Unübliche Gedanken über das Marktwappen:
Das Bad Abbacher Marktwappen, das dem Ort im Jahre 1486 von Herzog Albrecht IV. erteilt wurde, beinhaltet auf einem Schild im oberen Drittel die weißblauen Rauten der Wittelsbachischen Herzöge. Darunter auf gelben Grund die heraldischen drei roten Rosen, zwei oben, die dritte in der Mitte darunter.
Über die Herkunft und die Bedeutung der drei roten Rosen auf gelbem Grund, Hinweis auf unsere Erde, Mutter, aus der wir kommen, der wir liebevoll anhangen, und in die wir einmal zurückkehren, wurde in der Vergangenheit kräftig gerätselt. Sie wurden den sog. „Abbacher Herren“ in grauer Vorzeit zugeschrieben. Die aber weisen ins Reich der Sage.
Im Heimatbuch der Stadt Burgau an der Mindel, „Sagen- und Geschichtbuch aus der Vergangenheit der Städte: Burgau, Günzburg, Lauingen und Dillingen“ aus dem Jahre 1849 allerdings finden die Herren von Abbach Erwähnung. Dort heißt es: „Burgau gehörte früher bayrischen Fürsten, von denen es die Grafen von Abbach zu Lehen hatten, derer letzter, Bruno 1057 starb.“2 Eine weitere Spekulation?
Denn manche meinen, es handle sich um die Abkömmlinge der 1281 ausgestorbenen Grafen von Moosburg. Sie hätten ihre drei roten Rosen auch anderen, zu ihnen gehörenden Orten in unserer Nähe wegen ihres Besitzanspruchs ins Stammbuch geschrieben. Au in der Hallertau, Oberronning, Pfaffenberg und Riedenburg seien wie wir, wie auch etliche weitere Orte, auf diese Weise Rosenkavaliere geworden.
Lassen wir aber einmal diese dynastischen und topographischen Spekulationen beiseite, seien sie richtig oder falsch, und versuchen wir, auf den Sinn roter Rosen überhaupt, wo immer sie vorkommen, einzugehen.
Rote Rosen bedeuten heute wie einst im profanen und humanen Bereich Liebe und Leidenschaft: Amore! Allgemein begriffen: Eros und Sexus, Erotik und Sex. Im christlichen und kirchlichen Bereich ist der Begriff umfangreicher, erweitert um Agape (griechisch) oder Caritas (lateinisch). Rote Rosen symbolisieren Liebe in ihrer komplexen Bedeutung. Sie ist das Größte und Schönste, das ein Gemeinwesen wie A(b)ach auszeichnen konnte und kann.
Liebe ist der Gipfelpunkt aller human relations und die Perfektion aller christlichen Werte. Sie wurde immer wieder in Sagen und Liedern gefeiert: In den Schriften des Alten und Neuen Testamentes, bei den mittelalterlichen Minnesängern, bei den Songschreibern von heute.
In Sagen: Denken wir an den vertrockneten Stab des hl. Christophorus, der wegen dessen Hilfsbereitschaft in der Nacht rote Rosen trieb. Erinnern wir uns an die Rosen im Schoß der hl. Elisabeth von Thüringen beim Gottesurteil, als man ihr maßlose Verschwendungssucht für die Armen zur Last legte. Als Maria nach dem Tod in den Himmel aufgenommen wurde, lagen hernach der Legende nach rote Rosen in ihrem Grab.
In Liedern: Ich denke an das Adventlied „Maria durch ein Dornwald ging“. Hier trugen die vertrockneten Dornen nach sieben Jahren Dürre Rosen. „Es blüh´n drei Rosen auf einem Zweig, sie blühen all drei ins Himmelreich“ – ein Lied, das 1840 in Schlesien aufgezeichnet wurde.
Und auch so verehren wir Maria, die vielgeliebte Frau: Im Rosenkranz, fünfzig geistliche Rosen, eine im katholischen Bereich oft geübte Gebetsform.
In der kirchlichen Liturgie feiert eine Antiphon die umfassende Liebe als Tochter Gottes: „Ubi caritas et amor, Deus ibi est – wo die Liebe und die Güte ist, da ist Gott.“
Wir pflücken aus der Musik z. B. die Operette „Der Vogelhändler“. Ein Überschwang der Gefühle: „Schenkt man sich Rosen in Tirol….“- Die unzähligen Schlager und Chansons unserer Zeit. Was wird da in uns an Emotionen und Bereitschaft ausgelöst!
Wollen wir aber die tätige Liebe im konkreten Vollzug umfassend explizieren, eignen sich dazu die katechetischen sog. „leiblichen und geistigen Werke der Barmherzigkeit“ am vorzüglichsten. Sie waren im christlichen Leben einzelner wie in der Ethik christlich geprägter Gesellschaften jederzeit höchste Richtschnur:
Die Hungrigen speisen, die Durstigen tränken, die Nackten bekleiden, die Fremden beherbergen, die Gefangenen erlösen, die Kranken besuchen, die Toten begraben.
Auch galt und gilt es: die, die sich falsch verhalten zurechtweisen, die Unwissenden lehren, den Zweifelnden recht raten, die Betrübten trösten, wenn uns einmal Unrecht geschieht, die Geduld nicht verlieren, denen, die uns beleidigt haben, auch wieder einmal verzeihen, der Lebenden und Toten im Gebete gedenken.1
Die Gedanken über das Gemeindewappen beinhalten hier Überlegungen zum sozialen Gewissen unseres Heimatortes über Jahrhunderte. Die roten Rosen im Gemeindewappen mögen ein Bekenntnis sein, dass eine Fülle aller genannten Empfindungen, Haltungen, Handlungsweisen wie Hingabe, Hilfsbereitschaft, Respekt, Verantwortung, auch trotz bedauerlicher Defizite, hier lebendig waren und sein mögen.
1 Vgl. Großer Katholischer Katechismus, Kösel – Verlag, München 1948.
2 Genanntes Heimatbuch S. 3 : Die Entstehung der Stadt und ihre Besitzer. Mitgeteilt von Dr. Philipp Jedelhauser, Kempten, vom 25.01.2008