„Wer hat dich, du schöner Wald,
Aufgebaut so hoch da droben?
Wohl den Meister will ich loben,
Solang noch mein Stimm erschallt.
Lebe wohl.
Lebe wohl, du schöner Wald!“[1]
Müssen wir bei dieser Hochstimmung, die das Gedicht erzeugt, es nicht mit Dankbarkeit zur Kenntnis nehmen, wenn die Mittelbayerische Zeitung von der „wundersamen Waldvermehrung“ berichtet, die heutzutage geschehe?[2] Das Blatt fügt aber gleichzeitig hinzu, dass dies leider nur Kraft Definition passiere, weil auch Ödflächen, Waldblößen, Pflanzschulen, Wildäsungsflächen etc., die mit Strauchwerk versehen sind, heute als Gehölz bezeichnet würden.
In der Jetztzeit, gemeint sind die Jahre um 2010, ist Bad Abbach nach den Eingemeindungen von 1973 bis 1978 wieder reich an Waldeigentum. Dieser Besitz ist aber hauptsächlich aus den Beständen der Dörfer Oberndorf, Poikam, Lengfeld, Saalhaupt, Peising und Dünzling eingebracht worden.
In einem Liegenschaftsverzeichnis von 1899, das wegen des Baues der Distriktstraße nach Obertraubling über den Gesamtgründefundus der Gemeinde Abbach erstellt worden ist, befindet sich außer Ödungen leider kein ausgewiesener Wald.
Natürlich sieht der Naturfreund, wenn er sich in den Gefilden Abbachs bewegt, oder sich auf Pilzsuche begibt, dass sich rings um den Ort viele Wälder erstrecken. Dazu ist aber ebenfalls festzustellen, dass sich nach der Bodennutzungserhebung von 1946 141.44 ha Forst und Holzungen im Privatbesitz befinden; 1955 waren es sogar 149.75 ha.[3]. Eigentlicher Gemeindewald wird lediglich mit 68 qm beziffert.
Über den aktuellen Stand des Jahres 2010 (Laufzeit des Gutachtens von 2002-2021) sieht es im gesamten Gemeindegebiet ( Privatwald + Gemeindewald ) Bad Abbachs folgender Maßen aus:[4]
Gemarkung |
Gesamtfläche in m2 |
Waldfläche in m2 |
Anteil in % |
||||
Bad Abbach |
7.753.690 |
578.811 |
7,46 |
||||
Dünzling |
13.893.883 |
4.925.058 |
35,45 |
||||
Lengfeld |
9.952.800 |
3.239.401 |
32,55 |
||||
Oberndorf |
3.642.005 |
1.297.619 |
35,63 |
||||
Peising |
10.420.130 |
3.305.324 |
31,72 |
||||
Poikam |
3.832.267 |
688.339 |
17,96 |
||||
Saalhaupt |
5.793.639 |
1.300.939 |
22,45 |
||||
Summe |
55.288.414 |
15.335.491 |
27,74 |
||||
Ödland, Unland/Gemeindegebie |
168.095 m2 |
||||||
Speziell der Gemeindewald Bad Abbach umfasst heute 9 Distrikte, die sich auf 6 Gemarkungen verteilen:
Distrikt I Abbacher Wald 8,30 ha
Distrikt II Peisinger Teile 1,70 ha
Distrikt III Saalhaupter Teile 0,85 ha
Distrikt IV Lengfelder Teile 2,55 ha
Distrikt V Poikamer Teile 1,90 ha
Distrikt VI Geisreibe 2,25 ha
Distrikt VII Steinschütt 1,40 ha
Distrikt VIII Weinberg 0,40 ha
Distrikt IX Donauhänge 6,00 ha
Summe 25,35 ha
Standort der Waldteile
I.1 Schloßberg
I.2 Höckberg („Aumeierhölzl“)
I.3 Kuchenloch ( Kurpark/Quellbereich)
II.1 Limmenberg (Keltenschanze)
II.2 Fuchsloch
III. Marterfleck (bei Saalhaupt/ an der Autobahndurchfahrt in Richtung Dünzling)
IV.1 Katzstein (bei Frauenbrünnl)
IV.2 Unteres Holz (zwischen Dantschermühle und Steinballe)
IV.3 Steinballe (über den Löwen in Richtung Lengfeld)
IV.4 Oberholz (bei Alkofen, links der B 16)
IV.5 Bei Alkofen (Nähe Teufelsfelsen/Alkofen)
V.a+b in Poikam von der Donaubrücke in Richtung Kapfelberg
VI.a Geisreibe (über den Felsen, Weg von Kalkofen über den Galgenberg nach O.dorf)
VI.b Geisreibe (nahe Graßlfing)
VII.a+bSteinschütt (nahe Graßlfing in Richtung Matting)
VIIIa+bWeinberg (an den Berghängen in Oberndorf; am „Dunkeltalweg“ nach Matting)
IX.1 Thurm (Oberndorf in Richtung Matting; vor Hanselberg)
IX.2 Koppenfels (Oberndorf, nach dem Hanslberg, an der Straße nach Matting)
IX.3 Im Aufa (letzter Wald vor Matting)[5]
Der Dünzlinger Teil liegt in der Gemarkung Thalmassing an der Kreisstraße R3 und umfasst 6766 m2.
Höhenlage
der weit verstreuten Distrikte reicht von 360 bis 460 m NN
Das Laubholz
nimmt 63% (12,76 ha) der Holzbodenfläche ein. Es handelt sich um
Eiche 20%
Bergahorn 16%
Sonstiges Laubholz 16%
Buche 10%
Esche 1%
Der Wald erfüllt folgende Funktionen:
Bodenschutz, Wasserschutz, Immissionsschutz, Heilquellenschutzgebiet, Klimaschutz, als Biotop, für das Landschaftsbild, Lärmschutz, für die Erholung. 3,90 ha sind rechtskräftig als Bannwald ausgewiesen.
Schon im „Freiheitslibell“ von 1335 ist auf den Wald um Abbach Bezug genommen: Ich zitiere:“Aichel halb Item ist es auch von allter herkhumen, das ein Jeder burger unseres markhtes abbach mit seinen schweinen, so er das Jar an seinem trog zogen hat oder kauft in sein hauß zu verbrauchen, dieselben all sollen zu der zeit der Aichel solche Ir schwein an die zwey hölzer Aedten und Heckhperg zur mastung an alle werung unnd Irr anzuschlahen[6] macht haben, unnd von denselben, so er ob seinem trog erzogen, so er nit all verbraucht, zu verkhauffen macht haben. Es sollen auch außwendig fremdt schwein an solche hölzer , zu schlahen nit begunt sein oder werden, darmit wir die unsern erhalten mögen.“[7]
Schweres Eichenholz wurde in der Folgezeit offensichtlich für Brücken- und Wasserbau über Gebühr ausgebeutet, weil z.B. 1743 in Abbacher und des Landgerichts Forsten nicht einmal mehr geeignetes Eichenholz zur Herstellung eines Galgens aufzutreiben war. Eichenholz war üblicherweise für alle öffentlichen Bedürfnisse aus hiesigen Beständen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Bei der Hinrichtung des Josef Glötzl fanden sich hier keine geeigneten Eichenstämme mehr! In den Akten heißt es:
„ (….)So hat (…) der hiesige Herr Pflegsverweser Georg Josef Fischer das zum bevorstehenden Galgenbau erforderliche Holz von den Bauern zu Gemling, Probstgerichts Niederlinthardt, gekauft, weil in dem hiesigen Gerichtdistrikt kein taugliches Eichenholz zu haben war. Er ließ es von den Bauern von Weichs hierher fahren (…)“[8]
Es gab im Freiheitslibell sogar einen eigenen Waldauftrag. Er nennt sich Höltzer und Schleg halb
Es ist wieder auf die beiden Gemeindewälder „Edn und Heckberg“ Bezug genommen. Wenn der Förster des Pflegers in irgend einer Irr (Distrikt, A.d.V.) Bäume schlagen ließ, durften die Bürger Reisig, Stengel- und Klaubholz wegtragen Die „abgemaißten“ Schläge[9] sollten 2 Jahre Ruhe haben und nicht betreten werden. In dieser Zeit durfte man auch nicht hinhüten.
Die Bauern und anderen Bürger, vor allem Handwerker, sollten sich dort Holz, speziell Brennholz zu zumutbaren Preisen kaufen können. Es galt als ausgemacht, dass der Schlossförster in den beiden Wäldern Stämme für Stege, Brücken, Tore, sogar für den Galgen und zum Bedarf in Kriegsläuften,[10] anweist.
In einem Akt von 1803, der die Regesten der Gemeinde aufzählt, finden wir auch eine Grenzbeschreibung vom 9. und 10. März 1626. Hier werden die Grenzen des churfürstlichen Landgerichts beschrieben. Dieses Dokument zählt die grenzbegleitenden Wälder verschiedener Herrschaften und Holzeigentümer, auch angrenzender Gemeinden, auf, woraus man schließen kann, dass sich um Abach umfassender und dichter Wald erstreckte.[11] Ein großer Teil davon gehörte auch der Kirche, z. B. dem Prälaten zu St. Emmeram in der Saalhaupter Flur und dem Kloster St. Clara in der Lengfelder Gegend.[12]
Auch „das herzogliche und kastnerische gehilz“ findet Erwähnung und zwar zwischen den „Salhaubter gründt bis auf die Schnaithartter holzwachs“. Der Höckberg, heute fälschlicher Weise Hebberg genannt, war noch dicht bewaldet!
An anderer Stelle im gleichen Akt[13] finden wir den Iststand des Gemeindewaldes von Abbach des Jahres 1801 wie folgt:
„Ein Holzwachs bey abach, der ättnperg (auch ädnperg) genannt, stößt an die Peisinger Gmeind und Oberndorfer Jungholz, ungefähr 350 Tagwerk groß.“ Dann: „Item der Höckperg, vom Holzwachs hinter dem Schloßbirg bei 30 Tagwerk groß, nebst mehren anderen Holzgründen zu Salhaupt, nämlich der Prenberger (bei 10 Tagw.), das Herrnholz (bei 16 Tagw.) der Sattlpoger (bei 13 Tagw.) und der Partschlag.“
In Oberndorf befand sich ein Weinberg von 6 Tagwerk, der bis zur Säkularisation dem Herzog gehörte. Dort musste es auch Eichen geben, weil in Ratsprotokollen von einem jährlich wiederkehrenden Schweinetrieb dorthin die Rede ist, wenn immer „die Eicheln reif sind.“.[14]
Die „Früchte“ des Gemeindewaldes bildeten u.a. die Existenzgrundlage der kleineren Gütler und armen Leute von Abbach. Sie machten davon reichlich Gebrauch und verteidigten ihre garantierten Rechte gegenüber den Begüterten und den Schlossherren.
Schon aus einem Papier bald nach dem 30-jährigen Krieg lesen wir von unbefugten Eingriffen in solche Rechte:
Da gibt es Leute, die „ mehreren teils ohne Vorwissen des Magistrats in den Markt hereingekommen, eben diese aber der Bürgerschaft das ihrige, in specie aber alles Klaubholz, Graserei, auch zum Teil alle Feldfrüchte sträflich und heimlich abzufischen pflegen, mithin der Communität durchgehend zur Last allhier geduldet werden.“[15]
Oder an anderer Stelle. Es handelte sich um eine Beschwerde von Cammerer und Rat von Abbach bei der Regierung in Straubing gegen die Schlossherren, speziell die abhängigen Weichser Bauern:
„Im übrigen hat Cammerer und Rat wegen des durch den churfürstlichen Pflegsverwalter jüngstlich beschehenen Jurisdiktionseingriff vor und angebracht, dass sich die Urbars Untertanen, absonderlich die Weixer Streurecher an dem Höckberg enthalten und besser auf den Ötenberg ausweichen sollen. Deshalb ist ihm, dem Pflegverwalter, bereits die Nottdurft anbefohlen worden.“[16]
Die Sache war jedoch auch 1676 noch nicht ausgestanden: „Von Cammerer und Rat zu Abbach contra das Churfürstliche Landgericht alda 1776.
Um das schöne Eichengehölz auf dem Höck- und Ätenberg ist schade, da die Herren Beamten, die sich doch ihr Brennholz an schlechterer Gattung, z.B. Fichten, besorgen könnten, indem sie zu viele Eichen und Buchen abhauen lassen. Indem sie das Geäcker und sehr schöne Gehölz abräumten, haben sie der armen Bürgerschaft ihren zustehenden Nutzen am Geäcker, Streurechen und anderem zum Schaden entzogen. Das ist noch nicht genug, sondern sie wollen auch, dass jene Bürger, die Eicheln sammeln und Äste klauben, von Landgerichts wegen gepfändet und gestraft werden, so wie es vorher nie gewesen ist. Ein solches Zutun hat immer dem Markt zugestanden“.[17]
Aus Akten im Archiv erfahren wir, dass Abbacher Bürger schon im 17. Jahrhundert von der Gemeinde Brennholz kauften. Besonders die Bäcker, die ja für ihre Backöfen einen großen Bedarf hatten, werden in solchen Zusammenhängen genannt. Ich zitiere den Fall des Bäckers Urban Krauß, der sich aus der Oberndorfer Gegend Brennholz in seinen Hof liefern ließ. Ein Fall aus dem Jahr 1662:
„Hans Haffner, Marktschreiber, klagt gegen Urban Krauß, Bürger und Bäcker alhier, dass er in dem Oberndorfer Gehölz 2 Maß gehautes Holz gehabt (…) weil er aber mit dem Holz nicht zufrieden (…)“ begehre er eine neue Fuhre.
Der Fortgang des Prozesses lautet: Die neue Fuhre wird geliefert.
Krauß wollte das ganze Holz zwar bezahlen, aber nur einmal den Fuhrlohn. Das Gericht entschied, wenn er das Holz zweimal zahlen könne, sei ihm auch zuzumuten, den Fuhrlohn zweimal zu entrichten.[18]
Über den Kurfürstenwald in der Abacher Gemarkung ist noch zu berichten. Es handelt sich bei diesem Teil des Kurfürstenwaldes um Orts nahen Wald, weil ihn die Gemeinde Abbach nach der Säkularisation aufkaufte und ihn allmählich an interessierte Bürger weiterveräußerte.
Für die oben erwähnten ferneren Pflegerwälder zwischen Saalhaupt und Schneidhardt hätte man hier zu Ort keine Interessenten gefunden. Nach meiner Kenntnis befand sich der Abbacher Teil des Kurfürstenwaldes am Mühlberg und reichte über den heutigen Waldfrieden zur Dantschermühle. Es wird nämlich oftmals von Prozessen wegen Holzdiebstahls berichtet, bei denen die nahen Weichser Bauern oder der benachbarte Dantschermüller als Augenzeugen aufgerufen wurden.
Im Jahre 1803 wurde der Kurfürstenwald, insgesamt 376 Tagwerk ( 1 Tagwerk = 1/3 ha, A.d.V.), um einen Preis von 11.116 Gulden an den Markt Abbach verkauft. Der Kaufschilling betrug pro Tagwerk 29 Gulden 33 Kreuzer 6 30/47 Heller. Der Schlauderer zu Weichs kaufte und bezahlte auf Anhieb 12 Tagwerk für 354 Gulden 45 Kreuzer 7 31/47 Heller. Den Rest verteilte die Gemeinde auf 85 Teilhaber zu unterschiedlichen Anteilen, je nach finanzieller Leistungskraft. Die Holzanteile mussten dann nach Kaufsumme bemessen versteuert werden.
Es wurde nach Waldklassen unterschieden. Es gab die Klassen Jungwald, Schwarzwald, Fällwald, wobei die letztere die teuerste war.[19]
[1] Joseph von Eichendorff. Der Jäger Abschied.Gesammelte Werke in zwei Bänden. Bertelsmann Ausgabe.Gütersloh, ?, S.97.
[2] MZ.20./21.3.2010, S.10.
[3] Bodennutzungserhebungen von 1946 und 1955. Archiv X.21.1.1.b.
[4] Karola Kettner, Dopl.Forstwirt. Forstbetriebsgutachten für den Gemeindewald Bad Abbach. Beiblatt.
[5] Forstbetriebskarte für den Gemeindewald Bad Abbach. Stand Oktober 2001. Bauamt Markt B. Abbach.
[6] Anschlahen = hintreiben
[7] Gandershofer, Reprint S. 104.
[8] Rats Protokolle 1737 – 1749. Archiv 8.5.3
[9] abmaißen = abhauen, überhauen. Schmeller. Bay. Wörterbuch, Oldenbourg 1988. Register 2/2 S. 1232
[10] Gandershofer. A.a.O.
[11] Regesten, 1801, S. 24. Archiv 8.3.1. (XI.I).
[12] a.a.O.
[13] Regesten 1801, S.6
[14]Kammer Rechnung 1673, S.24v, Archiv 9.4.2. Forts. Kammer Rechnung 1677, S. 34v.Archiv 9.4.3.
[15] Ratsprotokolle 1747, S. 199. 24.7.1747. Archiv 8.5.3.
[16] Kontrakt aus dem Umrittsprotokoll des löblichen rentamts Straubing an den Markt Abbach.Archiv 8.4.1 (V.1)
[17] Übergriff des Schlosses auf das Holzrecht der Bürger de anno 1674. Archiv s.o.!
[18] Ratsprotokolle 1645 – 1653. Klage gegen Urban Krauß wegen verweigerter Zahlung. 7.3. 1662. Archiv
8.5.2.b.
[19] Kurfürstenwald, Verkauf 1803. Archiv 8.1.2.b.(VI.I.).