Zirngibl, Kaufmann in Abbach, mit der späteren Brauereisfamilie Zirngibl in Abbach weder verwandt noch verschwägert.
Kommen wir sodann zurück zur Eingangsfrage Himmel oder Hölle:
In Wahrheit ist es an diesem Flecken auch angebracht, erleichtert der Göttin Iris, einer zänkischen Himmelsfrau, nachzuwinken, nachdem sich ein Streit, der schon die Geburt der Streicherhöhe begleitete, gerade noch rechtzeitig schlichten ließ.
Das Problem entstand beim Erwerb des Grundstücks, auf dem die Streicherhöhe entstehen sollte. Entwirren wir den Knoten, und holen wir ein Stückchen aus, um die infernalische Sphäre zu durchleuchten:
Dazu müssen wir zuerst unseren Blick nach Teugn schweifen lassen!
Am 29. Hornung 1818 ( = Zeit der Entstehung der ersten Grundkataster unter Max I. Josef) sitzt Georg Brünsteiner, vorher Braumeister bei Michl Kraml aus Eiglstetten, ab 1803 Besitzer in der Abbacher Brauerei neben der Marktkirche und einer Gastwirtschaft gegenüber, als Pächter auf dem Primatischen Brauhause zu Teugn.[3] Brünsteiner wurde Eigentümer, starb aber schon 1827. Ihm folgte sein Sohn Josef Brünsteiner. Der Vater hinterließ ihm, wie das Urkaraster/ Liquidationsprotokoll von 1835/36 ausweist, einen beträchtlichen Nachlass.[4]Dieser bestand in Hs. Nr. 7, einem 1/8 Gütl und Hs. Nr. 38, einem Brauhaus und einem ¾ Hof.
Mit Josef Brünsteiner endete aber, weil jedem einmal das Zinnglöcklein geläutet wird, ob arm oder reich, in den 1850er Jahren die Tradition der Brinsteiners zu Teugn.
Dies war das Aufbruchsignal für Alois Dantscher in Peising, den Lebens- und Wirkungskreis zu verändern.
Alois Dantscher lebte als Gast- und Landwirt in Pesing Hs. Nr. 33.
In einem Verzeichnis der Gastwirtschaften im Landgericht Kelheim aus den Jahren 1850/60 wird er schon Gastwirt und Bräuer genannt. Seine Gastwirtschaftsgerechtigkeit wird dort als von kirchlichem Ursprung bezeichnet.[5] Die Dantschers in Peising hatten auf der Gastwirtschaft schon eine längere Tradition. Am 18.6.1848 wurde auf dem Friedhof in Peising ein Dantscherwirt (ohne Vornamen) beerdigt. Nach ihm am 21.4.1856 folgte ihm Alois Dantscher, Wirt von Peising. Hernach fiolgte Sohn Alois, der nach dem Tod des Vaters 1859 freie Hand hatte, das elterliche Erbe zu Peising für die Brauerei in Teugn fast zu zertrümmern, mindestens zu reduzieren:

Streicherhöhe Lageplan
Streicherhöhe Lageplan

Beim folgenden Rechtsstreit dreht es sich um das gesamte Areal der Einöde Streicherhöhe.
1859 fand zwischen Alois Dantscher, jetzt schon Brauer zu Teugn, und Benedikt Zirngibl, Handelsmann in Abbach, eine Auseinandersetzung wegen eines Grundverkaufs von Fl. Nr.1067 der Gemarkung Peising statt, der mit einem Vergleich endete. Es handelte sich um eine Fläche von ungefähr 37 Tagwerk.[6]
Dantscher hatte an Zirngibl demnach rechtsgültig verkauft, aber der Verkäufer erfrechte sich, obwohl das Haus auf der Streicherhöhe schon herausgemessen war, unter allerlei Vorwänden natürlich, nachträglich den Wald teilweise zu roden. Haben ihn Geldsorgen für die Brauerei in Teugn dazu verführt? Was hat er aus dem Peisinger Anwesen noch alles versilbert?
Es war Sage der Nachfolgewirte Kindl in Peising, dass der Grundbesitz dieser Gast- und Landwirtschaft einmal wesentlich größer gewesen sei, wobei aber die Ursache der Minderung wegen der lange zurück liegenden Zeit natürlich vergessen war.[7]
Als Zeugen für den fragwürdigen Missgriff brachte Dantscher den Gütler und Schuhmacher Johann Robold aus Peising zum Gerichtstermin mit (+ 15. Mai 1894), dem Zirngibl zur Arrondierung aus der Grundfläche 1070 auch 18 Dezimale abgekauft hatte. Dieses Stückchen Unland gehörte früher zum Peisenhofener Besitz.
Wegen der Originalität des Streits am Landgericht in Kelheim bringe ich den Text im Wortlaut:
„Abschrift Protokoll
In Sachen Zirngibl gegen Dantscher wegen Eigenthums und Entschädigung.
Kelheim, den 26. März 1859
Anwesend
Der königliche Landgerichts Assessor Senngruber
Bei der heutigen Commission erscheint der Kläger Benedikt Zirngibl. Handelsmann in Abbach mit seinem bemelten königlichen Advokaten Rieder von hier, welchem er Vollmacht und Ratifikation erteilt und der Beklagte
Aloys Dantscher – Brauer zu Teugn.
Es kam nachstehender Vergleich zustande:
1. Aloys Dantscher sorgt dafür, so dass Benedikt Zirngibl die fragliche Fläche und noch dazu das Läkel (= nasser Fleck, A.d.V.), welches früher Viehtränke war, bis zu dem daranstoßenden Graben, welcher die Grenze bilden soll, erhalten sollte, dass ihm der hiermit überlassene Grund zugeschrieben werde, wobei auch die fraglichen restlich befindlichen Stücke von nun an Eigentum des Benedikt Zirngibl sein sollen. Aloys Dantscher setzt sich gleichfalls mit dem Schuhmacher Johann Robold von Peising ins Benehmen und bewirkt die Extradition.
2. Die in der Klage geforderte Entschädigung von 71 Gulden 24 Kreuzern für das gefällte Holz lässt Benedikt Zirngibl fallen und verzichtet auf dieselbe.
3. Die anlaufenden Anwaltskosten tragen beide Vorgenannten gleich gütlich.
4. Schließlich bitten die Parteien um Nachlass der Taxen zu Gunsten des Vergleichs, welcher von ihnen gegenseitig sachdienlich möglich wird.
Nach Vorlesen
Benedikt Zirngibl
Rieder, Königlicher Assessor
Aloys Dantscher
Königliche Landgerichts Commission
L.A. Senngruber.“

Folgendes ist der Grundriss des Hauses und der Zugehörungen, wie er für das Anwesen von Streicherhöhe für die Baujahre 1864/65 herausgemessen wurde:

Streicherhöhe Lageplan 1864-1865
Streicherhöhe Lageplan 1864-1865

Durch die früheren Ereignisse vorsichtig geworden ließ Benedikt Zirngibl vor der endgültigen Errichtung der Streicherhöhe auch das kleine Roboldstückchen noch einmal vermessen.
Demnach gehörten Johann Robold in der Hundsrückfeld–Ödung Gemarkung 1070 zu Peising 88 Dezimal. Davon wurden Zirngibl 18 Dezimale als nun Fl.1070 ¼ herausgemessen. Die Vermessung fand im September 1862 statt und brachte Sicherheit und Frieden für das Unternehmen des Kaspar Streicher.[8]
Den nächsten Akt bilden nun der Bau und die Vermessung der Anlagen auf der Streicherhöhe. Ein neues Operat des Vermessungsamts gibt detaillierte Auskunft[9] :
Und dies sind die Fakten:
Steuergemeinde Peising
Flur Streicherhöhe
Neubau und Vermessung
Hs. Nr.1
Besitzer Streicher Kaspar, z.Zt. Assessor
baut 1865 ein Wohnhaus mit Stall, Stadl etc. auf Plan Nr. 1067
bisher Wald und Ödung.
Nunmehr Wohnhaus mit Stall, Stadl, Schupfe und Hofraum zu 17 Dezimal
Baum- und Wurzgarten 23 Dezimal
Brunnacker 67 Dezimal
Acker 13 Tagwerk 99 Dezimal
Wiesen 10 Tagwerk 57 Dezimal
Waldung 8 Tagwerk 87 Dezimal
Einfahrt 23 Dezimal
Summe 37 Tagwerk 70 Dezimal
Weil ein Brunnacker aufgeführt wurde, befassen wir uns auch noch mit dem Brunnen.
Hierzu gibt Reinhold Bergler, der jetzige Besitzer der Streicherhöhe Auskunft:
Der Brunnen sei heute noch in Betrieb. Die Streicherhöhe sei noch nicht an die zentrale Wasserversorgungsanlage angeschlossen. Er habe einen Durchmesser von 1,20 m und sei 12,50 Meter tief Bis zu dieser Tiefe sei er ausgemauert. Durch ein Metallrohr sei er auf 26 Meter vorangetrieben. Der Brunnen führe gesundes Wasser, es handle sich um Grund-, kein Quellwasser. Seine Qualität werde jährlich überprüft. Der Anschluss an die zentrale Bad Abbacher Anlage stehe bevor.
Aus einer Brandversicherungs-Schätzung späterer Jahre (1911) erfahren wir Detailliertes über die Gebäulichkeiten: Diese haben sich seit der Gründerzeit nicht verändert.
Zuerst zum Wohnhaus + Stall:
Länge 13,4 m ; Tiefe 10.5 m; 141 qm; Höhe 2,9 m; Stärke der Umfassungsmauern 0.70/0.55 m; Dachraum mit Halbstock Höhe 5.6 m; Umfassungswände o.35/0.15 m.
Stadel:
Länge 13.5 m; Breite 10.5 m; 139 qm; Höhe 3.8 m; Umfassungsmauern 0.50 m; Dachraum mit Halbstock Höhe 5.4 m;
Der Versicherungswert betrug 4200 M.[10]
Nun ist es an der Reihe, die bisherigen Besitzer auf der Streicherhöhe der ca. 150 Jahre ihrer Bestehungszeit im Überblick aufzuzählen. Soweit Archivalien vorhanden sind oder eine lebendige Erinnerung besteht, können wir hernach ausführlicher reflektieren.
Besitzerfamilien auf der Streicherhöhe:[11]
Kaspar Streicher, Assessor in Regensburg bzw. Tochter Resi.
Johann Schmalzl °° Eva (Geburtsname unbekannt) kamen aus Rotenhof bei Regenstauf.
Johann Bucher, aus Remersberg Bezirksamt Stadtamhof; °° mit Katharina aus Pettenreuth
Lederer Bartolomäus °° Regina geb. Uhl aus Marktbreit/ Ufr.
Kindl Anton, aus Dietenhofen bei Herrnwalthann, °° mit Katharina, geb. Büglmeier aus Mitterfecking
Köglmeier Heinrich aus Neuhaus, Gemeinde Gebelkofen, °° mit Therese Köglmeier, geb. Kindl von Streicherhöhe
Gießhammer Ludwig, aus Poign °° mit Therese, geb. Köglmeier von Streicherhöhe
Bergler Reinhold °° mit Therese geb. Gießhammer
Bergler Markus von Streicherhöhe
Im Folgenden möchte ich mich nun mit den einzelnen Generationen zu Streicherhöhe etwas eingehender befassen.
Zu Kaspar Streicher und seiner Tochter weiß ich bedauerlicherweise wegen Mangels an Akten außer dem Bekannten nichts zu berichten. Es hat sicher keine Auffälligkeiten gegeben, die in der Regel der Anlass für Notizen und Anmerkungen sind.
Kommen wir zu
2. Johann Schmalzl °° mit Eva, deren Geburtsname nicht bekannt ist.
In der Sterbeurkunde der Tochter Katharina, verh. Bucher[12] befindet sich der sichere Hinweis, dass die Mutter Eva und ihr Ehemann Johann als Söldner auf der Streicherhöhe lebten, aber der Ehemann, 1890 schon verstorben war.
Als Randnotiz der Sterbeurkunde der Katharina finden wir über den Herkunftsort: „Gemäß Verfügung des k.Amtsgerichts Kelheim vom 11. Oktober 1890 wird berichtigend bemerkt (…),dass ferner die Eltern der Verstorbenen (Katharina,A.d.V.) zu Rotenhof bei Regenstauf wohnten. ( Dies berichtete der Bruder der Katharina. A.d.V.)
3. Johann Bucher °° mit Katarina
Johann Bucher wurde 1834 zu Remersberg, Bezirksamt Stadtamhof geboren und starb am 17.8.1884 , 50 Jahre alt auf der Stzreicherhöhe. Seine Frau Katharina stammte aus Pettenreuth und starb am 6.8. 1890.[13]
Johann Bucher ließ kurz vor seinem Tod, am 22. Mai 1884 die Streicherhöhe noch vermessen. Das Operat des Vermessungsbezirks Abensberg aus dem Kalenderjahr 1884 trägt die Nummer N.O.37433/16. Als zusätzlichen Gebäudeteil kann ich nur einen Backofen ausmachen, der jedoch nicht die Ursache einer Vermessung gewesen sein kann.
4. Lederer Bartholomäus °° mit Regina
Von Bartholomäus Lederer als Söldner auf der Streicherhöhe (Söldner = er war Besitzer einer Sölde = kleiner Hof) erfahren wir aus einer gemeindlichen Liste der gegen Hagel Versicherten[14] und der Umstand, dass er den Tod seiner Ehefrau Eva am Standesamt Peising meldete.[15]
Zu Regina wird in der Sterbeurkunde berichtet, dass sie als Mädchen Regina Uhl hieß. Als sie am 30.Dezember 1905, vormittags 9 Uhr auf der Streicherhöhe verstarb, sei sie erst 34 Jahre alt gewesen. Sie sei die illegitime Tochter der Regina Uhl, Privatierstochter aus Marktbreit in Unterferanken gewesen.
5. Kindl Anton °° mit Katharina
Kindl Anton wurde 1864 in Dietenhofen bei Herrnwaldthann geboren. Er starb als Austrägler von der Streicherhöhe am 1.4.1926.[16]
Seine Ehefrau war Katharina , geborene Büglmeier aus Mitterfecking. Sie wurde 1872 geboren und starb am 27.2. 1949.
Es wird erzählt dass Anton Kindl von seiner Frau in der Hoffnung auf Besserung gedrängt worden sei, nach der Streicherhöhe zu gehen, weil er als Holzschmuser (= Holzhändler) sehr viel und oft ausging, natürlich auch ins Wirtshaus, wo er die Kunden traf. Als er aber auf der Streicherhöhe war, sei er zu ihrer Enttäuschung kaum mehr nach Hause gekommen.
Aber trotzdem bekamen sie die Kinder
Hans Kindl 1895
Therese Kindl 1900 (die spätere Streicherhöherin)
Anton Kindl 1905 ( der sich in Bad Abbach, Frauenbrünnlstraße niederließ.
Anton wurde in Abbach wegen seiner politischen Orientierung in der Zeit des Umbruchs zum 3. Reich bekannt.
6. Köglmeier Heinrich °° mit Therese
Heinrich Köglmeier wurde am 11. Juli 1898 in Neuhaus, Gemeinde Gebelkofen geboren und starb am 26. Oktober 1969. Er wurde um 23 Uhr 45 auf der Höhe des Anwesens 38 tot aufgefunden.[17]
Heinrich war mit Therese, geb. Kindl verheiratet. Sie wurde 1900 geboren und starb 1968.
Der Name „Heinrich“ bedeutet „Der Herr im eigenen Hause“ Heinrich hätte besser
„Philipp“ geheißen, das ist griechisch und heißt „Pferdefreund“
Wie ich mich selbst erinnere, hatte auf der Streicherhöhe zu dieser Zeit die Therese „die Hose an“. Sie war eine sehr dominierende Persönlichkeit und Heinrich war ein gutmütiger Mensch. Für Peising und Bad Abbach empfand er sehr wenig und trat dort auch kaum in Erscheinung. Diese Interessenlosigkeit äußerte sich auch so, dass er für diese Gemeinden nichts übrig hatte und sich auch an keiner Initiative dort beteiligte. Da wurde z.B. die Haushaltungsschule in Abensberg errichtet, wo auch Peisinger Mädchen unterrichtet werden sollten, was jedoch Köglmeier Heinrich nicht interessierte.[18]
Heinrich Köglmeier verkehrte viel und gerne mit den Saalhauptern. In diesem Dorf fühlte er sich am wohlsten.
Heinrich und Therese hatten zwei Kinder:
Tochter Therese wurde am 13.8.1922 geboren.
Tochter Emilie 10 Jahre später am 25.8.1932.[19] Diese führte ein facettenreiches Leben:
°° Spanner
°° Hildebrand,°° Bergler

Auf dem Bild befinden sich drei Generationen: Heinrich und Therese, Tochter Therese mit ihren Kindern Therese und Pauline.
Auf dem Bild befinden sich drei Generationen: Heinrich und Therese, Tochter Therese mit ihren Kindern Therese und Pauline.

Der „Streicherhöher“ wie er allgemein bekannt war, zahlte brav seine Haus- und Grundsteuer zu 61.60 RM, wie sie ihm im Grundsteuermessbescheid von 1938 auferlegt war. nach Peising[20] Die Gemeinde Peising kassierte sie vierteljährig, was 16.94 ausmachte.[21] Das änderte sich mit Einführung der DM wegen der Erhöhung des Messbetrags auf 110 bzw. 180% nur geringfügig auf 67.76 DM.
Es kamen aber noch 5.40 DM Waldhutbeitrag und 9.- DM für die Kartoffelkäferbekämpfung dazu. Es blieb nie ein Betrag offen.
In den Jahren 1936 und 37 mussten die Peisinger nach Bad Abbach noch Pflasterzoll zahlen. Er richtete sich nach dem Grundbesitz. Bei Heinrich Köglmeier wurden 36 Tagwerk zu Grunde gelegt. Für das Tagwerk waren 10 Pf. fällig. Also 3.60 RM.[22] Diese Zahlung steigerte seine Liebe zu Abbach nicht.
Man hielt sich auch immer einen, zeitweise sogar zwei Hunde. Also waren auch 3 RM Hundesteuer fällig.
Man musste seinen Besitz schließlich auch gegen Brand versichern, was jeder einsieht. Wohnhaus und Stall wurden 1949 zu 4300 DM versichert, wofür jährlich 17.20 DM zu zahlen waren. Der Stadel war Heinrich 1550 DM wert, wofür 6.20 zu zahlen waren.
Ob es während der ganzen Zeit, für die Heinrich verantwortlich war, bei diesen Beiträgen blieb, ist mir aus den verfügbaren Akten nicht geläufig.
Therese Köglmeier war aus anderem Holz als ihr Ehemann Heinrich geschnitzt:
Sie fuhr fast täglich mit dem Fahrrad nach Bad Abbach. Nach Erreichen des Ortes informierte sie mit allseits bekannter Einöderstimme im Vorbeifahren jeden, der es hören wollte über das Wetter, Familienereignisse, wie miserabel die Leute sind und anderes, was am Tag darauf Rauch und Schall war.
Die „Streicherhöherin“ war für mich als Bub und Jugendlichen das Identifikationssubjekt für diese Einöde. Und wie mir erging es wahrscheinlich der ganzen Einwohnerschaft Abbachs, sofern sie im Kochzipfl oder an der Hauptstraße wohnte.
Die Streicherhöhe lag auch sehr oft an meinen Wegen von Saalhaupt nach Abbach, als ich in den letzten Kriegsjahren auf dem Bauernhof meines Großvaters und meiner Großmutter in Saalhaupt lebte und fast täglich nach Abbach zum Ministrieren rennen musste.
In dieser Zeit ging man auch am 23. April, dem Tag des hl Georg, jährlich mit dem Kreuz von Saalhaupt nach Peising zur Feier des Patroziniums. Es ging damals auf der Landstraße von Saalhaupt bis Peisenhofen. Dann bog man auf einen Feldweg in Richtung Streicherhöhe ab, von wo man in Richtung Peising pilgerte. Heimwärts ging es umgekehrt.
Nach dem Krieg, als ich schon älter war, suchte ich in den Wäldern um Saalhaupt gerne Pilze. Wenn ich am Waldesrand die Streicherhöhe sah, hatte ich immer eine klare Orientierung. In dieser Gegend fand man damals haufenweise Pfifferlinge, bei uns Rehgoaßl oder Eierschwammerln genannt.
Doch diese Punkte waren es nicht, warum mir die Streicherhöhe und die Streicherhöherin in meinem bisherigen Leben in Erinnerung blieb.
In den 1950er Jahren war ich als Theologiestudent in den Semesterferien Werkstudent und Aushilfspostbote in Abbach. Ich vertrat der Reihe nach alle Postboten der Dienststelle während ihres Urlaubs. Ich durfte täglich den gleichen „Gang“ mit dem Fahrrad erledigen und musste nicht wechseln. Der Gang, wie man die Route nannte, führte mich vom Ortsende Abbachs jeweils nach Peising und die Streicherhöhe. Obwohl die Streicherhöherin täglich in Abbach war, ließ sie sich die Post und sogar die Pakete von mir zustellen. Schon deswegen geriet ich ganz schön in Rage.
Dieser Prozess fand eine tragische Fortsetzung:
Ich hatte damals eine Heidenangst vor großen Hunden. Hörte ich doch allenthalben, wie die Kollegen im Außendienst von Hunden gebissen wurden.
Bei Beck in Peising stürmte immer ein Mordsköter an den Zaun, wenn ich mit der Post erschien. Daher steckte ich diese immer nur an den Zaun, da kein Briefkasten vorhanden war. Sonst war es üblich, dass man die Post in die Küche trug und auf den Tisch legte.
Dieses Haus betrat ich wegen des kläffenden Hundes nie. Darob lästerte der Bauer ein paarmal gegen mich: „Herrschaft sand dös heitzutag Hosenscheißer von Postboten. Früher ham dö an Haglsteckn dabei g`habt und a Ruah is gwen!“
Mangels eines Gehstockes konnte ich nicht so verfahren und es blieb mir nur die Notlösung mit dem Gartenzaun.
Einmal sah ich das Hundsvieh bei meinem Botengang nicht. Ich konnte nun leicht meinen Mut beweisen und trug die Post beherzt in die Küche. Frau Beck kochte gerade. Als ich so dastand und mich mit der Bäuerin gut unterhielt, rumpelte es hinter der Bank am großen Küchentisch. Der Köter sprang mich von hinten an, biss mich in den hinteren Teil und riss mir die Hose von oben bis unten entzwei.
Eine Bisswunde trug ich nicht davon, weil die Geldbörse in der Gesäßtasche als schützendes Panier fungierte. Aber die schöne, neue Posthose gab alle Innereien preis und der Postgang war beileibe noch nicht zu Ende.
Was blieb da der Beckin übrig, als Zwirn und Nadel zu holen und der Blöße ein Ende zu setzen. Gleichzeitig versprach sie, dass das gute Stück die Haftpflichtversicherung schon ersetzen werde.
Zum zusätzlichen Trost für den ausgestandenen Schrecken spendierte sie mir noch drei rohe Eier, die ich, wie üblich, in die linke Rocktasche steckte.
So zusammengeflickt und getröstet setzte ich meinen Botengang nach der Einöde Streicherhöhe fort. In Wirklichkeit war es eine Botenfahrt zu Rad, weil man die Strecke zu Fuß schlecht bewältigen konnte.
Aber wie es der Teufel haben wollte, hatte die Streicherhöherin wahrscheinlich wieder einmal kein Geld, obwohl sie gewärtigen musste, dass eine Nachnahme oder das Zeitungsgeld zu kassieren war.
In solchen Fällen öffnete sie beim Herannahen eines verdächtigen Subjekts das Küchenfenster zum Garten hin und ein kläffender Hund sprang heraus. Es war in meinem Fall ein frecher schwarzer Schnauzer mit einer giftgelben Zeichnung am Hals[23]. Er zischte den Abhang herunter, mir entgegen.
Es hatte mich an diesem Tage schon ein Hund gebissen. Darum zog ich es vor, auf das Rad zu springen und das Weite zu suchen.
In rasendem Tempo geriet ich in eine spröde, ausgetrocknete Wagenspur. Man benützte damals noch kaum Gummiräder, keinesfalls auf der Streicherhöhe, sondern eisenbereifte Holzspeichenräder. Mein Vorderrad verhedderte sich. Ich konnte mich aus der harten Rinne nicht mehr befreien und warf um. Es streute mich, wie man damals sagte. Gerade auf die linke Seite flog ich, wohin ich die drei rohen Eier verfrachtet hatte.
Da hatte ich nun die Bescherung! Der Knatsch tropfte aus der Joppentasche. Wie sollte ich in meinem bedauerlichen Zustand dem gewohnten Leutespalier am Badeck begegnen? Dort sollte ich doch den Postkasten leeren.
Ich riskierte verwegen den Griff mit dem Schlüssel nach vorne. Als ich mich aber vom Radsattel aus weit nach dem Türl des Postkastens beugte und streckte, zog ich die Hose stramm, strammer, als ihr in ihrem Zustand guttat. Es platzte, krachte, schlitzte das Kunstwerk der Beckin auf meinem Hintern. Die zahlreich vorhandenen Kurgäste beutelte der Lachkrampf. Ich aber trat heftig in die Pedale und haute ab zur Post.[24]
Wenn ich daran denke, packt mich heute noch die Wut gegen die längst verblichene Streicherhöherin.
Jedoch tröstet mich ein Aktenfund in meinem Archiv, der von einem Unfall der Streicherhöherin berichtet. Hier entdeckte ich, dass der allmächtige und gerechte Gott in seinem grenzenlosen Vorauswissen schon 1951, einige Jahre zuvor, die böse Zeitgenossin für ihren Frevel bestraft hat (NB. Bitte, meine komische Theologie nicht ganz ernst nehmen, weil ich sie aus der Schrift und Tradition nicht belegen kann!) In dem Bericht heißt es:
„Linker Fuß (Knöchel) starke Prellung mit Bluterguss. Die Verletzte wollte die Kuh melken, dieselbe schlug aber aus und traf die Bäuerin auf den linken Knöchel, sodass sie zusammenfiel und nicht mehr gehen konnte. Sie wurde vom rasch hinzukommenden Ehemann in die Wohnung getragen.“[25]
Wegen der oben erwähnten Einöderstimme hat sie der Ehemann Heinrich wahrscheinlich schnell gehört!
7. Ludwig Gießhammer, geb. 16.12. 1906. gest. 2.12. 1964, °° mit Therese Köglmeier am 31.12.1946, geb. 13.8.1922, verst. 29.6.2010
Kinder:
Therese
Pauline
Unter diesen Beiden wurde auf der Streicherhöhe das Haus Streicherhöhe Nr. 2 erbaut. Dieses Haus war als Austragshaus gedacht. Es besteht aus einem Wohnhaus, einem Nebengebäude, Hofraum und Garten. Die abgetrennte Fläche betrug 1531 qm.[26]
In diesem Hause wohnte die oben erwähnte nachgeborene Tochter Heinrichs und der Therese Emilie in aufwändiger Manier. Deswegen ging das Haus leider verloren. Zur Zeit gehört es einer Familie Hölzl.
Es bleibt noch zu erwähnen, dass sich Therese Gießhammer bis zum Tod ihres Ehemanns Ludwig unter Aufbietung ihrer ganzen Kraft und Gesundheit für seine Pflege aufgeopfert hat. Dies und die Pflichten im Haus, auf dem Hof und in der Landwirtschaft hat wohl auch sie aufgezehrt. Aber in dieser Hinsicht bleibt sie ein Vorbild an fürsorgender Liebe für die Kinder und Enkelkinder.

Therese Gießhamer mit ihren beiden Töchtern Therese und Pauline. Therese auf dem Pferd.
Therese Gießhamer mit ihren beiden Töchtern Therese und Pauline. Therese auf dem Pferd.

8. Reinhold Bergler °° mit Therese
Er ist in das öffentliche Leben von Peising und Bad Abbach bestens integriert. Im Gegensatz zu seinem Ahnherrn Heinrich Köglmeier liebt er die Gesellschaft und weiß sich in ihr gut aufgehoben.
Das zeigt seine Mitgliedschaft in mehreren Vereinen und Gliederungen.
Seine Frau ist Therese, geb Gießhammer
9. Der Erbe von der Streicherhöhe ist der Sohn Markus. Glück und Segen möge die Streicherhöhe in der Zukunft alle Zeit begleiten!
[1] Familienbesitz Bergler
[2] Plankarte Vermessungsamt Abensberg; Miniphoto Familienbesitz Bergler
[3] Akt Branntweinaufschlag. Archiv von Bad Abbach 8.2.2. VII.6
[4] Wagner, Hans. Teugn, Vom königlichen Kammergut zur Gemeinde. Verlag der Gemeinde Teugn 1990, S. 121 und S. 229 – 254. .
[5] Register der Gastwirtschaften im Landgericht Kelheim. Liste. Archiv von Bad Abbach.
[6] Protokoll eines Vergleichs zwischen Benedikt Zirngibl und Alois Dantscher vom 26. März 1859. Beilage zu Operat 1. Vermessungsamt Abensberg. Eingeholt am 11.5.2011.
[7] Reihe der Kindlwirte zu Peising: (alles aus Sterbematrikel des Standesamts Peising im Archiv von B.A.)
a) Anton Kindl, aus Altegolfsheim, Bez.A.Regensburg, zuerst Bauer (Nr.34), dann Wirt (Nr.33) °° Anna Maria Kammerseder
b) Anton Kindl, geb. in Altegolfsheim, Gastwirt (Nr.33) zuletzt Privatier, + 1911 °° Philomena Hölzl aus Weichs
c) Josef Kindl, Land-und Gastwirt °° Ida Kindl, geb. Stadler von Untermassing, + 18.12.1968.
d) Johann Kugler, Land- und Gastwirt * 21.10.1891 in Langenbruck, Landkreis Amberg + 1.11.1961°° mit Ida, geb.Kindl
e) Ludwig Kugler
[8] Operat wie oben.
[9] Operat des Vermessungsbezirks Abensberg N. 1249 pro 1864/65 mit Planbeilage . Detailblatt N:O: XXXVII 16 Königliches Landgericht und Rentamt Kelheim
[10] Brandversicherungs-Schätzung für die Gebäude auf der Streicherhöhe für Heinrich und Therese Köglmeier vom 30. Januar 1911. Privatbesitz Bergler.
[11] Aus Urkunden des Vermessungsamts Abensberg / Standesamts Urkunden von Abbach/Peising – Sterbebücher im Archiv von Bad Abbach./ Grabbuch von Peising, Archiv von Bad Abbach , Peising VII./ Grabdenkmal – Inschriften vom Friedhof Peising / Interviews mit der Familie Reinhold Bergler am 27.5.2011 /
[12] Sterbebuch Peising 5/1890
[13] Sterbebuch s.o.!
[14] Verzeichnis der Mitglieder der königlich Bayerischen staatlich geleiteten Hagelversicherungs Anstalt in der Gemeinde Peising. Archiv B. Abbach/ Peising II. 4.3.1.a. Akt 1934.
[15] Sterbebuch Peising 9/1905.
[16] Sterbebuch Peising
[17] Sterbebuch Peising 1/ 1969
[18] Archiv Bad Abbach/ Peising XIV.
[19] Auskunft Standesamt Bad Abbach, Geburtenbuch.
[20] Grundsteuermessbescheid. Archiv Bad Abbach/ Peising VIII.
[21] Einhebungsliste 1944, a.a.O.
[22] Archiv von B.Abbach/Peising 4.3.1.a.
[23] Hundesteuerliste Peising 1948. Asrchiv von Bad Abbach/ Peising VIII.
[24] Aus Kraus, Alfons. Bilder meines Lebens. Unveröffentlichtes Manuskript.
[25] Unfallbericht vom 18.10.1951. Archiv Bad Abbach/Peising VII.
[26] Aufmessung Vermessungsamt Abensberg 21. April 1967.

Von |2022-02-22T17:34:34+01:0022. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

132: Peisenhofen

Direkt an der Straße von Bad Abbach nach Saalhaupt, gleich nach Frauenbrünnl, liegt die Einöde Peisenhofen. Wir Älteren in der ganzen Umgebung nannten den Flecken noch „Peisinghofen“ – eingedenk seiner früheren Zugehörigkeiten:
Zur Entstehungszeit wird es wie Peising selbst den Angehörigen des Piso, des dortigen Stammesältesten in der bayerischen Landnahme, gehört haben, und bis zur Eingemeindung nach Bad Abbach 1978 gehörte es politisch ohnehin zu Peising. Darum ist „Peisinghofen“ – meines Erachtens – korrekter als Peisenhofen.

Luftbild von Peisenhofen
Luftbild von Peisenhofen

In dem Buch „Der Landkreis Kelheim“, erschienen 1981 S. 231 ist über Peisenhofen vermerkt, dass es, wie unten folgen wird ,1043/44 erstmals urkundlich erwähnt wird In Fö 308 werde Peisenhofen „ Bei den Höfen des Piso“ genannt.
Im Laufe meiner Recherchen für dieses Buch begegnete mir Peisenhofen einige Male.
Zum ersten Mal war es, als ich mithalf, für die Feuerwehr zu Peising die Festschrift zum 135jährigen Gründungsjubiläum zu erstellen. Ich übersetzte die oben genannte Urkunde des Klosters St. Emmeram zu Regensburg (Tr.Regensburg Nr. 475) aus dem Lateinischen in die deutsche Sprache. In der betreffenden Urkunde entdeckte ich vermutlich die Stelle, mit der Peisenhofen zum ersten Mal urkundlich erwähnt wurde.
Dort heißt es: „1043/44 übergibt ein Städter namens Hagano , der für sein ewiges Heil aufgibt, was der Welt gehört, Pisinhova (Peisenhofen) mit allem und allen, die dort leben, dem Kloster St. Emmeram, einschließlich Havuart, einen Edlen mit seinen Leibeigenen. Ebenso verfährt er mit dem Besitz des Havuart in Saalhaupt, dessen Vater Job war, wenn sich dieser nicht binnen fünf Jahren mit 40 Talenten herauskauft.“
Der erste bekannte Siedler auf Peisenhofen war demnach Havuart. In Saalhaupt gab es auch einen Havuart, dessen Vater Job hieß. Ob Job auch der Vater des Peisenhofeners war, ist hier nicht klar. Es ist außerdem zu bedenken, dass in dieser Zeit und für das Kloster St. Emmeram gelegentlich Urkunden erstellt wurden, die dazu dienten, Besitzztransaktionen zu rechtfertigen und Bauerngüter einzuheimsen.
Dann schrieb ich 2004 zum 475 jährigen Jubiläum der Privatisierung des Widumshofes von Eiglstetten eine Festschrift. Auf der Suche nach Informationen durchackerte ich die bei uns im Archiv lagernden Landgerichtsakten des 17. und 18. Jahrhunderts, soweit sie vorhanden waren. Hier war Peisenhofen ein paar Mal aktenkundig, weil sich die Nachbarn offenbar nicht besonders mochten. Die einschlägigen Pönfälle lauteten:
„1663. Leonhard Amon zu Aiglstetten, umb willen Er mit sein rdo Viech und Pferdten underschidlichmahl dem Siespaur zu Peisenhoven in seinen Traidern grossen schaden gethon, deshalben Er Amon neben guettmachung der schäden gestrafft worden…
1664. Georg Siespaur zu Peisenhoven, welcher aus einem alten Hass wider den verstorbenen Leonhardt Amon zu Aiglstetten ausgeben und gesagt, beriter Amon hab sich selbst erhenckht, destwegen gestafft worden …
Balthasar Amon zu Aiglstetten, umb willen er nach den empfangnen schlögen erst dem Siespaur Nächtlicher weill fürs Haus geloffen, zwar mit dem Vorwandt, das Er sein verlohrenen Huet bey ihme gesuecht selbigen aber mit villen ausgestossnen Iniuriworten herausgefordert, neben gebnen harten stöss gewandlet worden …
1729. Maria Amonin Peurin zu Aiglstetten und Walburga Amanin auch Peurin zu Peysenhoven haben aneinander sv. Huren iniuriert, iedoch eine gegen der anderen nichts ungleichs darthuen khonnen. Also beede mit ex officio aufhebung abgestrafft worden …
Dann kam aber noch mehr auf die Tagesordnung. Die Peysenhoferin hatte die Aiglstetterin eine sv. Wamppete Zuchtl genannt.
Auch ist immer wieder von feindseligem Überweiden der nachbarschaftlichen Wiesen und Abweiden der bestellten Felder die Rede.
Aus diesen Texten ist zu erfahren, dass ein Besitzer des 17. Jahrhunderts Georg Siespaur hieß, Ewa 60 Jahre später saßen dort Leute mit dem Namen Aman oder Amon (NB.: Leseschwierigkeiten! A.d.V.) Im letzteren Falle wären die Gegnerinnen sogar verschwägert gewesen.
Als ich für die Arbeiten über die Ziegeleien und Kalkbrennereien in Abbach nachforschte, begegnete mir eine Akte, die besagte, dass es in Peisenhofen eine uralte Ziegelei gab, „die seit anno 1739 öd liegend verblieben ist.“
Über dortigen Lehmlagerstätten und Verfahrensweisen der Herstellung ist in dem Papier nichts vermerkt, auch nicht über die Abnehmer und Verwendung der dortigen Produkte
Wir erfahren aber aus der genannten Urkunde, dass dem Markt Abbach um die Gebühr von 8 Gulden 39 Kreuzer die Peisenhofener Kalk- und Ziegelbrennerei-Gerechtigkeit übertragen wurde, die sie hernach dann (ab 1791) an andere Bewerber weiterverpachtete. Die Gemeinde hatte zusätzlich an die Churfürstliche Hofkammer jährlich eine Gebühr von 1 Gulden 0 Kreuzer 4 Heller zu zahlen, wie aus einem weiteren Schreiben des Churfürstlichen Rentamts in Straubing zu entnehmen ist.
Bei meinen Recherchen zu den napoleonischen Kriegen fand ich sog. Vorspannlisten der Jahre 1810/12/13, in denen aufgezeichnet ist, welche Gespanne und Fuhrwerke die Bauern der Gegend bereitzustellen hätten, mit denen Napoleon nach Russland aufbrechen wollte.
Damals hieß der Bauer zu Peisenhofen Josef Weinzierl. Er war zur Bereitstellung von 2 Wägen verdonnert. [1]
Dann schrieb ich 2011 die Geschichte der Streicherhöhe. Beim Vermessungsamt in Abensberg lag die Kopie eines Rechtsstreits zwischen dem Abbacher Handelsmann Benedikt Zirnbibl und dem ehemaligen Peisinger Bauern und Gastwirt Aloys Dantscher, der sich um 1850 nach Teugn veränderte. In dem Streit ging es auch um ein kleines Grundstück von 18 Dezimalen mit der Flurnummer 1070, Gemarkung Peising, das sich damals im Besitz eines Johann Robold, Schuhmachers in Peising befand und das zur Arrondierung der neu zu erstellenden Fläche der Streicherhöhe benötigt wurde. Dieses Waldstück habe ursprünglich zur Einöde Peisinghofen gehört.
Unter allen familiären Wechselfällen interessierte mich vor allem, wann die jetzt und seit langem in Peisenhofen lebende Familie Blümel lebt und wirtschaftet. Dabei musste ich feststellen, dass sie nicht, wie man vermuten möchte, aus Peising stammt, sondern aus Stumpfreit in der Gegend von Rothenburg an der Laber. Den Anfang dieser Präsenz kann man ziemlich genau beziffern. Es wird kurz nach 1848 gewesen sein, nachdem der erste Blümel, nämlich Georg, in diesem Jahr die Ehe schloss.
Die genealogische Stammreihe ab Georg Bümel ist folgende:
1. Georg Blümel, Bauer zu Peisinghofen
* 29.08.1817 in Stumpfreit
°° 28.03.1848 Helena Meier aus Aufhausen
+ 15.05.1895 in Abbach
Kinder
Josef * 1853, + 28.2.1895
Johann* 1857 + 20.1.1927
2. Johann Blümel, Bauer zu Peisinghofen
*1857
°° 03.07.1886 Theresia Robold
+ 20.1.1927
Theresia * 26.08.1863, + 16.07.1940
Kinder
Johann + 19.6.1887 (3 wochen alt)
Georg + 26.3.1888 (2 Tage alt)
Nikolaus + 14.10.1889 (1/2 Stunde alt)
Ludwig + 20.8.1890 ( 1 Tag alt)
Joseph * 20.01.1896
Nikolaus + 3.12.1905 (1 Tag alt)
3 Töchter, Namen unbekannt
3. Joseph Blümel, Bauer zu Peisenhofen
* 20.01.1896
+ o7.06.1965
°° 20.11.1922 Theres Fröhlich von Peising
Theres *01.12.1899
+04.09.1978
Kinder
Joseph * 04.11.1923
Albert * 24.05.1925
Franz * 05.01.1927
Theresia * 30.07.1929
4. Franz Blümel, Bauer zu Peisenhofen
* 05.01.1927
°° 26.04.1956 Hildegard Kabl +07.o4.1984
+13.10.1992
Kinder
Hildegard * 1606.1958
Franz * 04.07.1961
Sieglinde * 18.09.1962
5. Franz Blümel, Bauer zu Peisenhofen
* 04.07.1961
°° Marion Bleicher aus Bernhardswald * 1975
Kind
Sophie * 28.11.2010
Ich möchte noch hinzufügen, dass das Anwesen Peisenhofen 32 ha Ackerland und 6 ha Wald umfasst.
Eine Episode aus der Vergangenheit besagt, dass das Frauenbrünnlfest früher den Namen „Peisinghofener Dult“ trug. Ich kann mich an kein dortiges Fest erinnern, nur daran, dass der an Frauenbrünnl anliegende Acker, der zu Peisenhofen gehörte, ab 1950 als Parkplatz für die zahlreichen Pilger diente, die per Auto zum Brünnlfest erschienen.
Auch das sog „Peisinghofener Kreuz“ möchte ich noch erwähnen, das neben der Straße nach Saalhaupt auf der Anhhöhe stand, bevor es in die Peisenhofener Senke geht. Das gleiche Kreuz stand an der Straße kurz vor Frauenbrünnl, ebenfalls bevor es in die Senke geht. Es hieß das „Hönigkreuz“. Es waren mächtige Holzkreuze, ca 3 m hoch, der Corpus war aus Blech ausgeschnitten und bunt bemalt. Beide Kreuze waren oft renovierungsbedürftig. Das Peisinghofener Kreuz wurde entfernt, das Hönigkreuz zwischen Weichs und Frauenbrünnl existiert noch.
[1] Vorspannlisten. Archiv XV.8.2.3.b (X.7).

Von |2022-02-22T17:16:56+01:0022. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

133: Eingriffe in Natur und Struktur durch das BRK und nachher (2011)

Als ich im Archiv eine Beschreibung des alten Schwefelbads suchte, fand ich bei der Quartierliste vom 22. Mai 1754 (Badbesuch der Landesmutter Maria Anna) einen mit Bleistift geschriebenen Zettel, worauf zu lesen war, dass sich „im anderen Haus“ (= Brauhaus, später das ehemalige, jetzt abgerissene Schwesternhaus in der Kochstraße, aber ohne obere Stockwerke) 10 Zimmer befanden, dann ein Hofkeller mit 3 Nebenkellern und deren Zurichtung an Brettern (…)[1]

Der Bergkeller, der damals drei Nebenkeller hatte, bestand also schon 1754., bestimmt auch schon lange Zeit vorher. Über die Ursprünge ist leider in hiesigen Akten nichts berichtet. Durch einen Vergleich der verwendeten Ziegelsteine könnte man aus der Ziegelbrennereigeschichte Abbachs und der Umgebung ( z.B. Irading) Weiteres herausbringen, wenn man dafür genügend Zeit und Lust hätte.
Jetzt, im September 2011, sind die oben erwähnten Gebäulichkeiten abgerissen, und was sich dahinter befindet ist dem freien Blick zugänglich. Mit Erstaunen sehe ich eine massive, hässliche Betonstützmauer gegen den Berg, in die noch drei Eingänge in die Keller auszumachen sind. Einer dieser Eingänge führt in den oben „Hofkeller“ genannten Hauptkeller, eine weit in den Berg reichende Röhre, die jetzt wieder das Interesse der Öffentlichkeit findet. Während des 2. Weltkrieges war dieser Keller Luftschutzbunker, in den ich persönlich noch mit Mutter und Schwester ab 1944 fast jede Nacht, manchmal auch tagsüber, zur Sicherheit vor Bomben flüchten musste. Von den drei Nebenkellern bestehen noch zwei Eingänge in der Betonwand. Den dritten Nebenkeller müsste man suchen!

Außenansicht Bräukeller 2011
Außenansicht Bräukeller 2011

Bis etwa 1950 hätte es diesen hässlichen Anblick nicht gegeben. Erst als das BRK in Bad Abbach baulich tätig wurde, und es den Personaltrakt aufstockte, errichtete es die Stützmauer gegen den Berg hin. In der Zeit vorher hatte dieser seinen sanften, naturgemäßen Auslauf, der mit Bäumen und Buschwerk bestanden war. Allerdings befand sich dort nebenbei auch viel hässlicher Unrat und überflüssiges Gerümpel, das man hinter dem bestehenden Gebäude versteckte. Ich kannte mich dort gut aus, weil ich in der Nachbarschaft (jetzt Bäckerei Müller) wohnte, und wir Kinder das ganze Gelände als Paradies für Spiele aller Art nutzten.
Auf dem obigen Bild werfen wir einen Blick auf das Vorfeld zur Stützmauer. Dort stand also das sog. Schwesternhaus. Noch tiefer blickend sehen wir den Fußgängerstreifen der jetzt wieder befahrbaren Kochstraße. Das Areal davor ist für die Neugestaltung und Bebauung vorgesehen. Darum muss erst einmal die Standfestigkeit der Betonstützmauer gegen den Berg untersucht werden, damit es nicht etwa später, wenn der neue Ortsteil steht, wegen eines Bergrutsches eine Katastrophe ungeahnten Ausmaßes gibt. Der Preis für eine solche Untersuchung wird auf 25 000 € geschätzt. Es handelt sich um eine wohl unvermeidbare Investition in die sichere Zukunft für das neue Projekt. Es existieren bereits vorläufige Pläne, die von der Marktverwaltung der Bürgerschaft in einer Bürgerversammlung und mit einer „Wettbewerbsdokumentation“ „Abbruch, Umbruch, Aufbruch“ im Sommer 2011 vorgestellt wurden.

Lageplan städtebaulicher Wettbewerb
Lageplan städtebaulicher Wettbewerb

Etwas mehr als ein Jahr später, im Sommer 2012 erkannte man jedoch offensichtlich, dass der hochgelobte Entwurf doch nicht das Gelbe vom Ei war.

Bürgermeister Ludwig Wachs meinte dazu: „Allerdings brachte der Wettbewerb nicht den gewünschten „Aha-Effekt“ und mit den Ergebnissen waren wir nicht ganz einverstanden. Nun haben wir teilweise aus diesen Vorgaben Grundstrukturen aufgegriffen, vermeiden dadurch eine absolute Bebauungsdichte und geben damit dem Ganzen, gerade gegenüber vom Cafe Müller, mehr Weite, Luft, Raum. Dieser Bereich gibt dann die Möglichkeit von Veranstaltungen und Festivitäten.“[2]

Bald darauf stellte die MZ das neue Konzept des Investors Archus Bösl aus Mainburg vor. Dazu bemerkte der Herr Bürgermeister, dass der Gemeinderat den Planentwurf des Büros KomPlan bereits gebilligt habe. Es entstünden auf einem Teil des Areals von insgesamt 12 500 Quadratmetern drei Geschosswohnbauten, acht Einfamilienhäuser und zwei etwas größere Bauten.[3]
Den neuen Plan füge ich an dieser Stelle bei:[4]

Auszug Bebauungsplan Altstadt C
Auszug Bebauungsplan Altstadt C

[1] Archiv 8.2.2 (VII.1)
2] Wochenblatt vom 22. August 2012, S. 8.
3] Vgl. MZ vom 20. September 2012, S. 48.
[4] A.a.O.

Von |2022-02-22T17:10:42+01:0022. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

134: Freiheit und Friede – als sie sich in Bad Abbach in den 1970er Jahren auf dem Prüfstand befanden

Auch dies gehört leider zur jüngeren Bad – Abbacher Geschichte und soll nicht unterschlagen werden:
Als ich im Jahre 1969 mein Priesteramt aus Zölibatsgründen niederlegte, galt dies hier zu Ort als „Jahrhundertskandal“, der die Gemeinde erschütterte. Örtliche und überörtliche Fundis ereiferten sich darin, mich und meine Familie wegen meiner Entscheidung mit Verachtung, übler Rede, ja bitterem Hass zu bestrafen. So war es nach ihrer Meinung Gottes und der Kirche Wille. Die „Frömmsten“ und Aktivisten aus der Pfarrei und deren Gliederungen waren die eifrigsten Richter.

Ausgeschlossen aus den Heimatgemeinden wie Aussätzige sollten wir sein, meine Frau und ich. So forderte es der Domkapitular, der uns in Regensburg nach der sogenannten Dispense kirchlich traute: „Geht nirgends mehr wohin, wo euer Fall bekannt ist, wenn ihr die kirchliche Trauung wollt!“ Das hieß ausdrücklich „vor allem nicht in die Heimatorte“, wo unsere Mütter noch lebten. Ich widersetzte mich jedoch schriftlich dieser Vorschrift.
Nicht erst jetzt, nach fast einem halben Jahrhundert, weiß ich, dass das erwähnte Verhalten der Gesetzestreuen der eigentliche Skandal ist.
Heute, nach dem Missbrauchs-Schock in der katholischen Kirche des Jahres 2010 halten die meisten Mitmenschen meine damalige entschiedene, aber schmerzliche Entscheidung für ehrlich und sittlich geboten. Fast alle Anfeindungen wurden durch die Natur gelöst.
Abt Joachim F. Angerer fragt: „Sind wir dem Volk Gottes verpflichtet oder einem Gesetz aus dem 11. jahrhundert, das auf damalige Zustände, Besitzverhältnisse und Abweichungen vom Priesterideal reagierte, ausgeliefert? Zölibat ist nicht Selbstzweck oder ein von Jesus vorgeschriebenes noch deutlich vorgelebtes Bild der Diener des Volkes Gottes. Dass man darüber nicht einmal sprechend darf, (…) darin liegen die Blockaden und der Stillstand.“[i]
Dazu ein Beispiel:
Im Jahre 1990 brachte Bernd Marz (+2008), Journalist, Theologe, Pressereferent bei der Deutschen Bischofskonferenz beim Patmos Verlag Düsseldorf das Buch „ Alles für Gott? Priester sein zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ heraus. Für das Buch wurden 17 Priester, darunter auch ich, solche im und ohne Amt um ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit der zölibatären Lebensform gefragt. Der Titel meines Beitrags lautete „ Ich bin weder der Fluss noch das Ufer“.
Das Erzbistum Köln des Kardinals Meisner ließ die gesamte Auflage (5000 Stück) mit der Forderung nach Nicht-Wieder-Auflage aufkaufen. Die bereits ausgelieferten Exemplare sollten nicht mehr verkauft werden dürfen, damit die Geschichten ja nicht unter das Volk kämen.
Das ist ein offensichtlicher Fall von Vertuschung! Oder ist so etwas ein legaler, „gottgefälliger“ Skandal? Sogar bei Pustet in Regensburg wurde das Buch nur mehr unter der Ladentheke geführt, bis es aus der offiziellen ISBN- Liste gestrichen war.

Alles für Gott?
Alles für Gott?

Mein Heimatort hat heute den „Skandal“ offensichtlich überlebt, und ich hoffe, dass er durch mich keinen Schaden erlitten hat.
(Abdruck meines damaligen Beitrags“ Ich bin weder der Fluß noch das Ufer“ folgt im Bad Abbacher Kurier.)

Von |2022-02-22T17:04:42+01:0022. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

135: Gemling – vom Markt Bad Abbach an Kindes statt angenommen

Im Hintergrund Gemling vom Kühberg aus im Herbst 2011 (Photo Kraus)
Im Hintergrund Gemling vom Kühberg aus im Herbst 2011 (Photo Kraus)

Schon der Titel der Geschichte über Gemling lässt erkennen, dass die damalige Einöde nicht immer schon zum Markt (Bad) Abbach gehörte, sondern anderswo hin, nämlich zur Gemeinde Poign, die bei der Gemeinde – Gebiets- Reform nach 1973 ihrerseits weiter nach Pentling umgegliedert wurde. Gemling gehört erst seit 1978 zu Bad Abbach. [1]

Der Umstand, dass es in Gemling seit urdenklichen Zeiten bis in die 1960iger Jahre zwei Bauernhöfe gab, die eine sehr wechselvolle und voneinander sehr verschiedene individuelle Geschichte hatten, macht die Nachforschungen kompliziert, aber spannend. Zur Zeit befinden sich in Gemling sogar vier Gehöfte, was bei der gegenwärtigen allgemeinen Verdichtung der Räume nichts Besonderes ist.
Das Land um Gemling war – wie wir wissen – schon zur Römerzeit für siedlungswillige Menschen interessant. Ihre Spuren hinterließen sie unter anderem in der 1982 bis 1984 vom Landesamt für Denkmalpflege in Landshut freigelegten römischen „Villa rustica“, einer Hofstelle, bei der man eine Menge interessanter und datierbarer Funde bergen konnte. Diese Geschichte dauerte bis etwa in das vierte und fünfte Jahrhundert und nahm mit den Einbrüchen der Völkerwanderung (Markomannen, Vandalen, Hunnen) ein Ende.
Im sechsten Jahrhundert änderte sich die Lage mit der baierischen Landnahme wieder und das Land um Gemling nahmen die neuen Herren, die Agilolfinger in Besitz, die Regensburg als ihr Macht-Zentrum auswählten. In dieser Zeit scheint das jetzige Gemling entstanden zu sein, nachdem die Orte mit dem Zugehörigkeitssuffix – ing in der Regel zur Zeit der Landnahme entstanden[2].
Der Ortsname könnte auf das altbayerische Nomen Gemen, Gemend oder Gmähn [3] (verbunden mit dem Suffix –ing) zurückgehen, was so viel wie einen Ort, an dem man Spann- und Zugvieh hält, bedeutet, was in der Nähe von dem Herrschaftssitz Regensburg durchaus möglich wäre. Auch das Verb „geben“ im erweiterten altbayerischen Sinne könnte in Frage kommen, was dem Ammer oblag, der Naturalien an den Grundherrn, hier die Kirche, zu erbringen hatte. Gem(b)-ling wäre dann ein Ort, der vom Lehen oder Gut des Grundherrn die Gilt (den Zehent) aufbringt.[4] (Siehe „Gömbling“ im Salbuch von Emmeram Hem).
Zum besseren Verständnis der vorausgehenden und folgenden Überlegungen, der Klarheit über die Besitzverhältnisse in Gemling also, sei Folgendes vorausgeschickt:
Beide Höfe waren bis zur Säkularisation (Reichsdeputationshauptschluß in Regensburg 1803) im Besitze der Kirche, allerdings unter wechselnden Zuständigkeiten:
Gemling 1, ein Amthof, war erbrechtig zum Reichsstift St. Emmeram in Regensburg grundbar, gehörte demnach den Benediktinern. Nach 1803, nach der allgemeinen Enteignung der Kirchengüter, fiel es an den bayerischen Staat, verwaltet durch das königliche Rentamt in Kelheim.[5]
Gemling 2, ebenfalls ein Amthof, war erbrechtig aber an das Damenstift Niedermünster in Regensburg grundbar, gehörte den dortigen Kanonissen und erlitt nach 1803 das gleiche Schicksal wie Gemling Nr. 1
Gemling 3 (damalige Zählung!) war das gemeinsame Hüterhaus von 1 und 2, im heutigen Goldtal gelegen[6]
Wie sich zeigen wird, waren über die Jahrhunderte, bis zu der Zeit vor der Säkularisation ( 1803), die schriftlichen Zeugnisse über den jeweiligen Grundherrn (Besitzer) etwas unklar:
973 schenkte Kaiser Otto I. der 9. Äbtissin des Frauenklosters Niedermünster zu Regensburg umfangreichen Klosterbesitz z. B. in Lindhart. Im Laufe der Jahrhunderte, bis zur Entstehungszeit des zweiten Herzogurbars 1280 hatte sich die niedermünsterische Propstei Lindhart zum Interessensschwerpunkt Niedermünsters entwickelt. Sein Besitz war weit gestreut. Im Salbuch des Reichsstifts von 1444 verfügte es über fünf Ruhepunkte für den Fall der Besitzbeschau , fünf Schrannen. Die fünfte Schranne war die in Saal mit den Amtsbezirken Herrnsaal, Einmuß und Gemling mit je einem Amtshof.[7]
„1586 (allerdings) werden zwei Höfe in Gemling im Gericht Abbach als zur Propstei Niederlindhart gehörig bezeichnet.“[8]
1802, ein Jahr vor dem Beginn der Säkularisation in Bayern, berichtet eine „Anzeige der Niedermünterischen Besitzungen auf dem Lande in Bayern, dass sich die Propstei Niederlindhart in drei Schrannen einteilen lasse. Dieses Mal war Saal die dritte Schranne mit den Dörfern Obersaal, Untersaal Herrnsaal, Kelheimwinzer, Irlbrunn, Thaldorf, Einmuß, drei Mühlen und etlichen Einöden, darunter auch, wie oben erwähnt Gemling.
Erst nach dem April 1812 wurden im Zuge der Säkularisierung aus der Propstei Niederlindhart Einzelgegenstände, gemeint sind Einzelhöfe, veräußert. [9]
Ein Landgerichtsschreiber von Abbach merkte um 1800 an, dass der Pfleger Sterlmaier 1645 berichtet habe, dass ein Hof in Gemling, auch Aumeier Hof genannt, zwar seit 1552 nach Niedermünster lehnbar gewesen sei, aber von Kammerer und Rat von Abbach vor 150 Jahren von dem Auer von Brennberg gekauft und dem Gotteshaus St. Nikola überlassen worden sei, damit ein Pfarrer eine Wochenmesse lesen könne. So habe die Äbtissin Anna Maria zu Niedermünster ( Ana Maria von Salis 1616 – 1652) nie etwas in Gemling zu suchen gehabt. Aus dieser Stelle geht hervor, dass man im Markt Abbach die Niedermünsterische Hoheit nie bedingungslos anerkennen wollte.[10]
Über die unklaren Besitzverhältnisse in Gemling gibt das „Saal- Buechl“ des Abacher Pfarrers Emmeram Hem, der von 1673 bis 1681 hier Pfarrer war, auch keine eindeutige Auskunft. Darin heißt es:
„ Gömbling, ein Einöd. Bei beiden Bauern alda, so zu der Propstei Niedermünster zu Regenspurg gehörig, hat das Augustiner Closter in allem Zehent zworn, und der Pfarrer zu Abach ein Thail außer des Säxenbergs. Darbei hat das Augustiner Closter zwei und St. Haymerams (Emmerams) Stüft und Closter zu Regenspurg ain Garb.
Alda zu Gömbling hat ein Pfarrer zu Abach bei des alten Sittmayers Velt oder Sölden den Zehent allein, wie Folie 6 und 7 schon verzeichnet worden.
Über den Garten Zehent wird berichtet, wie der Getrait Zehent, zworn Thail den Herren Augustinern, ein Thail dem Pfarrer.“[11]
Während der Zeit Gemlings unter der Niedermünsterischen Ägide des ausgehenden Mittelalters gab es, wie angedeutet, also des öfteren Streit um die Besitzverhältnisse.
Im Notizen-Buch der katholischen Pfarrei Abbach erwähnt Pfarrer Neuhörl ( 1752 –1769) des weiteren, dass 1418 Zechpröbst und Bürger von Abach den ganzen Gemlinger Hof unter Pfarrer Paulus Würther dem Pfarrgotteshaus St. Nikola überlassen hätten, damit dort täglich eine hl. Messe für die Stifter gelesen werde. Würther aber habe schon 1421 den Hof um 63 Pfund Regensburger Pfennige, ( das sind etwa 170 Gulden) an zwei Brüder verkauft. Der Pfarrei sei nichts mehr als 9 fl 4 Kreuzer für das Lesen der Jahrmesse übrig geblieben.[12] Mit Blick auf die Folgezeit war dies ein missglückter Privatisierungsversuch.
So wurde also bereits 1421 Gemling von Pfarrer Würther in private Hände gegeben, was, wie wir sahen, vermeintlich zur Kirchenpfründe gehörte, wie es ca. 100 Jahre später,1529, mit dem Widdumhof Eiglstetten durch Pfarrer Hüller erfolgreich geschah, wo allerdings ein formaler Erbrechtsbrief errichtet wurde.
Von Pfarrer Hem existiert auch ein „Zehent-Hausregister“ ab der Jahre 1673. Es wird dort spezifiziert:„Zehent Verstiftung bei denen Einöden der Pfarr Abbach gehörig. Gembling
Wird daselbst in Natura auf dem Hof gelagert und in den Pfarrhof heimgeführt.
1675 Vom Säxenberg nach St. Emmeram zu liefern Korn 4 Mezen , Habern 4 Mezen. Bin auch noch ersagtem St. Emmeram Stüft des 1674. Jahr noch zu zahlen schuldig, als Korn 4, Habern 4 Mezen.“
Für 1676 wird berichtet, dass am 14. Juli vom Saxenberg 24 (?)Stüftgeld bezahlt und der neue Zehent zu je 4 Mezen entrichtet wurde. 1677 wurden vom Saxenberg an das Stft St. Emmeram zwischen Michaeli und Martini 4 Mezen Korn und 6 Mezen Habern abgeführt[13].
An dieser Stelle kommt der „Sachsenberg“, bei Pfarrer Hem „Säxenberg“, in das Blickfeld. Es handelt sich um eine ausgedehnte Flur, nord-östlich von Gemling bis Seedorf, den Berg hinauf und bis zum Hohengebrachinger Pfarrwald.
Es kommt die Frage auf, warum es mitten in Bayern für diese Flur die Bezeichnung „Sachsenberg“ gibt.
Ein Erklärungsversuch könnte sein, dass Otto I. seinem Bruder Heinrich – statt dem Heinrich aus dem Geschlecht der Liutpoldinger – das Herzogtum in Bayern überließ, obwohl er wie er selbst ein Sachse war. Es gab bei diesem Handel . wegen der diversen gegenteiligen Besitzansprüche Differenzen. Diese Flur könnte bewusst und entschieden dem Sachsen, seinem Bruder, zugeteilt worden sein. Ein Zeichen der Bekräftigung und Besiegelung also, um den Streit zwischen den Parteien definitiv zu beenden.
Diese Gegend liegt ja in der Nähe der Burg zu Abbach, dem nunmehrigen Sitz der bayerischen Sachsenherzöge.
Es könnte aber auch sein, dass diese ausgedehnte Flur schon von Karl dem Großen, als er die Sachsen im 9. Jh. christianisierte, widerspenstigen Holden aus Sachsen zur Rodung und Urbarmachung zugewiesen wurde, wie es auch in Tirol häufig der Fall war..[14]

Plankarte Bad Abbach, von Herrn Wolfgang Wittmann, Bauamt zur Verfügung gestellt.
Plankarte Bad Abbach, von Herrn Wolfgang Wittmann, Bauamt zur Verfügung gestellt.

Nach der Säkularisation zog der erste bayerische König Max I. Josef das ganze Gemling an sich.
Schon 1809, aus der Zeit der napoleonischen Wirren, als aber aus der Propstei Niederlindhart eigentlich noch nichts veräußert war (1812!, s.o,!), verfügen wir über eindeutige Dokumente über Gemling mit der Bezugsperson Johann Gerl im hiesigen Marktarchiv. Damals schon wird der Besitzer- und Familienname Gerl in Gemling aktenkundig. Gerl besitzt den Hof Nr.1.[15] Er war offensichtlich früher Giltmann des Klosters St. Emmeram, hat aber den Hof später, nach dem baierischen Interim, erbrechtig übernommen.
In einer Quartierliste von 1809 wird Johann Gerl in Gemling ansässig aufgeführt und beherbergt „Königlich Baierische“ Truppen. 1811 logiert bei ihm ein Königlich Baierischer Offizier mit zwei Domestiken vom 9. und 10. Linien Infanterie Regiment. Die Gerl werden ab dieser Zeit konstant bis in unsere Zeit als Bauern in Gemling konstatiert.
1811 und 1812 erfahren wir im gleichen Zusammenhang den Namen des zweiten Gemlingers, in offenbar Gemling 2, nämlich Thomas, hernach Jakob Paur. Letzterer wird aber ab 1812 von Xaver Fahrübl abgelöst, der in diesem Jahr aber noch einen Vraßischen Sozius hatte.[16]
Einige weitere Dokumente:
Es war die Zeit, als Napoleon den Zug nach Russland vorbereitete. Er ließ vorher die Magazine neu bevorraten. Auch die Gemeinde und die hiesigen Bauern wurden zu Abgaben gezwungen. Ein Beispiel, bei dem der Gemlinger Bauer Johann Gerl ebenfalls namentlich erwähnt wird, sei hierher übernommen:
Am 30. Dezember 1811 erging vom Landgericht Kelheim in allerhöchstem Auftrag an den Markt Abbach der Befehl, am 14. Januar 1812, 8 Uhr, „unfehlbar und bei Vermeidung strenger Zwangsmittel“ 38 Rationen Stroh zu 12 schweren Pfund zur Kasernenverwaltung in Regensburg zu bringen. .
Für die Bauern sollte es eine Entschädigung „nach dem herrschenden Preis“ geben.18
Ein beiliegender Quittungszettel weist die Lieferanten aus und bestätigt handschriftlich den Empfang des Geldes. Es mussten liefern:
Markt Abbach 4 Rationen Unterschrift : Alois Mayer, Bürgermeister
Gemling 12 Rationen Johann Gerl, Gemling
Weix 16 Rationen Georg Schlauderer, Weix
Schlossberg 6 Rationen ohne Unterschrift
Im Februar/März 1812 zieht Napoleon mit 80.000 Mann, darunter 13.000 Mann Kavallerie durch unsere Gegend, fast alles Franzosen. Das Versorgungsmagazin in Eggmühl muss darum aufgefüllt werden. Das Landgericht in Kelheim hat zu konkurrieren. Der Markt Abbach muss 2 Schaff Haber, 60 Bund Heu a. 10 Pfund gegen versprochene Bezahlung. (Gutschein!) am 7. März, 15 Uhr, portofrei nach Eggmühl bringen. Wenn jemand sein Quantum im Acord übergeben will, so glaubt man, dass der Israelit Hittenbach die Lieferung übernimmt. Wenn jemand den Auftrag dem Israeliten übertragen will, muss er sich an den Rösslwirt Mathias Paul in Kelheim wenden. Ihn hat der Lieferant Lazarus zu seinem Geschäftträger ernannt. Für die Durchführung des Befehls ist jede Behörde zur strengen Beachtung verpflichtet. Der Markt Abbach zahlt lieber an den Rösslwirt in Kelheim am 2. März 1812 32 Gulden.19
Eine Liste aus dieser Zeit, die Gemling betrifft, jedoch ohne Namensnennung und Hausnummer, aber vermutlich dem Besitzer Gerl zuzuordnen, sei dazugefügt: Die Liste heißt „Naturalienempfang für die Kaiserlichen französischen Truppen 1812 et 1813“.
Als Napoleon geschlagen aus Russland zur Neuaushebung eines großen Heeres 1813 nach Frankreich heimkehrte, war der Zwang auf die hiesigen Bauern nicht aufgelöst; er setzte sich im Gegenteil fort, da sich der Kriegsherr in seinem Siegeshunger sofort wieder ostwärts wandte, bis er Mitte Oktober 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig definitiv zur Heimkehr gezwungen wurde.
Obgleich es aus den vorausgehenden 10 Jahren in unserem Archiv eine Schwemme von Konfiszierungslisten gibt, die in irgend einer Form immer auch Gemling (ohne Differenzierung) betrafen, wähle ich hier die Liste von 1813.
Gemling
4 Lieferungen Fleisch a. 12 Pfund = 48 Pfund
“ “ Bier a. 24 Maß = 96 Maß
“ “ Brot a. 6 Laib = 24 Laib
Es wurde der Empfang von 18 fl quittiert
Nach der Säkularisation war der Bayerische Staat, wie schon gesagt, vorübergehend Grundherr über die zwei Gemlinger Höfe. Es ist anzunehmen, dass die Familien Gerl auf Gemling 1 und Paur auf Gemling 2, die Höfe unter der klösterlichen Grundherrschaft schon bewirtschafteten und dies unter königlich bayerischer Ägide fortführten. In den 1820er und 1830er Jahren stieß der Staat aber die an sich gezogenen Besitzungen ab und leitete die Privatisierung zu einem annehmbaren Preis ein. Es wurde keine Gilt mehr eingezogen, sondern die Höfe wurden zur Grundsteuer veranlagt. Zu diesem Zwecke musste man die genaue Größe der Liegenschaften ermitteln, die mit fortbestehenden Auflagen und Zuständigkeiten in Steuerkatastern festgeschrieben wurde. Die Zehentnennungen spielen bis zum Jahre 1848 für Bemessungsfestlegungen und gelegentlich auch noch für wirkliche noch bestehende Einforderungen eine Rolle (z. B. Pfarreien). Im Jahre 1848 wurde er aber definitiv abgeschafft.
Ich bin nach verschiedenen Kontaktnahmen in der glücklichen Lage, für Gemling 1 aus dem Urkataster nach Verhandlungen vom 10.Jänner 1835 und für Gemling 2 aus dem Umschreibheft zum 1. renovierten. Grundkataster vom 9. Juni 1854 berichten zu können:
Zuerst zu Gemling 1[17]
Auszug aus dem Urkaraster:
Nach Brief vom 9. Juni 1832 übernahm Anton Gerl vom mehrmals genannten Johann Gerl Gemling 1 um 7000 Gulden. (Es ist zu erwähnen, dass man zu dieser Zeit ganz allgemein nichts ohne Gegenleistung erbte, was jeweils verschiedene Ursachen haben konnte.)
Der Hof Gemling 1 unterstand dem königlichen Landgericht Kelheim und war zum königlichen Rentamt Kelheim erbrechtig grundbar, vorher dem Reichstift St. Emmeram.
Die Gebäulichkeiten des Amtshofs bestanden damals aus einem Wohnhaus mit Stall, einem separaten Pferde- und Kuhstall, einem Heustadel mit Schupfe, einem weiteren Stadel, einem Backofen und dem Hofraum. Alles zusammen 73 Dezimal.
Es war auch ein Würzgärtl zu 9 Dezimalen vorhanden.
In der Verhandlung vom 10. Jänner 1835 werden wegen der Besitzerveränderung die zu Grunde liegenden Verbindlichkeiten festgeschrieben. Sie errechnen sich aus:
1/20 des fixierten Handlohns von 367 Gulden 30 Kreuzer = 18 Gulden 22 Kreuzer, für das Stift 8 Gulden,
an Vogteigeld 2 Gulden 8 Kreuzer, für Kirchendienst (Pfarrei) 2 Gulden 2 Kreuzer vom fixierten 2/3 Blutzehent ( = Zehent vom Vieh, meistens Kleinvieh)),Grundzins 2 Gulden 12 Kreuzer, vom fixierten 2/3 Grünzehent 1Gulden 45 Kreuzer, an Gilt statt 12 Schaff 4 Metzen Weizen 32 Gulden, statt 5 Schaff 2 Metzen Korn 42 Gulden 40 Kreuzer und statt 4 Schaff 4 Metzen Haber 18 Gulden 40 Kreuzer,vom fixierten 2/3 Großzehent Grundzins statt 2 Schaff 2 V. Weizen 25 Gulden, statt 2 Schaff 2 V. Korn 16 Gulden 40 Kreuzer, statt 2 Schaff Gerste 12 Gulden, statt 2 Schaff Haber 8 Gulden.
Dies alles ergibt zusammen einen Geldwert von 189 Gulden 30 Kreuzern.
Der Amthof Gemling 1
umfasste 284 Tagwerk 20 Dezimale.
Die Gebäude waren mit dem Blutzehent belastet. Davon wurden 2/3 auf den Grundzins fixiert und 1/3 ( das ist jedes dreißigste Stück an Hühnern, Gänsen, Enten, Lämmern und Spanferkeln) auf die Pfarrei Abbach.
Beim Haus befand sich auch ein Gewürzgärtl von 9 Dezimalen, das allerdings zehentfrei war.
Dann folgt eine umfangreiche Liste von Gründen, die alle mit Namen und Größenmaß bezeichnet sind. Sie sind fast alle mit dem Groß- und Grünzehent belastet. 2/3 waren wieder auf den Grundzins und 1/3 (zum 30. Teil) auf die Pfarrei Abbach fixiert.
Unter den Gründen befinden sich Äcker, Wiesen (zehentfrei) und umfangreiche Wälder, die auch zehentfrei waren. 41 Tagwerk 67 Dezimal Wald nannte sich Sonnenscheinholz, wie es auch Sonnenscheinäcker gab.94 Tagwerk 61 Dezimal waren das sog. Stadtholz.
Eine kleine Ödfläche von 34 Dezimalen gehörte noch dazu, ein Weiher von 1 Tagwerk 55 Dezimalen und ein Gießgraben im sog. Wasserfall, von dem 1/3 dem Ratsschreiber auf Hs. Nr. 2 in Gemling zustand. Die Gewässer waren zehentfrei.
An einem Gemeinderecht hatte man noch Anteil, das aus einem Achtel des Besitzes auf Haus Nr. 3 zu Gemling bestand ( Hüterhaus)
Als weitere jährliche Verpflichtung wurden zwei Weizenläutgarben für den Mesner zu Peising aufgeführt.
Noch einmal in diesem Jahrhundert, dieses Mal aber in Zusammenhang mit einem freudigen und festlichen Ereignis, wird der Name Gerl zu Gemling Nr. 1, das zur Pfarrei Abbach gerechnet wird , genannt . Am 28.11.1879 wird dort Heinrich Gerl geboren, sein Vater ist Heinrich Gerl (*1848),Bauer zu Gemling. Nach der Überlieferung war der Priester Heinrich Gerl, ein Ordensmann, 1930 noch am Leben.[18]
Wie sich der Hof Gemling 1 im Verlauf des ausgehenden 19. und im 20. Jahrhunderts darstellte und entwickelte, könnte Alfons Gerl, der gegenwärtig in dritter Generation mit dem Vornamen Alfons bezeichnete Inhaber des Hofes, ergänzen.
Sein Großvater Alfons Gerl, den ich noch persönlich kannte, war sehr stark kirchlich geprägt. Er war in (Bad) Abbach zeitweilig Kirchenpfleger unter Pfarrer Alois Lehner und Vorsitzender des kath. Männervereins
Sein Vater Alfons Gerl widmete sich eher der Kommunalpolitik und war Bürgermeister in Peising bis zur Eingemeindung nach Bad Abbach 1978.
Dann zu Gemling 2[19]
Bei diesem Amtshof handelt es sich um einen 1/3-Hof. Er ist 304 Tagwerk 06 Dezimale = 103 ha 60 a groß..
Er besteht aus Wohnhaus mit Stall, Stadel, Wagenschupfe, Schweinestall, Backofen, Keller mit Kapellerl und Hofraum- Dazu gehört ein Anteil an Gemling Nr. 3, dem Hirthaus.
Diesen Hof übernimmt am 9. Juni 1854 Franz Xaver Fahrübl von seinem Vater, ebenfalls Franz Xaver Fahrübl, um 18 000 Gulden.
Nach dem Tod dessen Ehefrau Anna Maria erhält Franz Xaver Fahrübl 1860 das Gut zum Alleineigentum.
Am 25.Juli 1873 erhält sein Sohn Xaver Fahrübl und seine Braut Theres Rauchenegger aus Bugweinting den Hof um 53 600 M.
1881 werden vom Hof 100 Tagwerk zu Hs. Nr. 70 in Abbach übertragen. Es bleibt ein Restbesitz von 204 Tagwerk 6 Dezimal. Am 27. Juni 1885 kauft diesen Restbesitz Herrmann Puricelli in Rheinböllershütte in Rheinpreußen um 65 000 M.
1884 werden Schweinestall, Backhaus und ein Feldstadel neu erbaut.
Am 12. Juni 1885 kaufen vom Hof Johann und Therese Schottmayer von Hs. Nr. 70 in Abbach 24 ha 71 a Wald inclusive einen Weiher um 13 000 M.
In der Folgezeit konnte Puricelli durch Rückerwerbungen den ursprünglichen Besitzstand von 103,934 ha wieder herstellen.
Am 22. September 1899 war Gemling 2 und alle übrigen vorhandenen Liegenschaften Puricellis in Folge von Miteigentumsverzicht auf Olga Kirsch als Alleineigentümerin übergegangen. Dies alles wurde auf 1 350 786 M 25 Pf veranschlagt.
Am 12. Juli 1901 fiel nach Erbauseinandersetzungen der Hof an Elise Puricelli und Olga Kirsch als Gemeineigentum.
Lt. Testaments und Erbscheins des AG Stromberg vom 27.5.1936 erhielt den Hof in Gemling2 Kirsch-Puricelli Nikolaus in Rheinböllershütte bei Stromberg.
Am 28. Juni 1943 erhalten den Besitz Dr. Paul Kirsch-Puricelli in Stromberg-Neuhütte und Maria Elisabeth Rheinen, geb.Kirsch-Puricelli, verwitwete von Schorlemer in Kempfeld (Hunsrück)
Die hier genannten Besitzer bewirtschafteten den Hof nicht selbst, sondern nahmen sich Pächter. Zuerst war es die in Bad Abbach ansässige Familie Rumpel, dann das BRK mit dem Verwalter Kröning. Schließlch können wir wieder von einem Eigentümer Giebisch ausgehen.
Am 7.9.1951 wurden wieder 39 ha an eine Firma Richtberg verkauft. Es blieb ein Rest von 63 ha 88 a 76 qm.
Im Jahre 1967 entstand mit den Aussiedlerhöfen Alzinger von der Kochstraße in Bad Abbach und Feigl (Fichtner) aus Oberndorf eine ganz neue Lage. Es entstand Gemling 3 ( Alzinger) und Gemling 4 (Feigl/Fichtner), nachdem es das alte Gemling 3 (Hüterhaus) wegen Abbruchs schon lange nicht mehr gab.
Die zum vorherigen Gemling 2 gehörigen Waldflächen erwarb bei der Aufteilung eine Frau Berger aus Köfering. Der Markt Bad Abbach beteiligte sich bei der Zerschlagung des Restgutes ebenfalls, indem er die Gebäulichkeiten mit einigen anliegenden Gründen an sich zog. Auf diesem Platze wurde in den Jahren 1990/91 der Bauhof errichtet, das Wohnhaus wurde von der Gemeinde an Frost und Keil vermietet (Stand 2011).[20]
[1] Gespräch mit Alfons Gerl am 25.10.2011.
[2] Google, Ortsnamen, Entstehung zur Landnahmezeit der Baiern (nach Reitzenstein)
[3] J.A.Schmeller. Bayerisches Wörterbuch. Sonderausgabe 1985, Bd. 1/2 Sp.1615.
[4] A.a.O. Sp.865.
[5] Kataster Regensburg I, Urkatasterauszug von 1835,Fol 133. Fasz. Nr. 674, Staatsarchiv Amberg. Kopie Archiv von Bad Abbach 18.2.3.a.
[6] Vgl. Pölsterl, Günther. Mallersdorf. Das Landgericht Kirchberg, die Pflegegerichte Eggmühl und Abbach. Kommission für Bayerische Landesgeschichte. München 1979, S.118 – 120.
Umschreibheft zum 1, Renovierten Grundsteuerkataster Nr. 681. Kat Reg. I Nr.679/681 Gemling,Gde Poign., Abschrift Archiv Bad Abbach 18.2.3.a.
[7] Vgl. Pölsterl, Günther. Mallersdorf. Das Landgericht Kirchberg, die Pflegegerichte Eggmühl und Abbach. Kommission für Bayerische Landesgeschichte. München 1979, S.118 – 120.
[8] A.a.O. S. 121.
[9] Vgl. a.a.aO. S.121 f.
[10] Regesta von Abbach, 1800 von einem Landgerichtsschreiber verfasst. Archiv des Marktes Abbach 8.3.1.
[11] Saal-Buechl des Emeram Hem. Goembling. Pfarrarchiv. Schließfach.
[12] Notizen-Buch der kath. Pfarrei Abbach. Pfarrarchiv Schrank 1.
[13] Emmeram Hem.Zehent Hausregister. Gembling. 1675 bis 1677. Pfarrarchiv. Schrank 1.
[14] Prof. Hans Müller-Faßbender. Gespräch am 25.10.2011.
[15] Siehe Urkataster 1835, s.o.!
[16] Quartierlisten 1809 – 1812. Archiv 8.2.3.b. Vorspannlisten 1809 – 1813. Archiv a.a.O.
18 Auftrag gemäß Regierungsblatt vom 11.Mai 1811. Archiv 8.1.1 (IV.6)
19 Circular- Abschrift des K. Generalkommissariats des Regenkreises vom 29.Febr. 1812. Archiv 8.1. (IV.6)
[17] Staatsarchiv Amberg. Regensburg I. Fasz. Nr. 674.
[18] Liste erstellt von Pfarrer Ries aus Rottenstatt ( Aitenhofen) In: Pfarrer Josef Hiendlmeyer, Poikam. Priester aus der Pfarrei Abbach, Pfarrarchiv Poikam in Pfarrarchiv Bad Abbach.
[19] Staatsarchiv Amberg. Kat.Reg.I. Nr. 679/681 Gemling Gem. Poign,
[20] Telefonate mit Richard Hüber am 21,01.2010 und am 09.11.2011, Alfons Gerl am 25.10.2011 und Albert Alzinger am 24.10.2011wie Frau Rosemarie Raith vom Einwohnermeldeamt Abbach

Von |2022-02-14T17:12:10+01:0014. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

136: Bomben statt Luftballons – Faschingsdienstag, 22 Februar 1944 – Bombenabwurf über Bad Abbach

Es blieb mir Lebens lang in Erinnerung, wie ich als 11- jähriger Bub diesen Tag erlebte:
Eigentlich war auch in dieser ernsten Kriegszeit für uns Kinder Frohsinn und Fröhlichkeit angesagt. Es war ja Faschingsdienstag, an dem selbst die Nazis den normalen Zeitenrhythmus nicht außer Kraft gesetzt hatten.
Meine Mutter war gerade auf dem Weg nach Saalhaupt. Bei Großvater wurde ein Schwein geschlachtet. Mama wollte das versprochene „Faschingsbratl“ abholen.
Sie war mit dem Fahrrad unterwegs. Meine Schwester Fanny besuchte auch schon die Schule. Sie war in der zweiten Klasse. An diesem Tage war für sie Nachmittagunterricht. So begleitete ich sie in die Schule und war in ihrem Klassenzimmer zugegen. Ich war jederzeit gerne gesehen, weil ich kleine Dienste verrichtete. So schürte ich den Kachelofen und holte Kohlen in die Klasse. Auf dem Schulspeicher ließ ich die schwachen Schüler lesen.
Aber jetzt saß ich gerade in der letzten Bank auf der Fensterreihe zum Markt hin. Ich schaute zur Donau in Richtung Oberndorf. Plötzlich hörte ich ein unbekanntes Dröhnen in der Luft und schon wackelte die Schule, die Erde zitterte, die Fenster klirrten.
Am Damm schlugen Bomben ein. Aus der Donau spritzten Wasserfontänen in die Höhe. Ich schrie: „Flieger!“ Aber es war zu spät. Einige der Schulkinder weinten, der Kachelofen barst entzwei, die Lampen fielen von der Decke. Nichts blieb an seinem alten Platz hängen oder liegen.

Wir Kinder krochen zur Türe, klagten, schrieen und wollten zur Treppe, weil wir uns wegen des raumbedingten Schichtunterrichts im Obergeschoss befanden.
Fräulein Schirmer, die Lehrerin, war völlig ratlos und in dieser Lage überfordert. Sie ließ alles gewähren. Aus den drei anderen Schulzimmern drängten Kinder nach. Ein ungeheuerer Tumult entstand. Alle wollten zum Ausgang. Aber als ein Lehrer die Türe zum Schulhof aufriss, schlug er sie schnell wieder zu. Denn vom Kirchberg floss Feuer herab. Es war brennender Phosphor. Wir glaubten, wir würden verbrennen. Das Feuer schwappte die Schulhauswände empor, als wollte es an den Fenstern in das Innere der Schule.
Doch plötzlich wurde es draußen ruhig. Das Feuergewitter hatte höchstens fünf Minuten gedauert. Aber uns schien es wie eine Ewigkeit.
Nun gab Hauptlehrer Heinrich das Kommando: „ Alle schnell in den Luftschutzkeller!“ Die Türe wurde aufgerissen. Welch ein Anblick! Ringsum brannte der Berg.
Der Helm des Kirchturms spreizte sich aufgerissen in den feurigen Himmel. Da Alarm öfter geübt worden war, strebten diese Klassen über den neu errichteten Weg durch den Benefiziatengarten dem Luftschutzkeller zu, die anderen Klassen über die Schulbruck und das Apothekergassl.
Diese Richtung wählte auch ich. Ich führte meine Schwester Fanny an der Hand. Schnell riss ich sie vorwärts. Jedoch kamen wir nur bis zur Kötterl-Werkstatt. Dort wurden gewöhnlich Wehrmachtautos repariert. Da tat es einen Schlag, als ob eine mächtige Wassersäule bersten würde. Ein Windstoß warf meine Schwester Fanny zu Boden. Ein Stück der Werkstattabdeckung aus Drahtglas segelte durch die Luft. Irgend etwas schlug mir gegen den Fuß, was sehr schmerzte.
Ich riss meine Schwester vom Boden hoch. Was war passiert? Ein Blindgänger oder eine zweite Angriffswelle? Es war stockdunkel geworden. Von überall her qualmte es. Leute stöhnten und weinten. Es soll Tote gegeben haben.
Wir beide waren heilfroh, als wir den Luftschutzkeller beim Bad erreichten. In der Masse der Menschen tauchten wir unter. Immer dichter drängten sich die Leute, um Schutz zu suchen. Fanny und ich kauerten in einer Ecke. Die Leute befürchteten, der schreckliche Angriff könnte sich wiederholen. Das wäre der Weltuntergang.
Plötzlich rief eine Stimme: „Alfons, Fanny!“. Diese Stimme war uns vertraut. Es war Mama. Jetzt fühlten wir uns sicher. Mutter drückte uns Kinder an sich. Wir konnten nicht sprechen.
Später erzählte die Mutter, dass sie kurz vor Frauenbrünnl fuhr. Da schaute sie wegen des Lärms um. Sie sah, wie sich der Himmel über Bad Abbach verfinsterte. Sofort drehte sie um und führ während des gesamten Angriffs zurück, was ihre Kräfte zuließen. Sie wusste selbst nicht mehr, wie sie zu uns in den Luftschutzkeller gelangte. Sie war nur froh, dass sie uns lebend fand.
Dieses Erlebnis hatte meine physische und psychische Belastbarkeit überschritten. Ich war ein ganzes Jahr ein Nervenbündel und zitterte an Händen und Füßen, sobald Geräusche zu hören waren, die einem Fliegerangriff ähnelten. Wenn für die Gastwirtschaft im benachbarten Bad Bierfässer abgeladen wurden, glaubte ich, die Geräusche kämen von einschlagenden Bomben. Wenn der Kanonenofen in der Küche dröhnte und glühte, meinte ich, die Bomber seien wieder im Anflug und Fliegermotoren surrten.
Meine Mutter hatte mit mir eine schlimme Zeit.
Heute habe ich großes Mitleid mit den Kindern in Afghanistan und Lybien, oder sonst wo auf Erden, die in den Bombennächten mit ähnlichen Erlebnissen konfrontiert werden, obwohl sie gar nicht wissen, warum die Angreifer so brutal sind.

Bomben Bad Abbach
Bomben Bad Abbach
Von |2022-02-14T17:01:21+01:0014. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

137: Nachruf auf die „Saugasse“

Es sei vorausgeschickt, dass es in Abbach vor dem katastrophalen Brand im Mai 1892 keine Innerortverbindung gab, die den Namen Straße verdiente.[1] Daher benutzte man hier zu Orte nur die Bezeichnungen „Weg“ oder „Gasse“. Sogar die Verbindung Regensburg – Augsburg, die durch Abbach führte, hieß nur „Marktgasse“.
Der Gebrauch der Bezeichnung „Saugasse“ ist bei Alteingesessenen ein Relikt aus archaischen Zuständen Abbachs, aus der ausgeprägten agraren Stuktur und dem gebräuchlichen Wortschatz in der bäuerlichen Soziologie.

Aber das Aussprechen von „Sau“ oder Wortverbindungen mit Sau sind schon in den Landgerichtsakten (13. bis 19. Jahrhundert) verpönt. Daher ist solchen Wörtern in offiziellen Texten immer S.V. (= salva vice. lateinisch. = so viel wie „mit Verlaub“)vorausgesetzt worden . Schwein, Sau, Saubär, Drecksau, Zuchtl.(=Mutterschwein), Ferkel, beleidigend und missbräuchlich auf Menschen zu übertragen, war strafwürdig, wie Prozessakten beweisen.[2] – Solches blieb aber bis heute ein unausrottbares Sprach-Fossil wie der Straßenname „Saugasse“ bei Ureinwohnern von Abbach auch.
In den Kammerrechnungen ab 1638 bis 1813 finden wir immer nur die Bezeichnung „Gemlinger Weg“, Gemlinger Bach, Gemlinger Brücke-, die in diese Richtung führten oder zeigten. Für diese Liegenschaften musste wegen häufiger Reparaturen immer Geld ausgegeben werden.
Über diese hinaus fand täglich auch der Schweinetrieb auf die Weide in Richtung Gemling statt. Der Schweinehirt erschien in der Hergottsfrühe und rief: „D`Sau raus!“ Die Anlieger öffneten nur die Saustalltüre und die Schweine folgten dem Rudel, das sich grunzend in der Gasse drängte. Am Abend ging es zurück, und die Schweine wussten von selbst, wohin sie gehörten.[3]
Man möchte meinen, dies sei zu Adams und Evas Zeiten so der Fall gewesen. Nein, das wäre eine Täuschung!
In einem vorliegenden Vertrag zwischen der Marktgemeinde Abbach, vertreten durch den Körnauschuss, und dem Ehepaar Josef und Therese Krammel erfahren wir, dass noch 1928 die Schweine gehütet wurden. Die Schweinehirten bekamen 0,30 RM pro Stück wöchentlich. Dazu an Martini 20 Liter Roggen pro Schwein. Grundstücke, die der Hirt nicht abweidete, konnte er nach eigenem Gutdünken nutzen. Über die Weidegründe hatte nur er zu befinden und kein anderer . Futterentnahme durch andere wurde bestraft. Von den durch den Eber, der täglich mit auf der Weide sein musste, gedeckten Schweinen erhielt der Hirte die Hälfte der geborenen Ferkel. Die Hirtezeit dauerte von Josefi (19. März) bis Martini (11. November).[4]
In den Gefilden vor Gemling fühlten sich die Schweine wohl und suhlten sich den ganzen Tag über im Schlamm und Morast. Da gab es viele Rinnsale neben dem Hauptstrang Gemlinger Bach, und die Erde dort war aufgeweicht und aufgewühlt. Die Bezeichnung „Saugasse“ war zutreffend und keiner regte sich auf. Aber mit der Zeit wurde man wählerischer in der Wortwahl und zarter besaitet.
Seit 1518, seit Pfarrer Eberhard Fabri, befand sich in der Saugasse sogar der Pfarrhof.
Mit Pfarrer Wolfgang Kreitel residierte dort ein besonders prominentes Exemplar dieser Berufsgattung (1725). Er war zeitweilig sogar Interimspfleger des Landgerichts. Und die sollten in der „Saugasse“ wohnen und amtieren? Sie waren zwar selbst auch Ökonomen und Schweinehalter und waren selbstverständlich auch Nutznießer des Sautriebs. Aber diese Ausdrücke waren aus übergeordneten Gründen tunlichst unaussprechlich. Die Pfarrherren und die betroffenen Anlieger fühlten sich nach vermeintlicher Hebung der zivilisatorischen Verhältnisse und kulturellen Zustände durch die Saugasse allmählich diskriminiert.
So entstanden Behelfsbezeichnungen:
Ich bringe eine Auswahl, wie sie in kürzeren Zeitabständen ihren amtlichen Niederschlag fanden:
Im Grundakt der königlichen Steuerkatasterkommission des Jahres 1823 wird die Saugasse offiziell Pfarrergasse genannt.[5]
In dem Buch „Beschlüsse der Marktsverwaltung 1872 – 1895“ wird von Verhandlungen über die Straßenbeleuchtung (Petroleumlampen, Ad.V.) berichtet. Es wurde beschlossen, dass in der Poigner Gasse wie am oberen Donauplatz eine Laterne aufgestellt werden solle.[6]
Am 17.Mai 1938 fand im Reich eine umfassende „Volks-Berufs- und Betriebszählung“ statt. In der Saugasse war der Hafner und Organist Josef (Sepp) Marchner als Anlieger auftragsgemäß mit der Zählliste unterwegs. Seine Straße hieß damals offiziell Straubinger Straße. Man richtete sich offenbar nach der Himmelsrichtung, in der größere Städte lagen, wie bei Regensburger- und Augsburgerstraße[7]
Als unter dem Bürgermeister Emil Karl bei Gemling das Römergehöft des Namens „villa rustica“ entdeckt worden war, und 1982 dort eine Denkmal-Kommission aus Landshut zu graben begann, nannte man die Saugasse endlich Römerstraße, die bis an die damalige Ortsgrenze vor Gemling reichte. Dort begann ja die Gemeindeflur von Poign (bis 1978!) und der Regierungsbezirk Oberpfalz. Es handelte sich ab dem Ortsende bis zur Grenze lediglich um 600 m in der Gemeindeflur und Zuständigkeit von Abbach.
Der Ausbau dieser 600 m des Weges im Gemeindebereich in den Jahren 1898 bis 1899 war ein Spektakel, das erst im Jahre 1908 einvernehmlich abgeschlossen werden konnte. Davon möchte ich hier noch berichten.
Eine kleine Randbemerkung sei zunächst an dieser Stelle erlaubt: Die Sympathiewerte des Wortes „Schwein“ haben sich im verflossenen Jahrhundert gründlich geändert. Das Schwein avancierte sogar zum „Sparschwein“ und „Glücksschwein“.
Ob man jetzt die „Saugasse“ nicht auch als Hilfsmittel anthropologisch, wirtschaftlich, esoterisch, pastoral ausschlachten könnte, nachdem man heute in dieser Hinsicht sehr kreativ geworden ist?
„Schwein-gehabt-Straße“ statt Römerstraße! z.B. hier könne man dieses oder jenes Glück finden! Den Frieden mit Gott und den anderen Kirchenbesuchern oder den Schatz fürs Leben.

Sparschwein
Sparschwein

Der Ausbau des Gemlinger Weges war den alten Abbachern zunächst überhaupt kein Anliegen. Er führte ja auch, wie es schien, nach niergendwo. Bei Gemling war für die niederbayerischen Abbacher Ende der Welt. Jenseits der Bezirksgrenze war fremdes Land (die Oberpfalz!). Der Rand war höchstens als Schweineweide geeignet.
Wie sich beim Bau der Maria-Weigert-Straße herausstellte, führte der Gemlinger Weg damals nicht südlich, sondern nördlich am jetzigen Rathauses vorbei. Der Aushub für die neue Baugebietsstraße brachte es an den Tag. Ganz daneben lag einer von mehreren Armen und Rinnsalen des Gemlinger Bachs, heute Lugerbach genannt. Dieser wurde von der inneren Gemlinger Brücke, einer Holzbrücke in Ortsnähe, überquert. Es ist auch einmal von einer äußeren Gemlinger Brücke in den Kammer Rechnungen die Rede. Wo sich diese befand, ist nicht mehr herauszufinden.
Die Geschichte der heutigen Römerstraße ist folgende:
Am 16. Juni 1898 richtete das königliche Bezirksamt Stadtamhof an den Magistrat von Abbach ein Schreiben mit dem Betreff: Erhebung des Gemeindeverbindungsweges Poign- Wolkering-Gebelkofen-Egglfing-Obertraubling zur Distriktstraße. Die Gemeinde Poign habe festgestellt, dass der ganze landwirtschaftliche und gewerbliche Verkehr nach Regensburg über Abbach laufe. Außerdem würde die Marktgemeinde und der Bezirk Kelheim den Ausbau der Anschlussstrecke von ca. 1 km gerne übernehmen. Die Gemeinde Abbach solle sich äußern.[8]
Dazu wurde schon am 1. Juli 1898 im 8-köpfigen Gemeinde-Ausschuss Beschluss gefasst. Der zu beratende Fall wurde auf Abbach – Gemling – Seedorf umgemünzt und verkürzt. In dieser Richtung werde der Ausbau „mit Freuden begrüßt“. Wenn der Distrikt Kelheim die weiteren Kosten übernimmt, wolle man den benötigten Grund unentgeltlich abtreten.[9]
Zum gleichen Betreffe fand dann am 17. Juli eine Gemeindeversammlung statt. 131 Gemeindebürger waren ordentlich geladen. Es erschienen 73 Stimmberechtigte. Der Beschluss des Gemeinderats vom 1. Juli wurde bestätigt. Zu Ansprechpartnern in der Angelegenheit wurden Xaver Zirngibl und Karl Ernst bestimmt. [10]
So weit, so gut. Als es aber der Bezirk Kelheim merkte, dass sich der Markt Abbach vor weiteren Lasten drücken wollte, nannte er Ross und Reiter. Das Königliche Bezirksamt Kelheim schickte am 6. September 1899 folgendes Schreiben an die Gemeindeverwaltung nach Abbach: „(…) Abbach hat die zum Straßenbau erforderlichen Füllgruben und Materiallagerplätze unentgeltlich zur Verfügung zu stellen und sämtliche Straßenbaumaterialien, wie Bruchsteine zum Grundbau, Schottersteine und Röhren usw. ohne Entschädigung aus den Brüchen bei Abbach beizufahren. Die Anfuhr kann zu einer Zeit betätigt werden, in der landwirtschaftliche Arbeiten nicht vordringlich sind.
Für den Neubau kommt die innerhalb Abbach gelegene Teilstrecke von Profil 0 – 10 wegen der teuren Grunderwerbungen und Abbruch mehrere Gebäude vorerst nicht in Betracht und hat die Gemeinde Abbach auch künftig die Unterhaltung dieser Strecke, sowie der zwischen Profil 10 bis 14 gelegenen Böschungsmauer zu übernehmen.
Die Herstellung der benötigten Feldfahrten und der hierzu erforderlichen Grabenüberbrückungen oder Pflastermulden ist gleichfalls Sache der Gemeinde Abbach (…) Die Straße erhält eine Kronenbreite von 6,00 m und wird mit einem 4,5 m breiten Grundbau versehen. Die Straße ist auf die ganze Länge (..) mit Graben beidseits zu versehen.
Es ergeht der Auftrag, binnen längstens 8 Tagen beschlußmäßig die Übernahme der in Frage stehenden Leistungen zu erklären.“[11]
Im Schreiben vom 6. Oktober des gleichen Jahres bestätigte das königliche Bezirksamt zu Kelheim, dass der Markt Abbach zwar den benötigten Grund kostenlos abtreten wollte, aber die oben genannten Präziguralleistunen nicht übernehme. Diese Weigerung stieß auf wenig Verständnis bei den Kreisbehörden. Darum folgerte die Distriktbehörde in Kelheim:
„Dieser bedauerliche Mangel an Entgegenkommen gegenüber dem Bedürfnisse der Nachbargemeinde Poign auf Erhalt einer Distriktstraße und gegenüber dem Wunsche des Distrikts Kelheim, von welchem sich die Marktgemeinde doch Zuschüsse zur Deckung ihrer Armenkasse erhofft, befremdet umso mehr, als ja der Marktgemeinde Abbach nicht unbekannt ist, dass die in Frage stehenden Leistungen vom Distrikte als Präziguen überwiesen (= aufgelastet. A.d.V.) werden können, und dass die Distriktstraße nie gebaut werden wird, so lange nicht diese Leistungen von der Marktgemeinde Abbach überwiesen worden sind.
Zum Schlusssatze des jenseitigen Beschlusses ist zu bemerken, dass in unserer Zeit immer, namentlich auch von der hohen Kreisstelle, darauf gedrungen wird, dass die zunächst interessierten Gemeinden (…) gesteigerte Leistungen übernehmen.
Ich vertraue der Einsicht des Herrn Bürgermeisters und der übrigen Ausschussmitglieder , dass auf der Weigerung nicht beharrt, sondern der bezirksamtlichen Verfügung vom 6. September lf. Jr. Vollinhaltlich entsprochen wird.
Der Vorlage des diesbezüglichen Beschlusses wird wegen Dringlichkeit der Sache unfehlbar bis 12.laufenden Monats entgegengesehen. Königliches Bezirksamt“.[12]
Dieser Appell der Kreisbehörde beeindruckte die Abbacher Sturköpfe wenig. Die Angelegenheit wurde immer nur widerwillig begleitet, bis es am 11. Oktober 1903 endlich wieder zu einer Gemeindeversammlung kam.
Es waren 116 Gemeindebürger stimmberechtigt. Anwesend, waren aber nur 59 Personen also gerade einmal die Hälfte. Davon waren 51 Personen mit 82 Stimmen und 8 Personen mit 22 Stimmen gegen einen vorhergehenden Beschluss.[13]
Eine Zusatzbemerkung zum Protokoll lautet: „Gemeindebürger Fuchs wurde wegen vorzeitigen Weggehens aus der Gemeindeversammlung mit einer Ordnungsstrafe von 1 M versehen.“
Der vorhergehende Beschluss hatte gelautet: „Die Gemeindeversammlung erteilt dem Gemeindeausschussbeschlusse vom 9. Oktober 1903 , nach welchem die Marktgemeinde Abbach sich nicht herbeilassen kann, allenfallsige Mehrkosten für Fuhrwerksleistungen zum Distriktstraßenbau Abbach Gemling zu übernehmen, ihre Zustimmung. Unterschriften: Bürgermeister Röhrl, Michl Hermann und Anton Aubele für die Gemeindebürger.“ [14]
Zustimmung und Begeisterung der Abbacher ja oder nein, hin oder her, die Straße wurde gebaut. Als der Kreis sich durchgesetzt hatte, musste ein neuer Streit her. Nun begann die Sache Gemeinde gegen Pfarrei:
Wegen der unentgeltlichen Grundabtretung durch die Gemeinde musste ein Tausch von Gründen (27 Dezimal) der Pfarrpfründe mit solchen der Gemeinde erfolgen. Pfarrer Glas glaubte, ihm sei für gute Bonität Ramsch aufgezwungen worden.
Die Gemeinde konterte: „PlNr.348 ½ , Weg, war nicht mehr befahrbar, und wurde der Weg mit Einwilligung des damaligen Pfarrers durch Vereinbarung auf PlNr. 354 verlegt. Dieser Weg bestand seit ungefähr 50 Jahren und wurde bis zum Beginn des Distriktstraßenbaues beschottert und unterhalten von der Gemeinde, sodass er als gutes Ackerland nicht mehr in Betracht kommen kann. Die von der Gemeinde abzutretenden 27 Dezimal sind nicht nur Grasböschungen, sondern teilweise gutes Ackerland und kann dieser Grund dem von der Pfarrpfründe abgetretenen gleichwertig erachtet werden. Mit dem H. H. Pfarrer Glas von hier wurde in dieser Angelegenheit Rücksprache genommen, welcher sich dahin äußerte, es möchte das kgl. Bezirksamt Kelheim Entscheidung treffen.“ [15]
Am 13. Januar 1907 wurde man sich dann wenigstens in dieser Sache einig: Es handle sich nur um 26 Dezimal Tauschgrund. Für 1 Dezimal solle die Pfarrei 5 M und für 25 Dezimal a.4 M Aufpreis bekommen. Die Vermessungskosten wolle zu einem späteren Zeitpunkt die Gemeinde übernehmen. Der Äußerung des Herrn Amtstechnikers, dass die Gemeinde zur Entschädigung der Pfarrei verpflichtet sei, wurde widersprochen.[16]
Aus einem Papier der Stiftung des Schulbenefiziums war schon einmal ein Streit wegen Lagerung von Aushubmaterial auf Stiftungsgrund aufgefallen. Wie er endete, ist allerdings aus den Akten nicht nachzuvollziehen.
Die Distriktstraße über Gemling und Poign wurde als Schotterstraße so und auf dem Platze gebaut, wie wir Gegenwärtige sie kennen. Der alte Gemlinger Weg erblickte kurzzeitig beim Bau der Maria-Weigert-Straße noch einmal das Licht der Welt. Er ist nun wahrscheinlich unter Mineralbeton und Betumen endgültig begraben.
Ich selbst habe diesen Vorgang durch oftmalige persönliche Anwesenheit interessiert begleitet und dabei Folgendes beobachtet:
Plötzlich stieß der Bagger in etwa zwei m Tiefe auf einen mächtigen, behauenen Quaderstein. Diesen warf er auf die Seite zu anderem Geröll vor dem Rathaus. So oft als ich auf meinem Weg zum Archiv an dieser Stelle vorbei kam, schaute ich mir den Stein an und rätselte herum.
Der Fundplatz war das aufgelassene Gemüsegärtlein der Familien Franz Aumeier / Fichtner.
Der Stein war nie verbaut worden. Auf ihm befinden sich keine Mörtelspuren. Er hatte mit Sicherheit einmal eine Markierungsaufgabe. Nach meiner Überzeugung lag er am ehemaligen Gemlinger Weg (Plan Nr.348 1/2) Beim Aushub zur neuen Maria-Weigert- Straße kam eine Schotterrollierung des alten Gemlinger Weges deutlich zum Vorschein. Am Wegesrand, fast genau an der Stelle, wo der Stein im Boden lag, sah ich auch die Fundamentumrisse eines ehemaligen Einhebehäuschens für die Wegemaut der aus dieser Richtung kommenden Fuhrwerke. Heute ist dort das Haus Maria-Weigert-Straße Nr. 7 errichtet.
Bei dem genannten Quaderstein handelt es sich nach meiner festen Überzeugung um einen Markstein, den Herzog Ludwig I. 1224 als Grenzstein gegen Kloster Prüfeninger Grund zu Abbach setzen ließ, um seinen neu eingetauschten Grund für den Burgbau sichtbar abzugrenzen. Die Grenzsetzung ist in der Urkunde vom 13. Januar 1224 ( Urkunde Prüfening 44, Bayerisches Hauptstaatsarchiv) genau beschrieben: „ usque ad nemos volgo chublesprunne dictos“, (deutsch: „ bis zu den Uferböschungen ( siehe Gemlinger Bach!), die im Voksmund Kübelsbrunn genannt werden“.). Die Flur hieß in dieser frühen Zeit nicht Goldtal sondern Kübelsbrunn.
Der Herr Bürgermeister versprach mir, den Stein in Rathausnähe aufzustellen, in der Nähe des Fundortes also, und eine Schrifttafel an ihm anzubringen.
Das Versprechen ist bis heute nicht eingelöst worden (4/2013). Sollte es noch?
[1] Siehe Akten wegen Straßenunterhalt 1878/1890/1891. Archiv XIX.14.3.2.a. – Siehe Briefwechsel wegen des Protestes des Brauereibesitzers Ludwig Wahl vom 1.Juli 1901, 23. Juli 1901, 6.11.1901 etc. Archiv II.18.1.3.a.
[2] Vgl. Landgerichtsakten Archiv 8.5.3
[3] Erzählungen des Michael Kraml, sen,. 1944. Nach Berichten von Vorfahren und Zeitzeugen und eigenem Erleben.
[4] Hirtvertrag vom 1.Mai 1928 zwischen Markt Abbach und dem Ehepaar Krammel. Archiv II.18.1.3.a.
[5] Einwohnerliste von Abbach mit Erläuterungen von Oberlehrer Wolfgang Forster, Archiv II.18.2.3.a (Kopie)
[6] Beschlüsse der Marksversammlung 1872 – 1895 v. 5.12.1881. Archiv 8.6.1.a.
[7] Zähllisten. Archiv IV.18.6.2.a.
[8] Königliches Bezirksamt Stadtamhof an den Markt Abbach, Schreiben vom 16.Juni 1898. Archiv 14.3.2.a.
[9] Ratsprotokoll vom 16.Juni 1898. Archiv XIX.14. 3.2.a.
[10] Gemeindeversammlungsbeschlüsse 1889 – 1911. Beschluss vom 17. Juli 1898. Archiv 14.16. 2.1.a.
[11] Schreiben des Bezirksamts Kelheim vom 6. Sept. 1899 an die Gemeindeverwaltung Abbach. Archiv 14.3.2.a.
[12] Schreiben des Bezirksamts Kelheim vom 6. Oktober 1889.Archiv wie oben.
[13] Die Stimmenzahl richtete sich damals nach der Steuerkraft. (A.d.V.)
[14] Gemeinderatsbeschlüsse der Marktgemeinde Abbach 1904 – 1914. Protokoll vom 11-Okt. 1903. Archiv 8.6.1.a.
[15] A.a.O. Protokoll vom 17.Okt.1906. Archiv a.a.O.
[16] A.a.O. Protokoll vom 13.Januar 1907. Archiv a.a.O.

Von |2022-02-14T16:58:30+01:0014. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

138: Sportstätten in (Bad) Abbach

Nach dem Rücktritt des Herrn Helmut Richter als Vorstand des TSV stellte sich für den Verein die ernste Überlebensfrage, als sich keine Persönlichkeit als neuer Vorstand finden wollte.
Da drängte man wieder einmal Herrn Erhard Narr, jun., der schon früher in verschiedenen Zusammenhängen als 15. Nothelfer eingesprungen war (z.B. Als Vorsitzender der Freien Wähler und auch des TSV), dieses Amt erneut zu übernehmen. Er konnte der Bitte wieder nicht widerstehen und fungiert nun ab Dezember 2011 als neuer 1. Vorstand.

Dieser Vorgang, weiter die Feststellung von Erich Wagner, ehemaligem 1. Vorsitzenden, unter der Rubrik „Historie“ der Homepage des TSV Bad Abbach, dass man von der Zeit um 1932 etc. keine schriftlichen Aufzeichnungen besitze, und schließlich die Entdeckung einer alten Vereinschronik aus der Vor- und Nachnazizeit im Archiv, wie eines interessanten Zettels in ihr, veranlasst mich zu nachfolgender Geschichte, gleichsam als Ergänzung.
Sportstätten sind besonders seit dem Ende des zweiten Weltkrieges und auch schon früher Ziel und Heimstätte zahlreicher Sportbegeisterter und Erholungssuchender.
In der oben genannten Homepage, besonders in dem Aufsatze von Erich Wagner unter dem Begriff „Historie“ ist gewiss fast alles Interessante gesagt, was ich hier auch gar nicht mehr wiederholen möchte. Aber es muss noch gesagt werden:
Der Weg vom damaligen „Turnplatz“ in der Nähe des Schopperplatzes auf den noch unbebauten Quellwiesen, über den Sportplatz am Kohlenschacht bei der Grundschule zum Sportzentrum auf der Freizeitinsel, war weit, mühsam und teuer.
Neben der Eigenleistung des TSV und den finanziellen Anstrengungen der Mitglieder und unter der Regie tüchtiger ehrenamtlicher Funktionäre – ehemalige Vorstände des TSV waren nach dem Krieg Josef Manglkammer, Otto Windl, Martin Wittal, Dieter Bruch, Werner Schaller, Erhard Narr, Erich Wagner, Helmut Richter – ist in den Sportstätten ein bewundernswertes soziales Angebot entstanden, das fast alle Sportarten umfasst und der Bevölkerung vom Kindesalter bis ins „Endzeitalter“ hilft.
Die Gemeinde begrüßte vernünftige Projekte solcher Art und bezuschusste sie auch immer.
Nach der Errichtung der BRK- Anlagen (z.B. BRK Krankenhaus II) auf dem sog „Turnplatz“ in der Nähe des Schopperplatzes und alten Rathauses wich man zur Grundschule am Ziegelfeld aus. Unter Bürgermeister Emil Karl entstand dort mit Unterstützung der Bundeswehr ( Erdbewegungen) ein Sportplatz, der bis 1984 genutzt wurde. [1]
Zum Bau der Sportanlagen auf der Freizeitinsel hat sie mit ca. 250.000 DM beigetragen. Den Unterhalt schultert der TSV alleine, wird aber heute nach einem allgemeinen Zuschussschlüssel, der sich nach der Mitgliederzahl richtet, unterstützt. [2]
Zur Zeit wird immer wieder die Forderung laut, dass die Gemeinde doch die Kosten für die Sportstätten zur Gänze übernehmen müsste, weil sich der Verein überfordert fühle.
Dieser Tage kam mir, wie eingangs erwähnt, zu diesem Thema eine interessante Notiz des ehemaligen Vorstands des TSV, Josef Manglkammer (ab 1949), aus dem Jahre 1972 in die Hände, die ich unbedingt an dieser Stelle eingefügt wissen will,[3] weil nach meinen Nachfragen davon keiner Bescheid weiß.
„In einer Privatchronik fand ich folgenden Eintrag: Zwischen der Villa Geiß („Geisthaus“, A.d.V.) – ein reicher Industrieller aus Nürnberg, der sich diese Villa als Sommeraufenthalt angelegt hatte, mit prächtigem Blumengarten um 1870 – und dem Friedhof[4] , war anfangs der (18)70er Jahre – also nach dem Deutsch/Französischen Krieg, ein vielbesuchter Turnplatz. Mit den zurückgekehrten Feldzüglern kam auch neues Leben in den Markt. Man gründete einen Turnverein 1872 (Gründer Fritz Hasselmann von der Zementfabrik in Alkofen. Auch Gründer einer Sport-Feuerwehr in Abbach und Kapfelberg! A.d.V); – also vor 100 Jahren- und stellte hier oben ein großes, starkes Gerüst auf mit Leitern, Kletterstangen und Trapez, stellte Recke, Barren, und Sprunggeräte auf, und nicht nur die Jugend, sondern auch Erwachsene huldigten hier eifrig dem Sport, bis er nach und nach sein Ende nahm [5] Ich will auch daran erinnern, dass die Schulklassen diesen Platz mit ihren Lehrern lange Zeit benützten.“ [6]
Wie gut, dass es in Bad Abbach seit dem Jahr 2000 auch ein Archiv gibt, das alles noch Erreichbare zusammensammelte!
[1] Telefonat mit Richard Hueber am 24.11.2011.
[2] Auskunft H. Zeitlhofer, Kämmerer Markt Bad Abbach, 10.5.2007.
[3] TSV Bad Abbach, Niederschriften 1930 bis 1956, + Beilage.. Archiv II.18.1.2.a.
[4] Es muss angemerkt werden, dass der Friedhof damals nur bis zum Missionskreuz reichte. Zwei Erweiterungen folgten erst später!
[5] Der Friedhof wurde 1881/82 in diesen Platz hinein erweitert, 1885 wurde das Leichenhaus gebaut. Dann war der Sport dort nicht mehr angebracht!
[6] Josef Manglkammer, der Jos. Artikel von 1972. Beilage in „TSV-Niederschriften 1933 bis 1956“ Archiv s.o.!

Von |2022-02-14T16:51:49+01:0014. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

139: Was ich mir als Kind von 11 Jahren zur Kriegsweihnacht 1944 wünschte

Man kann die Wünsche heutiger Kinder zu Weihnachten nicht mit denen von uns Kindern der Kriegsgeneration vergleichen. Es hat sich heute alles – Gott sei`s gedankt – anders entwickelt! Damals war schon für uns noch ahnungslose Kinder das unversehrte Leben der ganzen Familie, von Vater und Mutter, Geschwistern und seiner selbst das größte Geschenk. Heute ist unserem Deutschland, ja Europa, diese Einstellung weithin entschwunden, und es gelten andere Prioritäten und Ansprüche.
Ich erinnere an die vielfältigen Nöte, die der Krieg ohne Rücksicht auf den Jahreskreis und die Festtage ganz allgemein allen Mitmenschen in unserem Heimatort auferlegte. Manche traf es härter.
Mein Vater wurde schon 1939 nach Polen eingezogen. Dann war er bis zum bitteren Ende 1945 Soldat. Unsere Familie bedrückte das schwer, und wir sehnten uns nach ihm, besonders immer zu Weihnachten.
Da schrieb ich um Weihnachten 1944 an ihn einen Brief nach Dänemark, wohin es ihn gerade verschlagen hatte. Diesen Brief auf schlechtem Papier bewahrte mein Vater bis zu seiner Entlassung in der Brusttasche seiner Uniform und trug ihn auf seinem Fußmarsch aus der Gefangenschaft bis nach Hause. Er warf ihn auch hernach nicht weg, so dass er nach seinem Tod wieder an mich zurückgelangte und ich heute noch daraus zitieren kann.[1] Aus ihm spricht die Sehnsucht eines Kindes nach dem Vater in dieser tragischen Situation:

„Es ist schon die dritte Adventwoche, nur noch 11 Tage und dann kommt das Christkind. Die ganze Familie hat Sehnsucht nach Dir, denn es ist schon das fünfte Weihnachtsfest, an dem Du nicht da bist. Du musst an diesem heiligen Fest in Dänemark sein und wir zu Hause ohne Dich. Mein Wunsch an das Christkind ist sonst nichts als dass Du bei uns bist, sei es auf Urlaub oder für immer.
Vielleicht erhört das Christkind unseren Wunsch noch. Was wäre das für ein Gefühl, wenn Du mit uns unter dem Weihnachtsbaum stehen könntest! Wir würden vor Freude sogar weinen
Wie wird Dir da zu Mute sein, wenn Du immer allein in ferner Fremde bist. Vielleicht will Gott es noch gut machen, er hat uns doch auch bisher gut begleitet und vor Unglück bewahrt.
Wir hatten immer noch Glück – wir bei den Terrorangriffen und Du, dass Du noch am Leben bist.
Wie viele haben schon ihr Leben auf den Opferalter des Krieges niederlegen müssen! Gestern erst waren wieder die Flieger bei uns…
Lieber Papa, noch nicht ist Weihnachten und Gott kann noch in den Ort kommen, wo Deine Frau und Deine Kinder sind.
Wie ernst ist bloß diese Zeit. Fünf Jahre warst Du schon zu Weihnachten nicht mehr bei uns. Jetzt haben wir schon Eis und Schnee, sie werden wohl bis zum Kriegsende da sein. Bis sie geschmolzen sind, wird der Krieg wohl aus sein.
Ich muss wieder allein einen Christbaum suchen. Hoffentlich können wir das nächstes Jahr schon zu zweit tun!
Du hast uns bisher in jeder Adventzeit getröstet: „Nächstes Jahr zu Weihnachten ist der Krieg schon aus, dann bin ich wieder bei Euch“.
Aber das schreibst Du schon zum fünften Mal. Hoffentlich wird es das nächste Mal wahr, sonst glaube ich es nicht mehr. So hast Du schon vier Wochen nachdem Du eingerückt bist gesagt, und nun dauert der grauenvolle Krieg schon 5 ½ Jahre!
Papa, ich würde Dich gerne ablösen, dass Du auch wieder einmal in Deiner Heimat sein könntest und nicht immer unter fremden Menschen (…)“

Der Wunsch erfüllte sich zu Weihnachten 1944 nicht. Bald darauf schrieb ich Papa noch einmal in den Krieg. Ich erzählte ihm von der Christmette, wie ich anschließend wegen Eis und Schnee ausglitt und auf dem Hosenboden die 90 Steinstufen von der „Großen Kirche“ bis zum Schulhof herunterschlitterte und dem Herrn Pfarrer unter den Rock – gemeint war den Talar – rutschte. Dann berichtete ich auch, dass ich der kleinen Schwester Fanny unter der Ablage des Schneidertisches leider die Haare absengte, weil wir etwas suchten, was dorthin gefallen war, wobei ich ihr doch nur mit einer brennenden Christbaumkerze leuchten wollte.
Diese Kriegsjahre waren für uns Kinder bedrückend und sie verwirrten unseren kleinen Kopf. In der darauffolgenden Fastenzeit fand in der „Kleinen Kirche“ für die ganze Klasse Beichten statt, wie es alle vier Wochen Brauch war. Wie ich es gelernt hatte begann ich: „ Meine letzte Beichte war vor vier Wochen. In Demut und Reue bekenne ich meine Sünden!“
Aber statt der angekündigten Sünden flüsterte ich dem Pfarrer ins Ohr: „Achtung, Achtung, Luftlagemeldung!“
Hochwürden Herr Pfarrer Lehner zweifelte an meinem gesunden Verstand. Ein paar Tage danach fragte er meine Mutter, ob bei mir im Kopf noch alles stimmte. Sie konnte nur berichten, dass ich in der letzten Zeit schreckliche Angst vor feindlichen Fliegern hätte, die uns ja Tag und Nacht heimsuchten. Alle ungewohnten Geräusche halte ich für Lärm von Fliegermotoren, Sirenen und einschlagenden Bomben. Das sei seit 22. Februar vergangenen Jahres so.[2]
Um die „Kleine Kirche“ herum war seiner Zeit kein himmlischer Friede. Hinter der Kirche wurden in einer Werkstatt Wehrmachtsautos repariert und Flugzeugteile gebaut. Da konnte es schon passieren, dass der verdächtige Lärm in den Gewissensbereich eines sensiblen Kindes eindrang und seine Beichte zerstörte.
[1] PS. Einige sprachliche und orthographische Unebenheiten habe ich geglättet.
[2] Am 22. Februar 1944 wurde Bad Abbach bombardiert.

Von |2022-02-14T16:49:55+01:0014. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare

140: Wesentliches unter dem Christbaum (früher, vor 1945)

An dieser Stelle erwachen Erinnerungen an meinen seligen Vater. Ich hing sehr an ihm. Er war mir ein guter Kumpel, der viel Verständnis für mich hatte. Einmal im Jahr, nämlich zu Weihnachten, wenn wir den Christbaum im Wald holten, gehörte er mir ganz alleine.

(hier sei daran erinnert, dass es die häufigen Christbaummärkte an geschäftlich zweckdienlich ausgesuchten Inner Orts Plätzen oder gar in Christbaumplantagen noch nicht gab, sondern dass man in fast allen Abbacher Familien den Christbaum, sofern man nicht selbst Waldbesitzer war, im fremden Wald „organisierte“, oder organisieren ließ, deutlicher gesagt, klaute)
Im stillen Winterwald waren wir beide ganz unter uns und führten Reden über das Gestern, Heute und Morgen, über Dieses und Jenes. Ich fand die Zweisamkeit mit dem Vater wohltuend. Den ganzen Tag brauchten wir jedes Mal, bis wir die geeignete junge Fichte endlich fanden.
Papa hatte jedes Mal vorher mit einem Bauern vereinbart – er hatte als Schneider und Postbote ja vielfachen Kontakt mit ihnen – dass im Falle einer Kontrolle durch einen Gendarm oder Förster die Erlaubnis zum Fällen des Baumes als erteilt galt. Allerdings sollte der Baum in einem ganz anderen, fremden Wald, gefällt werden, damit der „Gönner“ keinen Schaden hätte.
Die Fichte musste ohne Makel sein. Auf dem Heimweg wurde schon abgemacht, an welcher Stelle eventuell für ein Zusatz Ästchen der Bohrer angesetzt werden müsste und was hernach an dieser oder jener Stelle außer dem Lametta, den Kerzen, Glaskugeln und Ketten seinen Platz finden sollte.
Es musste ein prachtvoller Lichterbaum werden, der festlich stimmen könnte. Es sollte nicht wie zu Vaters Kinderzeit unter Großvaters Regie (um 1900) zugehen. Damals behing man, wie Papa erzählte, den Baum in der Regel mit Äpfeln, Knackwürsten, Brezeln und Plätzchen. Nach dem Klingelton stürzte die große Kinderschar heran, aß den Baum kahl und schon war abgeräumt. Der Baum hatte seine Schuldigkeit getan und von vorne herein erwartete man kein Aufkommen romantischer Gefühle.
Unser Papa wollte seiner Familie eine prachtvolle, gutbürgerliche Weihnacht ausrichten, und das fing nun einmal mit dem festlich geschmückten Christbaum an.
Auch meine Mutter sah im Christbaum, so weit ich mich zurückerinnern kann, ein nachhaltiges Symbol für Familiensinn, Zusammengehörigkeit und Zuneigung. In ihm kulminierten stärker als in anderen Sachen im Jahreslauf tiefe Gefühle, Liebe und Verlässlichkeit.
Sogar in der Zeit bittersten Mangels an Christbaumschmuck (1942 bis 1945) fanden die genannten tiefen familiären Werte ihren Ausdruck. Der traditionelle Bestand an Glaskugeln und die Chrisbaumspitze war in der Regel zwar vorhanden. Aber was jährlich verschlissen wurde, Kerzen und Lametta, gab es in den Läden nicht mehr zu kaufen.
Man musste sich behelfen: Ich kratze das hellbraune Wachs aus den Kartuschen der Flak (= Fliegerabwehrkanonen) und zog damit Christbaumkerzen. Aus den überall herumliegenden Staniolstreifen, die die feindlichen Flieger in der Luft verstreut hatten, um die Ortung der Luftabwehr zu verwirren, schnitt ich feines Lametta.
Trotzdem schickte Mama auch dann noch unserem Vater während des Krieges wie jedes Jahr vorher einen kleinen Christbaum als Feldpostpaket in einer Papierrolle sogar an die Front. Einmal, es war 1943 in seiner Schneiderbude in Russland, ließ er sich vor seinem Christbaum mit einem Kameraden fotografieren und schickte uns in der Heimat dieses Foto . Das war ein starkes Zeichen von Gemeinschaft trotz Trennung.

Der Mann links ist mein Vater
Der Mann links ist mein Vater

Als Papa gestorben war, erhielt er von Mama jedes Jahr in der erwähnten Gesinnung seinen Christbaum auf das Grab im alten Friedhof von Bad Abbach . Nach dem Tod unserer Mutter stieg ich – pflichtgemäß wie ich meine – in diese Tradition ein.

Von |2022-02-10T19:52:13+01:0010. Februar 2022|Lesebuch|0 Kommentare
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