Unsere jetzige Pfarrkirche ist heuer 150 Jahre alt ! Zu runden Geburtstagen erzählt man sich gerne Episoden aus dem Leben des Jubilars / der Jubilarin. Unser Geburtstagskind hat nicht nur im wörtlichen sondern auch im übertragenen Sinne Stürme und Sonnenschein erlebt :
Im 19. Jahrhundert wurde der Pfarrer als Inhaber der Kirchenpfründe offenbar persönlich stärker als heute für die von ihm verursachten finanziellen Lasten haftbar gemacht. So berichtet Franz Xaver Steinhauser (Pfarrer 1869 – 1872 ) unter dem 26. Mai 1869 :
„ (Heute) war dahier die Baufallschätzung , deren Summe sich auf 1760 Gulden feststellte.
Da der Herr Vorfahrer in der Gant starb – so muß zu deren Wendung wieder ein Kapital ad onus successorum (dt. = zu Lasten der Nachfolger) aufgenommen werden.“[1]
Anmerkung zum besseren Verständnis:
Der Vorfahr war der Erbauer der jetzigen Pfarrkirche, Pfarrer Martin Otto (1838 – 1868).
Die ganze Kirche kostete bis zur Vollendung außen und innen etwa 26.000 Gulden – die Außenanlagen und den Friedhof nicht mitgerechnet. Der Erwerb eines Stuhlplatzes kostete 1855 1 Gulden 12 Kreuzer (ca. 2.30 RM), die weitere Jahresmiete 6 Kreuzer ( ca. 20 Pf ); 100 Krautköpfe kosteten in Oberndorf 1 Gulden 24 Kreuzer ( = ca.2.50 RM) [2]; das Jahresgehalt des Gemeindeschreibers von Abbach betrug im Jahre 1862 78 Gulden; das Reineinkommen eines Lehrers ca.45 Gulden.[3] ]
Der Chronist Pfarrer Steinhauser notiert unter dem 1.Oktober 1871:
„Der heutige Sonntag führte endlich auch die Gemeinde Abbach in die Reihe derjenigen, welche den aus ihrer Mitte ausgezogenen und glücklich heimgekehrten Kriegern ein Fest feierten. Leider war dasselbe vom Wetter nicht begünstigt, so daß der beabsichtigte Fackelzug und die Fulmination unterbleiben mußte. – Auch bei dieser Gelegenheit mußte ich die Beobachtung machen, daß für weltliche Zwecke die Abbacher Geld aufwenden, als zählten sie zu den Wohlhabendsten; gibt es einen frommen kirchlichen Zweck, da sind die Geldbeutel verschlossen.“[4]
Anmerkung zum besseren Verständnis:
Der Krieg, von dem die Rede ist, ist der deutsch/französische Krieg von 1870/71.
Die bittere Bemerkung des Pfarrers ist deshalb verständlich, weil sie von einem Mann kam, der auf einem Berg von Schulden saß, den er selbst nicht verursacht hatte.
Lesen Sie noch die Notiz von Pfarrer Steinhauser vom 1.Oktober 1871:
„ Ende September wurde der obere Theil des Turmes des Pfarrgotteshauses, welcher ursprünglich die gleiche Farbe /: roth :/ mit dem ganzen Gebäude theilte, auf Veranlassung und Verantwortlichkeit des Bürgermeisters Zoeller- vom hiesigen Spengler – Meister Paintner um die Summe von 150 Gulden schwarz gefärbt. – Ich bedauere, daß die Originalität, der sich ehevor das Gotteshaus erfreute, verloren ging.“
Frage zum besseren Verständnis ?
Was hat wohl Bürgermeister Zoeller zu dieser Abneigung vor der Farbe rot inspiriert ?
Es ist für den heutigen Betrachter ersichtlich, daß die Abbacher Bürger und Pfarrkinder bei der Geldnot zur Zeit des Kirchbaues den festen Willen hatten, das Äußerste für ihre neue Kirche zu leisten, indem sie selbst mit Hand anlegten. Der Wert der Hand- und Spanndienste wurde im Kostenvoranschlag für den Bau der Kirche mit 2830 Gulden beziffert [5], die Gemeindeverwaltung zahlte allein im Jahre 1850/51 317 Gulden für Hand- und Spanndienste.[6] Es kamen nach Unterlagen des Pfarrarchivs auch reiche Geldschenkungen von Privatleuten, die es sich leisten konnten, vor.[7] Inventarlisten, die die Ausstattung der Kirchen bezeichnen, lassen darauf schließen, daß die jeweiligen Pfarrer in ihren Bedarfsvorstellungen nicht im Stich gelassen wurden.
Anmerkung zum besseren Verständnis:
Abbach mußte in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts die Verheerungen des napoleonischen Größenwahns und des österreichischen Krieges durch hohe Kriegssteuern büßen. Trotz der Verarmung, die der verschwendungssüchtige Kurfürst Carl Theodor verschuldet hatte, mußte man Orts- und Verbindungswege bauen und Straßen pflastern. 2 baufällige Schulen mußten restauriert und ein neues Schul- und Rathaus gebaut werden. 376 Tagwerk Kurfürstenwald, der die stolze Summe von 11.000 Gulden verschlungen hatte, mußten abgestottert werden.[8]
Die Not z. B. in der Filiale Saalhaupt war geradezu sprichwörtlich („Bettelhaupt“). Weil die Leute dort bettelarm waren und der finanzielle Bogen wegen eigener Pflichten bereits überspannt war, mußten sie das königliche Landgericht in Kelheim darum bitten, sie von jeglicher Abgabe für die neue Kirche in Abbach zu entbinden.[9]
„Wenn der Herr das Haus nicht baut, dann bauen die Bauleute vergebens.“ Aber man muß provokativ und realistisch hinzufügen: Wenn die Bauleute nichts tun, wartet der Herr auf sein Haus vergeblich. Gott leiht sich unsere Hände, unseren Sinn und unser Herz.
Vor Gott haben wir in der Vergangenheit die Dankbarkeit nicht vermissen lassen: „Gratias agamus Domino Deo nostro! (dt. laßt uns Dank sagen dem Herrn, unserem Gott!)“ beten und singen wir. Eucharistie feiern heißt Dank sagen. „Großer Gott, wir loben Dich!“. Dieses Lied hat unsere Pfarrkirche schon sehr oft gehört.
Aber die Bauleute ? Haben wir ihre Namen nicht schon vergessen ? Ich habe in meiner Pädagogik gelernt, daß man an seiner Dankbarkeit den Wert des Menschen am besten erkennen kann. Darum wollen wir zur Feier des 150-jährigen Bestehens der Pfarrkirche St. Nikolaus vielen Leuten herzlich für ihren Beitrag zum Bau, zur Ausstattung und zur Erhaltung der Kirche auf dem Berg herzlich danken:
Zuerst ist es Pfarrer Martin Otto, der Initiator und der Kassier der Kirchenbaukasse, Apotheker Lang von Abbach; dann folgen der Planfertiger Josef Tanera vom königlichen Bauamt Landshut, die Baumeister Josef Schmidtner, Landshut und Karl Dobmayer, Kelheim. Die Orgel wurde von der Firma Breil in Regensburg gebaut. Ampel, Leuchter und Kanontafeln fertigte Peter Hiendlmeyer, Gürtler und Silberarbeiter von Abbach. Die Apostelleuchter stammen von Spenglermeister Weiß von Abbach. Die Fenstergitter der Oratorien, das Tabernakelkreuz, die Altäre und die Kanzel sowie den Taufstein und die Sedilien schuf der Bildhauer Blank aus Regensburg. Das große Kreuz mit Madonna ist von Joh. Baptist Holz aus Landshut. Die Faßarbeiten an den Altären und ander Kanzel wurden vom Maler Stadler aus Kelheim ausgeführt. Die Paramentenschränke , die Sakristeikästen, das Speisegitter und die Kirchenstühle fertigte der sehr verdienstreiche Schreiner Koch aus Abbach, der leider auf seinen verdienten Lohn oft lange warten mußte.[10] Die Beteiligten an anderen Gewerken sind leider unbekannt . Auch den größeren Gönnern und Spendern der kleinsten Gaben sei gedankt. Sie mögen ruhen in Gottes Frieden !
Die Akteure der ersten Renovierung 1891 seien nicht vergessen. 1983/84 und 1992 war schon die Außenrenovierung erfolgt. Hier wollen wir den Einsatz von Anton Artmeier , Bad Abbach dankbar erwähnen.[11] Die Folgen der 2. „Renovierung“ 1952 werden von den „Freunden der Pfarrkirche“ unter der Vorstandschaft von Christian Fischl gegenwärtig in anerkennenswerter Weise aufgearbeitet.
[1] Notizen – Buch der kath. Pfarrei Abbach. Einträge von Pfarrer F.X. Steinhauser. Pfarrarchiv Abbach.
(Dieses wertvolle Buch liegt momentan bei Herrn Franz Hagl, der früher im Pfarrarchiv arbeitete)
[2] Martin Berghammer. Tagebuch . Reprint. Heimatverein Bad Abbach. Heft 19/91 S.61 .
Umrechnung: Rechnung der Lokal-Armen-Pflege Abbach des Etats Jahr 1857/58 u. Kommunalrechnungen
Abbach 1875/76 ( Jahr der Umstellung von Gulden auf RM)
[3] Protokoll Buch über die Verhandlungen des Ausschusses bei der Marktgemeinde Abbach , Jahre 1855- 1881,
Eintrag 20.Okt.1862
[4] Notizen- Buch der kath. Pfarrei Abbach. Einträge von Pfarrer F.X. Steinhauser. Pfarrarchiv Abbach
[5] Schreiben der königlich bayerischen Regierung von Niederbayern an das Bischöfliche Ordinariat Regensburg vom 5.11.1847. Diözesanarchiv Regensburg Sign. 85 Anl. 7
[6] Gemeinderechnung 1850/51 , S. 29 . Archiv des Marktes Bad Abbach
[7] Verein der Freunde der Pfarrkirche. Akt. Aufstellung v. 16.Febr. 1986.
[8] Register über die Besitzverhältnisse Wald vom Dezember 1803 – 1808 . Archiv des Marktes Bad Abbach
[9] Protokolle, Anzeigen für die Gemeinde Saalhaupt pro 1858. Protokoll vom 30.01.1848
[10] Erarbeitet nach Unterlagen im Pfarrarchiv von Franz Hagl.16.2.1986. Akt des Vereins der Freunde der Pfarrkirche.
[11] Erarbeitet aus Unterlagen des Aktes des Vereins der