Im Gefolge der Revolution von 1848 und der weiter zunehmenden Aufklärung und Verstädterung haben sich nach einem Bericht des Abbacher Pfarrers Martin Otto an das Bischöfliche Ordinariat die sittlich moralischen Verhältnisse nicht gut entwickelt. Zucht und Erziehung der Jugend wurden von den Eltern weithin als unwichtig betrachtet.1
In dieser Situation fanden sich jedoch einige einflussreiche und vermögende Privatleute in Abbach, die die Sache wenden wollten. Zu ihnen gehörte 1856 die Bräuerswitwe Anna Maria Koller, die Ehefrau Franz Xaver Kollers, die im 1845 aufgegebenen Rat- und Schulhaus (jetzt Gasthaus zur Post) im Tausch mit einem Haus der Koller`schen Brauerei (jetzt Zirngibl) ein Pflegehaus für arme und verlassene Mädchen einrichten wollte.
Die Gemeinde reagierte jedoch aus zwei Gründen reserviert:
Erstens, man habe das alte Rathaus nach Verlust des Landgerichtes 1803 dem Staat 1847 schon einmal zur Errichtung eines Pflegegerichtes angeboten und man habe diesbezüglich noch keinen ablehnenden Bescheid. Zweitens schien dem Rat von Abbach die Errichtung eines Mädcheninstituts nicht nötig gewesen zu sein, weil in „unmittelbarer Nähe das Kloster Viehhausen und die Stadt Regensburg liegt, und dadurch den Eltern, welche auf die Ausbildung ihrer Kinder mehr verwenden wollen, die schönste Gelegenheit zur Seite steht.“2
Anna Maria Koller ließ sich jedoch nicht abschrecken oder vertrösten und kaufte das Haus an der Ecke Römerstraße/Jungfern- gassl, um 1950 noch „Klösterl“ genannt. Für die Betreuung der Mädchen holte sie Franziskusschwestern aus Pirmasens, die nach ihrem Umzug nach Bayern „Mallersdorfer Schwestern“ genannt wurden. Wegen der Animositäten zwischen Anna Maria Koller und dem Gemeinderat Abbach konnten sich diese wohltätigen Schwestern in Abbach nie beliebt machen, und man holte deshalb zur Betreuung des Kindergartens den St. Nikolausvereins (gegr. 1926) und für das Bezirkskrankenhaus am Krankenhausberg schließlich Schwestern aus Vierzehnheiligen.
In der Diözesanmatrikel 1919 finden wir über diese Schwestern in der privaten Stiftung einer Abbacher Bürgerin folgenden Passus:
„ (…) Die Schwestern (3) wurden 1858 von der Bräuerswitwe Anna Koller berufen, um in einem ihr gehörigen Hause die Pflege und Erziehung armer verlassener Mädchen zu übernehmen. Die Schwestern haben auch in der Mädchenschule den Unterricht in weibl. Handarbeiten zu ertheilen und versehen Krankendienst in Privathäusern. Die Anstalt ist z.Z. ohne Fundation; das Haus ist noch Eigenthum der Anna Koller, (…).“3
Bis in die Gegenwart wohnte in diesem Häuschen mit anliegendem Gärtlein an den Berg hin die Witwe Beer. Jetzt soll es wieder den Besitzer wechseln.
1 Beschreibung der Pfarrei Abbach von Pfarrer Martin Otto, 1861. Diözesanarchiv
Regensburg Sign. 82.
2 Statuten-Buch der Gemeinde Abbach 1856. Archiv von Bad Abbach 8.6.2.
3 Matrikel der Diözese Regensburg, 1916, S. 523, Kopie in Auszügen. Hängekartei „Pfarrei“, Arbeitsraum des Archivs von Bad Abbach.