Auch dies gehört leider zur jüngeren Bad – Abbacher Geschichte und soll nicht unterschlagen werden:
Als ich im Jahre 1969 mein Priesteramt aus Zölibatsgründen niederlegte, galt dies hier zu Ort als „Jahrhundertskandal“, der die Gemeinde erschütterte. Örtliche und überörtliche Fundis ereiferten sich darin, mich und meine Familie wegen meiner Entscheidung mit Verachtung, übler Rede, ja bitterem Hass zu bestrafen. So war es nach ihrer Meinung Gottes und der Kirche Wille. Die „Frömmsten“ und Aktivisten aus der Pfarrei und deren Gliederungen waren die eifrigsten Richter.
Ausgeschlossen aus den Heimatgemeinden wie Aussätzige sollten wir sein, meine Frau und ich. So forderte es der Domkapitular, der uns in Regensburg nach der sogenannten Dispense kirchlich traute: „Geht nirgends mehr wohin, wo euer Fall bekannt ist, wenn ihr die kirchliche Trauung wollt!“ Das hieß ausdrücklich „vor allem nicht in die Heimatorte“, wo unsere Mütter noch lebten. Ich widersetzte mich jedoch schriftlich dieser Vorschrift.
Nicht erst jetzt, nach fast einem halben Jahrhundert, weiß ich, dass das erwähnte Verhalten der Gesetzestreuen der eigentliche Skandal ist.
Heute, nach dem Missbrauchs-Schock in der katholischen Kirche des Jahres 2010 halten die meisten Mitmenschen meine damalige entschiedene, aber schmerzliche Entscheidung für ehrlich und sittlich geboten. Fast alle Anfeindungen wurden durch die Natur gelöst.
Abt Joachim F. Angerer fragt: „Sind wir dem Volk Gottes verpflichtet oder einem Gesetz aus dem 11. jahrhundert, das auf damalige Zustände, Besitzverhältnisse und Abweichungen vom Priesterideal reagierte, ausgeliefert? Zölibat ist nicht Selbstzweck oder ein von Jesus vorgeschriebenes noch deutlich vorgelebtes Bild der Diener des Volkes Gottes. Dass man darüber nicht einmal sprechend darf, (…) darin liegen die Blockaden und der Stillstand.“[i]
Dazu ein Beispiel:
Im Jahre 1990 brachte Bernd Marz (+2008), Journalist, Theologe, Pressereferent bei der Deutschen Bischofskonferenz beim Patmos Verlag Düsseldorf das Buch „ Alles für Gott? Priester sein zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ heraus. Für das Buch wurden 17 Priester, darunter auch ich, solche im und ohne Amt um ihre Erlebnisse und Erfahrungen mit der zölibatären Lebensform gefragt. Der Titel meines Beitrags lautete „ Ich bin weder der Fluss noch das Ufer“.
Das Erzbistum Köln des Kardinals Meisner ließ die gesamte Auflage (5000 Stück) mit der Forderung nach Nicht-Wieder-Auflage aufkaufen. Die bereits ausgelieferten Exemplare sollten nicht mehr verkauft werden dürfen, damit die Geschichten ja nicht unter das Volk kämen.
Das ist ein offensichtlicher Fall von Vertuschung! Oder ist so etwas ein legaler, „gottgefälliger“ Skandal? Sogar bei Pustet in Regensburg wurde das Buch nur mehr unter der Ladentheke geführt, bis es aus der offiziellen ISBN- Liste gestrichen war.
Mein Heimatort hat heute den „Skandal“ offensichtlich überlebt, und ich hoffe, dass er durch mich keinen Schaden erlitten hat.
(Abdruck meines damaligen Beitrags“ Ich bin weder der Fluß noch das Ufer“ folgt im Bad Abbacher Kurier.)