Von den Freiheitsrechten, die Abbach im Hochmittelalter schon nach „altem Herkommen“ eigentümlich waren, und die am 21. Mai 1335 von Kaiser Ludwig dem Baiern dem Markt erneut zugesichert wurden, reizte der Titel „Preydbadt“ mein Interesse in besonderem Maße.1

Was mochte da bei oder vor Hochzeiten im „finsteren Mittelalter“ auch oder besonders in Abbach vor sich gegangen sein?
Zunächst konnten mir auf diese Frage auch in bayerischer Geschichte bewanderte Kapazitäten keine Antwort geben. So wagte ich mich denn selbst einmal schon vor Jahren bei der Durchforstung meiner Archivalien an das spannende Geheimnis. Gleichzeitig bat ich eine treue und geübte Nutzerin des Abbacher Archivs, es mir gleich mitzuteilen, wenn sie etwa in dieser Richtung eine Entdeckung gemacht hätte.
In alten Ratsprotokollen begegnete mir das „Brautbad“ erst einmal immer wieder neben Heiratsabsprachen anlässlich der Bürgeraufnahme.2 z.B.: „Auf gehorsames Anhalten Wolfgang Geigl, Schlossergesellen aus Regenstauf, welcher die Michael Scheuerische Behausung und Schlosserwerkstatt käuflich eingetan, wurde selber dergestalten als ein Bürger an und aufgenommen, dass er dagegen zum Bürgerrecht erlegen solle 4 Gulden, ½ Feuereimer zu 45 Kreuzer , Brautbad 8 Kreuzer 4 Hellerl, Bürger Tax 1Gulden.“ Genau so bei Mathias Kain , am 26.Juli 1764. usw.

Dann erhob sich mir diese Frage immer wieder bei dem ordentlichen Titel „An Braut Badgeldern“ in den Kammerrechnungen des Marktes, die mir seit 1639 vorliegen. Regelmäßig las ich da bei den Einnahmen „An Braut Bad Geldern“ 8 Kreuzer vier Heller. 1832 erschien dieser Titel zum letzten Mal, und dann Schluss. 1808 war da eine 10-Jahresaufstellung: Von 1789 bis zu diesem Jahr hatte man 16 Gulden 25 Kreuzer 1 Heller eingenommen. Auch damals nicht übermäßig viel. Aber Kleinvieh macht auch Mist! Dann wurden bei der nächsten 10- Jahresaufstellung 1818/19 gar nur 3 Gulden 24 Kreuzer registriert. Waren die Abbacher etwa heiratsmüde geworden?

Aber bei aller regelmäßigen Kassiererei war mir immer noch keine befriedigende Erklärung begegnet, was der Begriff „Brautbad“ beinhaltet. Bat der Markt die Brautleute zur Kasse und er wusste gar nicht mehr wofür? –
Doch 1808 fand ich da eine Randnotiz: „Nach der allergnädigsten Marktfreiheit ao 1335 (.) enthält Punkt 4, dass der Markt von den sich verheiratenden Bürgern, auch von einem fremden Dorf durch den Markt fahrenden Brautpaar, 8 Kreuzer 4 Heller zu einem so genannten Brautbadgeld (nehmen darf. A.d.V.).
Im Zweifelsfall zieht man in Abbach noch die traditionellen Ortshistoriker zu Rate: Gandershofer, Angrüner!
Da schau an, diese haben sich schlau aus der Affäre gezogen. Sie ersetzten im ausführenden Text nach der zwar originalen Überschrift „Brautbad“ diesen Begriff einfach durch das Wort „Brautband“3. Dann war alles einfacher! Eine Gebühr also für die Trauung. Dann war alles sonnenklar! Die muss man auch heute noch bezahlen.
Aber nein ! Im Original steht unausweichlich in der Überschrift und im erklärenden Text das Wort „Brautbad“: „Item .. wann ain burgers sohn oder ain anderer des marckhts sich verheurat oder ausser marckhts, der ist denen von Abach fürs Preitbadt zu geben schuldig ain schilling lantzhueter Pfenig, deßgleichen ain außwendiger, so er aines burgers tochter nimbt. – Item deßgleichen wann ain frembder, es sey wer er well, alhie mit ainer Preut durchfürt, oder die freyhait auser des marckhts berürt, der ist denen von Abach für die Mauth zu geben schuldig ain schilling Lantzhuter pfenig (..)“

In früheren Zusammenhängen hatte ich schon einmal entdeckt, dass der approbierte Ortsbader in Übereinstimmung mit der Gemeinde eine auffallende Badepraxis vollzog, wegen der etliche Bürger in einer Eingabe an den Rat ihre Entrüstung zum Ausdruck brachten, weil in gemischter Gesellschaft Männlein und Weiblein gemeinschaftlich, noch dazu während der Kirchzeit, am Baderitual teilnahmen.4 Darum erwähnte ich den Vorgang schon einmal in einem Heimatheft5. Ich hatte einen Verdacht, so dass ich schrieb: „(…) Brautbad, da konnte der Bräutigam seine Angebetete einmal ganz offiziell in Augenschein nehmen“ (Siehe, die Katze nicht im Sack kaufen!) oder: „Besonders der Ortsbader hatte den Zorn (.) erregt. Er war auf die Idee gekommen, das Angebot mit dem teuren Quellwasser mit billigem Donauwasser zu unterlaufen und „ anstatt des Wildbades sein mit allerlei schlechten und liederlichen Kräutern (..) angesetztes Donaubad“ anzubieten.“6

Doch, wo man nichts Genaues weiß, wird viel spekuliert.
Die Lösung des Problems scheint mir endlich die eingangs erwähnte Archivbenutzerin geliefert zu haben:7

„In Wriezen (an der Grenze zu Polen, ungefähr auf der Höhe zu Berlin) findet sich Folgendes in der Chronik: Im Zusammenhang mit Aussatz Epidemien wurden im Jahre 1364 Badestuben eingerichtet. Das bedeutete: Keine feierliche Handlung, ohne vorher gebadet zu haben (Brautbad) Also mussten die Brautleute vorher baden, damit sie heiraten konnten.

Bei Schmeller8 Bd. 1/1, Sp.209 steht unter dem Stichwort „Bräut Bad“, „Hochzeitsbad“: Bad, in welches man vor der Hochzeit ging. Nach den Regensburger Statuten von 1320 durfte der Bräutigam, wenn er mit der Braut ins Bad ging, nicht mehr als 24 seiner Genossen, sie nur 8 Frauen zur Begleitung nehmen. Anno 1405 will der Münchner Magistrat: Es sol auch niemand chain hochzeit Pad mer haben, weder man noch frawn“
Dies dürfte wohl bedeuten, dass vorher ein Teil der Hochzeitsgesellschaft baden musste. In München scheint der Brauch bereits 1405 abgeschafft worden zu sein, im Raum Regensburg hat er wohl noch länger bestanden. (.)“
Wenn ich Schmeller eingehender analysiere, erkenne ich, dass es sich beim Brautbad um eine Art rituellen Akt der Reinigung handelt. Kein das Leben prägender Vorgang, vor dem man sich nicht vorher waschen oder baden musste! Heute sind solche rituelle Waschungen noch bei den Juden und Muslimen vorgeschrieben.
Schon im Altertum, bei den Römern und Griechen gab es so etwas. In Rom (Vatikan) gibt es ein Wandfresko der „Aldobrandinischen Hochzeit“. Es handelt sich um ein Hochzeitszeremoniell. Da sitzt eine Braut in einen weißen Mantel gehüllt. Venus spricht ihr Trost und Aufmunterung zu. Eine Gefährtin der Liebesgöttin gießt duftendes Öl in eine Muschel. Die Brautmutter bereitet mit einem Knaben und einem Mädchen ein Brautbad zu. In dieses soll die Braut eintauchen und auf den Bräutigam warten.9

 

1 Kaiser Ludwig der Baier.Des Marckhtes löbliche Statut, Freyhait und altes Herkhumen. 21. Mai 1335. Vermutlich erste Abschrift (1335 ?), S. 6.
2 Ratsprotokolle 1764 – 1768. S. 20v-21, 13.Juli 1764. Archiv 8.5.3
3 Gandershofer,G.M. Chronik des Marktes und Badeortes Abach nächst Regensburg, Chr. Ernst Brenk’s Wittwe, Regensburg 1832, reprint 1986, S. 107.
Angüner, Fritz. Abbacher Heimatbuch. Marktgemeinde Bad Abbach 19731, S.190.
4 Befehlspublikation. Ratsprotokolle 1749-1751. 1749 Juni 26, S.315 v, Archiv 8.5.2.b
5 Heft 30/2005, S.13, S.27.
6 Gandershofer S.71
7 Heinl, Lydia. Brief vom 04.10.2007. Recherchen zum Thema Brautbad.
8 Bayerischer Mundartforscher
9 Lydia Heinl, nach einem Rombesuch im November 2007.