Wie lang im alten Abbach die Ewigkeit dauerte
Im Herbst 1773 öffnete der bürgerliche Leinweber und Zechprobst bei der Kapelle zum heiligen Christophorus Martin Geser die Sammelbüchse, die das ganze Jahr über zu frommen Spenden einlud. Es musste wie üblich die sechs pfündige Votivkerze angeschafft werden, die man dem heiligen Sebastian schuldig war und die immer am Sonntag nach Michaeli bei einem Kreuzgang nach Kelheim gebracht wurde. So war es von den Vätern seit langem und auf ewig gelobt worden!

Zur Zeit ließ man die Kerze vom Lebzelter Wolfgang Ohrtfelder in Statt Am Hof fabrizieren. Der verlangte nach Rückgabe des alten Wachses – es handelte sich um 1 ½ Pfund – immerhin noch 5 Gulden 24 Kreuzer. In der Sammelbüchse befanden sich heuer aber nach beglaubigtem Schein nur 4 Kreuzer.

Nach erfolgter endgültiger Abrechnung des Kreuzgangs kam man schließlich sogar auf 7 Gulden 49 Kreuzer. Wohin war das Geld bloß gekommen?

Der Überführer Lämmel von Poikam, der die Pilger nach kräftigender Brotzeit auf der Donau heimwärts fuhr, erhielt 17 Kreuzer. Ebenso der Fahnenträger, der hiesige Kantor und die zwei Sammler. Den Ministranten in Kelheim, den hiesigen Messdienern und dem Kreuzträger standen je 6 Kreuzer zu. Den Sängerknaben spendierte man 12 Kreuzer und dem Ratsdiener, der alles organisiert hatte, standen 17 Kreuzer zu. Alles im allem also 7 Gulden 49 Kreuzer! Wer sonst als die Gemeindekasse sollte die fehlenden 3 Gulden 49 Kreuzer übernehmen? Sie sorgte ja schon immer für einen Ausgleich in der heiligen Spendenkasse. Und heiligt nicht auch der Zweck die Mittel? Als Gegenleistung hielt der heilige Sebastian Frieden, gesegnete Ernten, Schutz vor Blitz und Hagel, Misswuchs und Krankheit, Brand und Unglück aller Art in seinen fachmännischen Händen.

Die Abbacher Bürger liebten Kreuzgänge und Prozessionen. Mehrmals im Jahr! Sie verliehen den Jahren lebendige Farbe und willkommene Abwechslung.

Es wurde schon als tragisch verzeichnet, als Bayerns Kurfürst Max IV. Josef dem Minister Montgelas erlaubte, diese lobwürdige Frömmigkeit per Erlass abzuschaffen. Er hatte als Freigeist kein Gespür für die alten Bräuche im Volke. Die Leute sollten lieber arbeiten statt beten. Dies sei alles unnützes Getue und Zeit- wie Geldverschwendung. Bei klammen Staatskassen könne man sich solches nicht leisten. Aus mit der Ewigkeit!

Nach der Säkularisation, in den 1820er Jahren wurde König Max I. Josef wieder frömmer und sein Nachfolger Ludwig liberaler, aber die Ewigkeit zu Ehren des heiligen Sebastian fand keine Fortsetzung mehr.[1]

 [1] Kammer Rechnung Abach 1773, SS. 41v-42v und in den Kammer Rechnungen folgender Jahre.