Mehr und mehr legen wir Zeitgenossen großen Wert auf qualitäts- und preisbewussten Einkauf und Konsum von Lebensmitteln, nachdem sich die Überzeugung durchgesetzt hat, dass wir von einer Meute von Profiteuren ausgenommen, betrogen, vulgo beschissen werden, dass sich der Stecken biegt.[1]

Wir erinnern uns an jüngste Berichte von Gen veränderten Produkten, Ekelfleisch, falsch deklarierten Bio Produkten, Mogelpackungen, die nur halb gefüllt sind, oder gar nicht enthalten, was außen drauf steht. Wir können nur daran festhalten: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser!“ Es bedeutet keinen Trost, wenn ich daran erinnere, dass auch in A(b)bach schon immer in seiner Geschichte bestimmte Leute ihre Mitbürger für den eigenen Profit ausgenutzt und hinter das Licht geführt haben, und dass es auch schon immer deswegen heftige Kontroversen und Reklamationen gegeben hat.

Schon das „Freiheitslibell“ Abbachs von 1335 (erteilt von Kaiser Ludwig dem Bayern) setzt klare Regeln gegen Missbrauch: Bezüglich Fleisch: „Item, es haben auch die von Abbach den gebrauch, das man den mötzgern durch zwen burger das Fleisch schaut und setzt, nach gelegenheit der sachen.“ Zu Getreide: „(…), ob aber einer die burger mit überflüssigen wuecher beladen wolt (…) so soll dasselb bei denen von Abbach zu ermessigen nach billicher erkantnus gesetzt werden, und sollen die von Abbach zu strafen macht haben, wie dan von alter herkhomen ist.“ Zum Brot: Der Verkauf von einwandfreiem Brot war den Bäckern vorbehalten: (…) verbricht (ainer) das Brot (am stant) der soll umb ain schilling Lantzhut. Pf.ennig gestraft werden, und der kauf soll kain kraft haben bey verlierung des gelts, das er darumb ausgeben hat.“

In Einklang dazu, setzte nach Auskunft der Rats- und Verhörsprotokolle die Gemeinde über Jahrhunderte sogenannte Setzer ein[2], die von Amts wegen in regelmäßigen Zeitabständen im ganzen Markt für Ordnung zu sorgen hatten. Die Brot-, Fleisch- und Biersaz regelte das Angebot nach dem Bedarf, der Qualität, dem Gewicht bez. dem Maß und dem Preis. Bei Verstößen wurden schwere Strafen verhängt. Bezeugt sind als Strafen „ins „Bürgerstüberl, ins Loch, in die Geigen setzen, Schläge mit der Rute, in den Stock spannen, Geldstrafen, je nach Schwere des Vergehens.[3] Mangelhaftes Brot wurde zerschnitten, an arme Leute verteilt, oder den Schweinen gefüttert, schlechtes Bier wurde ausgeschüttet.

Es gab gemeindliche Bierkoster, Fleischbeschauer, Brotwieger. Daneben existierte eine eigene Handwerkskommisssion der Brauer, Schneider und Weber, Metzger, Müller und Bäcker, Schreiner und Kuffner wie Schuster, die nach einem eigenen Ehrenkodex ihre Produkte fertigten und ihre Angebote feilboten.

Außerdem spielten in frühen Zeiten auch noch die Gebote Gottes aus der Bibel und die allgemeine und persönliche Ethik wie die Botschaft der Kirche eine große Rolle: Es galt: „Maß und Gewicht kommen vor Gottes Gericht!“

Und trotzdem wurden die damaligen Menschen von ihren Mitbürgern nach Maßgabe ihrer Möglichkeiten betrogen. Einige Beispiele:

1686[4]

In der Fastenzeit brachten alle vier Metzger kein Kalb- und Bratenfleisch in die gemeindliche Fleischbank[5]. Offenbar verschoben sie es unter der Hand. Da erteilte der Rat den Auftrag dergleichen Fleisch für alle zur Verfügung zu stellen. Sie folgten der Anordnung nicht, weswegen sie je zu einem Pfund Pfennig oder 4 Gulden 34 Kreuzer 2 Heller bestraft wurden.

Oder: „ Melchior Forster; Bürger und Pekh alhier hat man von Rats wegen um 1 PfundPfennig gewandelt, weil auf der Visitation der geschworenen Brotweger sein Roggenes Brot, und zwar ein 6 Pfund Leibl um ½ Pfund, dann ein 3 Pfund Leibl um 6 Loth zu leicht erfunden worden.“

Sodann wurde Urban Roithmeir, Metzger gestraft, weil er ¼ Rindfleisch ( vermutlich ¼ von einem Ochsen/Kuh) aus der gemeindlichen Fleischbank abgezweigt und anderwärts verkaufte, wo es einen besseren Preis gab. Der Amtskammerer verlangte die Rückerstattung, was aber nichts half. Darum wurde er um 1 PfundPfennig bestraft.

 1693[6]

„Urban Roithmer, Bürger und Metzger alhier, ist, weil er sich unterstanden hat, ein redo Schwein, welches er aber anbei von dem redo Abdecker auf der Au gekauft, in seiner Behausung zu stechen und solches hernach zum Verkauf nit einmal in die Fleischbank zu bringen, sondern auch noch dazu den amtierenden Amtskammerer Georg März, Gastgeber alda, anzufallen gewagt hat, doppelt bestraft worden, wegen seines Unrechttuns und wegen der Drohung, um 2 PfundPfennig.“

Oder: Sämtliche 4 Metzger wurden bestraft, weil sie m 21. und 22. April und öfter genug vorhandenes Rind- und Bratenfleisch nicht der Abbacher Bevölkerung zur Verfügung stellten, sondern die verfügbaren Kälber nach Regensburg wegen des besseren Preises zum Verkauf trieben.

Außerdem ist Barbara Hartlin, Bürgerin und Pökhin alhier bestraft worden, weil sowohl ihr Schwarz- als auch ihr Röcklbrot bei der jüngst vorgenommenen Visitation durch die hierzu verpflichteten zwei Brotwäger für zu klein erfunden wurden, und ein jedes nicht nur ganz derb, schwarz und wässrig und noch dazu nicht ganz ausgebacken gewesen ist. Sie erhielt einen Verweis, das Brot wurde ihr abgenommen, von den Wägern ausgebacken und an die armen Leute verteilt.

Genau so verhielt es sich bei Melchior Vorster. Er wurde hintereinander gleich zweimal in diesem Jahr abgestraft.

So lesen wir Jahr für Jahr in den Kammer Rechnungen Strafen für zahlreiche Missbrauchsfälle. Die Strafgelder galten als reguläre Einnahmen im Gemeindehaushalt und waren wahrscheinlich gar nicht so unerwünscht. Allerdings wurden diese Posten der Armenkasse zugeführt.

Ungefähr 120 Jahre später

1819

schickte das Königliche Rentamt zu Kelheim eine sehr detaillierte Satzliste an den Markt Abbach. Sie änderte sich von Monat zu Monat. Nehmen wir den Monat März/ April 1819:

Fleisch Satz
Das Pfund vom besten Ochsenfleisch 9 X 2 pf

„ geringeren Ochsenfleisch 9 X –

„ Kühfleisch 8 X 2 pf

„ Kalbfleisch 7 X –

„ Schaffleisch 7 X 2 pf

„ Schweinefleisch 18 X 2 pf

 Bier Satz
1 Maß Sommerbier beim Bräuer 4 X 2 pf

Wirth 5 X – pf

Dem Wirt waren geringfügige Schwankungen erlaubt !

 Brot Satz
Von Weizen:

1 Paar Semmeln zu 7 Loth 1 X (Kreuzer)

1 Polleibl oder Koppel zu 11 Loth 1 X

1 derlei zu 22 Lot 2 X

Von Roggen

1 Leibl zu 1 ½ Pfund 3 X 2 pf

„ „ 3 „ 6 X 4 pf

„ „ 6 „ 13 X – pf

„ „ 9 „ 19 X 4 pf

 Getreide Satz

1 Schäffel Weizen 2 Gulden (fl)

1 „ Korn 1 fl 30 X

Mehl Satz

Man unterschied natürlich zwischen Weizen- und Roggenmehl, weiter ,

schönes

mittleres

Nachmehl

körnisch

Backmehl.

1 Metzen  1 fl 56

1 fl 38

1 fl –

1 fl 16

54 X 11 pf

Am 6. und 11. Juni des gleichen Jahres wurde den Bäckern zu Abbach die Einhaltung der Satz vom Landgericht in Kelheim strengstens aufgetragen. Anschließend schickte die Behörde den k. Assessor Hanauer zur Viktualienpolizeivisitation. Da entdeckte er beim Bäcker Schwarz dass ein Semmelgebäck um ein ganzes Loth zu gering war. Die Gemeinde Abbach erhielt darum den Auftrag, den Bäcker Josef Schwarz wegen Polizeifrevel einzubestellen und um 5 Reichsthaler zu bestrafen. Die Gemeinde hatte Vollzug zu melden.[7]

Diese Einzelstrafe hatte offenbar in Abbach keine positive Wende bewirkt. Darum kontrollierte das Landgericht von sich aus weiter und stellte eine allgemeine Schlamperei unter den Bäckern fest. Prompt folgte der Lukas aus Kelheim:

„ Nachdem die Bäcker des Marktes Bad Abbach und insbesondere der Bäcker Preißer noch stets ungewichtiges, schlechtes und tarifniedriges Brot abbacken, der Magistrat des Markts Abbach diesen polizeilichen Betrug ungestraft duldet, keine kräftige und wirksame Strafe dagegen verhängt und die bisherigen Anmahnungen des hiesigen Landgerichts fruchtlos blieben, so fand man sich veranlasst die Pflichtverletzung der magistratischen Polizeiverwaltung der k. Regierung mit den betreffenden Akten vorzulegen. (…)“[8]

Die Regierung, die schon vorher eingeschaltet worden war, reagierte unmittelbar darauf:

„Da gemäß Anzeige vom 27. d. Monats der Magistrat zu Abbach keine hinreíchende Aufsicht über die Viktualien und namentlich das Brot führt, so dass daselbst die Bäcker ungestraft nach Willkür abbacken, die Taxe nicht schnell publizieren und überhaupt in dieser Beziehung keine Ordnung ist, so weiset man das k. Landgericht an, dem erwähnten Magistrat zu eröffnen, wenn man diese Missbräuche nicht beseitiget, öftere strenge und unvorhergesehene Visitationen nicht vorgenommen werden, man (…) den Magistrat mit empfindlicher Ordnungsstrafe zur Erfüllung seiner Pflichten anhalten werde. Zu diesem Behufe hat der Magistrat in seiner Anzeige über gepflogene Viktualien Visitation die Zahl und Zeit der stattgehabten Visitationen und den Erfolg genau anzugeben, und man erwartet von ihm, dass er hierin ferner nichts versäumen werde.“[9]

Ab da sah sich die Gemeinde zu Viktualien Visisitations Anzeigen gezwungen. Es liegt mir die Anzeige für das III. Quartal 1823/24 vor. Aus ihr erfahren wir die damals existierenden, regelmäßg visitierten Betriebe, die aber bis auf den Bäcker Schwarz ohne Tadel befunden wurden:

Bierbräuer

Georg Koller ( beim Bad)

Franz Koller (später Eckmann/Zirngibl)

Michl Meier (Schreiner- Gasthof Post)

Michl Kräml ( Kötterl)

Xaver Schellerer ( später Gerbel, von Eckmann einverleibt)

Georg Praller, Wirt (Prallergase)

Bäcker

Georg Preißer (Müller)

Josef Scharz (Hermann/ Jost)

Benedikt Fristenauer (Lang, jetzt Reinigung)

 Melber

Georg Dinauer ( Vordermüller/ heute Fischer Maria)

Michl Scherer (?)

 Krämer

Johann Zirngibl (Apothekergassl)

Batholomäus Meier Witwe (im damaligen Rathaus; Gasthaus zur Post)

Ludwig Mohr, Stift (?)

 Metzger

Heinrich Littig

Georg Bauer, Senior(Meier Metzger, Römerstraße; aufgelöst)

Georg Bauer, Junior (?)

Benedikt Zirngibl[10] (?)

Endlich wurde 1861/62 ein Visitations- und Straf Buch der Markts Gemeinde Abbach angelegt. Daraus sieht man, dass quartalmäßig geprüft wurde. Für den 20. März 1862 liest man z. B. „ Bei sämtlichen Bierbräuern, Bäckern, Metzgern, Krämern wurde heute die Viktualien Visitation vorgenommen und es hat sich hierbei nichts vorgefunden, was zur Strafeinschreitung Anlaß gegeben hätte.“[11] Es wurden auch die Schlachthäuser, Läden, Keller, Braustätten , Läden etc. visitiert. (siehe Visitations Buch bis 1879)

Angaben zu Maßen, die in den benutzten Akten laufend vorkommen:

1.) Hohlmaße und Gewichte:

(Münchner Maß)

1 Schaff = 4 Maß; 1 Maß = 7 Metzen; 1 Schaff ist also 28 Metzen.

(Abbacher Maß)

1 Schaffl ist 7 Abbacher Mutt

1 Mutt ist 7 Abbacher Metzen )

1 Schaffel ist 49 Abbacher Metzen.

Der Abbacher Metzen ist kleiner als der Münchner Metzen![12]

18. Jh.

1 Schaffl = 2 ½ Ztr.

1 Pfund = 560 gr.

1 Maß > 1 Liter. = 4 Seidel = 1,4,Liter

1 Seidl = ca. 1/4 Liter[13]

2, Längenmaße:

1 Zoll = 2-3 cm

1 Fuß = ca.30 cm

1 Elle = ca. 80 cm

1 Rute = ca. 10 – 12 Fuß

 3. Währungen

1 Pfund/Pfennig = 1 Gulden 8 Kreuzer 4 hl

1 Gulden = 60 Kreuzer

1 Kreuzer = 40 Heller

1876: 1 Gulden = 1,73 RM

 Die im Inventarium von 1677 genannten und von der Gemeinde aufgeführten Kontrollgewichte[14]

19 Pfund Eisengewicht ganz neu: 10-6-2-1 Pfund

1 Stück aus Messing zu 1 Pfund.

1 Loth = 1/32 Pfund = ca. 15 g ( kommt oft in Kammerrechnung 1686 vor)

Die im Inventarium von 1799 genannten und von der Gemeinde aufgeführten Kontrollgewichte:[15]

1 große Waage

2 Brot Waagen

1 Zwei Pfund und 1 1 Pfund Einsatz

19 Pfund Eisengewichte

203 Pfund in Steingewichten

1 mit Eisen beschlagenes Holzmaß

1 Metzen, ½ Metzen, 1/8 Maß.

1 Abbacher Mutt

1 Metzen = 37 Liter

1 Scheffel

1 Zinnernes Maß Maß

1 Seidl, Kannerl = ¼ Liter

[1] Die Redensart „dass sich der Stecken biegt“ erinnert an das „Kerbholz“, auf dem Fälle von Vergehen eingekerbt wurden, oder auf dem statt „aufschreiben“ eingeritzt wurde.

[2] Setzer von Satz = Satzung, die das Lebensmittel nach Qualität. Gewicht, Maß und Preis zu prüfen hatten.

[3] Rats- und Verhörsprotokolle 1767 S. 191v,192. Archiv 8.5.3.

[4] Kammer Rechnung 1686, S.6.u. 6v. Archiv 9.4.3.

[5] Die gemeindliche Fleischbank war die einzige legitime Fleisch Prüfungs- und Verkaufsstelle.

[6] Kammer Rechnung 1693S. 7-9. Archiv 9.4.3 Fortsetzung.

[7] Landgerichtsschreiben vom 11. Oktober 1819. Archiv 8.4.1.

[8] Schreiben des Landgerichts Kelheim im Regenkreise v. 24. April 1820. Archiv 8.4.1.

[9] Schreiben der Regierung in Regensburg v. 4.4.1820. Archiv 8.4.1.

[10] Visitations Anzeige 1823/24. Archiv 8.2.2 VII.6.

[11] Visitationsbuch . Eintrag vom 20.3.1862. Archiv 7.3.1.a.

[12] Martin Hem, Pfarrer. 1673- 1681. Zehent- Hausregister . Hängekartei aus Pfarrarchiv

[13] Archiv 9.4.3

[14] Kammer Rechnung 1677: Inventarium. Archiv 9.4.3.

[15] Kammer Rechnung 1799. Archiv 9.5.2.b.