Wohlfahrt in (Bad) Abbach:
Rentenproblem im 18. und 19. Jh.;
das soziale Netz vor Bismarck; Witwen und Waisen;
für die Front i m 1. und 2. Weltkrieg;
Schulspeisung und Hochwasserhilfen.
Im Mittelalter
In den Cammerrechnungen der Jahre 1639 bis 1648, noch während des 30-jährigen Krieges, begegnet uns trotz eigener Not tätige Hilfsbereitschaft der Gemeinde an Hilfsbedürftige, Versprengte, Heimatlose, Verwundete an allen möglichen Körperteilen, Hungernde, Verzweifelte und ratlose Menschen. Obwohl befreundete und feindliche Truppen die Gemeindekasse ständig belasteten, gab man von dem Wenigen, das man noch besaß, anderen, die gar nichts mehr hatten, weiter.
In den Cammerrechnungen von 1649 bis 1659 finden wir regelmäßig den Passus: „ Dann ist dieses Jahr Vertriebenen vom Adel, vertriebenen Geistlichen, Studenten und anderen armen Leuten gegeben worden.“ Auch solchen, die „vom Türken“ zurückkamen. (Osmanische Expansion!)1
Das Rentenproblem im 18. und 19. Jh. (siehe Nr. 20 !)
Witwen und Waisen (siehe Nr.16!)
Das soziale Netz vor Bismarck ( siehe unter Nr.18!)
Im 1.Weltkrieg
Am 15.Mai 1915 berichtet Apotheker Maximilian Hengge, dass in Abbach eine „Webzeugsammlung“ stattfand, womit man die Soldaten an der Front mit warmer Winterwäsche ausrüsten wollte. Die Aktion lief unter dem Titel „Krieger Wollwoche“. Außer Geld wurden in Abbach 5 ½ Zentner Wollsachen abgeliefert.2
Der selbe Chronist berichtet aus dieser Zeit: „Auf Anregung des kgl. Bezirksamts Kelheim wurde in den ersten Kriegswochen ein eigener Ausschuss für die Fürsorgetätigkeit für die Angehörigen Abbacher Krieger gegründet. Außer dem Bürgermeister sowie einigen Gemeindeausschussmitgliedern wurden in dieses Gremium noch die Herren Hochw. Herr Pfarrer Tempel sowie Distrikttierarzt Frank gewählt.
Besonders Letzterer entfaltete anfangs eine rührige Sammeltätigkeit, so dass zu diesem Zwecke namhafte Summen zusammenkamen. So viel bekannt wurde, haben sämtliche hiesigen Vereine 50 – 100 M gespendet. Es wurde auch das Vereinsvermögen der Abbacher Liedertafel, die leider seit Jahren wieder inaktiv war, auf Anregung des früheren Vorstandes, sowie der noch vorhandenen Mitglieder in der Höhe von 130 M zu diesem Zweck (…) übergeben. Aus der staatlichen Fürsorge für die Angehörigen der Kriegsteilnehmer (…) sind bis Februar 1915 nur kleine Summen zur Verteilung gekommen, und zwar in der Form des Ankaufs von Lebensmitteln. Zu letzterem Zweck wurde vom Bürgermeister eine von der Regierung eingeschickte Summe von 300 M verwendet.“3
Um diese Angabe zu komplettieren sei hinzugefügt, dass vom August 1914 bis 31.März 1915 65 Familien und Einzelpersonen in Abbach mit 6 bis 30 RM monatlich, je nach Familiengröße, mit insgesamt 1950 RM unterstützt wurden.4
In der Weimarer Republik
Es folgten im 20.Jh. noch weitere Krisenzeiten. In der Zeit der Weimarer Republik und in den Anfangsjahren des sog. 3.Reiches herrschte große Arbeitslosigkeit. Abbach wurde durch die Schließung des Zementwerkes in Alkofen stark getroffen.
Allein im Rechnungsjahr 1933/34 wurden vom Ortsfürsorgeverband Bad Abbach für Wohlfahrtsunterstützungen 28.548,40 RM ausgezahlt. Aus eigener Gemeindekasse wurden in der gleichen Zeit 33.102,77 RM zur Verfügung gestellt.5
Nach dem 2.Weltkrieg
Gehen wir in den Zeitläuften ein Stück weiter, dann folgt der 2.Weltkrieg. Was wurde in dieser Periode den Menschen an personellen und materiellen Opfern auferlegt! Am Ende folgte allgemeine Not, Armut und Hunger.
Für uns Kinder gab es zum Glück die Schulspeisung. Aber nicht alle Eltern waren in der Lage, monatlich 1.70 DM zu bezahlen. Da übernahmen sog. Paten, 20 Einzelpersonen, die Freiwillige Feuerwehr, der TSV, die Pfarrei, die CSU und SPD, besonders Viktor Höign und Peter Grgas, 70 Patenschaften zu je 7.-DM. So wurde uns Kindern in schwerer Zeit, ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage der Eltern, die Gesundheit erhalten und eine normale körperliche Entwicklung ermöglicht. 6
Allgemeines
Es kann nicht Anspruch erhoben werden, alles, was in (Bad) Ab(b)ach den Touch von sozialer Gerechtigkeit oder das Signum der Mitmenschlichkeit trug, aufzulisten. Wenn wir entfernt allein noch über die rein kirchlichen Initiativen und Hilfsmaßnahmen berichten wollten, wie z.B. von der Sebastiani Bruderschaft in Oberndorf, vom Martinibund in Poikam, von der Barth`schen Stiftung und vom Frühmessbenefizium in Abbach, vom Marianhiller Missionsverein, von Misereor und Adveniat, etc., beanspruchte dies ein ganzes Buch.
Schlussgedanken
Hätte ich einen Text für kirchliche Zwecke schreiben wollen, hätte ich unbedingt angemerkt, dass man vor jedem Loblied auf Glaube und Liebe die leiblichen und natürlichen menschlichen Bedürfnisse befriedigt haben muss. Der Glaube ohne Werke ist wertlos. Gratia supponit naturam!
In einem Artikel, in dem es um das soziale Handeln der Marktgemeinde geht, muss ich darauf bestehen, dass man nicht als Großzügigkeit und Edelmut bezeichnen darf, was der Gerechtigkeit zuzuordnen ist. Opus justitiae pax!
Zusätzlich sei bemerkt, dass bis ins 20.Jh. Notfälle in der Regel innerhalb der Großfamilie und der Verwandtschaft gemildert wurden. Doch es gab auch dort beklagenswerte Missstände und Defizite.
Die öffentliche Hand war bei allgemeiner Bedürfnislosigkeit, Anspruchslosigkeit, Bescheidenheit, oftmals gar nicht im Bilde über verschämte Not, und die Unterstützung wurde durch sie mit Mindeststandards geregelt. Es wird auch hier schuldhaftes Versagen vorgekommen sein.
Man kann jedoch in (Bad) Ab(b)ach – wie sicher auch anderswo – von der grundsätzlichen Bereitschaft zu humanitärem Handeln in Not- und Katastrophenfällen in Vergangenheit und Gegenwart ausgehen, wie in diesem Artikel ansatzweise aufgezeigt wurde.
1 Cammerrechnungen 1639 – 1680. Archiv von Bad Abbach 9.4.2
2 Hengge,. Maximilian. Abbacher Kriegs-Chronik 1914 – 18, S.7,13. Archiv von
Bad Abbach XVI.14.2.2.
3 A.a.O. S.13.
4 Verzeichnis der Empfänger von Familieunterstützung, Liste I, August 1914 bis 31.März 1915. Archiv von Bad Abbach 7.6.2.
5 Rechnung des Ortsfürsorgeverbandes Bad Abbach 1933/34. Archiv von Bad
Abbach 7.3.2.a.
6 Schulspeisung, verschiedene Zusammenhänge. Archiv von Bad Abbach I.
10.4.1.a bis I.10.4.3.b.