Mit diesem dunklen Kapitel unserer Heimatgeschichte befassten sich in Kurzform schon alle bisherigen Ortschronisten wie G. Markus Gandershofer (1832, S.58 – 60), Friedrich Zahn ( 1887, S.9), Maximilian Hengge ( 1924, S. 11), etwas ausführlicher Fritz Angrüner (1973, SS 71 – 74). So stellt sich allgemein die Frage, warum ich mich noch zusätzlich auf diese Geschichte einlasse.

Die Begründung lautet, dass ich in den Kammer Rechnungen von 1639 bis über 1648 hinaus eine Quelle entdeckte, die bei den Genannten keine Berücksichtigung fand. Sie glaubten dem Hinweis, dass die Registratur des Marktes Abach in den Kriegswirren verloren gegangen sei. Fritz Angrüner berief sich sehr auf das Wissen um die tragischen Vorgänge in anderen nahen Orten und im ganzen Land, was natürlich auch nicht uninteressant ist.

Aus dem „Abbacher Heimatbuch“ von Fritz Angrüner zitiere ich z.B. einen Passus, der an die Zustände noch lange nach dem Krieg erinnert: „Viele Jahre dauerte es, bis sich das flache Land wieder erholte. (…). Die Felder waren zum Großteil unbebaut und mit Strauchwerk angeflogen. Der Mangel an Leuten und Zugvieh machte sich bemerkbar. (…). Von denjenigen Urbarshöfen, auf denen sich Überlebende befanden, gaben die Grundherren Beihilfen zur Bemaierung;(…) den Untertanen wurden 1648 auch die Gilten erlassen. Die Leute mussten wiederholt von der Obrigkeit aufgefordert werden, ihre Anwesen aufzubauen und zu bemaiern.

Der Wert der Güter war tief gesunken, so dass die Bauern nur ungern die Arbeit auf ihren Höfen aufnahmen. Wie der Chronist berichtet, konnte damals eine halbe Hube (= 20 Tagwerk) um 45 fl gekauft werden. Die Häuser ohne Feld bot man um den Spottpreis von 8 fl feil und mit Grund und Boden um 10 bis 20 Gulden. (…).“[1]

Es dauerte bis zu 200 Jahre bis nach den Zuständen infolge des Krieges normale Verhältnisse eintraten. Mein Urvater Andre Gierstorfer, Schmied in Abach (jetzt Maria Lindinger), musste noch um 1790 Kriegsschulden bezahlen, obwohl in der Zwischenzeit schon wieder ein paar andere unselige Kriege stattgefunden hatten.

Es gab in diesen Zeiten jedoch auch den umgekehrten Fall, nämlich der Vertreibung aus den Häusern und Unterkünften:

Abbacher Bürger kamen im Krieg und durch die nachfolgenden Seuchen ums Leben. Ihre Häuser und sonstigen Liegenschaften lagen verwaist danieder. In und auf ihnen ließen sich andere Leute nieder, die irgendwo geflüchtet waren und nun in Abbach endlich sesshaft werden wollten, wobei sie die leerstehenden Häuser herrichteten und zu den ihrigen machten. Dies ging aber, einem Bericht von 1747 gemäß, nicht gut aus:[2] In einem Kammer Rechnung Buch heisst es:

Da gibt es Leute, die „ mehreren teils ohne Vorwissen des Magistrats in den Markt hereingekommen, eben diese aber der Bürgerschaft das ihrige, in specie aber alles Klaubholz, Graserei, auch zum Teil alle Feldfrüchte sträflich und heimlich abzufischen pflegen, mithin der Communität durchgehend zur Last allhier geduldet werden. Und nun Vermög Churfürstlicher Gnädigster Generalien, ohnedem alle unansässigen Inleuth in ihre Geburtsorte, oder, wo sie sonsten das Decennium ersessen haben, geschasst und verwiesen werden sollen.

So ist bei heutiger Ratssession von den hiesigen Beisitzern, namentlich dem Jakob Sailler, dem Johann Kinnberger, dem Josef Pözl, dem Johann Listl, der Eva Schwankin , der Maria Krumprechtin der obrigkeitliche Auftrag dahin gemacht worden, dass sie inner der Zeit der nächsten vier Wochen den Markt räumen und sich in ihre Geburtsorte, oder wo sie sonsten das Decenium ersessen, begeben sollen, damit man nicht von Obrigkeits wegen vorgreifen und ausführen lassen müsste.“

Nun aber direkt zu Ereignissen aus den Kriegsjahren ab 1639, als sich teils lästige, teils freundliche Truppen über Abbach hin- und herbewegten.

078 Abbach im 30 jährigen Krieg Ansicht Burgberg

Burg und Markt Abbach um 1650 – 1700. Das gotische Kirchlein steht nicht mehr, die barocke Kirche existiert noch nicht (1736). Man erkennt aber die Marktkirche und das Regensburger Tor.

 

1639

Quartierlasten: Unmengen Soldaten waren unterzubringen. Sie besaßen hierfür jeweils ein Churfürstliches Patent. Der Ort war so verarmt, dass er die 67 Gulden Landsteuer nicht aufbringen konnte. Wegen der abgebrannten Häuser und Ödstätten wurden schließlich 13 Gulden erlassen.

 

1641

Auf jedes Haus wurde eine Quartierteuer von 1 Gulden 12 Kreuzer gelegt; Witwen brauchten nur 36 Kreuzer zahlen. Ohne Rücksicht darauf schickte der Kurfürst am 21.2. wieder sechs Soldaten und einen Gefreiten des Edelstetschen Regiments, denen Rindfleisch, Brot und Bier zu reichen war. Das kostete wöchentlich 4 Gulden zwei Kreuzer.

Unversehens lagen dann ein Oberster Wachtmeister in Begleitung von vier Reitern, die ein Generalmarsch-Patent hatten, im Schloss. Jede Nacht verschlang einen Gulden 46 Kreuzer.

Deserteure wurden hart bestraft. Einem Abbacher Zimmermeister mit Gesellen und dem Mauerer Ortlieb wurden für die Errichtung des Halsgerichts (= Ausdruck für Galgen, A.d.V.), das Abschleifen desselben und das Aufmauern der Brücke dazu etwa 4 Gulden entrichtet. Immer wieder wurden Männer den Familien entrissen und nach Kelheim zur Musterung einberufen. Man hatte zu allem Leid auch noch zwei gefangene Türken im Gefängnis zu unterhalten.

 

1642

Der Gastgeber Thomas Huber und der Bürger Ulrich Schölkshorn wurden bestraft, weil sie keine fremden Leute mehr beherbergen wollten. Hans Amann hatte sich gar erfrecht, ohne Vorwissen des Kammerers den Prüfeninger Mönchen Geld zukommen zu lassen, was am Ort selbst abging. Der Geschmack für öffentliches religiöses und kirchliches Leben war im Abach dieser Zeit schrecklich verkümmert.

Reichere machten sich auch schon daran, ihre Häuser neu aufzubauen. Es wurden ihnen deswegen die Steuern gemindert, wie man bei Thomas Thürmeier und Hans Aumer sehen konnte.

Die Pflegskommission schickte auch einen gefangenen Leutnant und sechs gefangene Musketiere. Die warf man zu den gefangenen Türken und erhielt sie sparsam am Leben.

 

1643/ 1644

Laufend mussten durchziehende Soldaten und Offiziere freigehalten werden. Die Verzehrszettel des Gastgebers Georg Metz und des Schneiders Leonhard Ofner, sind u.a. ein Relikt dieser belastenden Ausgaben.

Am Sebastiani Tag standen plötzlich 20 Soldaten des Gutterischen Regimennts , die nach Regensburg wollten, im Ort und verlangten Bier und Brot. Am 24. Juni haben drei Reiter des Generals Johann Dreiertl übernachtet und tüchtig gezecht. Auch Gemeindeangestellte soffen aus Anlass der Ratswahl mit dem Rentmeister zügellos und vergeudeten 4 Gulden 12 Kreuzer 4 Heller.

Damit das Geld aber vor den nahenden Schweden wieder sicherer aufbewahrt werden könnte, musste der Schlosser von Abensberg die Markttruhe reparieren und zwei Schlösser neu anbringen. Er bekam dafür einen Gulden.

In diesem Jahr scheinen die Schweden wieder ganz nah in unsere Gegend herangerückt zu sein, denn man machte sich Sorgen um das noch vorhandene Geld, besonders um das der Christophorus Kapellen. Man schrieb um Rat an die Regierung in Straubing, wie man das Geld verstecken solle. Die Antwort lautete:

„(…) Wir haben Euren unterthänigsten Bericht empfangen und daraus vernommen, was Gestalten Ihr (.) anfraget, wie es mit St. Christophorus Capellen zu Abach aufliegentem Gelt zu halten sein möchte. Hierauf wisset Ir, die Gelter solcher Gestalt versichern zu lassen, damit das Gotteshaus künftig khein Gefahr oder Verlust zu gewartten hat, denn widrigen Falls man solch Verlust bei Euch selbsten suchen würde. Was uns anlangt, wollen wir hiermit verwilligen, dass ihr dergleichen, jedoch mit eingezogenen Hand, trachten möget. Am 7. Juli 1644. Johann Friedrich Frei und Edler Herr von Prinzgenau zu Wildenholzen und Vicedomb auch ander Churfürstl. Rhat der Rgierung Straubing.“[3]

 

1645/46

Der Hufschmied Hans Auer warf dem Rat die Einberufung auf den Tisch und sagte, er gebe es ihnen auf ihren Leib und auf ihre Seele, ihn umzubringen. Dafür wurde er streng gestraft.

Solches ist ein Zeichen der Verzweiflung, die alle erfasste, die keinen Sinn für diesen Krieg mehr sahen.

Das Landgericht endlich kaufte an Stelle des Marktes ein Artilleriepferd um fünf Gulden.. Dieses musste aber der Marktdiener wenigstens nach Landshut führen. Dabei sollte er gleich um den Nachlass der Landsteuer bitten.

Am 1. März lag dem Markt schon wieder ein Oberster Leutnant Wolpott unter dem kavalerischen Regiment samt seinem Reiter und einem Jungen auf der Pelle. Am gleichen Tag erschien Johann Strack, ein Feldwebel, mit sechs Reitern vom Zöllnerischen Regiment. Am 28. März sind 13 Soldaten, sieben von dem Zöllnerischen Regiment und sechs von den Obersten Rauschenberg, die guten Pass hatten, zu Mittag da gewesen; schon am Tag vorher waren vier Soldaten vom Obersten Wilhelm Forstmann präsent.

Am12. April rückten 10 Soldaten vom Obersten Rauschenberg an.

Am 1. Mai trafen zwei weitere Reiter vom Kolbischen Regiment ein und am 13. Mai 24 neu geworbene Reiter, die allerdings nur beim Durchmarsch verpflegt werden mussten. Am 5. Juni standen schon wieder fünf Soldaten vom Obersten Rauschenberg zum Bewirten an der Schwelle. So ging es das ganze Jahr über weiter.

Im neuen Jahr sah es nicht anders aus:

Am 30.1. tauchten zwei Soldaten des Generalquartiermeisters auf, am 18. Februar zwei flüchtende Geistliche, am 26.2. ein Armer von Adel aus dem Bistum Bamberg, am 1.3. ein vertriebener Schulmeister, dann kam der Soldat Hans Windel, der 11 Jahre gedient hatte, nach Hause.

Am 18. August oblag es Herrn Langer, wieder ein Artillerie- Pferd nach Regensburg zu führen. Für dieses musste man Sattel und Geschirr samt allem Zubehör anschaffen. Für den Knecht, der das Pferd benützen sollte, musste man um 1 ½ Gulden auch noch die Stiefel kaufen.

Es standen, wie jedes Kriegsjahr vorher und nachher, wieder 53 Gulden 20 Kreuzer auf der allgemeinen Schuldenliste, die der Rentmeister des Churfürsten servierte. Der Betrag wurde immer auf die Häuser umgelegt.

 

1648

Man hatte am Anfang noch keine Ahnung, dass es das letzte Kriegsjahr sein sollte, im Gegenteil: die Schweden brachen wieder über Nördlingen herein. In Abach schlug das kaiserliche Hauptquartier sein Zelte auf. Dieses schickte an einem Tag z.B. zwei Kuriere nach Abensberg und gleichzeitig trafen 12 Boten ein. Alle verlangten Brot und Bier, was man ihnen nicht verweigern durfte.

Georg Valtin schickte man wegen der 23 Göllnerischen Reiter mit einer Bittschrift zur Regierung nach Straubing, was jedoch für die Katz war. Alles vergeblich! Auch Simon Pöll ritt zuerst zum bayerischen Hauptquartier nach Schierling und dann zur Kriegsverwaltung nach Stattamhof. Jeweils mit der Bitte um Schadenersatz. Aber man erfuhr immer nur eine Abfuhr. Schade um das zusätzlich ausgegebene Geld! Man könnte die Liste der Betteladressen fortsetzen, wenn es nicht zu ermüdend wäre.

Man wollte in diesem Jahr in Abbach eine Schiffbrücke über die Donau schlagen, wohl um die Kriegszüge umzuleiten. Aber da war die Zustimmung der Behörden in Ingolstadt und Kelheim einzuholen. Ob die Genehmigung erteilt wurde, ist nicht berichtet.

In dieser Zeit gab es nur mangelhafte Nachrichtenwege. Man musste sich immer mit Kundschaftern aus der Klemme helfen. So ritt am 21. Mai Georg Ibler nach Neustadt, um zu eruieren, ob die feindliche Armee über den Lech gegangen sei. Am 30. August schickte der Markt den Schreiner und den Ibler wegen der Friedenskontribution nach Salzburg und Ingolstadt. Michael Artinger sollte in Regensburg erfragen, ob anrückende Reiterscharen wieder – was Gott verhüte – den Ort passieren.

Immer und immer wieder hatte man es mit ganzen Soldaten- und Reiterschwärmen zu tun, die den Leuten das letzte Essbare wegschnappten.

Der Bader Hans Sandtner wurde nicht damit fertig, geschädigte (= verwundete) Soldaten zu verbinden.

 

1649/50

Die Nachkriegszeit gehörte vornehmlich den fremden und entwurzelten Bettlern, die wie Heuschrecken über den Markt hereinfielen. Dabei starben viele an Entkräftung. Der Christof Hofmann auf der Au (= Ortsteil von Abach), Abdecker, musste am 9. Mai drei tote Bettelmenschen begraben, einen in Peising und zwei hier am Ort.

Dem Amtmann Stern vom hiesigen Landgericht ging wegen unterschiedlichem Stockhauen die Arbeit nicht aus. Er musste für seine „Arbeit“ von der Gemeinde noch ordentlich bezahlt werden!

Am 11. Juni wurden ein armer Bettelbub und ein armer Schulmeister aus Rohr aufgegriffen. Man konnte all den verarmten dahertreibenden Elendskreaturen ein paar rettende Brocken nicht verwehren.[4]

Schon am 29. November 1644 hatte „Von Gottes Gnaden, Hl. Röm: Reichs Ertztrugseß und Churfürst Maximilian, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog in Obern und Nieder Bayern, allen und jeden unserer nachgesetzten Obrigkeiten und Gerichtsbeamten, sodann Prälaten, Ritter und Burgerstandt, wie auch insgemain allen anderen Unsern Beamten, Inwohnern und Unterthanen, in Städten , Märkten und auff dem Lande, nit weniger denen Personen, so anderer Orten sesshaft, aber in Unseren Landen Güter, Rent, Gült, oder Einkommen haben(…)“, mitgeteilt, „wie wir der schweren, und gleichsam nunmehr unerträglichen Kriegs- und Landsdefensions Außgaben (…)“ her werden müsssen. Hierbei kam keiner aus, ob arm oder reich. Die Beträge reichten den Verhältnissen angemessen von Kreuzern über Gulden für die Betuchteren und zum „zehnten thail“ des Einkommens oder Besitzes der Privilegierten. 1645 trat die „Extraordinari Kriegshilf“ dann in Kraft.[5]

078 Abbach im 30 jährigen Krieg Ansicht Dokument

078 Abbach im 30 jährigen Krieg Ansicht Abbacher Kleinigkeiten

[1] Angrüner Fritz. Abbacher Heimatbuch 1973, S.73

[2] Ratsprotokolle 1747, S. 199. 24.7.1747. Archiv 8.5.3. [2]

[3] Brief der Regierung in Straubing an den Markt Abach vom 7.7.1644. Archiv 8.4.2 (II.2).

[4] Auszüge aus den Kammer Rechnungen 1639 – 1662. Archiv 9.4.2.

[5] Kriegs- und Landesdefensionsdekret von 1644. Druck. Archiv 8.2.3.c (nach Maßnahme St).( vorl. Rep. 8.4.3.a.)