Im Jahre 2009 konnte der Markt Bad Abbach die Liegenschaften, die das BRK nach seinem Rückzug aus Bad Abbach in desolatem Zustand zurückgelassen hatte, käuflich erwerben. Diese Transaktion, wie der notwendige Abriss der hässlichen Gebäulichkeiten, wurden und werden öffentlich gefördert. Das Rote Kreuz, das besonders in den 1970er und 1980er Jahren architektonisch sehr rührig war, vernichtete ungebremst Erhaltenswertes und errichtete unansehnliche Zweckbauten, denen man nur wünschen kann, dass sie aus dem Ortsbild wieder verschwinden. Was ich der Erinnerung wert betrachtet hätte , was aber der BRK-Wind schon verweht hat, war das alte Badhotel. Zum Badbesuch der Landesmutter Maria Anna 1754 stand es schon, und bis in meine Jugendzeit war es der bauliche und gesellschaftliche Mittelpunkt des Marktes (Bad) Abbach.

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Als ich im Archiv eine Beschreibung des alten Schwefelbads suchte, das ich im Kern in obiger Ansicht abgebildet vermute, fand ich die Quartierliste vom 22. Mai 1754.[1] Damals beinhaltete das Haus der „(…) Baad und Preu Behausung in den oberen 2 Gaden (Stockwerken) das appartment, antechambre, Schlafzimmer, Baad Stuben, Tafelzimmer und die Hauskapelln, (..)“ Ein handschriftliches Papier zählt im Baad Haus 21 Zimmer, wie auch einen Zöchgaden, eine Wurstküche und eine übrige Küche, im anderen Haus (Brauhaus, jetzt das Personalgebäude in der Kochstraße, aber ohne obere Stockwerke) 10 Zimmer, dann einen Hofkeller mit 3 Nebenkellern und deren Zurichtung an Brettern (…)“

Was heute sprachlich Schwierigkeiten macht, ist das Wort „Gaden“. Da muss man schon das Bayerische Wörterbuch von Johann Andreas Schmeller bemühen. Bei ihm finden wir in Band 1 und 2 folgende Erklärung: „(…) Vor einem Jahrtausend bestunden in unserm Deutschland wol selbst die Burgen oder Höfe der Fürsten noch aus einer Verbindung von lauter einzelnen einstöckigen, nur einen Raum enthaltenden Gebäuden, wovon jedes für sich nach seiner Form und Bestimmung Gaden, Kementate, Sal, Palas, Stube oder Zimmer heißen konnte. 2.) ein Gemach ohne Rücksicht, ob es ein Gebäude, ein Stockwerk für sich bildet, oder neben anderen Gemächern nur ein Teil eines Stockwerks ist. (…)“.[2]

Nach meiner Interpretation und lebendigen Ortskenntnis handelt es sich bei „Zöchgaden“ im Gegensatz zum „Tafelzimmer“ um den alten Speisesaal, der in der Tradition der alten Abbacher Bürger Kursaal hieß, bis im Jahre 1978 der neue Kursaal in der Kaiser-Karl-V.-Alle gebaut wurde. Damals verschwand der alte Kursaal aus dem Bewusstsein, besonders der Neubürger.

Der alte Kursaal war zu meiner Kinder- und Jugendzeit (ca. bis 1960) gesellschaftlicher und kultureller Mittelpunkt des Abbacher Lebens. Hier fanden Tanzveranstaltungen und Theateraufführungen statt. An diesen Aufführungen war zu meiner Zeit meistens mein Vater als Geiger und Trompeter beteiligt, ich aber ( wegen meines kindlichen Alters als unerwünschter) Zuschauer und Zuhörer. Wir wohnten damals ja im Haus gegenüber im Haus Nößner, jetzt Bäckerei Müller Das Wirtshaus links neben dem Eingang war, es wurde zu meiner Zeit von den Wirtsleuten Alois Blenk und Anna Amann geführt, das am meisten besuchte Gasthaus in Bad Abbach. Was die Zimmer im oberen ersten Stockwerk betrifft, erinnere ich mich noch an den Rokokostuck an den Zimmerdecken. Beim Saal sind heute auch hässliche Anbauten und Umbauten zu sehen, die aber erst in den 1970er Jahren entstanden.

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Der Speiseaal um 1890 (Plakat/Archiv)

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Ausschnitt aus einem Plakat der Lithographischen Kunstanstalt der Gebrüder Reichel, Augsburg um 1890.

Das Bild zeigt den ganzen ursprünglichen Bad-Komplex. Rechts herausgezogen der alte sog. Kaisersaal der nach dem Willen des Lenkungsausschusses 2011 nun dem Abriss zum Opfer fällt.

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Speisesaal 1935. Erbaut lange vor 1730. Zum Abriss kam es 2011.

Es wäre noch über die Entstehungszeit des Badhotels inclusive Kursaal zu diskutieren.

Bei Dr. phil. et med. Johann Lehner (1623-74)[3] lesen wir, dass bereits 1465 im Wildpath ein aufgerichtes „Bad-Würthauß“ bestand, das allerdings „zimblich schlecht erbaut“ war[4]. Von Ludwig Michael Dietrichs (1754) allerdings wird berichtet, dass beim Bad-Wirt „Fleisch, Bier und Brod wohlfeil sind und man ein bequemes Wohnzimmer, nebst Mineral=Wasser so viel wie nöthig, Feuerholz, um wöchentlich 3 biß 4, monatlich 12 biß 16 Gulden“ erhält.[5] In den Jahren 1548 bis 1602 wurde von Hans Lienhart Kastner wahrscheinlich das gesamte Badanwesen zur oben erwähnten Form und im bekannten Umfang erweitert. [6]

Höhepunkte in Abach und dem Badanwesen waren der Kuraufenthalt Kaiser Karl des V. 1532 und der Landesmutter, Kurfürstin Maria Anna, 1754.

Es war bis in die jüngste Zeit Abbacher Tradition, dass im alten Kursaal diese erlauchten Herrschaften bereits gespeist hätten. Für Ersteren lässt sich allerdings der Beweis nur schwer erbringen.

In den Jahren, als das BRK am alten Bad-Hotel baulich zerrte, sollte auch der Kursaal der Spitzhacke zum Opfer fallen. Allerdings verhinderten einflussreiche Abbacher Bürger, obwohl das Haus nicht auf der Denkmal-Schutzliste stand, den Abriss, was nach Auskunft eines Insiders (Name dem Autor bekannt) dem damaligen Vertreter des BRK, Kurdirektor Schwarz, erhebliches Kopfzerbrechen bereitet habe.

Wir sehen hier das ehemalige Bad Hotel nach dem Umbau durch das BRK. Das steile Blechdach wurde notwendig, weil ein früheres Flachdach undicht war.

075 Das Ortsbild von Bad Abbach bis das Rote Kreuz kam Foto01 Speisesaal Kurklinik vor Abriss

Die Frontansicht von der Straße am Markt her ist sehr hässlich und bietet sich daher zum Abriss an.

075 Das Ortsbild von Bad Abbach bis das Rote Kreuz kam Foto02 Speisesaal Kurklinik vor Abriss

Das Fehlen des folgenden „Wolkenkratzers“ in der Ortsmitte wird den Bürgern Abbachs keine schlaflosen Nächte bescheren:

075 Das Ortsbild von Bad Abbach bis das Rote Kreuz kam Foto Klinik Bettenhaus vor Abriss

Lenkungsausschuss
Am Dienstag, 26. Januar 2010 ist ein eigens eingerichteter Lenkungsausschuss personell besetzt worden, dem man nur einen klaren Kopf und eine glückliche Hand bei der Überlegung, was aus den BRK Hinterlassenschaften werden soll, wünschen kann.

Hier die Mitglieder des Lenkungsausschusses: ( 07.02.2011):

Meier Josef, Gassner Ernst, Obermüller Konrad, Wagner Erich., Bürkstümmer Elfriede, Schmuck Ruth – Werbegemeinschaft, Brandl Manfred –Turismusverein, Eichinger Alfred – Einzelhandelsverband, Rauscher Raimund – Asklepios, Manglkammer Wolfram – Hotel- und Gaststätten, Schober Petra – Schober Architekten, Kraus Stephan – Schober Architekten, Wachs Ludwig – Bürgermeister, Wittmann Wolfgang – Bauamt, Brunner Georg – Verwaltung, Kaiser Tilmann – Kurverwaltung.

Dokumentation des Abrisses des obigen Badkomplexes vom 13. bis 26. April 2011 in ausgewählten Bildern unter II. (Geschichte) im Magazin/ Archiv. 18.2.3a

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[1] Archiv 8.2.2. (VII.1)

[2] Schmeller, Bayerisches Wörterbuch, Bd. 1 / 2 , Sonderausgabe, Oldenbourg , München 1985, Sp.871.

[3] Johann Lehner, Balnei Abacenses in Bavaria inferiore nova descriptio. Johann Baptist Lang V. Regensburg 21718. In: Dieter Wessinghage. Colloquia rheumatologica 37. Werk-Verlag Dr. Edmund Banaschewski. München-Gräfelfing. 1986, S. 23.

[4] Johann Lehner. A.a.O. S.34.

[5] Johann Michael Dietrichs. Abhandlung von dem berühmten Wild-Bade Abach. In: a.a.O. S. 39.

[6] A.a.O. S. 26.